Kapitel Sieben Tausendundein Fluch

Es war früher Nachmittag an einem sonnigen und lauen Sommertag. Das Gelände des Herrenhauses summte in organisiertem Chaos. Janitscharen Jane übte mit der halben Familie Militärmanöver. Eingeteilt in Gruppen, die so knackige, effiziente Namen wie Alpha, Beta und Omega trugen, rannten Männer und Frauen die Wiesen herauf und herunter, schrien ihre Schlachtrufe hinaus und erschreckten damit die Greifen. Eine Gruppe griff die andere mit falscher Munition, Holzschlägern und sogar blanken Fäusten an und dann versammelten sich alle wieder völlig fertig unter Janes gebellten Befehlen. Ich beobachtete das alles von einem bequemen Liegestuhl aus und fand, dass sie wirklich eine gute Figur machten. Auch wenn sie dabei die sorgfältig gepflegten Rasenflächen verwüsteten. Das Gärtner-Team hatte bereits sämtliche Spaten hingeschmissen und sich zum gemeinsamen Schmollen und Lästern in den Schuppen verzogen.

Janitscharen Jane hielt die Familie jetzt schon seit zwei Wochen mit diesen Übungen auf Trab und ich musste zugeben, dass die ganze Familie sich bei militärischer Disziplin und dem Training wohlfühlte wie ein Fisch im Wasser. Wir waren alle von klein auf darauf trainiert, den guten Kampf zu kämpfen, aber die Rüstungen hatten es uns einfach gemacht. Es ist nicht schwierig, mit ein paar Soldaten fertig zu werden, wenn man eine Rüstung hat, die einen schnell und stark macht und einen davor bewahrt, verletzt zu werden. Trotzdem zeigen nicht viele die Begabung. Das ist der Grund, warum die Frontagenten in der Familie immer nur einen kleinen Teil ausmachten.

Das Training ohne die Rüstung war etwas komplett anderes. Man konnte verletzt werden, und der Gegner ebenfalls. Überraschenderweise hatte das nicht so viele Familienmitglieder abgeschreckt, wie ich vermutet hatte. Im Gegenteil, sie hatten sich begeistert auf die Möglichkeit gestürzt. Weil es sich … echt anfühlte. Ihre Bemühungen fühlten sich einfach realer an. Und sie beteten Jane förmlich an, die alles getan hatte, was die Droods schon immer getan hatten und noch mehr, und das ohne die Hilfe einer Familienrüstung.

Penny kam über den Rasen geschlendert, um mir Gesellschaft zu leisten; sie sah in einem blendend weißen Sommer-Outfit trotz der Sommerhitze kühl und konzentriert aus. Sie stand über mir und ich bot ihr ein Glas Champagner aus der offenen Flasche an, die kühl in einem Eimer voll Eis neben mir stand. Sie schnaubte geringschätzig.

»Bist du sicher, dass es bequem genug für dich ist, Eddie? Hast du alles, was du brauchst? Vielleicht sollte ich schnell zurücklaufen und noch einen Fußschemel für dich holen!«

»Oh, das würdest du tun?«, fragte ich. »Ich wäre dir ja so dankbar!«

»Schlag dir das aus dem Kopf.« Penny sah auf die Männer und Frauen, die in ihren Gruppen aufgeregt hin und her flitzten und sich mit höchstem Eifer und Begeisterung aufeinander warfen. »Es scheint, als gewöhnten sie sich dran, nicht wahr?«

»Verdammt richtig«, sagte ich. »Ich bin schon vom Zusehen erschöpft. Und was noch wichtiger ist, das Ganze ist verflixt gut für die Familienmoral. Alles, was sie erreichen, haben sie selbst erreicht, nicht dank ihrer Rüstung. Es tut Wunder für ihr Selbstbewusstsein.«

Penny sah mich an. »Und das ist genau der Grund, warum du Janitscharen Jane hierher gebracht hast.«

»Um ein Beispiel zu setzen, ja. Ich habe der Familie den Boden unter den Füßen weggezogen, als ich ihnen die goldenen Rüstungen wegnahm. Ihren Stolz, ihr Selbstvertrauen und ihren Glauben an sich selbst. Janitscharen Jane prügelt es ihnen wieder ein, und sie lieben es.«

»Ich nehme an, du hast gesehen, dass Harry sich das alles aus gebührendem Abstand ebenfalls ansieht, zusammen mit seinen traditionalistischen Kumpels?«

»Natürlich«, erwiderte ich. »Er will an nichts teilnehmen, was ich organisiere, aber er verpasst nichts von dem, was passiert. Er macht sich wahrscheinlich Notizen für seinen regelmäßigen Bericht an die Matriarchin. Sie darf nicht dabei erwischt werden, dass sie selbst Interesse bekundet, aber seit er hier ist, dient Harry als ihre Augen und Ohren.«

»Ich hab dir gesagt, wir hätten ihn in den Inneren Zirkel aufnehmen sollen«, sagte Penny. »Man sollte seine Feinde nah bei sich behalten und so.«

»Nein«, sagte ich rundheraus. »Ich vertraue ihm nicht.«

»Das sagst du ständig, aber du willst mir nicht sagen, warum.« Penny wartete, aber ich hatte nicht mehr zu sagen. Sie seufzte tief. »Na gut, sein bester Freund ist ein Höllengezücht, aber du bist mit der Hexe der Wilden Wälder zusammen. Und die hast du auch in den Inneren Zirkel gelassen.«

»Ich vertraue Molly«, sagte ich. »Zum Teufel, ich vertraue sogar dir, Penny, mein Liebling. Harry dagegen ist vielleicht ein wenig zu sehr wie ich selbst. Ausgekocht, verschlagen und immer nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht.«

»Du hast sogar den Seneschall in den Inneren Zirkel gebracht«, sagte Penny. »Und du hasst seinen Schneid. Und du weißt sehr gut, dass er alles, was wir sagen, der Matriarchin hinterbringt.«

»Cyril ist anders«, sagte ich. »Ich kann ihm vertrauen, dass er das Wohl der Familie über alles andere setzt. Sogar über die Matriarchin.«

»Nun. Ich hasse es wirklich sehr, diese wichtige Faulenzerei zu unterbrechen, der du dich so hingebungsvoll widmest, aber ich bin geschickt worden, um dich energisch daran zu erinnern - und das mit Gewalt, wenn notwendig -, dass es Zeit für ein Treffen des Inneren Zirkels im Sanktum ist. Wir haben endlich die Liste der Kandidaten für die neuen Rüstungen für dich zur Prüfung.«

»Wurde ja auch Zeit«, sagte ich und stand ungraziös aus dem Liegestuhl auf. Nicht allzu weit entfernt, verloren zwei Teams von Übungskriegern die Geduld und sprangen aufeinander zu, wälzten sich krakeelend über den Rasen hin und her, mit fliegenden Fäusten, Tritten und gelegentlichen Bissen. Janitscharen Jane eilte hinüber, um sie auseinanderzuprügeln und ich entschied mich, sie sich selbst zu überlassen. Sie würden eben ohne meinen moralischen Zuspruch auskommen müssen.


Wir trafen uns im Sanktum und unter dem beruhigend roten Leuchten des sich manifestierenden Seltsam. Wir hatten uns alle an den Namen gewöhnt, obwohl es hartnäckig darauf bestand, dass Ethel viel besser zu ihm passe. Irgendwo muss man ja eine Grenze ziehen. Der Waffenmeister war natürlich schon da, der Seneschall ebenfalls. Molly wartete an der Tür, als Penny und ich ankamen. Sie sah Penny lange und ein wenig giftig an und ich glättete die Wogen, indem ich meinen Arm durch ihren steckte, als wir den Rest des Inneren Zirkels betraten.

»Jacob fehlt noch«, sagte der Waffenmeister, ohne sich lang mit den üblichen Hallos und Wie-Geht's aufzuhalten. »Es ist zwei Wochen her, dass ihn irgendjemand gesehen hat. Er ist nicht in der alten Kapelle und selbst die kopflose Nonne hat klagend gefragt, was denn mit ihm passiert ist. Was sie allerdings an ihm findet … Ich glaube langsam, dass ihm etwas passiert ist.«

»Könnte ihm überhaupt etwas passieren?«, fragte Penny. »Ich meine, er ist tot. Seit Jahrhunderten.«

»Es ist viel wahrscheinlicher, dass er etwas plant«, grummelte der Seneschall. Seitdem er sich als Cyril geoutet hatte, war die Tonlage seiner Stimme deutlich dunkler geworden. »Zweifellos etwas Übles und Mieses, das er schrecklich lustig findet.«

»Jacob kann auf sich selbst aufpassen«, sagte ich entschieden. »Ich bin sicher, er wird wieder auftauchen, wenn er gebraucht wird. Ob wir das wollen oder nicht. In der Zwischenzeit - Penny hat mir gesagt, dass ihr euch endlich auf eine Liste von möglichen Kandidaten für eine neue Rüstung geeinigt habt.«

»Ja, endlich«, meinte der Waffenmeister und funkelte jeden gleichermaßen an. »Wir sind nach einem entsprechenden Prozess, reiflicher Überlegung, Schreien und Haareraufen auf fünfzig Namen gekommen.«

»Das heißt«, fügte der Seneschall düster hinzu, »dass es auch an der Zeit ist, um über unseren ersten Angriff zu reden. Wir müssen unsere Stärke zeigen, so bald wie möglich. Der Welt beweisen, dass wir stark und geeint sind, und nach wie vor eine Macht, mit der man rechnen muss.«

