Kapitel 10

Dave und Aziz brachen nach Irland auf, und Dave wirkte nur ansatzweise reuig, so als wäre er zuversichtlich, daß ich ihn nicht wirklich entlassen würde. Da hatte er wahrscheinlich recht, denn wie es aussah, hatte er keine Vorschriften außer meinen eigenen verletzt und konnte sich beim Arbeitsgericht wegen unberechtigter Entlassung beklagen, wenn ich ihm Gründe lieferte und er es darauf anlegte. Seine Leichtfertigkeit war ja nichts Neues. Trotzdem verstand er sehr gut, sehr verantwortungsbewußt mit Pferden umzugehen, und war ein brauchbarer Fahrer. Ich hoffte, er würde es sich in Zukunft überlegen, ob er für Geld jemand mitnahm, hätte aber nicht darauf gewettet, daß er es ganz bleiben ließ. Soweit ich sehen konnte, hatte sich hauptsächlich meine Einstellung zu ihm geändert, aus nachsichtiger Sympathie war Unmut geworden.

Auf dem Hof draußen zeigte Lewis Nina, die in ihrer arbeitsmäßigen Gestalt und mit ihrem Arbeitswagen erschienen war, Fotos von seinem Baby.

«Das ist ein richtiger kleiner Irrwisch. «Lewis betrachtete liebevoll seinen Sprößling.»Und wissen Sie was, er sieht gern Fußball im Fernsehen, da kriegt ihn keiner weg.«

«Wie alt ist er?«fragte Nina pflichtschuldig bewundernd.

«Acht Monate. Sehen Sie mal das hier, wie er im Bad an seiner gelben Ente nuckelt.«

«Er ist lieb«, sagte Nina.

Lewis strahlte und sagte:»Für den ist uns nichts zu gut. Vielleicht schicken wir ihn nach Eton, warum nicht?«Er steckte die Fotos in ein Kuvert.»Am besten mach ich mich mal auf nach Lingfield«, sagte er.»Zwei für Benjy Usher. Als ich zuletzt in dem Stall war«, erzählte er Nina,»haben die das falsche Pferd rangeholt, und das war nicht das erste Mal. Ich hatte aufgeladen und fuhr schon zum Tor raus, da kommt ein Pfleger an und schreit sich die Lunge aus dem Hals. Das falsche Pferd! Also wirklich! Und aus dem Fenster im ersten Stock schimpft Mr. Usher, als wär’s meine Schuld, nicht die von seinem Futtermeister, dem blöden Sack.«

Nina hörte fasziniert zu und fragte mich:»Kann es leicht passieren, daß man das falsche Pferd erwischt?«

«Wir nehmen die Pferde, die man uns gibt«, sagte ich.»Wenn es die falschen sind, können wir nichts dafür. Wie Sie wissen, haben unsere Fahrer Arbeitsbögen mit der Uhrzeit, dem Abhol- und Bestimmungsort und den Namen der Pferde, aber die Identität müssen sie nicht nachprüfen.«

«Voriges Jahr haben wir zwei von Mr. Usher wirklich zu den falschen Rennen transportiert«, sagte Lewis belustigt.

Ich ging näher drauf ein.»Wir sollten ein Usher-Pferd nach Leicester und eins nach Plumpton bringen, und obwohl Lewis und der andere Fahrer ganz klar gesagt haben, welcher Transporter wohin fährt, hat Ushers Futtermeister sie durcheinandergebracht. Es wurde erst entdeckt, als das erste Pferd auf dem falschen Platz ankam. Gab einen ziemlichen Wirbel.«

«Wirbelsturm«, meinte Lewis grinsend.»Aber hallo.«

«Werfen Sie einen Blick in die Zeitung und vergleichen Sie die Namen von Ushers Pferden mit denen auf Ihrer Liste«, wies ich Lewis an,»damit es heute nicht noch mal Verwechslungen gibt.«

«Okay.«

Er ging in die Kantine, wo er sich kurz die Rennausschreibungen ansah, und mit einem Winken dann hinaus zu seinem Super-Sechser, um sich auf den Weg zu machen.

«Als er hier anfing«, erzählte ich Nina,»hatte er Ringellocken. Jetzt hat er dafür das Baby. Er kann gut die Fäuste gebrauchen, falls Sie mal Schutz nötig haben. An seinem Jungen vergreifen sich bestimmt nicht viele.«

«Klassenrowdies, seht euch vor?«

«Und ihre Väter auch.«

«Sie sind alle ziemlich verschieden, wenn man sie näher kennenlernt«, sagte Nina.

«Die Fahrer, meinen Sie? Ja, das stimmt. «Sie kam mit in mein Büro.»Erzählen Sie mir von Nigel.«

Sie machte es sich in dem zweiten Sessel bequem, während ich mich auf die Schreibtischkante setzte.

«Er ist fast die ganze Strecke hin und zurück allein gefahren, ohne Rücksicht auf die Stunden, aber wir haben die Fahrtenbücher so ausgefüllt, daß es mehr nach gleicher Beteiligung aussieht.«

«Ts, ts.«

Sie lächelte.»Er sagte, ich könnte mich um die Pferde kümmern. Mit Pferden hat er’s gar nicht so, wußten Sie das? Er sagt, manche Fahrer, mit denen er sich bei den Rennen unterhält, haben richtig Angst vor ihnen.«

«Davon habe ich gehört.«

«Nigel findet Sie als Arbeitgeber gar nicht übel. Bißchen pingelig, meinte er.«

«Ach ja?«

«Und er ist stolz auf seinen Körper. Er ist mit mir den Entwicklungsstand seiner Muskeln durchgegangen, praktisch jeden einzeln. Er hat mir erklärt, wie ich meine Brustmuskulatur aufbauen kann.«

Ich lachte leise.»Wie nützlich.«

«Ich soll Ihnen etwas von Patrick Venables ausrichten.«

Abrupter Themenwechsel.»Was denn?«fragte ich.

«Wegen der Röhrchen, die Sie mir zur Analyse mitgegeben haben. Er sagt«, sie runzelte unschlüssig die Stirn,»er sagt, sie. haben etwas enthalten, das man Virustransportmedium nennt.«

Da ich nicht gleich etwas dazu sagte, fuhr sie fort:»Das ist anscheinend eine Flüssigkeit, die sich zusammensetzt aus sterilem Wasser und Sucrose — klingt seltsam, hat er aber so gesagt —, aus Rindereiweiß — das ist der Stoff, von dem das Virus zehrt —, aus Glutaminsäure, was wohl eine Aminosäure ist, und aus einem Antibiotikum namens Geront… nein, Quatsch… Gentamicin, das eindringende Bakterien tötet, aber einem Virus nichts tut. Die ganze Mixtur wird benutzt, um Viren über Land zu befördern.«

«Hat man ein Virus drin gefunden?«

«Nein. Es hieß, außerhalb eines Körpers hält sich ein Virus nicht lange. Bei Viren spricht man anscheinend nicht von >leben<, da sie nicht wirken oder sich vermehren können oder was auch immer, wenn sie erst von der lebenden Wirtszelle getrennt sind. Das scheint mir alles ein bißchen kompliziert zu sein. Jedenfalls wüßte Patrick gern, wo die Röhrchen herstammen.«

«Von der Tankstelle Pontefract in Yorkshire. Den Weg davor kenne ich nicht.«

Ich erzählte ihr, was ich von Lynn Melissa Ogden, der Hinterbliebenen von Kevin Keith, erfahren hatte.

