11. Kapitel

Es kann doch wohl nicht wahr sein, daß der bedeutendste Vertreter der Kochkunst vieler verschiedener Spezies in der Föderation sein Leben durch den Erstickungstod in einem von hudlarischem Nahrungspräparat überzogenen Raumanzug beenden soll, fluchte Gurronsevas in sich hinein. Wie subtil die Art seines Todes auch in Worte gefaßt werden mochte, als Schlüßeintrag unter einem beruflich bemerkenswerten Leben wäre sie auf jeden Fall ungerecht, unpassend und würdelos gewesen. Über den Abschiedsgruß, den einige seiner weniger ernsthaften Kollegen auf die für ihn errichtete Gedenksäule schreiben würden, konnte er nur vage Vermutungen anstellen, doch bis jetzt war er viel zu wütend und bestürzt, um wirklich Angst zu haben.

Es mußte irgendeine Möglichkeit geben, seine mißliche Lage anders als über Funk zu verstehen zu geben. Doch die Stimmen, die er über den Empfänger hörte, der im Gegensatz zu der dämlichen Sendeeinheit einwandfrei funktionierte, behaupteten das Gegenteil.

„Gurronsevas, bitte melden!“ forderte ihn eine der Stimmen auf. „Falls Sie mich hören, aber nicht antworten können, feuern Sie Ihr Notleuchtsignal ab. Immer noch keine Antwort, Sir.“

„Sie vergessen, daß er einen Hospitalanzug trägt, der nur für das Gebäudeinnere bestimmt ist“, gab eine zweite Stimme zu bedenken. „Der ist nicht mit Leuchtsignalen versehen. Und Gurronsevas hatte keinen Grund, eins einzustecken, weil er nicht damit gerechnet hat, das verdammte Hospital zu verlassen! Aber dafür ist er mit Kurzzeitdüsen ausgerüstet. Wie ein Tralthaner aussieht, wissen Sie ja, also halten Sie nach ihm Ausschau. Da er über Anzugdüsen verfügt, wird er sich unabhängig von der allgemeinen Richtung bewegen, in die die Ladung treibt, und versuchen, zur Frachtschleuse zurückzukehren — das heißt, falls er unverletzt und bei Bewußtsein ist.“

„Oder noch lebt.“

„Ja.“

Gurronsevas versuchte, die pessimistische Wendung, die das Gespräch genommen hatte, gar nicht zu beachten, und konzentrierte sich statt dessen lieber auf den nützlichen Rat, den es enthalten hatte. Eindrucksvoll umkreiste ihn die endlose Metallandschaft, die aus dem Hospitalgebäude, der stumpfen Torpedoform des Frachters und der Wolke aus zerstreuten Frachtstücken bestand, aus denen zum Teil immer noch ein dichter Nebel aus Chlor oder Nahrungspräparat strömte oder sprühte. Wie die erste Stimme zu verstehen gegeben hatte, sollte er damit beginnen, sich unabhängig von den Gegenständen zu bewegen, die ihn umgaben. Doch zuerst mußte er die Düsen zünden, um die Drehbewegung zu stoppen.

Wegen seiner kaum vorhandenen Erfahrung im Manövrieren mit den Anzugdüsen brauchte er nicht nur mehrere Minuten, bis er sich nicht mehr drehte, sondern vergeudete obendrein eine beträchtliche Menge Treibstoff, der den Anzeigen zufolge ohnehin schon gefährlich knapp gewesen war. Nach seiner Schätzung stand ihm bestenfalls noch genügend Schub zur Verfügung, um sich langsam ein paar Minuten lang über eine Entfernung von einigen hundert Metern fortzubewegen, und die Geschwindigkeit würde zum Schluß weit hinter der zurückbleiben, die er brauchte, um sich aus der ausbreitenden Wolke aus Ladungstrümmern zu lösen, und ihn erst recht nicht zum Ladeplatz zurückbringen, bevor ihm die Luft ausging.

Zwar waren die Stimmen im Kopfhörer ganz seiner Meinung, doch ansonsten hatten sie nichts Hilfreiches beizusteuern.