»Nein«, sagte Penny sofort. »Wir sind noch nicht so weit. Wir brauchen mehr Zeit, mehr Training und verdammt viel mehr als fünfzig Torques, bevor wir erfolgreich ins Feld ziehen können.«

»Das sieht für mich aber schon ganz gut aus«, sagte ich sanft. »Und ausnahmsweise bin ich der gleichen Meinung wie der Seneschall - also streicht den Tag rot im Kalender an. Wir müssen etwas Großes und Aggressives tun und wir müssen es bald tun. Einige Politiker und andere Feinde werden zunehmend unruhig. Aus aller Welt treffen Berichte ein über Säbelrasseln zwischen verschiedenen Ländern, Invasionen und Einmärsche. Damals, als wir noch mit goldener Faust regiert haben, passierte so etwas nicht und alle waren nett zueinander. Dann sind da all die üblichen Verdächtigen, die immer wieder hier und da für Ärger sorgen, nur um mal auszuprobieren, wie weit sie gehen können. Dr. Delirium, das Kalte Eidolon und Truman in seiner neuen Basis, wo auch immer das ist. Ich kann übrigens nicht glauben, dass wir da noch nicht mehr wissen. Erinnert mich daran, dass ich da noch in ein paar Hintern trete. Nein, Leute, wir müssen sofort etwas unternehmen. Etwas Schock und Ehrfurcht in die Feinde prügeln, beweisen, dass wir noch mitmischen und dass den bösen Jungs ernsthaft der Hintern versohlt wird.«

»Dann nenn uns ein Ziel«, sagte der Seneschall. »Egal wen, Hauptsache, er ist eine Gefahr. Du redest doch immer von den Abscheulichen?«

»Das geht mir alles zu schnell«, sagte Penny stur. »Etwas unternehmen, bevor wir so weit sind, könnte nach hinten losgehen. Wir können es uns nicht leisten, der Welt zu zeigen, wie schwach wir sind.«

»Woran willst du erkennen, wann wir so weit sind?«, fragte Molly vernünftigerweise. »Training kann dich nur bis zu einer bestimmten Stärke bringen. Manchmal muss man die Küken aus dem Nest werfen und hoffen, dass sie fliegen.«

»Ich weiß nicht, ob das was nützt«, sagte Seltsam auf einmal dazwischen. »Aber ich habe hier einen Bericht aufgefangen, der gerade in den Lageraum gekommen ist. Es scheint drinzustehen, dass wir definitiv einen Ort haben, an dem sich eine ungewöhnliche Menge von Abscheulichen versammelt hat.«

Wir alle richteten uns auf und sahen uns an. Es hatte schon eine ganze Weile Berichte gegeben, dass sich die Abscheulichen in ungewöhnlichen Mengen versammelten, besonders irgendwo unten in Südamerika.

»Wo?«, fragte ich.

»In der Nazca-Ebene«, sagte Seltsam. »Wisst ihr, da, wo all diese riesigen Linien in den Boden gegraben sind, die Formen ergeben, die man nur aus dem Orbit oder so erkennen kann. Von Däniken hat in seinem Buch Erinnerungen an die Zukunft behauptet, dass sie Landeplätze für UFOs waren.«

»Jetzt warte mal«, meinte Molly. »Du hast Däniken gelesen?«

»Aber sicher!«, erwiderte Seltsam. »Lachen ist gesund.«

Also machten wir uns alle auf in den Lageraum und gaben uns dabei Mühe, nicht allzu hastig zu sein, damit wir keine Aufmerksamkeit auf uns zogen. Die Familie überwachte alles, was der Innere Zirkel tat, mit großem Interesse und sie liebten den Klatsch über alles. Wenn wir unseren ersten Angriff planten, dann wollte ich die Information nicht im Voraus preisgeben.

Der Mitarbeiterstab im Lageraum war mehr als nur ein wenig überrascht, uns zu sehen, weil der Bericht über die Abscheulichen von unserem Frontagenten, einem Callan Drood, immer noch übertragen wurde. Wir hatten derzeit kaum Agenten draußen und es war schwer, irgendjemanden dazu zu bekommen, sich ohne Torques freiwillig zu melden. Die Droods hatten eine Menge Feinde. Glücklicherweise waren die jüngeren Mitglieder scharf darauf, sich zu beweisen und hoffentlich auf der Überholspur, um eine der neuen Rüstungen zu bekommen.

Ich kannte Callan. Ich war von seiner Einstellung und seiner Gründlichkeit beeindruckt gewesen, als ich erfuhr, dass er das Team anführte, das Trumans alte Wirkungsstätte unter London durchsucht hatte. Ich hatte vorgeschlagen, dass er sich ja als Frontagent freiwillig melden könnte und er hatte begeistert zugestimmt. Auch wenn er natürlich sarkastisch und voreingenommen hatte tun müssen, konnte er so doch auch vorgeben, ich hätte ihn wider besseres Wissen überredet. Er wollte nicht, dass irgendjemand dachte, das sei ein Kinderspiel gewesen. Ich hatte gelächelt und ihn nach Südamerika geschickt. Und jetzt war er derjenige, der die Abscheulichen für uns gefunden hatte.

Ausgerechnet Südamerika. Was zum Teufel wollten sie bloß in Südamerika?

Callans Gesicht füllte einen der Hauptbildschirme. Er sah nicht sonderlich glücklich über die Lage aus, aber das tat er nie. Sein jugendliches, breites Gesicht war sonnengebräunt, sein dünnes blondes Haar klebte am Kopf und der Schweiß lief in Strömen an ihm herunter. Alles, was ich im Hintergrund sehen konnte, war ein großes plumpes Gesicht aus dunklem Sandstein und ein Himmel, der so blau war, dass es beinahe in den Augen wehtat.

»Wird auch Zeit, dass ihr euch meldet«, sagte er. »Es sind 55 Grad im Schatten und es gibt keinen Schatten hier. Verdammt unnatürliche Hitze. Sobald diese Einsatzbesprechung beendet ist, werde ich nach einem Swimmingpool suchen und ihn austrinken. Ich seh' hier grade über die Nazca-Ebene. Die Abscheulichen kommen seit ungefähr sechs Monaten hier hin. Sie bauen da draußen in der Ebene irgendetwas. Ich weiß nicht, was, aber den Anblick mag ich trotzdem nicht. Die lokalen Behörden wurden bestochen, sich rauszuhalten und die ganze Region ist für Touristen gesperrt. Überall auf den hinführenden Wegen stehen Straßensperren und sorgen dafür, dass niemand zu viele Fragen stellt.«

»Kannst du das Ding beschreiben, dass sie da bauen?«, fragte der Waffenmeister.

»Nicht so richtig. Es ist groß, vielleicht dreißig, fünfunddreißig Meter hoch und halb so breit. Einiges scheint maschinell zu sein und einiges nicht und es bereitet mir Kopfschmerzen, wenn ich nur hinsehe. Es gibt Hunderte von Abscheulichen hier, die das ganze verdammte Ding umschwärmen und immer wieder etwas hinzufügen.«

»Könnte irgendeine Waffe sein«; sagte der Waffenmeister.

»Nein, tatsächlich?«, fragte Callan. »Und ich dachte schon, dass das möglicherweise das Herzstück des neuen Themenparks der Abscheulichen wäre! Hört mal, schwingt die Hufe und kommt her, ja? Die ganze Sache macht mir echt riesige Angst. Bringt Verstärkung mit. Und kalte Drinks.«

»Könnte diese neue Konstruktion irgendetwas mit den alten Linien auf der Ebene zu tun haben?«, fragte Penny. »Und der ungewöhnlich hohen Temperatur?«

»Ich habe verdammt noch mal keine Ahnung«; sagte Callan. »Jedenfalls nicht erkennbar.«

»Diese Linien sind Tausende von Jahren alt«, meinte Penny und runzelte die Stirn. »Es gibt sie schon so lange in dieser Form, dass sich keiner mehr erinnert, wer sie gezogen hat und warum. Sie sind sogar älter als die Familie.«

»Vielleicht finden wir etwas in der Bibliothek darüber«, schlug der Waffenmeister vor.

»Der Ort kann kein Zufall sein«, überlegte der Seneschall. »Callan, bist du sicher, dass es da keine Verbindung gibt?«

»Hört mal, ich erzähle euch nur, was ich sehe. Und ich komme nicht näher heran, um einen genaueren Blick drauf zu werfen. Die Abscheulichen haben alles und jeden angegriffen, was sich auf der Ebene zeigt und ich mag meine Seele genau da haben, wo sie ist, vielen Dank. Wenn ihr mehr über die Linien wissen wollt, lest euren Däniken selber.«

»Sag nur nicht, du hast ihn auch gelesen«, fragte Molly.

»Natürlich. Er hat eine Menge guter Erkenntnisse. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich schwören, er ist einer von uns.«

»Danke, Callan«, schaltete ich mich ein. »Behalte die Sache im Auge, bis wir ankommen und berichte über alles, das sich bewegt.«

»Vergesst die kalten Drinks nicht.«

Ich machte eine Geste hinüber zu den Jungs an der Bildübertragung und sah den Rest meines Inneren Zirkels an. »Das ist es. Die Gelegenheit, auf die wir gewartet haben. Die Abscheulichen tauchen in ungeahnter Menge auf und bauen … Was? Vielleicht eine neue Superwaffe? Wir können ihnen nicht erlauben weiterzumachen.«

»Ich weiß nicht, ob ›ungeahnt‹ der richtige Ausdruck ist«, sagte der Waffenmeister nachdenklich. »Ich erinnere mich an etwas Ähnliches, damals, zu meines Großvaters Zeiten … Ich muss es in den Familienchroniken nachsehen.«

»Normalerweise übernehmen sie nichts Größeres als eine kleine Stadt«, sagte Penny. »Und selbst dann kostet es sie große Mühen, das vor dem Rest der Welt zu verbergen. Diese Art, etwas vor den Augen der Öffentlichkeit abzuwickeln, passt nicht zu ihnen.«

»Meinst du, es ist eine Falle?«, sagte Molly.