«Arme Frau«, sagte ich.»Die haben ein klägliches Leben geführt.«

«Es gibt so viel schreckliche Existenzen. Und keiner, der ins Leben einsteigt, denkt, daß es so enden könnte.«

Ich erzählte ihr von meiner Konfrontation mit Dave früher am Morgen.

«Sie hatten also recht!«rief sie aus.»Sie sagten doch, er müsse den Mitfahrer eingeplant haben.«

«M-hm. Aber er hat nicht reagiert, als ich ihn fragte, was Kevin Keith bei sich hatte. Das wußte er mit Sicherheit nicht.«

«Dann kann er auch nicht der schwarz Vermummte gewesen sein, der das Fahrerhaus durchstöbert hat.«

«War er bestimmt nicht. Er hätte sich nicht zu maskieren brauchen. Er hätte einfach so kommen können. Er hatte gehofft, man würde ihm seinen Lohn ins Fahrerhaus legen, aber wen wundert’s, daß daraus nichts wurde? Der da vermummt kam, hat etwas gesucht, statt einen Umschlag zurückzulassen.«

«Aber wer war das?«

«Gute Frage. «Ich überlegte ein wenig.»Da sind mindestens zwei Köpfe am Werk. Einer denkt logisch, aber destruktiv. Der andere agiert so unlogisch wie ein Poltergeist.«

«Mindestens zwei? Meinen Sie, noch mehr?«

«Ich glaube, daß zwei Männer mich in Southampton ins Hafenbecken geworfen haben. Ein Mann war auf jeden Fall dabei. Und sie haben mich mit Leichtigkeit getragen. Aber der Transport des Virusmediums wurde von einer Frau arrangiert.«

«Oder einem Mann mit verstellter Stimme?«

«Was hätte das für einen Sinn? Und es ist auch nicht so einfach. «Ich hielt inne.»Aber eins wissen wir nicht — ob Kevin Keith das Virusmedium mitnehmen sollte, wenn er in Chieveley ausstieg, oder ob er es im Wagen lassen sollte, damit es nach Pixhill kommt. Das heißt, damit es hier auf den Bauernhof kommt. Und wir wissen nicht, ob auf dem Weg hierher tatsächlich ein Virus in den Röhrchen war, oder ob jemand hier aus der Gegend das Medium zur künftigen Verwendung bestellt hatte.«

«Herr Jesus.«

Ich kramte in meiner Tasche und reichte ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier mit der Niederschrift von Joggers Anruf.

«Die Cockney freunde von Patrick Venables sollen sich das mal vornehmen«, schlug ich vor.

«Was für Cockneyfreunde?«

«Er hat bestimmt Kontakte zur Londoner Halbwelt.«

«Welches Vertrauen! Na gut. «Sie las den Text laut.»Die Cousins unters Tatü nehmen… du lieber Gott.«

«Sagt Ihnen das etwas?«

«Ein Phönixpferd hatte vorigen Sommer den gleichen Hut auf… Das ist doch völliger Blödsinn. «Sie stopfte den Zettel in ihre Handtasche.»Auf der Frankreichfahrt ist niemand in unsere Nähe gekommen«, sagte sie.»Nirgends hat sich jemand auch nur im geringsten für die Unterseite unseres Transporters interessiert. Nigel sagte, er fährt Phils Sechser nicht gern, weil der sich schwerer lenken läßt als seiner. Er schätzt die Jedem-sein-Wagen-Regelung und fährt für manche Trainer lieber als für andere. Er würde gern öfter für die Watermeads fahren, aber da hat Lewis den Daumen drauf. Lewis fährt auch für Benjy Usher, aber den kann Nigel nicht besonders leiden. Harve hat ihm gesagt, daß er für eine neue Trainerin, eine Mrs. English, eingeplant ist, und von der hat er gehört, sie sei ein Drachen.«

«M-hm. «Ich lächelte.»Mit Nigel kommt sie schon zurecht. Da läßt er seinen Charme spielen. Sie ist anspruchsvoll, aber er ist unermüdlich. Bis zum Ende des Sommers wird sie keinen anderen mehr haben wollen.«

«Das ist ja direkt angewandte Psychologie«, bemerkte sie,»wie Sie die Fahrer einteilen.«

«Zufriedene Fahrer arbeiten besser. Zufriedene Trainer gehen nicht zur Konkurrenz.«

«Alles zielt also auf den Profit?«

«Und, ehm… es schadet ja auch nichts, wenn alle bekommen, was sie möchten, oder?«

«Ich fange an zu verstehen«, sagte sie halb spöttisch,»warum Sie jeder mag.«

Ich seufzte.»Bei weitem nicht jeder. «Ich stand vom Schreibtisch auf, denn so gern ich mit ihr redete, es gab zu tun.»Sie stehen heute nicht auf dem Fahrplan, nein? Sie könnten sich nach der Frankreichtour einen Tag freinehmen.«

«Möchte ich nicht. Ich bleibe heute morgen hier und schau mich allgemein mal um, und wenn Sie kurzfristig noch einen Fahrer brauchen, steh ich zur Verfügung.«

«Einverstanden. Gut. Ah, da ist Isobel. «Wir hatten beide ihr Auto in der Einfahrt gesehen.»Kommen Sie mit und hören Sie zu. Ich will versuchen rauszufinden, wer gewußt hat, daß Dave an dem Tag, als er Kevin Keith mitnahm, nach Newmarket fuhr.«

Ihre Augen weiteten sich, als sie verstand.»Wie ich schon sagte — Sie brauchen mich hier nicht.«

«Mir gefällt, daß Sie hier sind.«

«Als Zeugin, sagte Patrick. Ich bin die Sicherheit, die Sie anscheinend haben wollten. Ihre Verteidigung. Er sagte mir, daß Sie so raffiniert seien, und ich habe ihm nicht recht geglaubt.«

«Gerissen, meinte er wohl.«

«Jedenfalls war er ja einverstanden. Deshalb bin ich hier.«

Ich fand sie fast schon zu freimütig und fragte mich, was wohl ihr Boss dazu gesagt hätte. Wir gingen in Isobels Büro, wo ich mich für die Besucherliste bedankte, und Isobel holte sie auf den Bildschirm. Sie schenkte mir ein strahlendes Lächeln für den Gruß, den ich daruntergetippt hatte, schüttelte aber den Kopf, als ich sie fragte, ob sie sich erinnern könne, an welchem Tag die einzelnen Personen auf der Liste zu ihr gekommen waren.

«Erinnern Sie sich denn«, fragte ich,»wer an dem Tag, bevor Dave und Brett den Anhalter mitnahmen, hier war? Heute vor neun Tagen also, am Mittwoch?«

Sie schüttelte den Kopf.»Ich könnte die Fahrerliste von dem Tag aufrufen. «Sie wandte sich automatisch dem Computer zu und blickte unglücklich auf.»O. der Tag ist ja gelöscht.«

«Das macht nichts. «Ich hatte die zerfetzte Wochenübersicht auf dem Schreibtisch in meinem Wohnzimmer notdürftig wieder zusammengesetzt und die Namen aufgeschrieben.

