17

Auf diesem Kontinent sind alle Maßstäbe verschoben. Die Flüsse sind unermesslich, das Klima ist bei Hitze wie bei Kälte heftig, die Landschaft erhaben, Donner und Blitz sind gewaltig. Unregelmäßigkeiten, die in diesem Land auftreten, lassen jede Verfassung erzittern. Unsere Tölpeleien, unsere Fehler, unsere Verluste, unser Ruin, unsere Schande, sie gehen hier ins Maßlose.

– Lord Carlisle an George Selwyn, 1778


Der wichtigste Ort im Südosten der Vereinigten Staaten wird auf Hunderten von alternden Scheunendächern beworben, in ganz Georgia und Tennessee, ja bis hinauf nach Kentucky. Der Autofahrer, der auf einer gewundenen Straße durch den Wald fährt, kommt plötzlich an einer baufälligen roten Scheune vorbei, auf deren Dach er Folgendes gepinselt sieht:


BESUCHEN SIE ROCK CITY

DAS ACHTE WELTWUNDER


und auf dem Dach eines verfallenen Melkschuppens gleich daneben, in weißer Blockschrift:


VON ROCK CITY, DEM WELTWUNDER, AUS

SEHEN SIE SIEBEN BUNDESSTAATEN


Der Autofahrer muss annehmen, dass Rock City gleich hinter der nächsten Ecke liegt und nicht etwa eine ganze Tagestour entfernt auf dem Lookout Mountain in Georgia knapp hinter der Staatsgrenze südwestlich von Chattanooga, Tennessee.

Bei Lookout Mountain handelt es sich mitnichten um einen außergewöhnlichen Berg. Eher um einen etwas groß geratenen, imposanten Hügel. Die Chickamauga, ein Zweig der Cherokee, lebten hier, als der weiße Mann kam; sie nannten den Berg Chattotonoogee, was man als der Berg, der sich bis zu einem bestimmten Punkt erhebt übersetzt hat.

In den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts vertrieb Andrew Jacksons Indian Removal Act sie von ihrem Land – sämtliche Choctaw und Chickamauga und Cherokee und Chickasaw –, und US-Truppen zwangen jeden, dessen sie habhaft werden konnten, auf den Weg der Tränen, der mehr als tausend Meilen lang war und zu den neuen indianischen Gebieten hinführte, die eines Tages Oklahoma heißen sollten: ein Akt des beiläufigen Völkermords. Tausende Männer, Frauen, Kinder starben unterwegs. Wer gewonnen hat, hat gewonnen, daran gibt es nichts zu deuteln.

Wer nämlich den Lookout Mountain unter seiner Gewalt hatte, der beherrschte das Land, so ging die Legende. Es war schließlich ein heiliger Ort, eine Gebetsstätte. Im amerikanischen Bürgerkrieg fand dort eine Schlacht statt: die Schlacht über den Wolken, die einen Tag lang tobte, und dann schafften die Unionstruppen das Unmögliche, überrannten ohne entsprechenden Befehl den Missionary Ridge und nahmen ihn ein. Der Norden gewann den Lookout Mountain, der Norden gewann auch den Krieg.

Unter dem Lookout Mountain gibt es Höhlen und Gänge, wovon einige sehr alt sind. Inzwischen sind sie weit gehend unzugänglich, allerdings hat ein hiesiger Geschäftsmann vor einiger Zeit einen unterirdischen Wasserfall freigelegt, den er Ruby Falls nannte. Man kann die Touristenattraktion mit einem Fahrstuhl erreichen. Die größte Touristenattraktion von allen freilich findet sich oben auf dem Lookout Mountain. Und das ist Rock City.

Rock City beginnt als Ziergarten auf einem Berghang: Die Besucher wandeln auf einem Pfad, der sie über Felsen sowie durch und zwischen Felsen hindurchführt. Sie werfen Mais in ein Rotwildgehege, überqueren eine Hängebrücke und stecken einen Vierteldollar in ein Fernrohr, um an den seltenen Tagen, die sowohl sonnig als auch völlig klar sind, nicht weniger als sieben Bundesstaaten, so das Versprechen, überblicken zu können. Und von dort aus, wie ein Sturz in eine seltsame Hölle, nimmt der Pfad die Besucher, Abermillionen sind es alljährlich, hinunter in die Höhlen, wo sie auf schwarz angeleuchtete Puppen starren, die zu Dioramen nach Kinderreim- und Märchenmotiven arrangiert sind. Wenn alles abgeschritten ist, gehen sie verwirrt nach Hause, uneins, warum sie überhaupt gekommen sind, was sie eigentlich gesehen haben und ob es ihnen Spaß gemacht hat oder nicht.


Aus den ganzen Vereinigten Staaten kamen sie zum Lookout Mountain. Sie waren keine Touristen. Sie kamen mit dem Auto, mit dem Flugzeug, mit dem Bus, mit der Bahn und zu Fuß. Einige von ihnen flogen selber – sie flogen niedrig und nur im Dunkel der Nacht. Andere reisten auf ihren eigenen Wegen unterhalb der Erde. Viele fuhren per Anhalter und ließen sich von nervösen Autofahrern oder von Truckern mitnehmen. Wer selbst ein Auto oder einen Transporter besaß, sah diejenigen, die kein Glück beim Trampen hatten, unterwegs in den Diners oder Tankstellen oder am Rande der Straßen und bot ihnen, da er sie als das erkannte, was sie waren, eine Mitfahrgelegenheit an.

Staubbedeckt und müde, trafen sie am Fuß des Lookout Mountain ein. Wenn sie zu den Höhen des baumbestandenen Hanges hinaufblickten, sahen sie die Wege und Gärten und Wasserfälle von Rock City oder bildeten sich zumindest ein, sie zu sehen.

Die Ersten trafen am frühen Morgen ein. Eine zweite Welle kam in der Abenddämmerung. Und im Laufe der nächsten Tage wurden es immer mehr.

Ein ramponierter Umzugslaster fuhr heran und spuckte eine Reihe von reisemüden vile und rusalki aus, die Laufmaschen in den Strümpfen und verschmiertes Make-up auf den erschöpften Gesichtern hatten.

In einer Baumgruppe im unteren Teil des Hanges bot ein älterer Wampyr einem nackten affenähnlichen Geschöpf mit filzigem orangefarbenem Fell eine Marlboro an. Das Geschöpf nahm sie huldvoll entgegen, und dann rauchten sie schweigend Seite an Seite.

Einem Toyota Previa, der am Straßenrand hielt, entstiegen sieben chinesische Männer und Frauen. Sie sahen, von allem anderen abgesehen, sehr sauber aus und trugen dunkle Anzüge, wie sie in manchen Ländern Kennzeichen kleinerer Regierungsbeamter waren. Einer von ihnen hatte ein Klemmbrett in der Hand und prüfte die Bestandsliste, während die anderen große Golftaschen aus dem Heck des Wagens luden: Die Taschen enthielten prunkvolle Schwerter mit lackierten Griffen, geschnitzte Stöcke und Spiegel. Die Waffen wurden verteilt, abgehakt und quittiert.