»Ich sehe nicht, wie«, meinte ich. »Sie sind draußen, ganz offen. Und das Ding, das sie da bauen, macht mir Sorgen. Nein, wir haben unser erstes Angriffsziel. Eine größere Versammlung der Abscheulichen auszuradieren ist der beste Weg, der Welt mitzuteilen, dass man immer noch mit uns rechnen muss.«

»Aber wir wissen nicht genug über die Lage«, wandte Penny dickköpfig ein. »Wir haben keine Ahnung, was sie da bauen, oder was für Gefahren drohen, wenn wir es zerstören. Wir wissen nicht mal sicher, was die Abscheulichen für Schutzmechanismen angewandt haben. Wir brauchen mehr Informationen, bevor wir einen größeren Angriff planen.«

»Wir kommen nur an mehr Informationen, wenn wir da runterfahren und die Abscheulichen treten, bis sie uns sagen, was sie vorhaben«, meinte der Seneschall.

»Ganz genau«, erwiderte ich. »Wir sind jetzt am Zug, solange sie das, was sie da machen, noch nicht beendet haben und bevor sie merken, dass wir davon wissen. Wir bringen unsere Armee hin, angeführt von den neuen Torques, zerstören so viele Eklige wie möglich und reißen alles nieder, was wir dort finden. Ich habe gesagt, dass wir einen Krieg gegen die Abscheulichen führen werden und das wird ein hervorragender Beginn sein. Penny, sag' der Familie, dass wir bereit sind, die ersten fünfzig Rüstungen auszugeben. Wir werden eine zünftige Zeremonie daraus machen. Die neuen Ritter in den Rüstungen der Drood-Familie.«

»Willst du nicht erstmal die Namen prüfen?«, fragte Penny.

»Nein«, antwortete ich. »Ich vertraue deinem Urteil. Ist denn einer dabei, bei dem ich Einwände haben könnte?«

»Nur einer«, erwiderte Molly. »Harry.«

»Ich wäre überrascht gewesen, wenn er nicht auf der Liste gewesen wäre. Er ist ein erfahrener Frontagent. Und James' Sohn.«

»Aber du vertraust ihm nicht«, meinte Penny.

»Natürlich nicht. Er ist James' Sohn.«


Wir hielten die große Torques-Übergabezeremonie im Sanktum ab, um die Verleihung von fünfzig neuen Rüstungen an verdiente Familienmitglieder zu feiern. Das Sanktum war von einer Wand zur anderen mit aufgeregten Familienangehörigen vollgepackt, die Schulter an Schulter standen. Noch mehr waren draußen im Gang. Wir mussten im ganzen Herrenhaus Videoschirme aufstellen, damit jedes Familienmitglied das Ereignis sehen konnte. Das war der Beginn einer neuen Ära für die Droods und ich wollte, dass jeder sich als Teil davon fühlte. Selbst die Matriarchin und ihr Fußvolk sahen von ihrer Suite aus zu. Ich sah nach. Seltsam sandte sein wohltuendes Licht über uns alle, und übertrug sogar passende Musik, komplett mit Trompeten und Fanfaren an den richtigen Stellen.

Einer nach dem anderen kam nach vorne und kniete vor dem scharlachroten Leuchten - alle fünfzig, die wenigen Auserwählten, die neuen Ritter der Familie - und aus dem Nichts erschienen silberne Reifen um ihren Hals. Für jeden Namen erklang großer Jubel, und die Familienmitglieder applaudierten, bis jedem die Hände wehtaten. Überall gab es Lächeln und Tränen und eine Menge Getrampel. Jeder schien zu denken, dass diese Torques etwas Besonderes waren, weil sie sich die Rüstungen verdient hatten.

Am Ende schubste mich der Innere Zirkel nach vorn, damit ich ein paar passende Worte sagte. Ich wollte das eigentlich nicht, aber jeder schien das von mir zu erwarten. Ich bekam ordentlich Applaus, als ich vortrat, wenn auch vielleicht keinen so großen wie die auserwählten Fünfzig, und er erstarb auch schnell, als ich meine Hände hob und mit einer Geste um Ruhe bat.

»Das ist der Beginn eines neuen Tages«, sagte ich. »Für die Familie und die Welt. Wir sitzen nicht mehr herum und erwarten die Gefahren, um erst dann darauf zu reagieren. Wir werden den Feind bekämpfen. Und wir werden damit anfangen, die Abscheulichen zu schlagen! Ich werde eine Kampfgruppe gegen ihre neue Operationsbasis anführen, fünfzig Männer und Frauen mit Rüstungen und zweihundert Freiwillige, die mit dem Allerbesten ausgerüstet werden, das die Waffenmeisterei hergibt. Begrüßt diese Krieger! Die Droods ziehen in den Krieg und die Abscheulichen sind Geschichte! Merkt euch diesen Tag, meine Familie, meine Freunde. Es ist an der Zeit, der Welt zu zeigen, dass die Droods wieder jemand sind!«

Danach fragte mich Molly: »Wer hat dir bloß gesagt, dass du eine Rede halten kannst?«

»Es ist ein dreckiger Job«, sagte ich. »Aber irgendjemand muss ihn tun!«


Wir flogen mit der Familienflotte von Black Hawks nach Südamerika. Große schwarze Biester im Himmel, elegant und schnittig und angetrieben von kraftvollen Maschinen, die wir aus einem Alien-Raumschiff geborgen haben, das 1947 in einem Feld bei Wiltshire eine Bruchlandung hinlegte. Fünf Flugzeuge, die fünfzig Männer und Frauen mit ihren Rüstungen transportierten, zweihundert Freiwillige, mich selbst, Molly, Janitscharen Jane und Mr. Stich - und Harry und Roger Morgenstern. Ich wäre auch ohne Letzteren ausgekommen, aber Harry hatte ohne ihn nicht gehen wollen. Molly und ich waren dabei, weil ich es so gewollt hatte, Janitscharen Jane, weil sie die Leute trainiert hatte und mehr über die Bekämpfung von Dämonen wusste, als wir anderen zusammengenommen, und Mr. Stich, weil … na ja, hauptsächlich, weil ich einen teuflischen, übernatürlichen Serienkiller auf meiner Seite haben wollte, falls irgendetwas schiefgehen sollte.

Und weil ich ihn in meiner Nähe haben wollte, wo ich ein wachsames Auge auf ihn haben konnte.


Mr. Stich hatte sich dem Rest von uns nicht angeschlossen, als wir die Rüstungen im Sanktum vergeben hatte, aber ich hatte das auch nicht erwartet. Er war nicht gerade ein geselliger Mensch. Also schickte ich nach der Zeremonie Penny zu ihm, um ihm von dem bevorstehenden Angriff auf die Abscheulichen zu erzählen. Als sie nicht in einem angemessenen Zeitraum zurück war, war ich schon ein bisschen beunruhigt. Ich fand eine stille Ecke, schloss die Tür ab, stellte Merlins Spiegel entsprechend ein und befahl ihm, nach Penny und Mr. Stich zu suchen, egal, wo sie sich befanden. Mein Spiegelbild verschwand und die beiden erschienen darin, einträchtig im Park spazierend. Einfach nur herumschlendernd und schwatzend. Penny schien in Mr. Stichs Gegenwart völlig entspannt, selbst nachdem ich mich selbst übertroffen hatte, ihr zu beschreiben, was er war und was er getan hatte. Ihre Stimmen waren für mich klar zu hören.

»Ich hätte nicht gedacht, dass Sie der Typ für Frischluft und offene Landschaften sind«, sagte Penny. »Ich hatte Sie als Stadtmensch eingeschätzt.«

»Ich bin lieber hier draußen«, sagte Mr. Stich.