«Harve hat bei Michael Watermead die erste Ladung von Jericho Richs Pferden abgeholt und sie nach Newmarket gebracht«, sagte ich.»War jemand vom Water-mead-Stall an dem Tag im Büro? War Jericho Rich da? Oder jemand aus Newmarket? Irgend jemand, der den Donnerstagsplan zu Gesicht bekommen haben könnte? Sie haben den Plan ja oft auf dem Bildschirm. Wer könnte ihn gesehen haben?«

Sie sah verwirrt aus. Ich hatte die Fragen zu schnell gestellt. Ich kehrte zum Anfang zurück und stellte sie langsam noch einmal.

«Ah, ich verstehe. Also, natürlich konnten alle Fahrer sehen, wer wohin sollte. Ich meine, die schauen ja immer mal nach.«

«Und außer den Fahrern?«

Sie schüttelte den Kopf.»Es ist so lange her. Hier geht’s dauernd rein und raus. «Sie überlegte.»Die brauchten nicht extra vorbeizukommen, um zu erfahren, wer die Tour macht. Als Betsy anrief, hab ich ihr gesagt, daß Brett sie kriegt, und sie meinte, da würden aber weder Mr. Rich noch Mr. Watermead begeistert sein, der Brett wäre so ein Nörgler, und ich sagte… na ja, ich hab gesagt, sie soll’s für sich behalten, aber sie hat es dann wohl doch erzählt.«

Ich las die Liste auf ihrem Bildschirm.»Was ist mit Dr. Farway?«

«Nein, nein, der kam am Tag nachdem der Anhalter gestorben war. Er kam am Freitag.«

«Und, äh… John Tigwood?«

«Der nervt einen vielleicht mit seinen Sammelbüchsen, ’tschuldigung, so etwas sollte ich nicht sagen.«

«Wieso nicht? Es stimmt doch. An welchem Tag war er da?«

«Das muß auch am Freitag gewesen sein. Ja, ja, Sandy Smith war auch da. Ich weiß noch, wie sie alle über den Toten geredet haben.«

«Okay. Was ist mit Tessa Watermead?«

«Die muß vor Freitag gekommen sein, denn das war der Tag, an dem sie mit Nigel nach Newmarket fahren wollte und er sie nicht mitgenommen hat. «Isobel runzelte die Stirn.»Tessa schaut öfter rein. Ich glaube, sie langweilt sich. Sie will, daß ich ihr zeige, wie ich arbeite… geht das in Ordnung?«

«Solange sie Ihnen nicht lästig fällt oder Ihnen die Zeit stiehlt.«

«Ein bißchen tut sie das schon«, bekannte Isobel.»Ich habe sie gefragt, warum sie nicht auf die Handelsschule geht und es richtig lernt, und sie meinte, sie will es sich überlegen.«

«Gut«, sagte ich,»wie steht’s mit Mr. Rich?«

«Freitag. Während Sie auf der Pendeltour waren.«

«Noch an einem anderen Tag?«

«Ehm… ja, natürlich, er hat doch am Dienstag wegen seines Umzugs Theater gemacht. Hab ich Ihnen erzählt — erinnern Sie sich?«

«Dunkel.«

«Ich sagte ihm, Sie hätten es auf drei Tage hintereinander verteilt. Bin alles mit ihm durchgegangen.«

«M-hm. Und Lorna Lipton, die Schwester von Mrs. Watermead?«

«Die läuft mit ihrem Hund hier vorbei. Na ja, das wissen Sie. Sie kommt ja ab und zu rein, um, äh. mit Ihnen zu reden. An dem Freitag, als Sie die Pendeltour gemacht haben, war sie auch hier.«

«Und früher in der Woche?«

Isobel sagte unsicher:»Ich weiß nicht mehr, an welchen Tagen.«

«Hm«, sagte ich,»wissen Sie noch, ob jemand an dem Tag, bevor er nach Newmarket ist, nach Dave gefragt hat?«

«Bitte?«

Ich wiederholte die Frage.»Wollte ihn jemand sprechen?«

Ihre Stirn krauste sich.»Ich wüßte nicht, daß jemand nach ihm gefragt hat, aber ich könnte es nicht beschwören, weil… ah ja, doch! Mr. Rich wollte wissen, ob Dave sein erstes Lot Pferde nach Newmarket bringt, aber ich sagte nein, wir hätten Fahrerknappheit wegen Grippe und er müßte ein paar Starter nach Folkestone schaffen. War doch Folkestone, oder?«Sie warf einen verzweifelten Blick auf den Computer, ohne dessen Gedächtnis sie sich aufgeschmissen fühlte, dabei war ihr eigenes gar nicht so schlecht.»Jedenfalls werde ich ihm gesagt haben, daß Dave die neun Zweijährigen am Donnerstag nach Newmarket begleitet.«

Ich tätschelte ihr dankend den Arm und ging hinaus auf den Hof, gefolgt von Nina.

«Das ist doch ein Irrgarten«, meinte sie.»Wie behalten Sie das alles im Kopf?«

«Tu ich ja nicht. Immer wieder vergeß ich was. «Und ich hätte mich immer noch am liebsten schlafen gelegt, was auch nicht half.

Der Fuhrpark hatte sich zusehends gelichtet, und der Hof sah leer aus, da die meisten meiner Ungetüme bereits draußen auf der Wildbahn waren. Nur drei Transporter standen noch vereinzelt auf ihren Plätzen, stumm, sauber, in der Sonne glitzernd und auf ihre Weise majestätisch.

«Sie sind stolz darauf«, rief Nina aus, als sie mein Gesicht sah.

«Das gewöhne ich mir am besten ab, sonst passiert noch was damit. Ich war in meinen Jaguar vernarrt. ach, lassen wir das. «Isabel kam zur Bürotür und schien erleichtert, mich noch anzutreffen. Benjy Ushers Sekretärin sei am Telefon, sagte sie — ob wir bitte gleich noch einen Wagen schicken könnten, denn Mr. Usher habe vergessen, daß er noch ein Gespann für das zweite Sieglosen-Hürdenrennen in Lingfield, den letzten Lauf des Tages, im Stall hatte.

«Sie sagt, er hat völlig verschwitzt, daß sie genannt waren«, berichtete Isobel.»Dann stieß er auf einmal einen Schrei aus und sagte, sie müßten sofort los. Der Schmied ist gerade da, um ihnen Renneisen zu verpassen, und flucht wie ein Schneekönig. Was soll ich ihr sagen? Sie wartet auf Antwort. Mr. Usher brüllt ihr die Ohren heiß. Ich kann ihn hören. Lewis hat die ersten beiden da schon abgeholt, und Mr. Usher sagt, der kann nicht zurückkommen, dafür sei es zu spät. Was meinen Sie?«

«Sagen Sie, wir schicken sofort noch einen Wagen.«

«Aber… fahren Sie den selbst? Alle anderen sind weg.«

«Ich mache das«, sagte Nina.

«Ach ja. ’tschuldigung… ja, natürlich. «Isobel eilte hinein und kam bald darauf wieder, um die Fahrt zu bestätigen, wobei sie amüsiert hinzufügte:»Mr. Usher bemüht sich jetzt verzweifelt, seinen zweiten Jockey zu erreichen.«

«Suchen Sie eine gute Straßenkarte für Nina, ja?«bat ich sie.