Ein einstmals berühmter Komiker, vermeintlich in den Zwanzigerjahren verstorben, stieg aus seinem rostigen Auto und zog sich erst einmal aus: Die Beine waren die eines Ziegenbocks, ebenso sein kurzer knackiger Schwanz.

Vier Mexikaner mit schwarzer und ausgesprochen glänzender Haartracht trafen ein. Sie strahlten übers ganze Gesicht: Eine Flasche, die den Blicken durch eine braune Papiertüte entzogen war, ging zwischen ihnen herum; sie enthielt eine bittere Mischung aus pulverisierter Schokolade, Alkohol und Blut.

Ein kleiner Mann mit dunklem Bart – eine staubige schwarze Melone auf dem Kopf, Ringellocken an den Schläfen und einen zerfransten Gebetsschal um den Hals – kam quer über die Felder auf sie zu. Er ging zwei Schritte vor seinem Gefährten, der doppelt so groß war wie er und die reine graue Farbe von gutem polnischen Lehm aufwies; das auf seine Stirn gravierte Wort bedeutete Leben.

Das Eintrudeln nahm kein Ende. Ein Taxi fuhr heran, mehrere Rakshasas, die Dämonen des indischen Subkontinents, schwärmten daraus hervor, wobei sie wortlos die Leute am Fuß des Hügels angafften, bis sie Mama-ji fanden, die mit geschlossenen Augen gerade ein stummes Gebet sprach. Sie war hier die einzige vertraute Erscheinung für sie, und doch zögerten sie, eingedenk früherer Kämpfe mit ihr, sich ihr zu nähern. Mama-ji rieb mit den Händen über das Halsband aus Schädeln. Ihre braune Haut ging langsam ins Schwarze über, ein gläsernes Schwarz wie Pechkohle, wie Obsidian: Sie kräuselte die Lippen und bleckte dabei ihre langen weißen Zähne, die äußerst scharf waren. Sie öffnete alle ihre Augen, winkte die Rakshasas zu sich heran und begrüßte sie, als würde sie ihre leiblichen Kinder begrüßen.

Die Stürme der letzten Tage im Norden und Osten hatten nicht vermocht, das Gefühl von Druck und Unbehagen, das in der Luft lag, zu mildern. Die lokalen Wettervorhersagen sprachend inzwischen warnend von unbeweglichen Hochdruckgebieten und von Zellen, die Wirbelstürme hervorbringen könnten. Am Tag war es recht warm, nachts dagegen kalt.

Man schloss sich zu informellen Gruppen zusammen, zuweilen nach Nationalität getrennt, nach Rasse, Temperament oder sogar nach Spezies. Es herrschte gespannte Erwartung. Und Müdigkeit.

Einige unterhielten sich. Gelegentlich gab es Gelächter, aber wenn, dann gedämpft und sehr vereinzelt. Sechserpacks Bier wurden herumgereicht.

Mehrere einheimische Männer und Frauen kamen, wobei sie ungewöhnliche Körperbewegungen an den Tag legten, über die Wiesen herbeigewandert. Wenn sie sprachen, waren ihre Stimmen die der Loa, die von ihnen Besitz ergriffen hatte: Ein großer schwarzer Mann sprach mit der Stimme von Papa ’Legba, der die Tore öffnete, während Baron Samedi, der Herr des Todes des voudon, sich des Körpers einer jungen Gothic-Rock-Anhängerin aus Chattanooga bediente, möglicherweise deshalb, weil sie im Besitz eines schwarzen Seidenzylinders war, der ihr recht keck auf dem dunklen Schopf saß. Sie sprach mit der tiefen Stimme des Barons, rauchte eine Zigarre von gewaltiger Größe und befehligte drei Gédé, die Loa der Toten. Die Gédé hatten sich der Körper dreier Brüder mittleren Alters bemächtigt. Sie trugen Schrotflinten und erzählten Witze von solch betäubender Unflätigkeit, dass nur sie selbst darüber lachen mochten, was sie freilich umso wüster und ungehemmter taten.

Zwei alterslose Chickamauga-Frauen in ölbefleckten Bluejeans und ramponierten Lederjacken spazierten umher und besahen sich die Leute und die Vorbereitungen auf die Schlacht. Manchmal zeigten sie auf etwas und schüttelten dabei den Kopf. Sie hatten sichtlich nicht die Absicht, sich am bevorstehenden Konflikt zu beteiligen.

Der Mond nahm weiter zu und erhob sich im Osten, einen Tag vor Vollmond. Im Aufsteigen schien er fast halb so groß wie der Himmel zu sein, ein tiefrotes Orange unmittelbar über den Hügeln. Während er übers Firmament zog, schrumpfte er jedoch und wurde blasser, bis er wie eine Laterne hoch oben hing.

Es waren ihrer so viele, die dort im Mondschein am Fuß des Lookout Mountain warteten.


Laura hatte Durst.

Manchmal brannten in ihrem Innern lebendige Menschen wie Kerzen, und manchmal loderten sie wie Fackeln. Das machte es leicht, ihnen auszuweichen, aber auch leicht, sie gelegentlich aufzuspüren. Shadow hatte auf dem Baum mit einem ganz eigenen Licht so seltsam gebrannt.

Sie hatte ihn einmal, als sie Hand in Hand spazieren gingen, gescholten, dass er nicht richtig lebendig sei. Sie hatte das in der Hoffnung getan, ihn damit zu einer spontanen Gefühlsäußerung zu provozieren. Ihn zu irgendetwas zu provozieren.

Sie erinnerte sich, wie sie neben ihm ging und den dringenden Wunsch hegte, er möge begreifen, worum es ihr ging.

Aber beim Sterben am Baum war Shadow höchst lebendig gewesen. Sie hatte ihn beobachtet, als das Leben aus ihm wich, und er war konzentriert gewesen, präsent und wirklich. Und er hatte sie gebeten, die ganze Nacht über bei ihm zu bleiben. Er hatte ihr vergeben … Vielleicht hatte er ihr vergeben. Es kam nicht drauf an. Er hatte sich verändert – das war alles, was sie wusste.

Shadow hatte ihr gesagt, sie solle zu dem Farmhaus gehen, dort würde man ihr zu trinken geben. Es brannten keinerlei Lichter in dem Gebäude, und sie fühlte auch nicht, dass jemand zu Hause war. Aber er hatte gesagt, dass man sich um sie kümmern würde. Sie stieß gegen die Haustür, die sich sofort öffnete, wenn auch unter nachhaltigem Protest der rostigen Angeln.

In ihrem linken Lungenflügel rührte sich etwas, etwas, das drängte und zappelte und sie zum Husten reizte.

Sie stand in einem schmalen Flur, der nahezu vollständig von einem großen, staubigen Klavier versperrt war. Das Innere des Hauses roch nach Alter und Feuchtigkeit. Sie drückte sich am Klavier vorbei, stieß eine Tür auf und fand sich in einem verwahrlosten, mit klapprigen Möbeln voll gestellten Salon wieder. Auf dem Kaminsims brannte eine Öllampe. Im Kamin darunter knisterte ein Kohlenfeuer, obwohl sie auf dem Weg zum Haus keinen Rauch gesehen oder gerochen hatte. Das Feuer trug nichts dazu bei, die Kälte zu vertreiben, die Laura in diesem Zimmer empfand, wenngleich dies, das wollte sie durchaus einräumen, nicht unbedingt die Schuld des Zimmers sein musste.