»Ist das Zimmer, das wir Ihnen gegeben haben, nicht bequem genug?«

»In all den Jahren habe ich eine Menge Zimmer kennengelernt«, sagte Mr. Stich. Er hatte seinen Blick geradeaus gerichtet und sah Penny nicht an. »Sie sind eigentlich immer gleich. Einfach Orte, an denen ich für eine Weile bleiben kann, bevor ich weiterziehen muss. In der letzten Zeit habe ich ein kleines Notizbuch bei mir, um mich daran zu erinnern, wo ich übernachte und welchen Namen ich gerade verwende. Für mich gibt es kein Heim, nicht mehr. Das ist eins der vielen menschlichen Dinge, die ich aufgeben musste, um zu werden, was ich bin. Mein Zimmer hier ist absolut passend. Sogar luxuriös. Aber nein, ich fühle mich nicht wohl hier im Herrenhaus. Mir wird nicht gestattet, zu töten und die Versuchung ist groß. Das ist wider meine Natur. Es nagt an meiner Seele, bis ich nichts anderes als Blut sehen kann. Und deshalb verbringe ich so viel Zeit in Ihrem großen Park, fort von der … Versuchung.«

»Ich glaube, ich habe Sie noch nie so viel auf einmal sagen hören«, meinte Penny. »Sie sind ein sehr interessanter Mann, Mr. Stich.«

Er sah sie das erste Mal an. »Sie haben keine Angst vor mir?«

»Ich bin eine Drood«, erwiderte Penny. »Es braucht schon einiges, uns Angst einzujagen. Außerdem sind Sie bald in Südamerika, um gegen die Abscheulichen vorzugehen. Da wird es selbst für Sie genug zum Töten geben, wissen Sie.«

»Das ist nicht dasselbe«, sagte Mr. Stich. »Ich muss morden, das Fleisch zerschneiden und Blut vergießen, um das Leid in den Augen der Opfer zu sehen. Das tue ich. Es ist alles, was ich habe.«

»Und Sie töten immer nur Frauen?«

»Ja. Weil es nunmehr die einzige Form der Intimität ist, die ich kenne. Meine Strafe und meine Belohnung.«

»Ist es wahr, … dass Sie all die Dinge getan haben, die man Ihnen nachsagt?«

»Aber ja. All das und mehr. Machen Sie keinen Fehler, Penny: Ich habe schreckliche Dinge getan und darin geschwelgt. Ich habe meine Arme tief in die Eingeweide des Schreckens versenkt und rot tropfend bis zum Ellbogen wieder herausgezogen. Sie haben mich Jack the Ripper genannt und das war ich. Die Dinge, die ich Marie Kelly in diesem kleinen verlassenen Zimmerchen antat … Ich habe sie wie ein Buch geöffnet und ihre Geheimnisse gelesen. Ich habe einmal der Presse einen Brief geschickt, und habe ihnen meine Adresse gegeben - aus der Hölle stand darauf. Und das war erst der Anfang.«

»Und Sie … müssen töten? Sie sind gezwungen dazu?«

»Ja.«

»Dann …, wenn Sie keine Wahl haben, dann ist es doch gar nicht Ihre Schuld, oder?«

»Doch, das ist es, Penny. Ich habe diese sechs Frauen aus freiem Willen getötet. Ich habe die Agonie und den Schrecken in ihren sterbenden Augen genossen und ihre letzten Atemzüge wie den feinsten Wein gekostet. Und wenn diese besondere Form der Unsterblichkeit auch nicht das ist, was ich nach der Schlachtzeremonie erwartet hatte, es ist die Hölle, die ich für das Böse bekommen habe, damals in diesem ungewöhnlich warmen Herbst 1888.«

»Aber hier haben Sie noch niemanden getötet«, bemerkte Penny.

»Ich habe mein Wort gegeben. Aber es wird nicht lange halten. Das tut es nie.«

»Das ist ein neuer Ort. So etwas wie das Drood'sche Herrenhaus haben Sie noch nie erlebt. Alles ist hier möglich. Selbst die Erlösung. Kommen Sie mit zurück ins Herrenhaus. Und vielleicht … vielleicht kann ich Ihnen zeigen, dass Sie stärker sind als Sie ahnen.«

Er sah sie für einen langen Moment an. »Das kann nur übel enden, Penny.«

»Das glaube ich nicht«, sagte Penny. »Ich habe so etwas nie geglaubt.«

Ich sah durch den Spiegel, dass sie beiläufig einen Arm durch den seinen zog und ihn über die weiten, grünen Rasenflächen zum Haus zurückführte.


Ich muss in meinem Flugzeugsitz eine Grimasse geschnitten haben, weil Molly mich mit dem Ellbogen in die Rippen stieß. »Was ist, Liebchen? Flugangst?«

»Nein, das ist es nicht. Ich habe nur … nachgedacht.«

»Hör mit den Grimassen auf, das macht nur Falten. Weißt du, das ist echt ein tolles Flugzeug, Eddie. Ich bin in allen Fluglinien Erste Klasse geflogen, natürlich mit gefälschten Tickets, aber keine kam all dem hier gleich. Echt komfortable Sessel, ein großer Spielraum für die Beine - und es scheint kaum so, dass wir uns bewegen. Ich glaube, selbst der US-Präsident hat es in der Air Force One nicht so bequem.«

Ich musste bei ihrer Begeisterung lächeln. Ich war selbst ziemlich aufgeregt. Mir war nie erlaubt worden, ins Ausland zu reisen. Ich war auch noch nie geflogen. Ich sah die ganze Zeit aus dem Fenster um sicherzugehen, dass ich wirklich unterwegs war. Und doch … Da lag etwas in der Luft der langen Kabine, eine Atmosphäre von Spannung und Erwartung. Familienmitglieder mit und ohne Rüstung saßen nebeneinander, sie sprachen nicht viel und gaben vor, die Magazine und Bücher zu lesen, die sie mitgenommen hatten. Die getunten Antriebe der Blackhawkes würden uns in weniger als zwei Stunden an unser Ziel bringen, aber es war mehr als genug Zeit für jeden, über alles nachzudenken, das schiefgehen konnte. Da war ich nicht anders. Das war die erste große militärische Operation der Familie, seit ich das Kommando übernommen und alles geändert hatte. Wir mussten das hier gewinnen. Aus allen möglichen Gründen.

Ich fragte mich außerdem, was ich wegen Penny und Mr. Stich unternehmen sollte. Es ist immer der böse Bube, der ein Mädchenherz höher schlagen lässt.

Als ob ich mir nicht schon um genug Dinge hätte Sorgen machen müssen.


Als wir den südamerikanischen Kontinent überflogen und über der Nazca-Ebene heruntergingen, waren wir alle über das Neue des Fliegens hinweg und mehr als bereit für ein bisschen Action. Molly konnte kaum darüber hinwegkommen, dass uns die Torques immun gegenüber jeder Form von Entdeckung machten - was hieß, dass unsere Flugzeuge ebenfalls so gut wie unsichtbar waren. Es gab faktisch nirgendwo Radar oder einen Spionagesatelliten, die unsere Gegenwart entdecken konnten. Nicht einmal für einen Moment.

»Hör zu, vertrau mir«, sagte ich schließlich. »Keiner weiß, dass wir hier sind, keiner weiß, dass wir kommen. Verglichen mit uns sind Stealthbomber rosa angemalt, mit großen neonfarbenen Schildern, auf denen steht: Hey, Matrose, wie wär's mit uns? Das Einzige, was wir tun müssen, ist, andere Flugzeuge zu vermeiden, weil wir eben auf deren Radar nicht auftauchen. Wir bleiben in der Regel über allen Flugkursen, aber es besteht immer die Möglichkeit, in irgendein geheimes Militärmanöver zu geraten oder sogar auf gelegentliche UFOs zu treffen.«

»Moment mal«, sagte Molly. »UFOs, wie fliegende Untertassen? Unheimliche Begegnungen der extrem unwahrscheinlichen Art, bei denen die Aliens einem was in den Hintern stecken? Wirklich?«

»Nicht ganz so«, sagte ich. »Aber es gibt derzeit hundertsiebenunddreißig verschiedene Alien-Rassen auf der Erde, von denen wir wissen. Die meisten halten wir mit verschiedenen langjährigen Verträgen und Abkommen in Schach, andere treten wir ab und an, um sie daran zu erinnern, den Ball flach zu halten. Aber es gibt immer ein paar Unidentifizierte Objekte, die durch die Stratosphäre flitzen und die ihre eigenen, rätselhaften Missionen verfolgen. Und manchmal können die eine verdammte Plage sein.«

»Wirkliche Aliens …«, staunte Molly. »Das ist echt der Hammer.«

Ich musste lächeln. »Du hast keine Probleme damit, dass wir gerade unterwegs sind, einer Bande von Seelenfressern den Garaus zu machen, aber der Gedanke an Aliens ist erfreulich?«

»Das sind zwei ganz verschiedene Dinge«, meinte Molly stur. »Ich treffe bei meiner Arbeit nicht gerade oft auf Aliens. Alles, was ich kenne, ist magisch. Vampire, Werwölfe, Ghouls, Geisterbeschwörer - alles kein Problem. Mit denen hab ich jeden Tag zu tun. Aber alles, was ich über Außerirdische weiß, habe ich aus Ridley Scotts Alien und John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt. Sag mir einfach, dass die nicht repräsentativ sind. Da muss es doch einen ET geben?«

»Möchtest du die Wahrheit oder eine freundliche Notlüge?«

»Ach, halt die Klappe. Sind wir noch nicht da?«


Wir landeten auf einem privaten Flugfeld, weit weg von denjenigen Ausläufern der Zivilisation, die uns seltsame Fragen nach Pässen und Visa hätte stellen können. Die Familie besitzt oder mietet solche Plätze an allen möglichen Orten in der Welt für Fälle wie diesen. (Natürlich mit einer ganzen Menge falscher Namen und Sicherungen.) Alle verließen die Blackhawks, und die Hitze traf uns wie eine Wand. Die Sonne befand sich direkt über uns in einem wolkenlosen Himmel und meine Haut schmerzte auf der Stelle vor Hitze. Ich aktivierte sofort die Rüstung, nur aus Selbstschutz. Die Familie konnte keinen Heerführer mit Sonnenstich brauchen. Alle anderen Torques-Besitzer taten es mir gleich und ließen den Rest der Truppe deutlich so aussehen, als wollten sie gleich meutern. Molly wirkte einen schnellen, aber sanften Zauber und so hatten sie immer Schatten, wenn sie stehenblieben.