«Markieren Sie die Rennbahn. «Und zu Nina gewandt:»Ich begleite Sie bis zu Benjy. Kommen Sie dann allein zurecht?«

«Klar. Welcher Transporter?«

Wir sahen uns die übriggebliebenen an.»Den von Pat«, sagte ich und wies auf einen Vierer.»Damit sind Sie auch am ersten Tag gefahren. Ich glaub zwar nicht, daß es eine Rolle spielt, aber denken Sie dran, da ist ein Kuckucksei drunter.«

«Ich halte auf jeden Fall die Augen offen. «Sie lächelte.»Was für ein unglaublicher Trainer, der seine Starter vergißt!«

«So unglaublich auch wieder nicht. Trainer machen haarsträubende Fehler — manchmal nennen sie das falsche Pferd, selbst bei großen Rennen, und andere vergessen sie völlig. Benjy ist zwar überspannt, aber er ist nicht der einzige, der sich durch Spätzündungen auszeichnet. Viele Trainer neigen zum plötzlichen Sinneswandel, besonders wenn die Uhr schon angefangen hat zu schlagen. Macht das Leben interessanter.«

«Wenn sie damit glücklich sind.«

Ich ging die Karte mit ihr durch, markierte deutlich die Strecke, überzeugte mich, daß sie die richtigen Papiere dabeihatte, und fuhr ihr zu Benjys Stall voraus, der nicht gerade leicht zu finden war.

Benjy lehnte aus einem Fenster im ersten Stock, als wir ankamen, überschüttete seine glücklosen Pfleger mit Schimpfworten und Maßregeln und begrüßte mich persönlich mit:»Daß mir Ihr Fahrer nicht ohne die Rennfarben abdüst.«

Nina half den Pflegern beim Verladen der beiden aufgeregten jungen Hürdler, die auf die allgemeine Hektik mit Zittern und Augenrollen reagierten. Nina, sah ich, hatte von Natur aus eine ebenso starke beruhigende Wirkung wie Dave, so daß die nervösen Tiere sich auch ohne Scheuklappen und ohne Anwendung roher Gewalt schließlich brav die Rampe hinaufführen ließen. Benjy hörte auf zu meckern. Nina und der Futtermeister klappten die Rampe hoch, die Rennfarben wurden eingeladen, ein paar zapplige Pfleger schwangen sich zur Begleitung ihrer Schützlinge auf die Beifahrersitze, und der Zirkus war startbereit.

Nina lachte mir durchs Fenster zu.»Die sagen, vor uns in Lewis’ Transporter sitzt ein neuer Reisefuttermeister, der nicht weiß, daß die zwei Pferde hier noch kommen. Er muß sie anmelden und satteln. Was für ein Trara.«

«Rufen Sie Isobel an, sie soll es Lewis durchgeben«, sagte ich.

«Okay, Chef.«

Sie fuhr gutgelaunt los, und ich bedauerte plötzlich, daß sie nur vorübergehend dabei war. Überaus fähig und umgänglich, diese Nina Young.

Benjy zog sich vom Fenster zurück und schloß es wie eine abgehende Figur aus Jeffrey Bernard ist krank. Ich dachte schon, er käme jeden Augenblick zur Tür heraus, aber als das nicht geschah, setzte ich mich in den Fourtrak, um nach Hause zu fahren.

Ein Stück weiter unten auf der Straße verlangsamte ich wegen eines vor mir herlaufenden Mannes, der ein Pferd am Halfter führte, ein nicht eben ungewöhnlicher Anblick in Pixhill. Das Pferd tänzelte hin und her, während sein Begleiter immer wieder am Führzügel riß, und zwar so heftig, daß das Tier nur noch stärker ausscherte. Ich überholte die beiden vorsichtig, hielt ein paar Meter weiter vorn und ging ihnen entgegen.

«Kann ich Ihnen behilflich sein?«fragte ich.

«Nein. «Er war schroff, wenn nicht regelrecht unhöflich. Jung, grob, aggressiv.

Ich erkannte mit gelinder Bestürzung, daß das ungebärdige Pferd mein alter Freund Peterman war, denn sein Name stand gut lesbar auf dem Halfter.

«Soll ich ihn Ihnen mal abnehmen?«fragte ich.»Ich kenne ihn.«

«Nicht nötig. Kümmern Sie sich um Ihren Scheiß.«

Ich zuckte die Achseln, ging zurück zu dem Fourtrak, setzte mich hinein und beobachtete die beiden auf ihrem ungleichmäßigen und potentiell gefährlichen Kurs. Als sie an mir vorbeikamen, reckte der Pfleger mir jäh zwei Finger entgegen wie die Hörner eines Stiers.

Dummkopf, dachte ich bei mir. Ich sah zu, wie er ein ganzes Stück weiter vorn nach rechts abbog, auf den Weg zu Marigold English. Langsam fuhr ich bis zur Abzweigung hinterher und blieb auf der Landstraße stehen, paßte aber auf, bis Pferd und Mann von der Nebenstraße abbogen und den Hof von Marigold English erreichten. Wenigstens war der alte Peterman heil in seinem neuen Zuhause angekommen, dachte ich, und ich würde mich noch bei Marigold erkundigen, ob es ihm auch wirklich gutging.

Als ich bei mir zu Hause ankam, schien dort ein ziemlicher Wagenpark aus dem Boden gewachsen zu sein. Rings um den Jaguar und den Robinson 22 drängten sich von allen Seiten Autos, und ihre Fahrer bildeten plaudernde Grüppchen. Sowie sie mich erblickten, wollten sich alle gleichzeitig vorstellen.

«He«, protestierte ich,»wer war denn zuerst hier?«

Nach dieser einfachen Rangordnung ließ der Verein sich unterteilen in diverse Versicherungsassessoren, Flugsicherungsleute, ein Transportunternehmen, das die Möglichkeit einer Überführung des Hubschraubers nach Schottland prüfte, einen Vertreter, der hoffte, ich würde einen neuen Jaguar bestellen, und den Mann, der den Tresor öffnen sollte.

Ihn nahm ich schleunigst mit ins Haus, auch wenn er offenbar als letzter auf der Bildfläche erschienen war. Er sah sich die Hackerei an, kratzte sich am Kopf, fragte, ob etwas Zerbrechliches im Innern sei (ja, sagte ich, Disketten), und meinte, das sei ein Fall für den Bohrer.

«Bitte bohren Sie«, sagte ich.

Die übrigen Männer draußen hatten Notizbücher gezückt und erörterten die Mechanik von Stock und Ziegelstein auf Gaspedal. Keinesfalls unmöglich, kamen sie überein. Der Hubschraubertransporteur fragte, ob Sprit in den Tanks sei. Nicht viel, sagte ich ihm. Meine Schwester hatte erwähnt, daß sie in Oxford auftanken müsse. Insgesamt faßten die Tanks etwa 130 Liter, hatte sie gesagt, aber damit war sie bereits von Carlisle hierhergeflogen. Der Transporteur ließ sich über technische Möglichkeiten aus, den Dreiblattrotor zu zerlegen, und ich mußte passen.

