19.
Feldlager nördlich von Antiochia
Ende November 1097
Guillaume de Rein hatte recht behalten – zumindest in mancher Hinsicht.
Wie er vorausgesagt hatte, war es den vereinten Verbänden der Kreuzfahrer tatsächlich gelungen, die eiserne Brücke über den Orontes zu überwinden und bis vor die Mauern Antiochias vorzustoßen, wo man Lager bezogen und mit der Belagerung der Stadt begonnen hatte. Seine Annahme, der Fürstenrat würde schon bald eine weitere Fehlentscheidung treffen und die Unternehmung dadurch gefährden, bewahrheitete sich jedoch nicht.
Das Gegenteil war der Fall, denn die späte Jahreszeit und das fruchtbare Orontes-Tal sorgten dafür, dass die Kreuzfahrer erstmals nach Verlassen der Heimat wieder im Überfluss schwelgen konnten, vom höchsten Fürsten bis hinab zum geringsten Knecht. Von den unzähligen Schafen und Rindern, die man von den Höfen des Umlands zusammentrieb, um sie zu schlachten, wurden nur die besten und saftigsten Stücke gegessen. Getreide, für das die meisten auf dem Hungermarsch durch Anatolien gemordet hätten, wurde schlichtweg verschmäht.
Die Stimmung im Lager war entsprechend gut, obschon es bislang nicht gelungen war, im Kampf gegen die seldschukischen Besatzer Antiochias entscheidende Erfolge zu erzielen. Gewiss, man hatte Katapulte aufgestellt, mit denen die alten Mauern beschossen wurden, jedoch ohne nennenswertes Ergebnis. Und es war gelungen, drei der Stadttore abzuriegeln und den Muselmanen auf diese Weise einen Teil ihrer Nachschubwege zu verlegen – die nach Süden und Westen gerichteten Tore allerdings blieben auch weiterhin unbesetzt, weil die Anzahl der Truppen nicht ausreichte, um Antiochia mit einem vollständigen Belagerungsgürtel zu umgeben. Im Osten, wo die Stadt an eine unwegsame, von wilden Schluchten durchzogene Gebirgskette grenzte, war dies ohnehin unmöglich.
Ein durchschlagender Erfolg war vorerst also nicht abzusehen, stattdessen gab es Scharmützel mit den Türken, die fast täglich Ausfälle unternahmen und die Versorgungszüge der Kreuzfahrer überfielen. Dennoch war die Erleichterung darüber, die Stadt am Orontes erreicht zu haben und endlich weder Hunger noch Durst leiden zu müssen, im Heer derart groß, dass Guillaume nicht hoffen konnte, Eustace de Privas von der Notwendigkeit seiner Pläne zu überzeugen. Vorerst blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich unterzuordnen und weiter jene geringe Rolle zu spielen, die andere ihm zugedacht hatten. Seine Stunde war noch nicht gekommen – und es verging kein Tag, an dem sein Vater ihn nicht daran erinnerte …
»Hast du gehört, was ich dir gesagt habe?« Renald de Rein stand vor ihm. Die breite Brust des Barons hob und senkte sich in freudiger Erregung, das kupferfarbene Haar klebte schweißnass an seinem bulligen Haupt, sein Kettenhemd war blutbesudelt. »Harenc ist gefallen!«
Guillaume nickte. Harenc war eine Burg der Muselmanen, die sich ein gutes Stück flussaufwärts über dem Orontes erhob. Von dort aus hatten die Seldschuken in den vergangenen Wochen wiederholt Angriffe auf die Kreuzfahrer unternommen, sodass der Fürstenrat beschlossen hatte, dieses Ärgernis auszumerzen. Kein anderer als der italische Normanne Bohemund von Tarent war für diese Aufgabe ausgewählt worden, und Renald und einige andere Ritter hatten sich ihm angeschlossen – offenbar mit Erfolg.
»Es war ein glorreicher Sieg«, schwärmte Renald, dem das Kampfesblut noch in den Adern wallte. Kurzerhand packte er den Weinkrug, der vor Guillaume auf dem Tisch stand, setzte ihn an und schüttete den Inhalt gierig in sich hinein. Der Rebensaft rann an seinen Mundwinkeln herab und troff auf seine Rüstung, wo er sich mit dem Blut erschlagener Feinde vermischte.