Mr. Stich, Roger Morgenstern und Janitscharen Jane schienen die Hitze nicht zu bemerken. Zu ihrer Zeit hatten sie weit Schlimmeres mitgemacht.

Ich unterhielt mich kurz mit dem Kerl, der das Flugfeld für uns betreute, ein alter Aussteiger mit einem dunklen faltigen Gesicht, der der Familie lange Jahre gut und loyal gedient hatte. Und der es auch immer weiter tun würde, solange er Geld dafür bekam. Meine Rüstung beunruhigte ihn nicht, er hatte so etwas schon gesehen. Auch wenn er mich zur neuen Farbe beglückwünschte. Ich fragte ihn, was er über das ungewöhnliche Treiben unten auf der Nazca-Ebene wusste und er sagte es mir in ausgezeichnetem Englisch.

Es schien, als wären in den vergangenen Monaten Ausländer in kleinen Gruppen angekommen. Alle Nationalitäten, alle Arten, aber nicht die üblichen Touristen. Das hier waren seltsame Leute, selbst für Ausländer. Sie sprachen und benahmen sich seltsam, auch wenn er es schwierig fand, in Worte zu fassen, was ihn denn so an ihnen störte. »Als dächten sie ständig an etwas anderes«, war das Beste, was er fertigbrachte. Sie kauften eine Menge Sachen in den nahe liegenden Städten und bezahlten immer in bar. Der ansässige Einzelhandel liebte sie und hoffte, sie würden für immer bleiben. Als ich ihn danach ausquetschte, was diese Fremden denn so kauften, sagte er, es seien meist technische Dinge; Zeug, das man als Massenware bezeichnete und auch besondere Dinge. Außerdem eine außergewöhnliche Menge Vieh. Wahrscheinlich wollten sie es schlachten, weil keiner der Ausländer ein Interesse an Landwirtschaft gezeigt hatte und sie kauften mehr, als sie jemals zu essen hoffen konnten.

Ich dankte ihm und steckte ihm extra etwas für seinen Ärger zu, um die freundschaftlichen Beziehungen zu pflegen. Ich musste mir keine Sorgen machen, dass er über uns reden könnte. Er war klug genug, nicht über die Geschäfte der Droods zu reden: Er hatte uns geholfen, den ehemaligen Betreiber des Flugfelds zu begraben, nachdem dieser etwas zu geschwätzig worden war. Niemand hintergeht die Droods und überlebt das, um damit anzugeben.

Janitscharen Jane teilte die Truppe in Abteilungen ein, lud sie auf die Jeeps, die uns der Besitzer überlassen hatte, und wir machten uns auf den langen, harten Weg zur Nazca-Ebene. Es gab keine Landschaft und keine Straße, nur eine endlose Reihe Schlaglöcher in einer öden, leeren Wüste unter einer glühenden Sonne. Die Reise schien ewig zu dauern, aber endlich hielten wir am Fuß einer Klippe an, von der aus wir über die Ebene sehen konnten. Wir stiegen von den Jeeps herunter, dehnten unsere Glieder und vertraten uns die Füße. Dann kletterten wir den steilen Aufstieg bis zum Gipfel hinauf und sahen über das Tal. Callan Drood wartete dort auf uns, sah sehr sonnenverbrannt aus und war extrem angenervt, dass wir keine kalten Drinks mitgebracht hatten. Molly holte aus dem Nichts eine Flasche geeiste Pepsi und er trank sie so schnell, dass er Kopfschmerzen bekam.

Ich sah auf die Konstruktion hinunter, die die Abscheulichen auf der Nazca-Ebene zusammenbauten. Aus dieser Höhe sahen sie aus wie Ameisen, die um und auf der riesigen Konstruktion herumliefen, die aus der von Linien durchzogenen und gefurchten Ebene wie ein einzelner außerirdischer Wolkenkratzer herausragte. Das Ding musste mittlerweile über hundert Meter hoch sein; eine seltsame und unirdische Ansammlung von Stilen und Materialien. Seine Form ergab überhaupt keinen Sinn. Mein Verstand schien mit den unerwarteten Dimensionen und Verformungen nicht fertig werden zu können. Allein das Hinsehen ließ meine Augen schmerzen. Callan stellte sich neben mich.

»Es ist besser, wenn du immer nur für ein paar Augenblicke hinsiehst. Ich bin ziemlich sicher, dass wir da etwas haben, dass in mehr als drei räumlichen Dimensionen existiert und dass das, was wir sehen, nur das ist, was unser Verstand erfassen kann. Frag mich nicht, was zur Hölle das sein soll oder wozu es gut ist, aber die Abscheulichen sind die ganze Zeit um dieses Ding herum; den ganzen Tag, die ganze Nacht, drinnen und draußen. Es gibt eine einzige Öffnung unten am Fundament und eine Menge von dem, was zu dieser Öffnung reingeht, kommt nicht wieder raus. Ich habe das Gefühl, es ist fast fertig. Die Arbeitsgeschwindigkeit hat sich in den letzten zwölf Stunden beschleunigt, als würden sie gegen eine Deadline anarbeiten. Wo sind übrigens meine Kaltgetränke? Ihr hattet kalte Drinks versprochen. Und nach dieser Sache will ich einen Torques. Ich habe hier draußen Wochen damit verbracht, den Patrouillen dieser Bastarde zu entgehen. Die Betonung liegt dabei auf ziemlich schwer bewaffneten Patrouillen. Sie töten jeden, der zu nahe rangeht; selbst völlig harmlose Touristen, ob sie nun etwas gesehen haben oder nicht.«

Ich machte ihm ein Zeichen, dass er den Mund halten solle und er tat es. Meine silberne Maske erlaubte mir, das hochaufragende Gebäude da unten heranzuzoomen, damit ich die Details so deutlich sehen konnte, als stünde ich direkt darauf. Die fremdartige Struktur schien mir genauso gut eine Maschine wie auch ein Bauwerk sein zu können, gebaut zum Zwecke … Nun, um irgendetwas zu tun. Aber je länger ich es ansah, desto weniger Sinn schien es zu ergeben. Aber es dauerte nicht lange, bis ich entdeckte, was sie mit all dem Viehzeug machten. Die Abscheulichen hatten Teile von ihnen in die Konstruktion eingebaut. Teile des Turms waren ganz klar technisch, selbst wenn ich ihren Zweck nicht erkennen konnte, aber andere Teile waren ganz klar organisch. Lebendes Fleisch, ganze Organe, blutige Eingeweide, verbindendes Gewebe, ja sogar ganze Gehirne und Köpfe. Alle lebendig, verwendet als Teil einer lebendigen Struktur. So etwas hatte ich noch nie gesehen, und ich hatte schon einiges an Alien- oder Fremddimensions-Technologie gesehen.

Janitscharen Jane kam jetzt an meine andere Seite und ich beschrieb ihr, was ich sah. Sie nickte langsam.

»Sowas hab ich schon mal gesehen … irgendwann. Es ist kein Höllentor. So etwas nicht. Aber es ist ein Tor irgendeiner Art.«

»Also planen sie, eine Tür irgendwo anders hin zu öffnen«, mischte sich Molly ein, um uns zu zeigen, dass sie nicht außen vor bleiben würde. »Vielleicht haben sie davon gehört, dass du ihnen den Krieg erklärt hast und hauen ab, solange sie noch die Chance haben.«

»Ein netter Gedanke, aber nein«, sagte ich. »Die haben schon damit angefangen, lange bevor ich die Kontrolle der Familie übernommen habe.«

»Und ich glaube nicht, dass das einfach nur kreiert wurde, um einen Weg nach draußen zu öffnen«, sagte Janitscharen Jane langsam. »Es sieht eher so aus, als sei es erfunden worden, um etwas von außen hereinzuholen … und es in unsere Welt zu bringen.«

»Verstärkung?«, fragte Molly. »Mehr Abscheuliche?«

»Nein«, sagte Jane. »Mit der Macht, die dieses Ding braucht, muss es irgendetwas Mächtigeres sein … Etwas viel Schlimmeres als noch mehr Abscheuliche.«

»Schlimmeres?«, meinte Callan. »Was könnte schlimmer sein als seelenfressende Dämonen?«

»Bleib in der Nähe«, sagte ich. »Wenn wir dieses Ding nicht abschalten, bevor sie ihr Tor öffnen können, finden wir das vielleicht heraus.«

»Ich will nach Hause«, antwortete Callan. »Ich hasse diesen Ort.« Molly sorgte für eine neue Flasche Pepsi für ihn und er ging davon, um düster auf den harten Boden einzutreten.

Wir sahen alle der Reihe nach über die Kante des Felsens und studierten die Bewegungen der winzigen Gestalten, die unten herumflitzten. Es waren Hunderte von ihnen, Männer und Frauen und sogar ein paar Kinder, die überall auf der großen Struktur herumkletterten, ohne auf ihre eigene Sicherheit zu achten. Die vor Hitze flirrende Luft ließ die Sicht schwierig werden, selbst mithilfe der silbernen Masken, aber die extremen Temperaturen schienen die Abscheulichen nicht zu stören.

Keiner hatte offenbar das Sagen, keine Befehle wurden gegeben, aber alle schienen genau zu wissen, was sie zu tun hatten. Als ich näher heranzoomte, um die Arbeiter genauer zu betrachten, traf mich ihre Fremdartigkeit wie ein Hammerschlag. Sie bewegten sich nicht wie Menschen und ihre Gesichter waren leer. Manchmal bewegten sie sich völlig einheitlich, in perfekter Präzision wie ein Vogelschwarm. Sie hatten nichts Menschliches mehr außer ihrer äußeren Form, alles andere hatten die Abscheulichen ihnen genommen.