Der Mann vom Flugsicherungsdienst holte einen Brief von Lizzie hervor und bat mich, ihn zu lesen und zu bestätigen. Weder sie noch ich hatten die Kollision mitangesehen, schrieb sie. Ich bestätigte es.

Die Gutachter ihrer und meiner Versicherung sagten übereinstimmend, sie hätten so etwas noch nie gesehen, zumindest nicht direkt vor jemandes Haustür. Sie hatten Sandys Bericht gelesen. Sie baten mich, verschiedene Formulare zu unterschreiben. Ich unterschrieb.

Der Jaguarvertreter erzählte mir vom Jaguar XJ 220. Hergestellt in Bloxham bei Banbury, sagte er. Nur 350 Stück gebaut, zum Einzelpreis von 480000 Pfund.

«Einzelpreis?«wiederholte ich.»480000 Pfund das Stück?«

Wollte ich einen bestellen?

«Nein«, sagte ich.

«In Ordnung. Sie sind auch schon alle verkauft.«

Ich fragte mich, ob ich wachte oder träumte und ob meine Gehirnerschütterung doch schlimmer war als angenommen.

«Eigentlich«, sagte der Vertreter,»wollte ich nur sehen, ob Ihr XJS noch zu retten ist.«

«Und was meinen Sie?«

Er schüttelte den Kopf und blickte bedauernd auf das von außen unbeschädigte weiße Heck meines Prachtstücks.»Vielleicht kann ich Ihnen so einen noch mal besorgen. Dasselbe Baujahr. Einen gebrauchten, per Inserat. Die werden aber auch noch gebaut. Ich könnte Ihnen einen neuen liefern.«

Ich schüttelte den Kopf.»Dann sage ich Ihnen Bescheid.«

Ich brauchte nicht noch mal den gleichen, dachte ich. Das Leben hatte sich geändert. Ich änderte mich. Ich würde mir einen anderen Wagen kaufen.

Die Schar der Notizbuchblätterer kehrte zu ihren Autos zurück und fuhr davon, bis nur noch der handwerkermäßige Lieferwagen des Panzerknackers neben dem Schrotthaufen auf dem Asphalt stand. Ich ging hinein, um nachzusehen, wie er vorankam, und fand die Tresortür geöffnet, aber um ihr Schloß erleichtert, das verbogen auf dem Fußboden lag.

Wir sprachen über die Möglichkeit, den Safe zu reparieren, doch er riet mir, vom Geld der Versicherung ein neues und besseres Modell zu erstehen, das er mir mit Vergnügen verkaufen würde. Inklusive eines Schlosses, dem Axtschläge nichts anhaben könnten.

Er holte einen Prospekt mit Bildern und Bestellschein aus seinem Auto, und ich unterschrieb noch einmal. Er schüttelte mir die Hand. Er bat mich nachzuprüfen, ob der Inhalt des alten Safes unangetastet sei, und, nachdem ich das getan hatte, seinen Arbeitsbogen zu unterschreiben. Ich unterschrieb.

Als er fort war, nahm ich das Bündel Banknoten und die Sicherungskopien aus dem Safe und rief von der Küche aus den Computerspezialisten an. Klar, meinte der, ich könne die Disketten jederzeit zum Durchchecken vorbeibringen; er sei den ganzen Nachmittag in seinem Laden und werde mir mit seinem flotten Virusrechen Michelangelo aus der Frisur kämmen. Ob alle Computerfexe so redeten?

«Toll«, sagte ich.

Ich machte mir einen Kaffee, und nachdem ich eine Weile überlegt hatte, rief ich das örtliche Zollamt an.

Ich erklärte, wer ich war. Sie kannten mich dem Namen nach. Ich sagte, da meine Transporter ziemlich regelmäßig den Kanal überquerten und die europäischen Zollbestimmungen sich laufend änderten, hätte ich gern eine aktuelle Aufstellung der erlaubten und unerlaubten Waren. Meine Fahrer seien verwirrt, sagte ich.

Aha, meinten sie verständnisvoll. Sie selbst seien aber für Import-Export nicht zuständig, sondern hauptsächlich für die Steuer. Um mich über den neuesten Stand im internationalen Güterverkehr zu informieren, müsse ich mich an den Sachbearbeiter für Binnenmarktfragen im Bezirksbüro wenden.

«Welches Bezirksbüro?«fragte ich.

«Southampton«, kam die Antwort.

Ich hätte fast gelacht. Sie erläuterten. Das Bezirksbüro Southampton sei genaugenommen in Portsmouth. Der Sachbearbeiter werde alle meine Fragen beantworten und mir gern auch den jüngsten Binnenmarktbericht geben. Wollte ich persönlich hingehen, empfehle es sich, auf alle Fälle vor vier Uhr dort zu sein. Es sei Freitag, setzten sie hinzu.

Ich bedankte mich und sah auf meine Uhr. Noch reichlich Zeit. Ich fuhr nach Newbury, kaufte Lebensmittel für die nächste Woche ein und stöberte den Computerfex in seinem Laden auf, einem ziemlich kleinen Bunker, der zur

Hälfte eingesäumt war von großen braunen Pappkartons mit Aufklebern wie Zerbrechlich oder Diese Seite muß immer oben sein. Auf einem Schreibtisch stapelten sich Berge von Papier — Briefe, Rechnungen, Broschüren, niedergehalten von Wirtshausaschenbechern, die als Briefbeschwerer dienten. Deckenhohe Bücherregale quollen über von Bedienungsanleitungen und Katalogen. Plastikkabel schlängelten sich überallhin. Auf einem Tisch an der einen Wand befand sich eine Tastatur mit zwei oder drei Computern, Laserdrucker und flimmerndem Farbbildschirm, der eine bunte Reihe von Miniaturspielkarten zeigte und Einblick gab in eine Runde Patience.

«Pikbube auf Herzdame«, sagte ich hinschauend.

«Ja. «Er grinste, ließ die Hand durch seine Haare gleiten und bewegte mit einer Maus die Karten auf dem Bildschirm umher.

«Das geht nicht auf«, bemerkte er und schaltete das Ganze aus.

«Haben Sie Ihre Disketten mitgebracht?«

Ich gab sie ihm in einem Umschlag.»Es sind vier«, sagte ich.

«Eine für jedes Kalenderjahr, seit ich das Geschäft übernommen habe.«

Er nickte.»Ich fange mit der letzten an. «Er steckte sie in das Laufwerk eines der Computer auf dem Tisch und rief das Dateiverzeichnis für das laufende Jahr auf den Bildschirm.

Vor sich hin murmelnd drückte er eine Reihe von Tasten, und bald flimmerten Zahlen und Buchstaben in rascher Folge über den Schirm, während er meine Platte nach tödlichen Fremdkörpern absuchte.

Blinde Passagiere, dachte ich. Kuckuckseier überall.

«Na bitte«, sagte er, als eine einzelne Botschaft das Geflimmer ablöste.»Suche beendet. Kein Virus gefunden. «Er grinste mich an.»Kein Michelangelo. Sie sind außer Gefahr.«

«Das ist ja schon… beinah mehr als interessant«, sagte ich.

«Wieso?«

«Ich habe die Diskette zuletzt benutzt, um die Daten zu kopieren, die gestern vor einer Woche in den Hauptrechner im Büro eingegeben worden sind«, sagte ich.»Das war am 3. März.«

Seine Augen würdigten die Information.