»Ich gratuliere Euch, Vater«, sagte Guillaume ohne erkennbare Begeisterung. Er war nicht ins Zelt des Barons gekommen, um sich dessen selbstgefälliges Eigenlob anzuhören, sondern weil er den Rat seiner Mutter hatte suchen wollen. Eleanor de Rein saß ihm gegenüber an der Tafel, wie immer eine Stickarbeit in den Händen, der sie ihre ganze Aufmerksamkeit zu widmen schien – ein Eindruck, der freilich täuschte.
»Dieser Bohemund ist ein wahrer Teufelskerl«, fuhr Renald fort, der Guillaumes spöttischen Unterton entweder nicht gehört hatte oder geflissentlich unbeachtet ließ. »Die meisten Muselmanen hat er noch an Ort und Stelle getötet, den Rest hat er gefangen nehmen und vor dem Tor von St. Georg köpfen lassen. Das wird diese verdammten Türken lehren, was ihnen widerfährt, wenn Antiochias Mauern erst fallen.«
»Wenn sie fallen«, entgegnete Eleanor, ohne von ihrer Handarbeit aufzusehen. »Ist Euch nie der Gedanke gekommen, mein Gemahl, dass derlei Grausamkeiten die Entschlossenheit des Feindes nur noch stärken könnten?«
»Schweigt, Weib, davon versteht Ihr nichts.« Mit blutbesudelter Pranke griff der Baron nach der Hammelkeule auf dem Tisch, die eigentlich für Guillaume bestimmt gewesen war, und schlug einem Raubtier gleich seine Zähne hinein.
»Wollt Ihr Euch nicht zunächst reinigen, mein Gemahl?«, fragte Eleanor säuerlich.
»Wozu?«, schmatzte Renald. Der Alkohol, den er so unbeherrscht in sich hineingeschüttet hatte, zeigte Wirkung. »Verdient ein Krieger, der geradewegs vom Schlachtfeld kommt, nicht eine Stärkung?«
»Gewiss«, sagte sie und warf ihm nun doch einen Seitenblick aus ihren tief liegenden Augen zu. »Aber müsst Ihr unser Zelt unbedingt mit Blut besudeln?«
»Was denn?« Der Baron spuckte den Brocken Fleisch, an dem er gekaut hatte, kurzerhand auf den Boden. »Werdet Ihr nun plötzlich zartfühlend? Ihr wolltet mit den Wölfen heulen, Mylady, also tut es auch! Nehmt Euch ein Beispiel an mir!« Gierig biss er wieder von seiner Keule ab, und der Blick, mit dem sie ihn bedachte, ließ keinen Zweifel daran, dass sie es nur zu gerne gesehen hätte, wenn er daran erstickt wäre.
Guillaume verzog keine Miene. Lieber hätte er sich auf der Stelle in sein Schwert gestürzt, als sich ein Beispiel an dem Mann zu nehmen, der blutbesudelt und mit fetttriefenden Wangen vor ihm stand und dabei grunzte wie ein Schwein. Ihm war klar, dass Renald de Rein es nur darauf anlegte, seine Mutter und ihn zu provozieren. Und da Guillaumes eigene Pläne in diesen Tagen auf der Stelle traten, verfehlten die Worte des Barons ihre Wirkung nicht.
»Mit den Wölfen heulen – das habt Ihr stets trefflich beherrscht, nicht wahr?«, fragte der Jüngere.
De Rein ließ die Keule sinken. »Was?«
»Euer Leben lang habt Ihr nichts anderes getan, als nach der Pfeife der Mächtigen zu tanzen. In England ist es schon so gewesen, und nun tut Ihr es wieder.«
»Und du etwa nicht? Hast du dich etwa nicht zu Flambards Werkzeug machen lassen?«
»Ihr kennt die Gründe für mein Handeln.«
»Ich kenne sie, und sie gefallen mir heute so wenig, wie sie mir damals gefallen haben. Was ich mir verdient habe, damals in Northumbria wie heute auf dem Schlachtfeld, habe ich mir durch meinen Mut und durch die Kraft meiner Arme erstritten – du hingegen hoffst auf die Gunst eines Monarchen und bist bereit, dafür alles zu verraten, sogar dich selbst.«
»Als ob Ihr das nicht wärt!«, empörte sich Eleanor anstelle ihres Sohnes und funkelte ihren Mann zornig an.