Der Tod bereitete Laura Schmerzen, wenn der Schmerz auch in erster Linie Dinge betraf, die nicht da waren: ein Durst, der sich anfühlte, als wäre jede einzelne ihrer Zellen ausgetrocknet; ein Mangel an Wärme in den Knochen, der allumfassend war. Manchmal ertappte sie sich bei der Überlegung, ob die knackig knisternden Flammen eines Scheiterhaufens ihr wohl genügend Wärme spenden würden oder gar die weiche, braune Decke der Erde; ob die kalte See ihren Durst löschen könnte …

Das Zimmer, bemerkte sie, war nicht leer.

Auf einer betagten Couch saßen drei Frauen, als stellten sie ein aufeinander abgestimmtes Ensemble in einer etwas ausgefallenen Kunstausstellung dar. Die Couch war mit fadenscheinigem Samt gepolstert, in einem verblichenen Braun, das einst vor hundert Jahren ein helles Kanariengelb gewesen sein mochte. Die Frauen folgten ihr mit den Augen, während sie den Raum betrat, sagten aber nichts.

Laura hatte nicht ahnen können, dass sie da sein würden.

Etwas wand sich und rutschte ihr durch die Nasenhöhle. Laura kramte in ihrem Ärmel nach einem Papiertaschentuch und schnaubte sich kräftig aus. Sie zerknüllte das Taschentuch, warf es mitsamt seinem Inhalt auf die brennenden Kohlen und beobachtete, wie es zerkrumpelte und erst schwarz wurde, bis es sich dann in orangefarbene Spitze verwandelte. Die Maden verschrumpelten, wurden braun und verbrannten.

Nachdem sie das nun erledigt hatte, wandte sie sich wieder den Frauen auf der Couch zu. Sie hatten sich seit ihrem Eintreten nicht gerührt, mit keinem Muskel, mit keinem Haar gezuckt. Sie starrten zu ihr hin.

»Hallo. Ist das Ihre Farm?«, fragte sie.

Die größte der Frauen nickte. Ihre Hände waren ziemlich rot, ihr Gesicht ausdruckslos.

»Shadow – also der, der da draußen am Baum hängt –, das ist mein Mann, und er sagt, ich soll Ihnen ausrichten, er möchte, dass Sie mir Wasser zu trinken geben.« Etwas Größeres bewegte sich in ihren Gedärmen. Es zappelte kurz, dann war es wieder ruhig.

Die kleinste der Frauen kraxelte von der Couch herunter. Zuvor hatte sie mit ihren Füßen den Boden nicht berührt. Sie wieselte aus dem Zimmer.

Laura hörte nacheinander durchs ganze Haus Türen aufgehen und sich wieder schließen. Von draußen hörte sie dann eine Serie lauter Quietschgeräusche. Jedesmal gefolgt von Wasserplatschen.

Kurz darauf kehrte die kleine Frau zurück. Sie trug einen braunen Tonkrug voll Wasser, den sie vorsichtig auf dem Tisch abstellte, um sich sogleich zur Couch zurückzuziehen. Rutschend und zappelnd hievte sie sich hoch und nahm den Platz neben ihren Schwestern wieder ein.

»Danke.« Laura ging zum Tisch, sah sich nach einem Becher oder Glas um, fand aber nichts dergleichen. Sie nahm den Krug in beide Hände. Er war schwerer, als er aussah. Das Wasser darin war vollkommen klar.

Sie hob den Krug an die Lippen und begann zu trinken.

Das Wasser war kälter, als man es bei Wasser in flüssigem Zustand für möglich halten würde. Es vereiste ihr die Zunge, die Zähne und die Speiseröhre. Dennoch trank sie weiter und konnte nicht damit aufhören, obwohl sie fühlte, wie das Wasser auf dem Weg zum Magen alles gefrieren ließ, die Gedärme, das Herz, die Adern.

Das Wasser strömte in sie hinein. Es war wie flüssiges Eis.

Sie bemerkte, dass der Krug auf einmal leer war, und stellte ihn überrascht auf den Tisch zurück.

Die Frauen beobachteten sie ohne Anzeichen der Anteilnahme. Seit ihrem Tod hatte Laura nicht mehr in Metaphern gedacht. Die Dinge waren, wie sie waren, oder eben nicht. Jetzt jedoch musste sie, wo sie die Frauen so auf dem Sofa sah, an Schwurgerichte denken oder an Wissenschaftler, die Versuchstiere im Labor beobachteten.

Plötzlich schüttelte es sie mit ungeheurer Heftigkeit. Sie streckte die Hand aus, um sich am Tisch abzustützen, aber der Tisch war ins Rutschen und Schlingern geraten und hätte sich beinahe ihrem Zugriff entzogen. Als sie die Hand endlich auf dem Tisch hatte, musste sie sich übergeben. Sie erbrach Galle und Formalin, Hundertfüßer und Maden. Und dann fühlte sie, wie sich Darm und Blase zu entleeren begannen: Gewaltsam und nass drängte es aus ihrem Körper. Sie hätte geschrien, wenn sie gekonnt hätte, aber dann schossen die staubigen Bodendielen so schnell und heftig auf sie zu, dass es ihr den Atem aus dem Leib gepresst haben würde, wenn sie denn geatmet hätte.

Die Zeit rauschte, wie ein Staubteufel wirbelnd, über sie hinweg und in sie hinein. Tausend Erinnerungen setzten gleichzeitig ein: Sie irrte in der Woche vor Weihnachten durch ein Kaufhaus, konnte ihren Vater aber nirgends finden; jetzt saß sie an der Theke im Chi-Chi’s, bestellte sich einen Erdbeer-Daiquiri und begutachtete ihr Blinddate, das große, ernste Mannkind, und fragte sich, wie er wohl küsste; dann war sie im Auto, das plötzlich, welch Entsetzen, durch die Gegend schleuderte, und Robbie schrie auf sie ein, bis der Metallpfosten endlich den Wagen zum Halten brachte, nicht aber dessen Insassen …

Das Wasser der Zeit, das aus der Quelle des Schicksals, Urds Brunnen, entspringt, ist nicht gerade das Wasser des Lebens. Nicht ganz jedenfalls. Immerhin versorgt es jedoch die Wurzeln des Weltenbaums. Es gibt aber kein Wasser, das ihm gleicht.


Als Laura in der leeren Stube des Farmhauses erwachte, zitterte sie und, wahrhaftig, ihr Atem dampfte in der morgendlichen Luft. Sie hatte einen Kratzer auf dem Handrücken, der im lebhaften Rot frischen Blutes nässend verschmiert war.

Sie wusste, wohin sie zu gehen hatte. Sie hatte vom Wasser der Zeit getrunken, das aus der Quelle des Schicksals kam. Vor ihrem inneren Auge sah sie den Berg.

Sie leckte sich das Blut von der Hand, staunte über den hinterlassenen Speichelfilm und marschierte los.