«Am 3. März«, sagte er,»war demnach also noch kein Michelangelo in Ihrem Büro, stimmt’s?«

«Stimmt.«

«Dann haben Sie ihn am Freitag oder Samstag gekriegt…«

Er überlegte.»Fragen Sie Ihre Sekretärinnen mal, ob sie irgendwelche fremden Disketten in Ihr Gerät eingelegt haben. Wenn ihnen zum Beispiel jemand eine Spiel diskette geborgt hat wie das Patiencespiel vorhin — und eigentlich darf man das nicht, es verstößt gegen das Copyright —, aber mal angenommen, es war so, dann könnte Michelangelo in der Spieldiskette gelauert haben, und er wäre sofort auf Ihr Gerät übergesprungen.«

«Der Bildschirm im Büro ist schwarzweiß«, sagte ich.

«Kinder spielen auch Patience in Schwarzweiß«, erwiderte er.

«Wie Nintendo. Kein Problem. Hatten Sie Kinder im Büro?«

«Isobels Bruder Paul«, fiel mir ein, denn sein Name hatte auf der Liste gestanden.»Er ist fünfzehn. Schnorrt immer Geld von seiner Schwester.«»Dann fragen Sie ihn mal. Da liegt bestimmt der Hase im Pfeffer.«

«Herzlichen Dank.«

«Ich kann sicherheitshalber auch noch Ihre anderen Disketten checken. «Er ließ auch die drei älteren durchlaufen, alle mit dem gleichen Ergebnis.»Das wär’s. Im Moment sind sie sauber. Aber wie gesagt, Sie müssen Ihre Anlage immer wieder überprüfen.«

Ich dankte ihm und bezahlte ihn, ging mit meinen sauberen Disketten hinaus zum Wagen und machte einen großen Bogen um den Hafen von Southampton, als ich südwärts nach Portsmouth fuhr.

Das Zollamt war erfreulich hilfsbereit und vermittelte den Eindruck, daß das Gespräch mit der breiten Öffentlichkeit eine willkommene Abwechslung vom bürokratischen Trott war. Der sehr ranghohe Beamte, an den ich schließlich verwiesen wurde, stellte sich kurz als» Col-lins «vor und bot mir einen Platz, eine Tasse Tee und ein offenes Ohr an. Um uns herum ein Büro: Schreibtisch, Grünpflanze, angestaubtes skandinavisches Dekor.

«Was Ihre Fahrer transportieren dürfen und was nicht?«wiederholte Collins.

«Ja«, sagte ich.

«Ja. Wie Sie wissen, ist das heute längst nicht mehr so überschaubar wie früher.«

«M-hm.«

«Bei dem, was von der EG hereinkommt, dürfen wir effektiv keine Stichproben mehr machen. «Er schwieg.»EG gleich Europäische Gemeinschaft«, sagte er.

«M-hm.«

«Nicht mal auf Drogen hin. «Er breitete die Hände in einer Geste, die nach anhaltender Frustration aussah.»Wir dürfen nur aufgrund konkreter Hinweise vorgehen, sprich kontrollieren. Das Zeug überschwemmt das Land, daran habe ich keinen Zweifel, aber wir können nichts dagegen tun. Die Kontrolle von Waren ist dem Zoll jetzt nur noch bei ihrem Eingang in die EG erlaubt. Sind sie erst mal drin, dürfen sie sich frei bewegen.«

«Das erspart wahrscheinlich viel Papierkram«, sagte ich.

«Tonnenweise. Hunderte von Tonnen. Sechzig Millionen weniger Formulare. «Die Vorteile milderten seinen finsteren Blick.

«Es spart auch Zeit — spart Tage und Monate. «Er suchte kurz nach einer Broschüre, fand sie und schob sie mir über den Schreibtisch zu.»Die meisten geltenden Bestimmungen sind hier aufgelistet. Es gibt kaum eine Einfuhrbeschränkung bei Alkohol, Tabak und Waren für den persönlichen Verbrauch. Eines Tages fällt die ganz weg. Aber die Zölle und Einfuhrbeschränkungen für Güter von außerhalb der EG bleiben natürlich erhalten.«

Ich ergriff die Broschüre und dankte ihm.

«Wir jonglieren immer ellenlang mit der Mehrwertsteuer herum«, sagte er.»Der Satz schwankt ja von einem EG-Staat zum anderen.«

«Mich würde interessieren«, sagte ich leise,»was man auch jetzt noch nicht vom Kontinent hereinbringen und… äh, was man nicht ausführen darf.«

Seine Augenbrauen schoben sich hoch.»Nicht ausführen?«

«Was nicht unter den freien Warenverkehr fällt.«

Er schürzte die Lippen.»Für einiges braucht man einen Erlaubnisschein«, sagte er.»Verstoßen Ihre Fahrer gegen das Gesetz?«

«Das wollte ich eben herausfinden.«

Sein Interesse nahm deutlich zu, als sei ihm plötzlich aufgegangen, daß ich nicht nur aus normaler Neugierde dort war.

«Ihre Pferdetransporte kommen und gehen über Portsmouth, ja?«

«Manchmal.«

«Und sie werden nie kontrolliert.«

«Nein.«

«Und Sie haben natürlich die erforderliche Genehmigung, lebende Tiere über den Kanal zu schaffen.«

«Das alles erledigt eine Agentur für uns.«

Er nickte. Er dachte nach.»Wenn Ihre Transporter andere Tiere als Pferde beförderten, würden wir es wahrscheinlich nie herausfinden. Die Leute führen doch wohl keine Katzen oder Hunde ein?«Sein Tonfall war streng und besorgt.»Wir haben schließlich unsere Quarantänevorschriften. Die Tollwutgefahr lauert überall.«

Ich sagte beruhigend:»Daß sie Katzen oder Hunde mitbringen, habe ich noch nie gehört, und bei uns im Dorf verbreiten sich Neuigkeiten wie ein Lauffeuer, da wüßte das jeder.«

Er entspannte sich ein wenig, ein Mann um die Vierzig, mit zurückgehendem Haaransatz und feinen weißen Händen.

«Eigentlich ist dank der Impfstoffe in Europa seit dreißig Jahren keiner mehr an Tollwut gestorben, aber trotzdem möchten wir die Krankheit hier nicht haben.«

«Hm«, sagte ich,»und wofür braucht man einen Erlaubnisschein?«

«Für alles mögliche. Aus Ihrer Sicht wären wohl Arzneimittel für Tiere interessant. Da würden Sie für jede Warenbewegung eine gesonderte Erlaubnis brauchen — einen

Arzneimittelschein von der tiermedizinischen Abteilung des Landwirtschaftsministeriums. Aber der Stoff würde bei der Ankunft hier in Portsmouth nicht kontrolliert. Für die Einhaltung der Einfuhrbestimmungen wäre das LM allein zuständig.«

Das LM? Oh, das Landwirtschaftsministerium. Anklänge an Jogger.