Für Mr. Stich war das Ganze neu und er bestand darauf, dass man ihm alles erklärte. Also gab ich mir Mühe, ihm die Kurzversion mitzuteilen.

Die Abscheulichen kamen von irgendwoanders her, jenseits von Raum und Zeit, wie wir sie verstehen. Sie haben in unserer Welt keine physische Präsenz, also müssen sie einen Körper übernehmen, sowohl mental als auch physisch; bevorzugt menschlich, aber nicht immer. Wenn ein Ekliger einen menschlichen Körper übernimmt oder infiziert, dann frisst oder zerstört er die Seele - darüber ist man sich nicht einig - und bewohnt die verbliebene Hülle, die dann bald ausbrennt, wegen unerträglichen Stresses und der Belastungen, denen der neue Besitzer sie aussetzt. Nachdem der Körper gestorben ist und langsam verfällt, macht er trotzdem weiter. Er wird von der unirdischen Energie des Abscheulichen getrieben, bis der Körper schließlich auseinanderfällt und der Abscheuliche sich einen neuen Wirt suchen geht. Wir nennen die infizierten Menschen Drohnen. Im Grunde sind sie Zombies, für fremde Zwecke angetrieben von einem fremden Willen.

Sie zerstören Leben und fressen Seelen. Und die Familie hat sie aus ganz persönlichen Gründen hergebracht. Wir hätten wissen müssen, dass uns die Sache aus dem Ruder läuft.

»Manchmal übernehmen sie ganze Städte«, sagte Harry unerwartet. »Sie fangen bei einer Familie an, und dann nehmen sie sich die ganze Gemeinde, Haus für Haus. Wenn sie die Kontrolle über jeden einzelnen übernommen haben, dann zwingen sie die Stadt aus unserer Realität in irgendeine Dimensionstasche, die sicher ist vor der Entdeckung durch Menschen. Dann benutzen sie diese versteckte Basis, um die angrenzenden Städte anzugreifen. Glücklicherweise verraten sie sich immer, denn sie sind zu gierig. Die Familie radiert diese Städte aus, sobald wir sie finden.

Ich war vor ein paar Jahren an so einer Razzia beteiligt. Es war in Frankreich, unten bei Bordeaux. Man nennt diese Städte auch Ghoulstädte. Die lokale Verwaltung hatte einen Hilferuf geschickt, nachdem sie bei einer Routinesuche nach einer vermissten Person über eine solche gestolpert waren. Ich war der nächstbeste Frontagent, also nahm ich den Auftrag an. Ich tat mich mit einem französischen Dämonenspezialisten zusammen, ihr Name war Mallorie. Ein bisschen verkopft, aber sie verstand ihren Job. Der Waffenmeister hatte uns einen Dimensionen-Schlüssel beschafft und mit der üblichen, besonderen Expressart zukommen lassen. Und Mallorie und ich haben eine französische Sondereinheit in diesen Ghoulort angeführt.«

Er hielt einen Moment inne und erinnerte sich. Sein Gesicht war ruhig, überlegt, aber seine Augen spiegelten den Schrecken.

»Ein schrecklicher Ort. Jeder Albtraum, den man nur haben kann. Das Licht war grell, fast zu grell für menschliche Augen. Die Schwerkraft fluktuierte und die Richtungen änderten sich ständig, wenn man nicht genau hinsah. Die Luft war kaum zu atmen, und es stank von Blut und Innereien und Abfall. Wir waren hineingegangen, weil wir hofften, noch etwas zu retten, aber es wurde bald klar, dass wir zu spät kamen. In dieser Ghoulstadt waren Männer, Frauen und sogar Kinder, aber alle waren infiziert. Die Abscheulichen hatten ihre Seelen gefressen. Die Kinder waren am schlimmsten. Sie versuchten, zu verbergen, was sie geworden waren, um uns anzulocken, aber sie wussten gar nicht einmal, wie sich Kinder benehmen.

Sie griffen uns an. Haben sich nicht mal die Mühe gegeben, sich wie Kinder zu verhalten. Sie kamen aus jeder Richtung und wedelten mit den Armen wie zurückgebliebene Kinder. Sie kamen mit allen möglichen Waffen auf uns zu. Und mit bloßen Händen und sogar gebleckten Zähnen. Wir haben sie alle getötet. Niedergeschossen, niedergemetzelt, ihre Gesichter in den blutigen Boden getreten. Irgendetwas Menschliches, irgendwie menschlich und dann auch wieder nicht. Etwas, das einmal menschlich gewesen und jetzt hoffnungslos korrumpiert war, hat uns alle verrückt gemacht. Wir töteten und töteten, eine Straße runter und die andere wieder rauf. Wir traten die Leichen aus dem Weg, bis die Rinnsteine überliefen vor Blut. Ein paar taten so, als ob sie sich ergäben, aber es war nur ein Trick, um uns anzulocken.

Als wir fertig waren, brannten wir die ganze Stadt nieder. Wir haben nichts stehenlassen. Es hat Stunden gedauert sicherzugehen, dass wir auch wirklich alle erwischt haben. Wir haben alle Häuser durchsucht, und sie manchmal aus Verstecken unter Treppen oder hinter Schränken hervorgezogen. Am Ende, als wir die brennende Ghoulstadt wieder verlassen hatten und wieder in unsere Welt zurückgekehrt waren, haben sogar erfahrene französische Parasoldaten offen geheult. Manchmal … träume ich, ich bin wieder da. Das werde ich wohl immer.«

Er sah sich um. Wir alle hatten intensiv zugehört. Er hatte seine Rüstung heruntergefahren, damit wir alle sein Gesicht sehen konnten, während er erzählte, aber jetzt fuhr er sie wieder hoch und wurde zu einer silbernen Statue. Als könnte er so die Erinnerungen, die ihn verfolgten, ausschließen.

»Also, wenn wir da runtergehen«, sagte er dann, »nicht vergessen: Sie sehen vielleicht wie Personen aus, aber sie sind es nicht. Es sind Dämonen. Tötet sie für das, was sie getan haben. Und für das, was wir ihnen antun müssen, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.«

Die Droods, die zugehört hatten, nickten und raunten einander zu, während sie ihre Waffen zückten. Mr. Stich sah immer noch auf die Ebene herunter und war anscheinend nicht sonderlich beeindruckt von dem, was er gehört hatte. Aber ich mochte Harry für das, was er durchgemacht hatte, noch lieber. Und ich mochte sogar Roger Morgenstern ein wenig, als er seinen Arm um Harrys Schultern legte, um ihn zu trösten.

»Also«, sagte Mr. Stich und drehte sich immer noch nicht um. »Die infizierten Menschen sind also Drohnen. Und das Ding da unten ist …?«

»Ein Nest«, sagte ich. »Und wir sind die Kammerjäger.«

»Prächtig!«, meinte Mr. Stich. »Wann fangen wir an?«


Janitscharen Jane teilte uns in die arrangierten Einheiten auf und übergab das Kommando den designierten Teamleitern. Jede Gruppe hatte ein paar Droods mit Rüstungen, um sie anzuführen und hoffentlich einen Großteil des ersten Aufpralls abzufangen. Sie gab uns noch ein paar aufmunternde Worte auf den Weg, die Taktik betreffend, die man im Wesentlichen auf Nicht aneinanderkleben, nicht getrennt werden, alles töten, was nicht zu uns gehört und Das Ding, das sie bauen, zerstören, bevor es in Betrieb genommen wird reduzieren konnte. Es gab keine Fragen in letzter Minute, keine Diskussionen und keine Ausfälle. Wir waren alle bereit, loszuschlagen. Molly begann mit dem Zauber, den sie vorbereitet hatte, seit wir hier angekommen waren und ein heftiger Sturm erhob sich, hob uns alle überraschend sanft auf und trug uns sicher von der Klippe hinunter in die Ebene von Nazca.

Wir rannten in dem Moment los, in dem wir auf dem Boden aufkamen und wandten uns direkt zu der hoch aufragenden Konstruktion vor uns. Die Drohnen sahen uns kommen und ließen alles fallen, um uns entgegenzulaufen und den Weg mit ihren Körpern zu versperren. Es kamen Laute aus ihren entstellten Mäulern, aber daran war nichts Menschliches. Einige hatten improvisierte Waffen, die meisten benutzten ihre bloßen Hände, deren Finger zu Klauen gekrümmt waren. In ihren Gesichtern konnten wir keine Gefühle entdecken, jedenfalls keine, die wir lesen konnten und sie entblößten ihre Zähne wie Tiere. Sie gaben nicht einmal mehr vor, menschlich zu sein. Sie sahen die gerüsteten Gestalten, die die Truppe anführten und wussten, wir waren Droods.

Prompt kamen aus jeder Richtung mehr von ihnen gerannt - Männer, Frauen, Kinder und sogar Tiere. Die Abscheulichen waren nicht zimperlich bei der Auswahl derer, die sie übernahmen. Für sie war alles nur Fleisch. Aber selbst als unsere ersten Abteilungen mit der ersten Welle von Drohnen zusammenprallte, kamen immer noch mehr von ihnen aus der einzelnen Öffnung am Fuß des Gebäudes. Mehr und mehr und mehr von ihnen, viel mehr, als die Konstruktion hätte Platz bieten können. Anstatt Hunderte von Drohnen zu bekämpfen, wie wir erwartet hatten, waren es auf einmal Tausende. Vielleicht Hunderttausende - und es kamen immer noch mehr auf uns zugerannt oder heulten uns aus der Öffnung an.