Es war ein nasser Märztag, der für die Jahreszeit zu kalt war. In den letzten Tagen waren Stürme durch die südlichen Bundesstaaten gefegt, sodass jetzt nur sehr wenige Touristen Rock City auf dem Lookout Mountain besuchten. Die Weihnachtsbeleuchtung war längst abgebaut worden, aber der große Strom der Sommerbesucher stand noch aus.

Dennoch waren Leute da. An diesem Morgen fuhr sogar ein Reisebus vor, dem ein Dutzend Männer und Frauen mit strahlendem, Optimismus verströmendem Lächeln entstiegen. Sie sahen wie frisch gebackene Nachrichtenmoderatoren aus, und fast meinte man, ihnen etwas Phosphorpunkthaftes ansehen zu können: Sie schienen leicht zu flimmern, wenn sie sich bewegten. Auf dem Hauptparkplatz stand ein schwarzer Militärgeländewagen.

Die Fernsehleute spazierten aufmerksam durch Rock City und nahmen schließlich nahe des balancierenden Steins Aufstellung, wo sie sich mit angenehmen, gemessenen Stimmen unterhielten.

Sie waren nicht die Einzigen, die mit dieser Welle von Besuchern kamen. Hätte man an diesem Tag die Pfade von Rock City beschritten, wären einem unter Umständen auch Leute begegnet, die wie Filmstars aussahen, oder solche, die wie Außerirdische aussahen, oder auch einer Reihe von Leuten, die in erster Linie wie die Vorstellung einer Person aussahen, nicht aber wie die Realität. Man hätte sie möglicherweise gesehen, wenn es auch wahrscheinlicher ist, dass man sie gar nicht bemerkt hätte.

Sie kamen in langen Limousinen, in kleinen Sportwagen und in überdimensionierten Geländefahrzeugen nach Rock City. Viele trugen die Sonnenbrillen derer, die ständig, sei’s drinnen oder draußen, Sonnenbrillen tragen, weil sie sich ohne sie nackt fühlen würden. Man begegnete Lächeln, Liebenswürdigkeit und Leichtfertigkeit, aber auch Melancholie und Mürrischkeit. Sie kamen in allen Größen und Gestalten, allen Moden und Altersklassen.

Was sie aber gemeinsam hatten, das war ein Ausdruck, ein ganz bestimmter Blick. Er besagte: Du kennst mich; oder auch: Du solltest mich kennen. Eine spontane Vertrautheit, die auch Distanz war, ein Ausdruck oder eine Haltung – das Vertrauen darauf, dass die Welt für sie existierte, dass sie sie willkommen hieß, sie anbetete.

Der dicke Junge bewegte sich unter ihnen mit dem schlurfenden Gang dessen, der, obwohl er über keinerlei Umgangsformen verfügte, mehr erreicht hatte, als er sich je hätte träumen lassen. Sein schwarzer Mantel flatterte im Wind.

Etwas, das sich neben dem Erfrischungsgetränkestand im Mother-Goose-Hof aufhielt, hustete, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Es war von massiver Statur, aus dem Gesicht und den Fingern ragten ihm Skalpellklingen. Das Gesicht war voller Krebsgeschwüre. »Das wird eine gewaltige Schlacht«, sagte es mit klebriger Stimme.

»Es wird überhaupt keine Schlacht geben«, sagte der dicke Junge. »Was uns hier bevorsteht, ist nichts anderes als ein beschissener Paradigmenwechsel. Systemabsturz. Modalitäten wie Schlacht klingen so verdammt nach Lao-tse.«

Das krebsartige Ding blinzelte. »Abwarten«, war alles, was es darauf erwiderte.

»Na ja, egal«, sagte der dicke Junge. »Ich bin auf der Suche nach Mister World. Hast du ihn gesehen?«

Das Ding kratzte sich mit einem Skalpell und schob in konzentriertem Nachdenken die tumorige Unterlippe vor. Dann nickte es. »Da drüben«, sagte es.

Der dicke Junge ging, ohne sich zu bedanken, in die angegebene Richtung. Das krebsartige Ding wartete schweigsam, bis der Junge außer Sicht war.

»Und es wird doch eine Schlacht sein«, sagte das krebsartige Ding dann zu einer Frau, deren Gesicht voller Phosphorflecken war.

Sie nickte und lehnte sich näher zu ihm. »Und wie findest du das?«, fragte sie ihn mit einfühlsamer Stimme.

Es blinzelte, und dann hob es an, ihr die Sache auseinander zu setzen.


Towns Ford Explorer war mit einem GPS-Navigationssystem ausgestattet, einem kleinen Bildschirm, der mit Satelliten in Verbindung stand und dem Auto seinen Standort anzeigte; dennoch verirrte er sich, nachdem er südlich von Blacksburg auf die Landstraßen geraten war: Die Straßen, auf denen er fuhr, schienen wenig mit dem Gewirr von Linien auf der Bildschirmkarte zu tun zu haben. Schließlich hielt er auf einem Feldweg an, um das Fenster herunterzukurbeln und eine korpulente weiße Frau, die von einem Wolfshund zu seinem morgendlichen Auslauf gezogen wurde, nach dem Weg zur Ashtree-Farm zu fragen.

Sie nickte, zeigte in eine Richtung und sagte etwas zu ihm. Er konnte kein Wort verstehen, bedankte sich aber trotzdem vielmals, kurbelte das Fenster wieder hoch und fuhr in die Richtung weiter, in die sie gedeutet hatte.

So verbrachte er noch einmal vierzig Minuten damit, einer Landstraße nach der anderen zu folgen, ohne dass eine davon die gesuchte war. Town kaute immer heftiger an seiner Unterlippe.

»Ich bin zu alt für diesen Scheiß«, sagte er laut, um den Filmstarüberdruss der Äußerung auszukosten.

Er ging hart auf die fünfzig zu. Den Großteil seines Arbeitslebens hatte er in einer Regierungabteilung verbracht, die nur dem Namen nach existierte, und ob er nun eigentlich vor einem Dutzend Jahren aus seiner Staatsanstellung in den privaten Sektor übergewechselt war oder nicht, war Ansichtssache: Mal dachte er so, dann wieder anders. Egal, es war sowieso nur der Mann auf der Straße, der ernsthaft glaubte, dass da überhaupt ein Unterschied bestehe.

Er war drauf und dran, die Farm abzuschreiben, als er über einen Hügel kam und das handgemalte Schild am Tor sah. In aller Schlichtheit, so wie es ihm angekündigt worden war, sagte es: ASH. Er hielt den Ford Explorer an, stieg aus und bog den Draht auseinander, der das Tor geschlossen hielt. Er stieg zurück in den Wagen und fuhr hindurch.

Es ist, wie wenn man einen Frosch kocht, dachte er. Man steckt den Frosch ins Wasser, dann stellt man die Flamme an, und bevor der Frosch merkt, das irgendwas nicht stimmt, ist er schon gar. Die Welt, in der er, Town, arbeitete, war schon reichlich abgefahren. Es gab keinen festen Grund unter den Füßen, das Wasser im Topf brodelte wie verrückt.