«Tja«, sagte ich,»was sonst darf man nicht ein- und ausführen?«

«Schußwaffen«, sagte er.»Gegen die Ausfuhr gibt es da ja noch die Gepäckkontrollen auf Flughäfen. Einfuhrkontrollen bei uns aber nicht. Sie könnten einen ganzen Pferdetransporter voller Gewehre an Land setzen. Den Schmuggel im alten Sinn gibt es innerhalb der EG nicht mehr.«

«Scheint so.«

«Dafür gibt es das geistige Eigentum oder Urheberrecht«, sagte er.»Da geht’s um die Verletzung bestehender Patente innerhalb der Mitgliedstaaten.«

«Ich glaube nicht, daß meine Fahrer sich an geistigem Eigentum vergreifen.«

Er lächelte kurz, eine rasche Bewegung der Lippen.»Ich fürchte, ich habe Ihnen nicht viel helfen können.«

«O doch, Sie waren sehr freundlich«, versicherte ich ihm.

«Negative Antworten sind oft genauso nützlich wie positive.«

Ich dachte aber, als ich mit der Binnenmarkt-Broschüre neben mir auf dem Sitz zurück nach Pixhill fuhr, daß ich genausowenig wie vorher verstand, wieso irgend jemand meinte, Verstecke unter meinen Lastwagen einrichten zu müssen. Wenn Schmuggeln aus der Mode war, wozu dann das Ganze?

Zu Hause setzte ich mich in meinen armen grünen Ledersessel mit den Axtlöchern, aus denen die Füllung quoll, und gab der Reihe nach meine sauberen Disketten und ihre Informationen in den neuen Computer ein. Dann setzte ich meine alten, schwerfälligen grauen Zellen auf meine alten Computerbücher an, da die Nachhilfe bei dem jungen Genie leider noch warten mußte, und knobelte aus, wie sich die vorhandenen Daten sowohl chronologisch als auch geographisch nach verschiedenen Kriterien ordnen ließen.

Ich ging Fahrer für Fahrer die Arbeit der letzten drei Jahre durch und wußte nicht, wonach ich suchte. Ein Muster? Etwas, wofür es sich lohnte, meine Daten zu vernichten, falls das zufällig doch nicht das Werk von Isobels Bruder war. Ich bezweifelte eigentlich, daß Paul dahintersteckte, denn einmal war er eher faul als klug, und zweitens hätte Isobel ihn niemals im Büro herumspielen lassen.

Die Muster, die ich suchte, waren definitiv vorhanden, sagten mir aber nichts, was ich nicht schon wußte. Jeder Fahrer fuhr am häufigsten zu den bevorzugten Rennplätzen der Trainer, für die er hauptsächlich eingeteilt wurde. Lewis beispielsweise fuhr in schöner Regelmäßigkeit jeden Sommer nach Newbury, Sandown, Goodwood, Epsom, Salisbury und Newmarket, den renommierten Zielen Michael Watermeads. Zu anderen Zeiten fuhr er nach Lingfield, Fontwell, Chepstow, Cheltenham, Warwick und Worcester, wohin Benjy Usher seine Springer schickte. Seine Auslandsfahrten, vorwiegend für Michael, hatten ihn stets nach Italien, Irland oder Frankreich geführt.

Obwohl es Pferderennen überall in Europa gab, schickten britische Trainer ihre Pferde selten woandershin als nach Italien, Irland und Frankreich. Die Tiere reisten häufig auf dem Luftweg (und mußten zu den Flughäfen gebracht werden), doch Michael ließ sie lieber die ganze Strecke über Land reisen, was mir nur recht war.

Nigel hatte die meisten Auslandsfahrten absolviert, aber nur, weil ich es wegen seiner extremen Ausdauer für angebracht hielt. Harve hatte auf seinen wie auf meinen Wunsch nur wenige Fahrten aufs Festland unternommen. Dave etliche Dutzend als Beifahrer und Pferdebegleiter, öfter mit Zuchtstuten als mit Rennern.

Alles in allem waren die Kategorien zwar aufschlußreich, brachten mir aber keine Überraschung, und nach etwa einer Stunde schaltete ich so ratlos wie zuvor das Gerät aus.

Ich rief Nina an, die mit ihrem Transporter auf dem Rückweg von Lingfield sein mußte, und sie meldete sich sofort.

«Rufen Sie mich an, wenn Sie nach Pixhill kommen«, sagte ich kurz.

«Mach ich.«

Ende des Gesprächs.

Ich rief Isobel zu Hause an. Auf der Arbeit sei nichts Ungewöhnliches vorgefallen, versicherte sie mir. Sie habe Lewis gesagt, daß Nina ihm folge, und alle Usher-Pferde seien in Lingfield in den richtigen Rennen gestartet. Aziz und Dave seien mit ihren Stuten in Irland angekommen. Harve und Phil hätten je einen Sieger nach Wolverhampton gebracht, ein Grund zum Feiern. Keiner der anderen Fahrer sei auf Schwierigkeiten gestoßen.

«Prima«, sagte ich.»Ehm… Ihr Bruder Paul…«

«Er weiß, daß er mich auf der Arbeit nicht stören soll. «Sie klang schuldbewußt, als müsse sie sich verteidigen.

«Ja, gut, aber was versteht er von Computern?«

«Von Computern?«

Ich erzählte ihr von der Spielvirustheorie des Experten.

«Ach was«, sagte sie entschieden,»dem würde ich nie erlauben, Ihren Computer anzufassen, und er wüßte ehrlich gesagt auch nicht, wie man da was eingibt.«»Sind Sie sicher?«

«Hundertprozentig.«

Wieder eine gute Theorie beim Teufel.

«Hat sonst irgend jemand die Möglichkeit gehabt«, fragte ich,»am vorigen Freitag eine Diskette in den Computer zu laden?«

«Ich habe überlegt und überlegt…«Sie hielt inne.»Wieso am Freitag?«

«Oder Samstag«, sagte ich.»Unser Computerfachmann glaubt, daß wir uns da erst infiziert haben.«

«Ach du Schreck.«

«Fällt Ihnen nichts ein?«

«Nein. «Es war ein kummervolles Seufzen.»Ich wünschte, ich wüßte es.«

«Haben Sie irgendeinen von den Leuten auf der Besucherliste in Ihrem Büro alleingelassen?«

«Aber… aber… ach je. Ich weiß nicht mehr. Es kann schon sein. Ich hätte mir nichts dabei gedacht. Ich meine, es waren ja keine Fremden da, nicht bei mir im Büro, und ich kann nicht glauben…«

«Schon gut«, sagte ich.»Machen Sie sich keine Gedanken darüber.«

«Tu ich aber.«

Ich legte auf, als Sandy Smith gerade auf meinen Parkplatz rollte. Er nahm die Schirmmütze ab, als er auf die Hintertür zukam, und strich sich mit den Fingern durch das flachgedrückte Haar.

«Kommen Sie rein«, begrüßte ich ihn an der Tür.»Whisky?«

«Ich bin im Dienst«, meinte er zweifelnd.

«Wen schert’s?«

Er beruhigte sein Gewissen und nahm den Scotch mit Wasser. Wir setzten uns in die Küche, einer links, einer rechts vom Tisch, und er entspannte sich soweit, daß er seine Uniformjacke aufknöpfte.

«Es ist wegen Jogger«, sagte er. Finsterer Blick ins Glas, das rundliche Gesicht bekümmert.»Wegen Rost.«

Seine düstere Stimmung griff rasch auf mich über.»Was haben sie gefunden?«fragte ich.