„…außerdem haben wir das Anzugverzeichnis überprüft, Sir“, sagte gerade jemand. „Demnach ist kürzlich, vor einer knappen halben oder Dreiviertelstunde, ein Schutzanzug für Tralthaner samt Luftvorrat für drei Stunden und einem Standarddüsenaggregat entnommen worden. Wenn Gurronsevas die Düsen während der Besichtigung des hudlarischen Schiffs gezündet und den Anzug die ganze Zeit nicht geöffnet hat, wird er vielleicht nicht mehr weit kommen oder noch sehr viel länger atmen können. Rettungs- und Bergungstrupps machen sich schon bereit, aber wo sollen wir die nach ihm suchen lassen?“

„Angenommen, er verbraucht den restlichen Schub, um sich schnell zu drehen“, sagte eine andere Stimme. „Dadurch wäre es uns möglich, einen rasch rotierenden Körper von der ungefähren Masse eines Tralthaners mit optischen Mitteln zu orten und ihn.“

„Ich weiß nicht, Sir“, unterbrach sie die erste Stimme. „Auch einige von diesen Frachtstücken sind groß, weisen etwa die gleiche Masse auf und bewegen sich in ähnlicher Weise. Falls Gurronsevas das Pech gehabt hat, zwischen zwei zusammenstoßenden Frachtstücken eingeklemmt zu werden, dann hat er vielleicht nicht mehr viel Ähnlichkeit mit einem Tralthaner.“

„Befestigen Sie einen Traktorstrahlprojektor an der Außenhaut“, ordnete die zweite Stimme rasch an. „Setzen Sie den Strahl zusammen mit der Rettungsmannschaft ein, die sich verteilen soll, um die Trümmerwolke in einem Rutsch abzusuchen. Falls irgendwer etwas entdeckt, das wie unser verirrter Tralthaner aussieht, ziehen Sie es mit dem Strahl ins Hospital.“

„Traktorstrahlprojektoren sind nicht gerade transportabel, Sir“, wandte die erste Stimme ein. „Wir werden einige Zeit brauchen, um ihn in der richtigen Position festzuklemmen, und auch die Nachjustierung der.“

„Ich weiß, ich weiß. Erledigen Sie es einfach so schnell wie möglich.“

Durch die wenigen klaren Stellen im Helm sah Gurronsevas, daß sich seine Lage in bezug auf das Hospital stabilisiert hatte, denn die Frachtschleuse des Ladeplatzes, die durch die Entfernung zu einem kleinen, hell erleuchteten Quadrat zusammengeschrumpft war, kreiste nicht mehr um ihn herum. Durch die Schleuse schafften winzige terrestrische Gestalten ein Gerät, wahrscheinlich den Traktorstrahlprojektor, auf die Außenhaut. Wenige Sekunden später kamen die ersten Mitglieder der Rettungsmannschaft in düsengetriebenen Anzügen herausgeschossen, um sich über die zugeteilten Suchgebiete zu verteilen.

Keiner von ihnen stürzte direkt auf Gurronsevas zu, der seinerseits ins Unglück stürzte.

Immer noch breitete sich die Trümmerwolke rings um ihn aus und zog sich dabei auseinander, und der dichte Nebel aus Nahrungspräparat und Chlor löste sich zu einem etwas weniger undurchdringlichen Dunst auf, außer an einer Stelle in der Nähe, wo ein hudlarischer Sprühbehälter mit irgend etwas zusammengeprallt war, das den Sprühkopf abgerissen und den Behälter zum Drehen gebracht hatte. Nun spritzte während der Rotation der Inhalt in einem dünnen Strahl mit hohem Druck aus dem Behälter, so daß dieser von einer sich ständig erweiternden Spirale aus Nahrungspräparat umgeben war. Doch Gurronsevas war ihm zu nah und bewegte sich zu schnell, um den hellen, unwirklichen Nebelringen mit Hilfe der Düsen zu entkommen, und konnte nur die Arme um den Kopf schlingen, um die verbliebenen durchsichtigen Stellen des Helms zu schützen.