Als er in die Organisation versetzt worden war, schien alles so simpel zu sein: Inzwischen war alles so … nicht komplex, überlegte er – einfach nur bizarr. Er hatte heute Morgen um zwei Uhr in Mister Worlds Büro gesessen und seine Anweisungen empfangen. »Haben Sie alles verstanden?«, hatte Mr. World gesagt, indem er ihm ein Messer in dunkler Lederscheide überreichte. »Sie schneiden mir einen Stock ab. Er muss nicht länger sein als drei Handspannen.«

»Wird gemacht«, sagte Town. Und dann sagte er: »Warum soll ich das tun, Sir?«

»Weil ich es Ihnen sage«, erwiderte Mr. World rundweg. »Finden Sie den Baum. Erledigen Sie Ihre Aufgabe. Wir treffen uns dann in Chattanooga. Vergeuden Sie keine Zeit.«

»Und was ist mit dem Arschloch?«

»Shadow? Wenn Sie ihn sehen, gehen Sie ihm einfach aus dem Weg. Rühren Sie ihn nicht an. Fangen Sie erst gar keinen Streit mit ihm an. Ich will unter keinen Umständen, dass Sie ihn zum Märtyrer machen. In unserem Konzept ist momentan kein Platz für Märtyrer.« Dann lächelte er sein narbenhaftes Lächeln. Mr. World war leicht zu belustigen, eine Tatsache, die Mr. Town schon verschiedentlich aufgefallen war. Immerhin hatte er es auch lustig gefunden, in Kansas den Chauffeur zu spielen.

»Aber …«

»Keine Märtyrer, Town.«

Town hatte daraufhin genickt, sich das Messer samt Scheide gegriffen und die Wut, die ihn ihm aufwallte, ganz weit weggedrückt, wo sie nichts anrichten konnte.

Der Hass auf Shadow war ein Teil von Mr. Town geworden. Wenn er abends im Bett lag, sah er Shadows ernstes Gesicht vor sich, sah dieses Lächeln, das gar keines war, diese Manier von Shadow, zu lächeln, ohne zu lächeln, die in Town jedesmal den Wunsch wachrief, dem Mann die Faust in den Magen zu rammen, und noch beim Einschlafen fühlte er, wie seine Backenknochen mahlten, seine Schläfen sich verspannten und ihm die Kehle brannte.

Er steuerte den Ford Explorer an einem verlassenen Farmhaus vorbei über die Wiese. Nachdem er eine Anhöhe erklommen hatte, sah er den Baum. Er parkte den Wagen ein Stückchen dahinter und stellte den Motor ab. Die Uhr auf dem Armaturenbrett veriet ihm, dass es 6.38 Uhr morgens war. Er ließ den Schlüssel stecken und ging auf den Baum zu.

Der Baum war groß; er schien nach ganz eigenen Maßstäben angelegt zu sein. Town hätte nicht sagen können, ob er zwanzig Meter hoch war oder hundert. Die Borke war so grau wie ein feiner Seidenschal.

Etwas oberhalb des Bodens war mittels eines Netzwerks aus Seilen ein nackter Mann an den Stamm gebunden, und zu Füßen des Baums war etwas in ein Tuch gewickelt. Im Vorbeigehen erkannte Town, was es war. Er stieß mit dem Fuß gegen das Tuch. Wednesdays zerstörtes Halbgesicht starrte ihn von unten herauf an.

Town erreichte den Baum. Er ging ein Stück um den dicken Stamm herum, aus dem Blickfeld der blinden Farmhausaugen heraus, öffnete dann die Hose und pinkelte gegen den Baum. Er zog den Reißverschluss wieder hoch. Er ging zurück zum Haus, wo er eine hölzerne Ausziehleiter fand, die er gleich zum Baum trug. Er lehnte sie sorgfältig an den Stamm. Dann stieg er hinauf.

Shadow hing schlaff in den Seilen, die ihn an den Baum banden. Town fragte sich, ob der Mann überhaupt noch lebte: Der Brustkasten hob und senkte sich jedenfalls nicht. Tot oder so gut wie tot, das spielte keine große Rolle.

»Hallo, Arschloch«, sagte Town laut. Shadow rührte sich nicht.

Als Town am oberen Ende der Leiter angelangt war, zückte er das Messer. Er suchte sich einen kleinen Ast aus, der Mr. Worlds Anforderungen zu genügen schien, und hackte mit der Messerklinge in die Stelle, wo er vom Stamm abzweigte; er schnitt ihn halb durch, den Rest brach er mit der Hand ab. Der Ast war etwa einen Dreiviertelmeter lang.

Er steckte das Messer wieder in die Scheide und begann damit, die Leiter wieder hinunterzusteigen. Als er auf gleicher Höhe mit Shadow war, hielt er an. »Gott, ich hasse dich«, sagte er. Am liebsten hätte er einfach seine Pistole genommen und ihn abgeknallt, ihm war aber klar, dass das nicht ging. Und dann stieß er den Stock durch die Luft auf den hängenden Mann zu, so als wollte er ihn erstechen. Es war eine unwillkürliche Handlung, in der Towns ganze Wut und Frustration enthalten war. Er stellte sich vor, dass er einen Speer in der Hand hielte und ihn Shadow in die Eingeweide bohrte.

»Auf geht’s«, sagte er laut zu sich. »Zeit, abzuhauen.« Erstes Anzeichen von Verrücktheit, dachte er. Selbstgespräche führen. Er stieg noch ein paar Sprossen weiter nach unten und sprang dann das restliche Stück bis zum Boden. Er betrachtete den Stock in seiner Hand und fühlte sich wie ein kleiner Junge, der seinen Stock wie ein Schwert oder einen Speer hielt. Ich hätte eigentlich von jedem beliebigen Baum einen Stock abschneiden können, dachte er. Hätte überhaupt nicht dieser Baum sein müssen. Wer zum Teufel hätte den Unterschied schon merken sollen?

Aber dann dachte er: Mr. World hätte den Unterschied gemerkt.

Er trug die Leiter zurück zum Farmhaus. Aus den Augenwinkeln heraus glaubte er eine Bewegung bemerkt zu haben. Er blickte durchs Fenster in einen dunklen Raum voller kaputter Möbel hinein, einen Raum, wo der Putz von den Wänden bröckelte, und einen Moment lang, wie in einer Art Tagtraum, war ihm, als sähe er drei Frauen in dem dunklen Salon sitzen.

Eine davon strickte. Die nächste schaute geradewegs zu ihm hin. Die dritte schien zu schlafen. Die Frau, die ihn anstarrte, setzte ein Lächeln auf, ein überaus breites Lächeln, das ihr Gesicht in Längsrichtung zu zerschneiden schien, ein Lächeln, das sich wahrhaftig von einem Ohr zum anderen zog. Dann hob sie einen Finger, legte ihn seitlich an den Hals und führte ihn quer über die Kehle sanft zur anderen Seite.

Das jedenfalls glaubte er alles im Bruchteil einer Sekunde in diesem leeren Zimmer zu sehen, das aber, wie er auf den zweiten Blick erkannte, nichts weiter enthielt als alte, vergammelte Möbel, von Fliegenschiss übersäte Bilder und trockene Fäulnis. Es war kein Mensch da drin.