»Bei allem, was ich tat, bin ich Gottes und der Menschen Gesetze stets treu geblieben. Als Ausgestoßener begann ich diesen Feldzug, meiner Macht und meiner Besitzungen durch Euer Zutun beraubt. Dennoch ist es mir gelungen, mir unter den Fürsten neues Ansehen zu erwerben – während du nichts anderes tust, als deine Wunden zu lecken und immer neue Intrigen auszuhecken, eine Schlange und ihre elende Brut.«
»Genug!«, zischte Guillaume. »Es steht Euch nicht zu, so über Eure Gemahlin zu sprechen!«
»Nein? Aber es ist die Wahrheit. Eure Macht ist beständig geschwunden, seit wir England verlassen haben – meine hingegen ist wieder gewachsen, und das verletzt euren Stolz.«
»Das ist nicht wahr!«, begehrte Guillaume auf, so laut und leidenschaftlich, dass sich seine Mutter genötigt sah, ihre hagere Rechte auszustrecken, um ihn zu besänftigen. »Mein Einfluss ist größer als der Eure! Ich habe mächtige Freunde und Männer, die mir treu ergeben sind.«
»Ich weiß.« Der Baron nickte. »Damit meinst du wahrscheinlich deine Sektiererfreunde, die mindestens ebenso erbärmlich und feige sind wie du.« Er bemerkte das Zucken in Guillaumes Gesicht und fügte genüsslich hinzu: »Du wunderst dich, dass ich davon weiß? Ich weiß manches, Junge, und das wenigste davon würde dir gefallen.«
»Renald!«, rief Eleanor. »Ich bitte Euch!«
»Keine Sorge«, versicherte Renald mit feistem Grinsen. »Ich werde gehen und euch weiter euren Intrigen überlassen. Weine dich im Schoß deiner stolzen Mutter aus, Junge – ich ziehe es vor, den Sieg mit jenen zu feiern, die Schulter an Schulter mit mir gekämpft haben.«
Er warf die angenagte Keule auf den Teppich, der den Boden des Zeltes bedeckte, und stürmte hinaus. Seine Schritte waren noch nicht ganz verklungen, als Guillaume aufsprang und seinem Zorn Luft machte. »Dieses elende Scheusal. Wie kann er Euch nur so beleidigen? Was bildet er sich nur ein?«
»Beruhige dich, Sohn. Die Worte, die du wählst, sind gefährlich.«
»Und wenn schon, ich fürchte ihn nicht mehr«, behauptete Guillaume, der mit den Tränen zu kämpfen hatte, so sehr fühlte er sich gedemütigt. »Macht es Euch denn gar nichts aus, wie er uns behandelt? Dass er uns fortwährend beleidigt und erniedrigt?«
Eleanor schaute ihn lange an. Leiser Spott sprach aus ihren von Falten zerfurchten Zügen, die mit ihren hervorspringenden Knochen und den eingesunkenen Augen immer mehr von einem Totenschädel hatten. »Ich habe mich daran gewöhnt«, sagte sie.
»Aber ich kann und will mich nicht daran gewöhnen«, zeterte Guillaume und ging wütend im Zelt auf und ab. »Habt Ihr bemerkt, wie er mich angesehen hat? Wie ein lästiges Insekt! Er wird mich niemals anerkennen, ganz gleich, was ich tue!«
»Du musst Geduld haben, Guillaume. Deine Zeit wird kommen.«
»Wann, Mutter, wollt Ihr mir das sagen? Seit Monaten wiederholt Ihr immer dieselben Worte, sucht mich mit denselben Phrasen zu beruhigen. Aber sie greifen nicht mehr! Ihr habt mir Zugang zum königlichen Hof verschafft und mich in die Bruderschaft eingeführt, doch was hat es mir eingebracht? Nichts, Mutter, gar nichts! Weder habe ich meinen Einfluss vermehren noch mir die Anerkennung des Barons verdienen können.«
»Die Anerkennung des Barons zu verdienen war nicht unser Ziel«, brachte seine Mutter in Erinnerung.