Kurz bevor er den Außenrand der hellen, unwirklichen Spirale erreichte, hätte Gurronsevas fast glauben können, er nähere sich dem Staub im äquatorialen Orbit eines gewaltigen Planeten mit Ringsystem und dringe in ihn ein. Wenigstens ist mein Lebensende von einigen ungewöhnlichen und interessanten Erlebnissen begleitet, dachte er. Als er durch die Nebelringe hindurchgeflogen war, ohne daß sich die Sicht durch den Helm verschlechtert hatte, war er äußerst zufrieden.

Jenseits der Ringe, etwa fünfzig Meter voraus, entdeckte er einen anderen Gegenstand, und zwar ein großes, anscheinend unbeschädigtes Paket mit hudlarischen Sprühbehältern, das sich im Verhältnis zu ihm selbst weder drehte noch fortbewegte. Folglich stellte es keine Bedrohung dar.

Die Rettungsmannschaft schwärmte jetzt weit aus, doch keine der Stimmen meldete, Gurronsevas erspäht zu haben, und der Tralthaner selbst konnte nur eins der Mitglieder durch den Nebel sehen. Als er sich gerade fragte, ob er die Arme schwenken sollte, um zu versuchen, die Aufmerksamkeit dieses einzelnen Terrestriers auf sich zu lenken, fiel ihm wieder der rotierende Behälter mit dem Nahrungspräparat ins Auge, der die Ringe erzeugte.

Bevor mein Leben zu Ende geht, habe ich ja vielleicht noch Zeit für ein paar weitere interessante Erlebnisse, dachte Gurronsevas mit zaghaft aufkeimender Hoffnung.

Das unbeschädigte Paket mit hudlarischen Sprühbehältern schwebte ganz in der Nähe. Gurronsevas zündete die Anzugdüsen, um an das Paket heranzukommen. Trotz der Sauerstoffknappheit und der dringend gebotenen Eile flog er mit sehr geringer Leistung, um nur sanft gegen das Paket zu stoßen, damit es sich nicht zu drehen begann oder die Behälter mit dem hudlarischen Nahrungspräparat beschädigt wurden, die dicht an dicht wie ein riesiger Teppich aus Eiern zusammengepackt waren, der jetzt langsam aufstieg, um ihn aufzunehmen.

Behutsam landete Gurronsevas darauf und bewegte sich mit größter Vorsicht so nahe zur Mitte der Schicht aus Behältern, wie es sein plumper Körperbau zuließ.

Da man den hudlarischen Frachter in der Schwerelosigkeit des Orbits beladen hatte und beim Sprung durch den Hyperraum zum Hospital ebenfalls keine Gravitation aufgetreten war, wurde das aus zwei Lagen Behältern bestehende Paket nicht durch einen festen Container, sondern durch ein straff gespanntes, offenmaschiges Netz zusammengehalten. Darum konnte er zwischen den langen, dicht gepackten Zylindern hindurch zur gegenüberliegenden Seite des Pakets und dahinter bis zur Außenhaut des Hospitals sehen.

Indem er durch den Spalt zwischen den Behältern blickte, die seinem Helm am nächsten waren, machte sich Gurronsevas am Paket fest und zündete die Anzugdüsen, um es in eine langsame, kontrollierte Rollbewegung zu versetzen. Als die hell erleuchtete Frachtschleuse des Ladeplatzes zwölf in dem Spalt zwischen den Behältern in Sicht kam, bremste Gurronsevas die Rollbewegung ab, brachte dann das Ziel unter leichtem Einsatz von Seitenschub in die Mitte dieses primitiven Fadenkreuzes und wartete kurz, um sicher zu sein, daß es dort blieb. Daraufhin zwang er sich zum Nachdenken.