Er rieb sich die Augen.

Town ging zurück zu seinem braunen Ford Explorer und stieg ein. Er warf den Stock auf das weiße Leder des Beifahrersitzes. Er drehte den Schlüssel im Zündschloss. Die Uhr im Armaturenbrett zeigte jetzt auf einmal 5.57 Uhr an. Town runzelte die Stirn und überprüfte seine Armbanduhr, die blinkend kundtat, es sei 13.58 Uhr.

Toll, dachte er. Ich war entweder acht Stunden lang auf diesem Baum oder minus eine Minute. Das war jedenfalls das, was er dachte, was er hingegen glaubte, war, dass beide Chronometer zufällig zur selben Zeit angefangen hatten, verrückt zu spielen.

Zurück beim Baum war Shadows Leib dabei zu bluten. Die Wunde saß in der Seite. Das Blut, das aus ihr strömte, war zäh und dickflüssig und schwarz wie Molasse.


Wolken bedeckten den Gipfel des Lookout Mountain.

Easter saß in einigem Abstand zur Menge am Fuß des Berges und beobachtete die Morgendämmerung über den Hügeln im Osten. Sie hatte einen Kranz blaue Vergissmeinnicht um ihr linkes Handgelenk tätowiert, an dem sie geistesabwesend mit dem rechten Daumen rieb.

Eine weitere Nacht war vergangen, und nichts war passiert. Die Leute strömten immer noch herbei, allein oder zu zweien. Die letzte Nacht hatte ihnen einige Geschöpfe aus dem Südwesten beschert, darunter zwei kleine Jungen, jeder von der Größe eines Apfelbaums, und etwas, das sie nur flüchtig gesehen, was aber wie ein körperloser Kopf vom Umfang eines VW-Käfers ausgesehen hatte. Die Geschöpfe waren zwischen den Bäumen am Fuß des Berges verschwunden.

Niemand belästigte die hier Versammelten. Niemand aus der Außenwelt schien auch nur bemerkt zu haben, dass sie hier waren: Sie stellte sich vor, wie die Rock-City-Touristen oben an den Münzfernrohren standen und unmittelbar auf ein verkommenes Lager voller Dinge und Gestalten am Fuß des Berges glotzten, aber doch nichts sahen als Bäume, Büsche und Steine.

Sie konnte den Rauch von Grillfeuer riechen, ein Duft von bratendem Speck im kalten Morgenwind. Am anderen Ende des Lagers begann jemand auf der Mundharmonika zu spielen, was sie unwillkürlich lächeln und erschauern ließ. Sie hatte ein Taschenbuch im Rucksack und wartete darauf, dass es hell genug zum Lesen sein würde.

Unmittelbar unter den Wolken waren am Himmel zwei Punkte zu sehen: ein kleiner und ein großer. Der Wind wehte ihr einige Regentropfen ins Gesicht.

Ein barfüßiges Mädchen kam vom Lager her in ihre Richtung. Neben einem Baum blieb es stehen, hob seine Röcke und hockte sich hin. Als es fertig war, winkte Easter es heran. Das Mädchen kam zu ihr.

»Guten Morgen, Lady«, sagte es. »Die Schlacht wird bald beginnen.« Die Spitze seiner rosa Zunge berührte seine scharlachroten Lippen. Ein schwarzer Krähenflügel war dem Mädchen mit Leder an die Schulter gebunden worden, an einer Halskette baumelte ein Krähenfuß. Blaue Linien, Muster und verschlungene Knoten waren auf die Arme tätowiert.

»Woher weißt du das?«

Das Mädchen grinste. »Ich bin Macha, eine der Erscheinungen Morrigans. Ich kann den Krieg riechen, wenn er sich naht. Ich bin Kriegsgöttin, und ich sage, am heutigen Tag wird Blut fließen.«

»Aha«, sagte Easter, »wenn das so ist …« Sie beobachtete den kleineren Punkt am Himmel, der jetzt wie ein Stein genau in ihre Richtung heruntergestürzt kam.

»Wir werden sie bekämpfen, jeden einzelnen werden wir töten«, sagte das Mädchen. »Ihre Köpfe werden wir als Trophäen behalten, um die Augen und alles andere werden sich die Krähen kümmern.« Der Punkt war zu einem Vogel geworden, der mit ausgestreckten Flügeln auf den böigen Morgenwinden über ihnen schwebte.

Easter legte den Kopf auf die Seite. »Ist das irgend so ein geheimes Kriegsgöttinnenwissen?«, fragte sie. »Die ganze Sache mit wer den Krieg gewinnen wird, wer wessen Kopf kriegt?«

»Nein«, sagte das Mädchen. »Ich kann die Schlacht riechen, das ist alles. Aber wir werden siegen. Oder? Wir müssen einfach. Ich hab gesehen, was sie mit Allvater gemacht haben. Es heißt, entweder wir oder sie.«

»Ja«, sagte Easter. »Vermutlich.«

Das Mädchen lächelte wieder aus dem Halblicht und begab sich dann zurück ins Lager. Easter legte die Hand auf einen grünen Trieb, der wie eine Messerklinge aus der Erde ragte. Bei ihrer Berührung begann er zu wachsen, öffnete, wand und wandelte sich, bis ihre Hand auf einem grünen Tulpenkopf ruhte. Sobald die Sonne hoch am Himmel stand, würde er sich öffnen.

Easter blickte zu dem Falken hinauf. »Kann ich dir behilflich sein?«

Der Falke kreiste ganz gemächlich etwa fünf Meter über Easter, dann glitt er nach unten und landete in ihrer Nähe. Er sah sie mit irrem Blick an.

»Hallo, Süßer«, sagte sie. »Na, wie siehst du denn in Wirklichkeit aus?«

Der Falke hüpfte unsicher auf sie zu, und auf einmal war es kein Falke mehr, sondern ein junger Mann. Er sah sie an, und dann blickte er hinunter ins Gras. »Du?«, sagte er. Sein Blick schweifte überallhin, zum Gras, zum Himmel, zu den Büschen. Aber nicht zu ihr.

»Ich«, sagte sie. »Was ist mit mir?«

»Du.« Er brach ab. Anscheinend versuchte er seine Gedanken zu ordnen; ein seltsames Mienenspiel huschte und schwamm über sein Gesicht. Er ist zu lange Vogel gewesen, dachte sie. Er hat vergessen, wie es als Mensch ist. Sie wartete geduldig. Schließlich sagte er: »Kommst du mit mir?«

»Kann sein. Wohin soll’s denn gehen?«

»Der Mann am Baum. Er braucht dich. Eine Geisterwunde in der Seite. Das Blut kam, dann hörte es auf. Ich glaube, er ist tot.«

»Hier herrscht Krieg. Ich kann jetzt nicht einfach davonlaufen.«

Der nackte Mann schwieg und trat einfach nur von einem Fuß auf den anderen, als wäre er sich seines Gewichts nicht sicher, als wäre er zwar gewohnt, sich in der Luft oder auf einem schwankenden Ast aufzuhalten, nicht aber auf festem Boden. Schließlich sagte er: »Wenn er für immer weg ist, ist alles vorbei.«

»Aber die Schlacht …«

»Wenn er verloren ist, wird es einerlei sein, wer gewinnt.« Er sah aus, als würde er eine wärmende Decke brauchen, dazu eine Tasse süßen Kaffee und jemanden, der ihn irgendwohin brachte, wo er in Ruhe zittern und stammeln konnte, bis sein Verstand sich wieder einschaltete. Er hielt die Arme steif an den Körper gepresst.

