15.

Das Rettungskommando bestand aus sechs Dirnaern, die in zwei Dreiergruppen aufgeteilt waren. Sie überschritten die Grenze nach New Mexico einen Tag nach der Explosion und begannen den Staat nach den drei möglichen Überlebenden abzusuchen. Diese Aufgabe wäre nicht weiter schwierig gewesen, hätten sie Sendesignale als Orientierung gehabt.

Aber sie hatten nur ihre Mutmaßungen und ein extrem verzerrtes Signal. Die elektronischen Rechenanlagen waren bei ihren Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu dem Ergebnis gekommen, daß alle drei Dirnaer ungefähr im Zentrum des Staates gelandet waren: einer in der Umgebung von Albuquerque, einer näher bei Santa Fé, und einer westlich einer gedachten Verbindungslinie zwischen diesen beiden Städten. Aber es waren nur Wahrscheinlichkeitsrechnungen, deren Ungenauigkeitsfaktor viele Meilen betragen konnte. Das war kaum ermutigend.

Die von Furnil geleitete Gruppe war der anderen gegenüber im Vorteil. Sie kam aus dem Norden in das Suchgebiet und wurde von dem schwachen Piepsen des beschädigten Taschensenders geführt, was ihr wenigstens einen ungefähren Anhaltspunkt lieferte. Das Signal war über ein gutes Stück der Bandbreite verschmiert und kaum anzupeilen, aber es sagte den Suchern, daß einer der drei Dirnaer südlich von Santa Fé irgendwo in der Nähe des Rio Grande zu suchen war, und daß er noch lebte — denn der Sender mußte nach jedem Signal von neuem aktiviert werden.

Die Dirnaer wählten ein Motel in den südlichen Außenbezirken von Santa Fé als Stützpunkt. Von dort unternahmen sie Ausflüge in die weitere Umgebung, wo sie ihre Peilgeräte aufstellten und den Ausgangspunkt des Signals durch eine Reihe von Messungen mit jeweils wechselndem Standort zu ermitteln hofften.

Ihre erste Berechnung ergab, daß der vermißte Beobachter in der Nachbarschaft eines Dorfes namens Cochiti Pueblo sein mußte, aber das erwies sich als nicht zutreffend. Wenn der Dirnaer dort gelandet war, hätten die ortsansässigen Indianer ihn längst finden müssen, denn das Terrain war übersichtlich und weithin bestelltes Ackerland. Eine neue Reihe von Peilungen verlegte den Aufenthaltsort des Gesuchten auf die andere Seite des Rio Grande zu den Ruinen des Pecos Pueblo. Eine Erkundungsfahrt mit nachfolgender Durchsuchung der Ruinen und ihrer Umgebung blieb ohne Ergebnis, und weitere Peilungen zeigten, daß alles falsch gewesen war. Das Signal kam vom Westufer des Flusses.

Sie suchten weiter.

Die andere Gruppe, von Albuquerque aus nordwärts vordringend, besaß überhaupt keinen Anhaltspunkt, abgesehen von dem Hinweis des Rechners, daß sie in diesem Gebiet suchen sollten. Ihre Instrumente fingen kein Signal auf. Sie mußten andere Methoden ersinnen, vorsichtige Fragen stellen, Polizeiberichte studieren, militärische Aktivitäten beobachten und geschickt formulierte Anzeigen in die Zeitungen setzen. Alle Bemühungen blieben ergebnislos.

Diese Gruppe wurde von einem Dirnaer namens Sartak geleitet, der einen robusten, äußerst männlich wirkenden Körper zu seiner Verkleidung gewählt hatte. Seine Begleiter waren zwei Dirnaerinnen, die eine etwas älter als er, die andere eine junge in ihrer ersten Stelle als Beobachter. Ihre Namen waren Thuw und Leenar. Leenar wirkte unbefangen und unschuldig, und das machte sie als Fragestellerin nützlich. Sartak schickte sie zum Kontaktkult nach Albuquerque, um zu sehen, ob sich dort etwas in Erfahrung bringen ließe. Obwohl er die religiös verbrämte Hohlköpfigkeit der Kontaktkult-Anhänger verachtete, sah er doch die vage Möglichkeit, daß irgendein verschreckter Bürger, der einen verletzten galaktischen Fremden entdeckt hatte, seinen Fund beim Kontaktkult statt bei den Militärbehörden melden würde. Sartak konnte es sich nicht leisten, eine Chance zu verpassen.

Mehrere Stunden später kam ein Anruf von Leenar. Sie war aufgeregt.

»Ich komme gerade vom Kontaktkult«, sagte sie atemlos. »Die Leute dort wissen überhaupt nichts. Aber ich habe einen Kranazoi entdeckt, einen Spion!«

Sartak starrte stirnrunzelnd in den Bildschirm. »Einen was?«

»Er war auch beim Kontaktkult. Ich konnte ihn durch den ganzen Raum riechen. Er nennt sich David Bridger, ist fett und abscheulich und sucht auch nach den Überlebenden!«

»Woher weißt du das?«

»Ich habe gelauscht. Mit ihm habe ich kein Wort geredet, und er hat mich nicht bemerkt, glaube ich. Ich bin sogar sicher, Sartak.«

Sartak schnaubte mißmutig. Ein Angehöriger der gegnerischen Macht war auch noch in die Sache verwickelt! War das Leben nicht schon schwer genug?

Er sagte: »Weißt du, wo er wohnt?«

»In einem Motel etwas außerhalb der Stadt. Es heißt — ich habe den Namen hier aufgeschrieben…«

»Wie ist er?«

Sie fand den Zettel und sagte es ihm. Sartak notierte sich den Namen, dann sagte er: »Das ist eine dumme Geschichte, aber wir wollen versuchen, das Beste daraus zu machen. Leenar, du fährst zu diesem Motel und läßt dich von ihm aufgabeln. Gib dich als mittellos aus. Und sieh zu, daß du ihn aushorchen kannst. Vielleicht hat er bereits Informationen, die für uns von Nutzen sind.«

»Und wenn er herausbringt, wer ich wirklich bin?«

»Das wird er nicht. Die Kranazoi haben nicht unseren Geruchssinn. Er weiß nicht, was unter deiner Haut ist, und wahrscheinlich ist er mit den Erdbewohnern nicht so vertraut, daß er dich als unecht erkennt. Du darfst nur nicht die Nerven verlieren. Am besten stellst du dich ein bißchen dumm, kicherst viel und hörst aufmerksam zu, wenn er redet.«

»Aber wenn er es doch herausbringt, Sartak?«

»Wenn er irgendwelche feindseligen Aktionen unternimmt, tötest du ihn.«

»Ihn töten?«

»Dann tötest du ihn«, wiederholte Sartak hart. »Ich weiß, ich weiß, wir sind alle zivilisierte Leute hier, aber wenn er Ärger macht, nimmst du deine Notwehrgranate. Natürlich nur, wenn es nötig wird. Ist das klar?«

Das Mädchen schaute ein wenig benommen drein.

»Klar«, sagte sie.

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