Nach Gurronsevas’ Schätzung befanden sich in der Schicht um ihn herum hundert Behälter mit Nahrungspräparat, deren Sprühköpfe alle senkrecht nach oben gerichtet waren. In der Mitte wurden etwa zwanzig dieser Behälter von seinem Körper bedeckt und waren deshalb für seine Zwecke nutzlos, doch die äußeren Behälter konnte er leeren, ohne sich von oben bis unten mit Nahrungspräparat zu bespritzen. Ganz vorsichtig streckte er alle Arme aus, wählte zwei Behälterpaare aus, die gleich weit von seiner Position in der Mitte entfernt waren, stellte die Ventile nicht auf Sprühnebel, sondern auf den maximalen Ablaßstrahl ein, und betätigte alle vier Sprühköpfe auf einmal.

Als die Behälter ihren Inhalt mit hoher Geschwindigkeit in den Raum spritzten, spürte Gurronsevas einen ganz leichten Druck. Doch die Massenträgheit des Frachtpakets und seines eigenen gewaltigen Körpers mußte erst einmal überwunden werden, und sie war zu groß, als daß sich die Geschwindigkeit, mit der er sich vom Hospital wegbewegte, merklich reduziert hätte. Er wiederholte den Vorgang, bis er die Ventile sämtlicher Behälter in Reichweite geöffnet hatte und von spritzenden, auf dem Kopf stehenden Kegeln aus Nahrungspräparat umgeben war. Daß der Mittelpunkt der Schubkraft seines merkwürdigen Vehikels nicht von der beabsichtigten Flugrichtung abwich, war ungemein wichtig. Darum warf er alle paar Sekunden einen Blick durch die winzigen Lücken zwischen den Behältern, um sicherzugehen, daß die hell erleuchtete und inzwischen langsam anwachsende Öffnung zum Ladeplatz zwölf sich nicht zur Seite bewegte. Sowie sie wegzudriften drohte, korrigierte er den Kurs mit den Anzugdüsen.

Nach den Anzeigen im Helm war ihm die Schubkraft schon vor Minuten ausgegangen. Wie er annahm, waren die Anzeigen von vornherein ungenau ausgelegt, damit sie einen leeren Tank anzeigten, wenn in Wirklichkeit noch eine kleine Sicherheitsreserve vorhanden war. Inbrünstig hoffte er, daß man bei seinen Sauerstoffflaschen nach derselben Konstruktionsphilosophie vorgegangen war.

Die Atembeschwerden, das Pochen im Kopf und die zunehmenden Schmerzen in der Brust waren, so sagte er sich, wahrscheinlich psychosomatisch und vor allem durch sein Vorwissen bedingt. Doch er glaubte sich selbst nicht.

Langsam entfernte er sich von der anschwellenden Trümmerwolke, und die Frachtschleuse vor ihm wurde immer größer. Die Mitglieder der Rettungsmannschaft meldeten weiterhin nur Mißerfolge.

Mittlenoeile muß mich doch mal jemand bemerkt haben! dachte Gurronsevas aufgebracht, und fast im selben Augenblick wurde er auf einmal von allen gleichzeitig entdeckt.

„Hier Rettungsmann vier! Sieht so aus, als wäre eins der hudlarischen Pakete bei einem ganz verrückten Zusammenstoß beschädigt worden, der die Behälter am einen Ende aufgerissen hat. Das Paket bewegt sich in entgegengesetzter Richtung zu den übrigen Frachtstücken und könnte eine Gefahr für das Personal.“

„Fünf hier! Verrückter Zusammenstoß, so ein Blödsinn! Unser vermißter Tralthaner sitzt auf dem Ding! O Mann, keine schlechte Idee! Aber der Kerl fliegt zu schnell aufs Hospital zu.“

„Rettungsteam, kann ihn einer von Ihnen abfangen?“

„Eins hier! Nein, nicht bevor er auftrifft. Wir bewegen uns alle in die falsche Richtung. An die Traktorstrahltechniker auf der Außenhaut! Können Sie ihm eine weiche Landung bereiten?“

„Nein, Eins. Der Projektor ist erst in zehn Minuten einsatzbereit.“

„Dann vergessen Sie das, und räumen Sie den Bereich für den Fall, daß er Ihnen auf dem Kopf landet.“