»Wo ist es denn? In der Nähe?«

Er starrte auf die Tulpenpflanze und schüttelte den Kopf. »Weit weg.«

»Tja«, sagte sie. »Ich werde hier gebraucht, da kann ich nicht einfach weggehen. Und wie soll ich überhaupt da hinkommen? Ich kann doch nicht so wie du fliegen.«

»Ja«, sagte Horus. »Du nicht.« Dann blickte er feierlich nach oben und zeigte auf den anderen Punkt, der über ihnen kreiste und jetzt, immer größer werdend, aus den sich verdunkelnden Wolken nach unten fiel. »Aber er kann.«


Weitere Stunden sinnloser Fahrerei vergingen, und inzwischen hasste Town das Navigationssystem fast so sehr wie Shadow. Es lag allerdings wenig Leidenschaft in diesem Hass. Den Hinweg zu finden, den Weg zur Farm, zur großen Silberesche, das war seinem Empfinden nach schon verflucht schwer gewesen – jetzt aber erwies es sich, dass es noch viel schwerer war, den Rückweg zu finden, den Weg von der Farm weg. Offenbar war es ganz gleichgültig, welche Straße er wählte, in welche Richtung er die schmalen Feldwege befuhr – diese kurvenreichen Nebenstrecken von Virginia, die, da war er sich sicher, mal als Wildwechsel und Kuhwege angefangen hatten –, irgendwann kam er dann doch plötzlich wieder an der Farm, an dem handgemalten Schild ASH, vorbei.

Das war doch verrückt, oder? Er musste einfach nur den Weg zurückverfolgen, musste jedesmal links abbiegen, wo er auf dem Hinweg rechts gefahren war, und umgekehrt.

Nur, genau das hatte er beim letzten Mal getan, und jetzt stand er wieder hier gleich neben der Farm. Schwere Sturmwolken zogen auf, es wurde rasch dunkel, es fühlte sich an wie Abend, nicht wie Morgen, und er hatte noch eine lange Fahrt vor sich: Wenn das so weiterging, würde er niemals bis zum Nachmittag in Chattanooga eintreffen.

Sein Handy zeigte ihm lediglich an, dass es derzeit kein Netz fand. Die Faltkarte aus dem Handschuhfach verzeichnete nur die Hauptstraßen, alle Interstates und die echten Highways, alles weitere existierte ihr zufolge gar nicht.

Es war auch niemand zu sehen, den er hätte fragen können. Die Häuser lagen ziemlich weit von der Straße entfernt, nirgends brannten einladende Lichter. Die Nadel der Tankanzeige kratzte bereits am roten Bereich. Aus der Ferne hörte er Donnergrollen, und ein einzelner Regentropfen klatschte schwer auf die Windschutzscheibe.

Daher legte sich unwillkürlich ein Lächeln auf Towns Gesicht, als er die Frau erblickte, die die Straße entlangging. »Gott sei Dank«, sagte er laut und hielt neben ihr an. Per Daumendruck ließ er das Beifahrerfenster herunter. »Ma’am? Entschuldigen Sie bitte. Ich hab mich irgendwie verfahren. Können Sie mir sagen, wie man von hier zum Highway kommt?«

Sie sah ihn durchs offene Fenster an und sagte: »Tja, ich glaube nicht, dass ich es richtig beschreiben kann. Aber ich könnte Sie hinführen, wenn Sie möchten.« Sie war blass, und ihr nasses Haar war lang und dunkel.

»Steigen Sie ein«, sagte Town. Da gab es für ihn kein Zögern. »Als Erstes müssen wir aber mal tanken.«

»Danke«, sagte sie. »Die Mitfahrgelegenheit kommt mir gerade recht.« Ihre Augen waren erstaunlich blau. »Da liegt ein Stock auf dem Sitz«, sagte sie verwirrt.

»Schmeißen Sie ihn einfach nach hinten. Wo wollen Sie denn hin?« fragte er. »Gute Frau, wenn Sie mich zu einer Tankstelle und dann auf eine Schnellstraße lotsen können, dann fahr ich Sie bis vor Ihre Haustür.«

»Danke«, sagte sie. »Aber ich glaube, ich muss weiter als Sie. Wenn Sie mich bis zur Schnellstraße mitnehmen, wäre ich Ihnen schon dankbar. Vielleicht kann mich da dann ein Trucker mitnehmen.« Während sie das sagte, lächelte sie, ein bübisches, entschlossenes Lächeln. Es war dieses Lächeln, das die Sache entschied.

»Ma’am«, sagte er. »Bei mir können Sie besser mitfahren als bei jedem Trucker.« Er konnte ihr Parfüm riechen. Es war ein schwerer, zu Kopf steigender, süßlicher Duft wie von Magnolien oder Flieder, aber das störte ihn nicht.

»Ich will nach Georgia«, sagte sie. »Das ist ein weiter Weg.«

»Ich fahre nach Chattanooga. Ich nehme Sie so weit mit, wie ich kann.«

»Ähm«, sagte sie, »wie heißen Sie?«

»Man nennt mich Mack«, sagte Mr. Town. Wenn er sich in Bars mit Frauen unterhielt, ließ er manchmal die Bemerkung folgen: »Und wer mich richtig gut kennt, nennt mich auch Big Mack.« Damit hatte es jetzt keine Eile. Sie hatten eine lange Fahrt vor sich und noch jede Menge Zeit, sich näher kennen zu lernen. »Und wie heißen Sie?«

»Laura«, verriet sie ihm.

»Nun, Laura«, sagte er. »Ich bin mir sicher, wir werden uns ganz ausgezeichnet verstehen.«


Der dicke Junge fand Mr. World im Regenbogenzimmer – einem von Wänden umgebenen Abschnitt des Pfads, dessen Fensterglas mit durchsichtigen Plastikplanen in Grün, Rot und Gelb bedeckt war. Mr. World lief ungeduldig von Fenster zu Fenster und blickte dabei abwechselnd auf eine goldene, eine rote, eine grüne Welt hinaus. Sein Haar war rötlich orange und extrem kurz geschoren. Er trug einen Burberry-Regenmantel.

Der dicke Junge hustete. Mr. World sah auf.

»Entschuldigen Sie? Mister World?«

»Ja? Läuft alles nach Plan?«

Der dicke Junge bekam einen trockenen Mund. Er fuhr mit der Zunge über die Lippen und sagte: »Ich habe alles eingeleitet. Für die Helikopter fehlt mir nur noch die Bestätigung.«

»Die Hubschrauber werden da sein, wenn wir sie brauchen.«

»Gut«, sagte der dicke Junge. »Gut.« Er stand da, sagte weiter nichts, machte aber auch keine Anstalten, sich zu entfernen. Er hatte eine Beule auf der Stirn.