Der Kampf hatte gerade erst begonnen und wir waren schon jetzt hoffnungslos in der Unterzahl. Aber ich konnte nicht zum Rückzug blasen. Ich hatte uns alle zu diesem Angriff verpflichtet. Wir mussten weitermachen, wir mussten gewinnen, bevor die Abscheulichen dieses Tor öffnen konnten. Die beiden Kräfte verkeilten sich ineinander, silberne Fäuste schlugen unmenschliche Gesichter nieder, aber dennoch breitete sich eine tiefe Hoffnungslosigkeit in mir aus.

Es waren so viele …

Die Drohnen trafen uns schwer, alle waren sie übernatürlich stark, was sie den außerirdischen Energien verdankten, die in ihren gestohlenen, toten oder sterbenden Körpern brannten. Sie warfen sich selbst auf die ersten gerüsteten Droods und versuchten sie einfach durch ihre schiere Überzahl zu erdrücken. Als das nicht gelang, hielten sie sich an den silbernen Armen fest, umklammerten silberne Beine und versuchten, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und auf diese Weise niederzuringen. Doch die gerüsteten Droods hielten stand und schlugen mit ihren silbernen Fäusten um sich. Menschliche Schädel zerplatzten und zersplitterten unter der fürchterlichen Kraft dieser Schläge, Genicke brachen und Köpfe wurden förmlich von den Schultern gerissen. Die gerüsteten Droods brachen Wirbelsäulen, Arme und Beine, schlugen in Brustkörbe und traten auf Köpfe. Blut und Innereien flogen durch die Luft und rannen in Schlieren über die silbernen Rüstungen. Dutzende von Drohnen starben in den ersten Sekunden der Schlacht, aber die schiere Menge ließ unser Überraschungsmoment völlig verpuffen und schon bald befanden wir uns in einer Sackgasse. Töten und wieder töten, aber kein Fortschritt.

Die gerüsteten Droods eröffneten jetzt das Feuer mit den Waffen, mit denen uns der Waffenmeister ausgerüstet hatte. Großkalibrige Handfeuerwaffen, Granatwerfer und selbst magische Knochen und Fluchwerfer. Die Drohnen fielen reihenweise, als die Waffen hin- und herfuhren und sie niedermähten, aber es kamen kontinuierlich mehr, rückten vor und erkämpften sich ihren Weg an den gerüsteten Droods vorbei. Wir griffen die Drohnen mit allem an, was wir hatten und es war nicht genug. Sie kümmerten sich nicht darum, was sie verloren, fühlten keinen Schmerz oder Furcht oder Schrecken. Hundert von ihnen konnten sterben, wenn einer von ihnen durchkam, um zu töten.

Alle unsere Pläne und Taktiken verschwanden und wurden durch einen brutalen Kampf ums Überleben ersetzt. Die Abteilungen wurden überrannt oder auseinandergezwungen und jeder war auf sich gestellt. Die meisten der ungerüsteten Droods wurden in den ersten Minuten niedergezwungen und abgeschlachtet, überwältigt von der schieren Übermacht; überwältigt von Drohnen, die in unsere Waffen rannten, ohne sich Gedanken darüber zu machen. Droods starben schreiend unter fliegenden Fäusten, Händen wie Klauen, und stechenden Waffen oder solchen wie Keulen. Ich konnte sie überall um mich herum hören, ihre menschlichen Schreie mischten sich mit dem unmenschlichen Geheul der Drohnen.

Und dann - eigentlich war das unmöglich - begannen selbst die gerüsteten Droods zu fallen, als die Drohnen unnatürliche und seltsame Waffen aus ihrem riesigen Gebäude holten. Einige gerüstete Droods verschwanden einfach. Sie wurden weiß Gott wohin teleportiert, als sich nacheinander die schimmernden Technikstücke auf sie richteten. Einige Droods fielen heulenden Energieklingen zum Opfer, die durch die Rüstungen und das Fleisch darunter hindurchfuhren. Eine Leiche mit Strahlenverbrennungen und glühenden Augen stampfte durch das Chaos. Sie widerrief irgendwie die Worte, die die Rüstungen aktivierten, sodass wie wieder in den silbernen Halsreif verschwanden und den Besitzer hilflos, verwirrt und verletzlich zurückließen.

Mr. Stich erschien auf einmal aus dem Nichts und schlitzte die Kehle dieser Drohne mit einem aufschimmernden Skalpell durch. Auf einmal kämpften wir Seite an Seite und dann Rücken an Rücken, mit Molly Metcalf. Drohnen drangen aus allen Richtungen auf uns ein, manchmal mit Waffen, manchmal ohne. Ich feuerte meinen Repetiercolt wieder und wieder und fegte eine Drohne nach der anderen mit der Pistole vom Platz, die nie danebentraf und nie nachgeladen werden musste, aber bald hatten sie sich zu sehr genähert; sie kletterten dabei über die Leichen der Gefallenen, um mich zu erreichen. Ich steckte die Waffe weg, ließ silberne Dornen auf meinen Fäusten wachsen und watete mit all der schrecklichen Stärke und der Geschwindigkeit zwischen sie, die meine Rüstung mir gab. Ich schlug sie nieder und sie fielen gebrochen und blutig vor mir nieder. Ich riss die Gesichter von ihren Köpfen, zerschmetterte ihre Schädel, brach ihre Knochen und stampfte über sie hinweg, wenn sie fielen. Ich hob sie auf und benutzte sie als lebende Werkzeuge, mit denen man den Gegner schlagen konnte. Blut und Leichenfetzen rannen meine glänzende Rüstung herunter, weil sie keinen Halt finden konnte. Ich trat und wirbelte herum, schlug mit unmöglicher Kraft um mich. Ich formte meine silbernen Hände zu scharfen Klingen und stach und hackte, und schlachtete alles ab, was in meiner Reichweite war. Und immer noch schienen noch mehr zu kommen.

Sie schlugen mich mit ihren Händen und feuerten ihre Waffen auf mich ab, doch keiner von ihnen konnte mich berühren. Aber die Drohnen mit den schrecklichen Waffen kamen langsam, unausweichlich näher.

Molly warf ihnen jede Angriffsmagie entgegen, die sie kannte. Sie beschwor aus Leibeskräften einen Zauber und einen Fluch nach dem anderen. Drohnen wurden in hilflose Dinge verwandelt und unter den Füßen der anderen zertrampelt. Manchmal brach ihre Form einfach zusammen und sie zerliefen wie schlammiges Wasser. Sie rief Blitze aus dem Himmel herab, holte Feuer aus offenen Spalten in der harten Erde unter uns hervor und beschwor Wirbelstürme, die sie davonwehten. Seltsame Kräfte knisterten in der Luft vor ihr und verbrannten alles, was ihr zu nahe kam. Aber ihre Stimme brach vor Anstrengung und ich wusste, dass sie das nicht mehr lange würde durchhalten können. Magie fordert ihren Preis und selbst ihre gesammelten Energien würden bei dieser Beanspruchung nicht lange reichen.

Als sich eine winzige Kampfpause ergab, sah ich mich um. Ich konnte Molly husten und schmerzvoll keuchen hören. Alle ungerüsteten Droods waren zu Boden gegangen. Tot. Es kämpften noch rund ein Dutzend gerüstete Droods, bahnten sich ihre Feinde niederschlagend langsam einen Weg durch das Chaos. Inseln in einem Meer von Tod. Janitscharen Jane hatte von Anfang an recht gehabt. Ich hätte eine Armee gebraucht, keine Krieger.

Mr. Stich schritt elegant durch diesen Wahnsinn, nicht einmal ein Blutfleck war auf seiner feinen Kleidung zu sehen. Er schnitt und schlachtete mit beinahe unmenschlicher Grazie und Präzision und tötete alles, was ihm nah kam, und keine der Drohnen konnte ihn auch nur berühren. Er wurde von Kräften geschützt, die schlimmer waren als die der Abscheulichen. Er ging wie ein grausamer viktorianischer Kriegsgott über das Schlachtfeld und lächelte ein schreckliches, glückliches Lächeln. Er war in der Hölle völlig zu Hause.

Roger Morgenstern kämpfte Seite an Seite mit einer silbernen Figur, von der ich annahm, es sei Harry. Grelle Flammen brannten um sie herum und verschlangen jede Drohne, die sie berührten. Roger lächelte ebenfalls. Harry kämpfte gut, mit kurzen, kontrollierten und brutalen Bewegungen, die die Drohnen mit beinahe klinischer Präzision niederstreckten. Es schien, als sei das nur ein Job, den er sehr gut beherrschte.

Und Janitscharen Jane metzelte sich einen blutigen Pfad durch die aufgewühlten Massen mit ihrem berüchtigten alten Schwert. Sie war in ihrer kalten und furchtbaren Wut nicht zu stoppen - die größte Dämonenschlächterin, die je gelebt hat.

Sie kämpfte sich einen Weg hinüber zu Molly und mir. Ich war unter meiner Rüstung klitschnass geschwitzt, ich war erschöpft, und dampfte aus allen Körperöffnungen. Meine Arme taten von der Anstrengung weh und mein Rücken brachte mich förmlich um. Die Rüstung kann bei Wundern helfen, aber wirken muss ich sie selbst. Aber ich kämpfte trotzdem weiter und ich war entschlossen, nicht zu fallen, solange Molly mich brauchte. Es war darauf reduziert und nicht mehr. Janitscharen Jane brüllte mir in meine silberne Maske.