„Das kann ich mir nicht vorstellen, Eins. Wir haben seine Flugbahn berechnet und glauben, daß er es direkt durch die Schleuse schaffen wird. Dieser Tralthaner weiß genau, was er.“

„Hier Rettungsmann eins. Alle Traktorstrahltechniker im Innern des Gebäudes auf Pressorstrahlmodus umschalten. Fangen Sie ihn auf, wenn er hereingeflogen kommt. Entgiftungstrupp und medizinisches Team, halten Sie sich bereit.“

Gurronsevas’ Herz fing an, mit einer solchen Geschwindigkeit und einem derartigen Dröhnen zu schlagen, daß er Schwierigkeiten hatte, den Rest des Gesprächs zu verfolgen. Trotz des getrübten Blickfelds konnte er sehen, wie die helle Öffnung zum Ladeplatz zwölf auf ihn zuschnellte. Die Behälter mit dem Nahrungspräparat, die ihn antrieben, leerten sich allmählich, jedoch nicht gleichmäßig, so daß das Paket eine langsame Rolle schräg zur Seite zu machen begann, durch die es auf die Kante der Schleüsenöffnüng zugetrieben wurde.

Für einen kurzen Augenblick glaubte Gurronsevas, er würde sicher hindurchkommen, doch eine Ecke seines Gefährts schlug gegen die Lukeneinfassung, und das ganze Paket brach in die einzelnen Behälter auseinander. Wie durch ein Wunder blieb er dabei unverletzt, doch plötzlich befand er sich mitten unter etwa zweihundert Behältern mit und ohne Nahrungspräparat, die allesamt schlingernd in hohem Tempo auf die Innenwand des Ladeplatzes zurasten. Diejenigen, deren Inhalt noch nicht ausgegangen war, entleerten sich jetzt rapide in alle Richtungen.

Beim Vorbeiwirbeln traf einer der Behälter Gurronsevas an der Brust, wenn auch nicht so heftig, daß es ihm weh tat, doch auf einmal ging das Sendelämpchen des Kommunikators an. Wenn das Mistding nichts weiter als einen ordentlichen Schlag gebraucht hatte, dann…!

„Lassen Sie ihn da doch nicht so hängen, verdammt noch mal!“ rief eine gebieterische Stimme. „Ziehen Sie ihn in die Besatzungsschleuse. An den diensthabenden Arzt! Halten Sie sich bereit.“

„Hier Gurronsevas!“ meldete er sich mit großer Mühe. „Ich brauche Luft, keine ärztliche Behandlung, und zwar dringend!“

„Sie sprechen wieder mit uns. gut!“ lautete die Antwort. „Einen Augenblick, in ein paar Minuten haben wir Sie an eine frische Sauerstoffflasche angeschlossen.“

Eine seinem Eindruck nach lange Zeit verbrachte Gurronsevas in der Schleusenkammer damit, sich die Schutzkleidung von jeder Spur einer möglichen Verseuchung durch Chlor befreien und anschließend ausziehen zu lassen, doch seine Verärgerung wurde dadurch gelindert, daß er während dieses Vorgangs wieder ohne Schwierigkeiten atmen — und denken — konnte. Der leitende Arzt, ein äußerst dienstbeflissener Nidianer, konnte nicht glauben, daß er ohne ernsthafte Verletzungen davongekommen war, und wollte ihn unbedingt auf eine Beobachtungsstation bringen, doch das ließ Gurronsevas nicht zu. Die beiden einigten sich schließlich auf den Kompromiß, daß sich der Tralthaner vom Nidianer mit einem Handscanner jeden einzelnen Quadratzentimeter des Körpers abtasten ließ.

Dadurch hatte Gurronsevas jede Menge Zeit, den Stimmen im Kopfhörer zuzuhören, die viele interessante Vorgänge beschrieben, die er selbst nicht mit den Augen verfolgen konnte. Sie sprachen von kleinen Fahrzeugen ohne Innendruck, die ausgesandt wurden, um das verstreute Frachtgut zu untersuchen und zur Weiterverwendung oder späteren sicheren Beseitigung zu bergen, vom Wiederandocken der Trivennleth, vom provisorischen, schnell abbindenden Dichtungsmittel, das rings um die verbogene Frachtschleuse aufgetragen wurde, und von den Vorbereitungen zum Löschen der verbliebenen Fracht.