Nach einer Weile sagte Mr. World: »Kann ich sonst noch was für Sie tun?«

Pause. Der Junge schluckte und nickte. »Sonst noch was«, sagte er. »Ja.«

»Wäre es Ihnen lieber, wenn wir uns dafür zurückziehen?«

Der Junge nickte erneut.

Mr. World führte den Jungen in sein Kommandozentrum: eine feuchte Höhle mit einem Diorama, das betrunkene Kobolde beim Schwarzbrennen mit einem Destillierapparat zeigte. Ein Schild davor verbot den Touristen, diese Höhle während der Restaurationsarbeiten zu betreten. Die beiden Männer setzten sich auf Plastikstühle.

»Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte Mr. World.

»Ja. Okay. Genau, zwei Sachen. Okay. Erstens. Worauf warten wir? Und zweitens. Zweitens ist schwieriger. Also gut. Wir haben die Gewehre. Genau. Wir haben die Feuerkraft. Und die andern. Die haben beschissene Schwerter und Messer und Scheißhämmer und Steinäxte. Und, was weiß ich, Wagenheber. Wir dagegen haben intelligente Bomben, verdammt noch mal.«

»Die wir aber nicht einsetzen werden«, erklärte der andere.

»Ich weiß. Das sagten Sie schon. Das ist mir klar. Und das ist ja auch machbar. Aber. Na ja, seit ich diese Schlampe in L. A. erledigt habe, hab ich …« Er brach ab, verzog das Gesicht und schien nicht weitersprechen zu mögen.

»Seitdem haben Sie Kummer?«

»Ja. Gutes Wort. Kummer. Wie Liebeskummer. Lustig. Ja.«

»Und was genau macht Ihnen Kummer?«

»Na ja, wir kämpfen, wir gewinnen.«

»Und das ist Ihnen eine Quelle des Kummers? Ich persönlich sehe darin Grund für Jubel, Trubel, Heiterkeit.«

»Aber. Die sterben sowieso aus. Das sind Wandertauben und Beutelwölfe. Ja? Wen kümmert’s also? Aber so wird das ein Blutbad.«

»Ach so.« Mr. World nickte.

Er konnte ihm also folgen. Das war gut. Der dicke Junge fuhr fort: »Also, ich bin nicht der Einzige, der so denkt. Ich hab mich mit der Truppe von Radio Modern kurzgeschlossen, und die sind auch alle dafür, die Sache friedlich zu regeln; und die Immateriellen sprechen sich mehr oder weniger dafür aus, einfach alles den Gesetzen des Marktes zu überlassen. Ich bin hier. Also. Sozusagen nur die Stimme der Vernunft.«

»In der Tat. Leider liegen aber Informationen vor, über die Sie nicht verfügen.« Das Lächeln, das folgte, war verzerrt und narbengezeichnet.

Der Junge blinzelte. »Mister World?«, sagte er. »Was ist eigentlich mit Ihren Lippen passiert?«

World seufzte. »Um die Wahrheit zu sagen«, sagte er, »jemand hat sie mir mal zusammengenäht. Ist lange her.«

»Wow«, sagte der dicke Junge. »Beinharte Omertà-Kiste.«

»Ja. Sie wollen also wissen, worauf wir warten? Warum wir nicht letzte Nacht losgeschlagen haben?«

Der dicke Junge nickte. Er schwitzte, aber es war kalter Schweiß.

»Wir haben noch nicht losgeschlagen, weil wir auf einen Stock warten.«

»Einen Stock?«

»Richtig. Einen Stock. Und wissen Sie, was ich mit diesem Stock machen werde?«

Kopfschütteln. »Okay. Ich passe. Was denn?«

»Ich könnte es Ihnen verraten«, sagte Mr. World nüchtern. »Aber dann müsste ich Sie töten.« Er zwinkerte, und die Spannung im Zimmer löste sich auf.

Der dicke Junge begann zu kichern, ein tiefes, schnaufendes Lachen hinten in der Kehle und in der Nase. »Okay«, sagte er. »Hi. Hi. Okay. Hi. Hab verstanden. Botschaft ist angekommen auf dem Planeten Technik. Laut und deutlich. Freine heitere Wagen.«

Mr. World schüttelte den Kopf. Er legte dem dicken Jungen eine Hand auf die Schulter. »He«, sagte er. »Wollen Sie’s wirklich wissen?«

»Klar.«

»Tja«, sagte Mr. World, »da wir ja Freunde sind, hier also die Antwort: Ich werde den Stock nehmen und ihn über die Armeen werfen, sobald sie aufeinander treffen. Er wird sich, wenn ich ihn werfe, in einen Speer verwandeln. Und dann, während der Speer einen Bogen über der Schlacht beschreibt, werde ich rufen: ›Ich widme diese Schlacht dem Odin.‹«

»Hä?«, sagte der dicke Junge. »Und warum?«

»Macht«, sagte Mr. World. Er kratzte sich am Kinn. »Und Nahrung. Eine Kombination von beidem. Es ist so: Der Ausgang der Schlacht ist unwichtig. Worauf es ankommt, ist das Chaos und das Gemetzel.«

»Das kapier ich nicht.«

»Ich werd’s Ihnen zeigen. Es wird folgendermaßen gehen«, sagte Mr. World. »Passen Sie auf.« Er holte ein Jagdmesser mit Holzklinge aus der Tasche seines Burberry, stieß es ansatzlos in das weiche Fleisch unter dem Kinn des dicken Jungen und drückte es fest nach oben in Richtung Gehirn. »Diesen Tod widme ich Odin«, sagte er, während die Klinge durchs Fleisch schnitt.

Auf seine Hand strömte eine Flüssigkeit, die man nicht als Blut bezeichnen konnte, und hinter den Augen des dicken Jungen gab es knisternd Funken sprühende Geräusche. Der Geruch, der in der Luft lag, erinnerte an durchgeschmorten Isolierdraht.

Die Hand des dicken Jungen zuckte krampfartig, und dann stürzte er zu Boden. Sein Gesicht drückte Verwirrung und Qual aus. »Nun guck ihn dir an«, sagte Mr. World leutselig. »Er sieht aus, als hätte sich soeben eine Sequenz von Nullen und Einsen vor seinen Augen in eine bunte Vogelschar verwandelt und wäre weggeflogen.«

Es kam keine Antwort vom Boden des Felskorridors.

Mr. World hob sich den leblosen Körper, als würde dieser kaum etwas wiegen, auf die Schulter, öffnete das Kobolddiorama, legte den dicken Jungen neben dem Destillierapparat ab und breitete dessen langen schwarzen Regenmantel über ihn aus. Er würde ihn am Abend beseitigen, ein Gedanke, bei dem er grinsend den narbigen Mund verzog: Eine Leiche auf einem Schlachtfeld zu verstecken, das war fast schon allzu einfach. Niemand würde es je bemerken. Niemand würde sich überhaupt dafür interessieren.

Für eine Weile herrschte Stille an diesem Ort. Dann räusperte sich aus dem Schatten eine Stimme, die nicht Mr. World gehörte, und sagte: »Ein viel versprechender Anfang.«

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