«Ich habe gehört«, begann er, und ich dachte bei mir, daß keiner sich so gut auf Winkzeichen verstand wie Sandy.»Ich habe, äh… inoffiziell gehört, daß man rings um die Grube und an den Rändern Rost gefunden hat. Aber der Rost war überall mit Öl und Fett vermischt. Und in der Wunde an Joggers Kopf war weder Öl noch Fett.«

«Verdammt«, sagte ich.

«Es wird jetzt als Mord behandelt. Sagen Sie nicht, daß ich Ihnen das erzählt habe.«

«Nein. Danke, Sandy.«

«Man wird Ihnen Fragen stellen.«

«Die hat man doch schon gestellt«, sagte ich.

«Man wird jetzt wissen wollen, wer es auf Jogger abgesehen hatte.«

«Das wüßte ich auch gern.«

«Ich kannte den alten Jog seit Jahren«, sagte Sandy.»Der hatte doch keine Feinde.«

«Ich könnte mir denken«, sagte ich neutral,»daß er vielleicht dasselbe getan hat wie ich am Dienstag abend, nämlich daß er unverhofft auf dem Bauernhof aufgekreuzt ist. Vielleicht haben wir beide eins über den Schädel gekriegt, damit wir etwas Bestimmtes nicht sehen… aber Jogger ist daran gestorben und in die Grube gelegt worden, damit es wie ein Unfall aussieht.«

Sandy schaute mich nachdenklich an.

«Was geht da vor, auf dem Bauernhof?«fragte er.

«Ich weiß es nicht. Ich habe verdammt keine Ahnung, und es macht mich verrückt.«

«Wußte Jogger etwas?«

«Möglicherweise hat er was rausgefunden. Das ist vielleicht der Grund, weshalb er sterben mußte, und dagegen habe ich mich gesperrt. Ich habe sozusagen gebetet, daß es sich als Unfall herausstellt.«

«Aber gedacht haben Sie die ganze Zeit schon, daß es Mord war. «Er kratzte sich nachdenklich im Genick.»Was hat Jogger mit den Kuckuckseiern unter Ihren Lastwagen gemeint? Das wird meine Kollegen interessieren.«

«Ich zeige es Ihnen«, sagte ich.»Kommen Sie mit ins Wohnzimmer.«

Wir gingen in das chaotische Trümmerfeld nebenan, wo noch die Kassette stehen mußte, die Jogger vor einer Woche unter dem Neun-Pferde-Transporter hervorgeholt hatte.

Ich führte Sandy zu der Stelle, doch die Kassette war nicht da.

«Das ist ja seltsam«, sagte ich.»Sie stand genau hier auf der Zeitung.«

«Was denn?«

Ich beschrieb die Kassette: graues Metall, null-achtfünfzehn, innen frisch duftend, leer, aufgebrochen von Jogger; außen schmutzverkrustet bis auf eine einzige, kreisrunde blanke Stelle dort, wo sie an einem Magneten gehaftet hatte.

Ich begann sie zu suchen, und auch Sandy stöberte in dem allgemeinen Durcheinander herum.

Keine Kassette.

«Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«fragte Sandy.

«Am Dienstag wohl. Da habe ich sie meiner Schwester gezeigt. «Ich runzelte die Stirn.»Als das Zimmer dann so verwüstet war, habe ich an die Kassette nicht mehr gedacht.«

Das könne er schon verstehen, meinte er und wollte wissen, ob sonst noch etwas fehlte.

«Ich glaube nicht.«

«Jogger hat von Kuckuckseiern gesprochen. Mehrzahl. Es muß mehr als eins gewesen sein.«

«Noch zwei andere Transporter sind mit Behältern unterm Fahrgestell herumgekurvt — aber die Behälter sind leer, genau wie die Kassette leer war.«

Sandy sagte zweifelnd:»Am Samstag in der Kneipe hat ihn jeder davon reden hören. Ich meine, er kann nicht umgebracht worden sein, damit er es nicht ausplaudert, denn das hatte er ja schon.«

«Außerdem«, sagte ich,»hatten Dave, Harve und Brett neben Jogger die Kassette hier im Zimmer gesehen, kurz nachdem er sie von dem Neuner losgestemmt hatte. Da stand sie gut sichtbar auf meinem Schreibtisch. Erst später hab ich sie auf den Boden gestellt.«

«Sie müssen doch eine Vorstellung haben, wozu sie verwendet wurde«, sagte Sandy, und ein polizistenhafter Argwohn schlich sich in seine Stimme, obwohl wir uns nicht als Gegenspieler betrachteten.

«Wir dachten an Rauschgift, wenn Sie das meinen. Harve, Jogger und ich haben darüber gesprochen. Aber Drogen fallen nicht vom Himmel. Die muß jemand beschaffen. Harve und ich glauben nicht, daß irgendein Fahrer von uns mit Drogen handelt. Ich meine, dafür gäbe es doch Anzeichen, oder? Und Geld wäre im Umlauf. Es würde uns auffallen.«»Wieso haben Sie mir das nicht schon vorigen Dienstag erzählt?«Immer noch der mißtrauische Ton.»Ich finde, das hätten Sie mir sagen müssen.«

«Ich wollte selbst herausfinden, was los ist. Das will ich immer noch, aber wenn jetzt wegen Mord ermittelt wird, stehen meine Chancen schlecht. Schauen Ihre Kollegen sich erst mal die Behälter unter den Transportern an, benutzt die doch im Leben keiner mehr, das müssen Sie zugeben. Ich wollte sie lassen, wo sie sind, den Mund halten und abwarten. Ich hatte Jogger beschworen, in der Kneipe nicht darüber zu reden, aber das Bier war stärker. Ich fürchte, er hat zuviel gesagt. Ich fürchte, er hat die ganze Jagd vermasselt und das Wild verscheucht. Bis jetzt konnte ich allerdings noch hoffen. Aber Ihre Kollegen vertreiben das Wild bestimmt endgültig, und ich komme ihm nicht mehr auf die Spur… und deshalb habe ich Ihnen nichts gesagt. Weil Sie vor allem Polizist sind und erst in zweiter Linie ein Freund, und Ihr Gewissen hätte Ihnen nicht erlaubt zu schweigen.«

Er sagte langsam:»Da haben Sie recht.«

«Es ist Freitag abend«, sagte ich.»Wie lange können Sie zurückhalten, was ich Ihnen gesagt habe?«

«Freddie. «Er war unglücklich.

«Bis Montag?«

«Ach du Scheiße. Was wollen Sie bis dahin machen?«

«Ein paar Antworten finden.«

«Dann müssen Sie die richtigen Fragen stellen«, sagte er.

Er versprach nicht einmal vorläufiges Stillschweigen, und ich drängte ihn zu keiner Entscheidung. Er würde das tun, womit er am ruhigsten schlafen konnte.

Er knöpfte die Uniformjacke über seiner breiten Mitte zu. Zeit zu gehen, meinte er. Auf dem Weg nach draußen ergriff er seine Schirmmütze, setzte sie auf und erreichte seinen Streifenwagen als voll uniformierter Polizist, dem man ansah, daß er seinen Beruf gebührend ernst nahm.

Ich schüttete den Rest seines Whiskys in den Ausguß und hoffte, daß nicht auch unsere Freundschaft den Bach runterging.

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