»Das ist der Turm!«, schrie sie, um den Schlachtlärm zu übertönen. »Da passiert irgendetwas! Ich kann es fühlen! Ich glaube, das Tor öffnet sich!«

Ich schlug die nächsten Drohnen nieder und wandte mich um. Sie hatte recht. Ich konnte es ebenfalls fühlen. Ein grelles Licht strahlte jetzt aus der Öffnung und noch mehr quoll aus Hunderten von Löchern in der zerklüfteten Oberfläche der riesigen Struktur. Die Luft flirrte und schlug Wellen rund um das Gebäude herum, aber das hatte nichts mit Hitze zu tun. Ich konnte spüren, ja beinahe sehen, dass sich das Tor hinter dem Turm öffnete, ein großer und immer größer werdender Kreis wie eine schwarze Sonne - und auf der anderen Seite dieser Öffnung im Raum … irgendein riesiges und schreckliches und furchtbar wachsames Etwas. Es rannte unaufhaltsam gegen die schwächer werdende Barriere an, die das Einzige war, die es aus unserer kleinen und schrecklich verletzlichen Welt fernhielt. Etwas so Großes, dass ich weder die Form noch die Natur dieses Etwas erfassen konnte. Wie Gott, der zornig durch die Welt wanderte …

Was auch immer die Abscheulichen da beschworen hatten, es war hier und wartete darauf, dass sich das Tor endgültig öffnete. Dann würde es kommen und uns grauenhafte, unaussprechliche Dinge antun. Nur, weil es das konnte.

Etwas, das viel schlimmer war, als die Abscheulichen je hoffen konnten zu sein.

Ich sah mich schnell um. Ich zählte noch zehn gerüstete Droods. Ich rief sie durch meine Rüstung. »Kommt zur Basis der Struktur! Jeder schnappt sich ein Stück davon und bringt damit die ganze Konstruktion zu Fall!«

Ich drehte mich zu Molly um. Sie schwankte, ihr lief Blut aus Mund und Nase und sie hatte sogar blutige Tränenspuren auf ihren Wangen. Ihr Körper stand wegen des Stresses, dem sie sich aussetzte kurz vor dem Zusammenbruch - es war nurmehr ein verzweifelter magischer Fluss, der durch ihren Körper ging. Sie sah mich an und bewegte den Mund, aber ihre Augen verschwammen. Ich schrie ihren Namen, griff mit meiner silbernen Hand nach ihrer Schulter und krallte mich so fest hinein, dass sie aufjammerte. Ihr Bewusstsein kehrte in ihr Gesicht zurück.

»Wir müssen zum Fundament der Struktur, schnell! Molly! Kannst du uns einen Weg bahnen?«

»Ich bin müde, Eddie. So müde …«

»Kannst du es?«

Sie sah mich böse an. »Ja! Ja, ich kann es tun! Ich bin Molly Metcalf, verdammt. Aber das sollte besser funktionieren, Eddie …«

Sie warf einen Arm in Richtung der hochaufragenden Konstruktion und einfach so explodierte jede Drohne zwischen uns und dem Gebäude in blutige Brocken. Ich machte mir eine gedankliche Notiz, Molly niemals richtig wütend auf mich werden zu lassen, schnappte mir ihren Arm und wir rannten durch die enge Passage, die sie uns geöffnet hatte, zum Turm hin. Zwischen den anderen Droods und dem Turm öffneten sich ebenfalls solche Pfade und jeder rannte los. Wir rasten über den steinigen Boden, während die Drohnen wieder zur Besinnung kamen und die Lücken füllten. Wir schlugen sie aus dem Weg, stießen sie weg, rannten sie über den Haufen hin zum Turm. Alle erreichten die Basis des riesigen Gebäudes und ich schrie den gerüsteten Droods zu, nach etwas zu greifen, das wichtig oder tragend aussah. Molly und Janitscharen Jane, Mr. Stich und Roger Morgenstern arbeiteten hart, die Drohnen zurückzuhalten, als wir alle den Turm packten und seinen Unterbau herausrissen.

Für einen langen Moment passierte gar nichts. Der Turm war riesig und wir waren nur elf … aber wir waren Droods und wir hatten die unglaubliche Stärke der Rüstung auf unserer Seite. Wir rissen die Stützen einfach unter dem Turm weg und brachten das verdammte Ding zu Fall.

Es brüllte und kreischte wie ein lebendiges Wesen und Explosionen rasten wie Bündel von Feuerwerkskörpern durch die zitternde Struktur. Neue Lichter brachen aus tausend neuen Löchern, während außen ein Krachen und Knacken hinauf- und hinunterlief. Die Beben liefen die komplette Länge und Breite entlang und dann begannen einzelne Stücke herunterzufallen. Die Struktur schwankte auf dem zerrissenen Fundament, das ganze Ding neigte sich nach vorn und fiel der Länge nach in die weite steinige Ebene. Es fiel, als sei es die Hand Gottes.

Das Tor schloss sich. Weg, einfach so und mit ihr jede Spur des schrecklichen Dings auf der anderen Seite. Der Turm reichte fast bis zum anderen Ende der Ebene und als er fiel, zersplitterte er in eine Million Stücke. Die meisten der Drohnen wurden darunter begraben, die, die überlebt hatten, wandten sich um und rannten in hundert verschiedene Richtungen davon. Ich ließ sie laufen. Ich war mit Molly beschäftigt, die uns alle mit einem einfachen Schild beschützte und dabei das letzte Bisschen ihrer Kraft brauchte.


Als es endlich vorbei war, waren wir nur noch fünfzehn. Molly klammerte sich an allen Gliedern zitternd an mich und ich hielt sie fest, nur gemeinsam konnten wir uns noch aufrecht halten. Roger Morgenstern stützte Harry. Janitscharen Jane rief Callan und seine Leute, die auf der Klippe geblieben waren, über Funk, damit sie uns abholten. Wir mussten unsere Gefallenen aufsammeln und sie von hier wegbringen, bevor die Behörden hier auftauchten. Die neun Droods fuhren ihre Rüstung herunter, sie sahen alle verwirrt aus und erweckten in mir den Eindruck als hätten sie ein Kriegstrauma erwischt. Mr. Stich sah auf die Berge von Toten und lächelte. Harry ließ Roger los und humpelte auf mich zu. Hinter der leidenschaftslosen Maske war seine Stimme kalt und hart.

»Wir haben die Öffnung des Tors verhindert. Wir haben den Turm gestürzt und die meisten der Abscheulichen getötet. Aber war es das wert, Eddie? Sieh dir an, wie wenig wir noch sind! Jeder andere ist tot! Das war ein Debakel, ein Desaster. Wir haben niemals in unserer Geschichte in einer einzigen Operation so viele Familienmitglieder verloren! Alles nur, damit du den Helden spielen kannst, mal wieder. Wenn wir zurückkehren, werde ich sichergehen, dass jeder weiß, dass alles das deine Schuld war!«

»Natürlich wirst du das, Harry«, sagte ich müde. »Das tust du doch immer. Geh, renn zur Matriarchin, braver kleiner Schleimer, der du bist. Du wirst ja schon sehen, was du davon hast.«

»Wenn du nicht allen die Torques weggenommen hättest, wären die meisten dieser Leute noch am Leben!«

»Ja, vielleicht triffst du damit den Nagel auf den Kopf.«

»Du hättest allen neue Torques geben sollen. Nicht nur denen, von denen du glaubtest, dass sie auf deiner Seite stehen.«

Ich sagte nichts. Was hätte ich sagen sollen? Er hatte recht.

Harry wandte mir seinen Rücken zu und ging fort. Molly ließ mich endlich los und zog etwas aus einer versteckten Tasche.

»Ich habe das hier gefunden, in den Trümmern des Turms. Es ist so voll von machtvoller Magie, dass es mich geradezu angeschrien hat. Erkennst du es wieder?«

Ich drehte es in meinen Händen wieder und wieder langsam um. Es war ein Amulett von einer bestimmten Art, mit tief eingravierten kandarianischen Symbolen. Ich konnte nur ein Wort übersetzen.

»Eindringlinge«, sagte ich.

»Na prima«, sagte Molly. »Die Marsmännchen kommen.«

»Nein«, sagte ich, zu müde, um zu lächeln. »Ich bin ziemlich sicher, dass das ein Teil der Beschwörung war. Eine Anrufung, um … das herzubringen, was auch immer wir aufgehalten haben. Nur … das hier ist Plural. Eindringlinge … nicht nur einer.«

»Ich könnte kotzen«, sagte Molly. »Alles, was wir mitgemacht haben, um einen - was eigentlich? - aufzuhalten?«

»Etwas von der Anderen Seite«, sagte ich. »Eine Invasionsflotte, von etwas wesentlich Schlimmerem als Seelenfresser. Geh mal beiseite. Ich glaube, ich muss auch kotzen.«

»Eindringlinge«, sagte Molly. »Von den Abscheulichen gerufen. Heißt das … mehr Nester, mehr Türme, irgendwo in der Welt?«

»Mit Sicherheit«, sagte ich. »Vielleicht in jedem Land der Welt. Das hier war nur der Anfang.«

»Mann, du kannst einem manchmal sowas von auf den Sack gehen!«, sagte Molly.

»Das macht der Job«, sagte ich. »Lass uns nach Hause gehen.«

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