Wie Gurronsevas ziemlich enttäuscht feststellte, wurde seine kühne und wagemutige Rettung durch eigene Hand jedoch mit keinem Wort mehr erwähnt. Vielleicht waren sie zu beschäftigt.

Nachdem ihn der nidianische Arzt endlich entlassen hatte, erkundigte sich Gurronsevas nach dem Weg zur Betriebszentrale des Ladeplatzes zwölf, weil es noch etwas gab, das er den dort Beschäftigten zu sagen hatte. Als er eintrat, sahen die Mitarbeiter, bei denen es sich zumeist um Terrestrier handelte, zu ihm auf. Keiner von ihnen sagte ein Wort, noch lächelte irgend jemand. Indem er die Füße leise auf den Boden setzte, um Höflichkeit zu demonstrieren und zu zeigen, daß er sich psychologisch im Nachteil befand, ging er zu dem Terrestrier hinüber, der auf dem Platz des Leiters saß.

„Ich möchte Ihnen meinen aufrichtigen Dank für die Rolle aussprechen, die Sie und Ihre Untergebenen bei meiner Rettung gespielt haben“, sagte Gurronsevas förmlich. „Und für alle eventuellen Kleinigkeiten, die ich zum Unfall mit Ihrem Frachtgut beigetragen habe, entschuldige ich mich hiermit.“

„Alle eventuellen Kleinigkeiten.?“ hakte der Leiter ungläubig nach. Dann schüttelte er den Kopf und fuhr fort: „Das Leben haben Sie sich selbst gerettet, Gurronsevas. Und der Einfall, die Behälter mit Nahrungspräparat als Antriebsaggregat zu benutzen, war, na ja, einzigartig.“

Als deutlich wurde, daß der Terrestrier kein weiteres Wort dazu äußern wollte, fuhr Gurronsevas fort: „Kurz nachdem ich ans Hospital gekommen bin, hat mir jemand, dessen Name ich nicht nennen möchte und den ich für einen Verächter der Kochkunst halte, gesagt, Essen sei nichts weiter als Brennstoff. Daß er buchstäblich die Wahrheit gesprochen haben könnte, ist mir bisher nicht klar gewesen.“

Der Leiter lächelte zwar, doch nur für einen kurzen Augenblick, und die Gesichtszüge der anderen veränderten sich sogar überhaupt nicht. Um zu wissen, daß er bei diesen Leuten im Moment kein hohes Ansehen genoß, brauchte Gurronsevas kein cinrusskischer Empath zu sein. Aber selbst wenn man hier auf einen Scherz nicht reagieren wollte, würde man ihm eine höfliche Bitte bestimmt nicht abschlagen.

„Ich beabsichtige, unter anderem auch an der Verpflegung der Hudlarer einige wichtige Änderungen vorzunehmen“, sagte er deshalb. „Möglicherweise werde ich dafür die Erlaubnis und Mitarbeit des Verwaltungsleiters des Hospitals benötigen. Darf ich Ihren Kommunikator benutzen? Ich möchte mit Colonel Skempton sprechen.“

Der Leiter drehte sich auf dem Stuhl herum, um durch das Beobachtungsfenster — eine Platte aus einem durchsichtigen Material, das die gesamte Wand einnahm und an den wenigen kleinen Stellen, an denen kein Nahrungspräparat klebte, glasklar war — einen Blick auf das Team zu werfen, das an der beschädigten Frachtschleuse und auf dem in Unordnung gebrachten und mit Nahrungspräparat verschmutzten Ladeplatz arbeitete, bevor er sich wieder Gurronsevas zuwandte und sagte:

„Colonel Skempton wird sich bestimmt mit Ihnen unterhalten wollen, da bin ich mir sogar ganz sicher.“

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