»Aber unsere Macht zu mehren ist uns ebenfalls nicht gelungen«, zischte Guillaume. »Wohin ich auch gehe, was ich auch unternehme, immer stoße ich an meine Grenzen. Andere besetzen die Positionen, die ich einnehmen sollte: mein Vater, Eustace …«
»Du musst Geduld haben«, wiederholte Eleanor beschwörend.
»Aber ich will nicht mehr!«, brüllte Guillaume so laut, dass sich seine Stimme überschlug. Auch die Tränen der Verzweiflung konnte er nicht mehr länger zurückhalten. »Vielleicht hat Vater ja recht, und ich bin tatsächlich ein feiger Taugenichts!«
»Das bist du nicht«, widersprach seine Mutter entschieden. »Das darfst du nicht einmal denken.«
»Aber warum liebt er mich dann nicht, wie ein Vater seinen Sohn lieben sollte? Warum verschafft er mir nicht die Anerkennung, die mir aufgrund meines Namens und meiner Herkunft zukäme? Warum, Mutter, könnt Ihr mir das sagen?«
Eleanor bedachte Guillaume mit einem prüfenden Blick. Die Tatsache, dass sich der Zorn ihres Sohnes nicht mehr ausschließlich auf den Baron, sondern inzwischen auch auf sie richtete, schien sie zu beunruhigen, denn sie legte Stickrahmen und Nadel beiseite, erhob sich und trat um den Tisch herum auf ihn zu, eine bleiche, geisterhafte Gestalt, die in ihrem langen Kleid über den Boden zu schweben schien.
»Was, wenn er nicht dein Vater wäre?«, fragte sie nur.
Guillaume stockte jäh in seinem Lamento, blickte aus geröteten Augen zu ihr auf. »W-was?«
»Wenn er nicht dein Vater wäre, sondern nur derjenige, der sich als dein Vater ausgegeben hat, was dann?«
»Warum sollte er so etwas tun?«
»Vielleicht, um den Besitz seiner Familie durch einen Erben zu sichern. Vielleicht auch, um nicht vor aller Welt eingestehen zu müssen, dass er nicht in der Lage ist, selbst einen Erben zu zeugen.«
»Ist das wahr?«
»So wahr ich hier vor dir stehe.« Eleanor verzog keine Miene.
Guillaume nickte zustimmend. Sein Verstand wehrte sich nicht einen Augenblick lang, das anzuerkennen, was sein Herz schon vor Jahren begriffen hatte. Im Gegenteil, seltsame Euphorie erfüllte ihn plötzlich. Endlich ergab alles Sinn, erkannte er den Grund für de Reins Ablehnung und sein hartherziges Wesen …
»Warum habt Ihr es mir nicht früher gesagt?«, wollte er von seiner Mutter wissen. »Es hätte mir manches erspart.«
»Ein Eid hat mich gebunden, den ich einst geschworen habe.«
»Gegenüber wem? Renald de Rein?«
»Nein. Gegenüber dem Mann, den du deinen Onkel nanntest, obgleich er in Wahrheit dein Vater gewesen ist.«
»Osbert«, flüsterte Guillaume fassungslos. »Osbert de Rein war in Wirklichkeit mein Vater?«
Sie nickte. »Ein Teil von dir hat es immer gewusst, oder nicht?«
Guillaume hatte Mühe, die Fassung zu wahren.
Dass der Baron und er so unterschiedlich waren, wie sie es nur sein konnten, war eine unbestreitbare Tatsache und dass er sein Leben lang vergeblich um die Gunst dieses ebenso starrsinnigen wie hartherzigen Mannes gerungen hatte, ließ sich ebenfalls nicht leugnen. Bislang hatte Guillaume dies darauf zurückgeführt, dass er den Anforderungen, die Renald de Rein an seinen Nachkommen und Erben stellte, einfach nicht gerecht geworden war. Nun jedoch zu erfahren, dass de Rein in Wahrheit nicht sein leiblicher Vater war, erfüllte ihn mit grimmiger Genugtuung.
Es lieferte eine plausible Begründung für all die Demütigungen, die er über sich hatte ergehen lassen müssen, und er musste die Schuld dafür, dass ihm jede Anerkennung versagt geblieben war, nicht mehr länger bei sich selbst suchen. Im Gegenteil, er war in all den Jahren einem Schatten nachgejagt, er hatte um die Zuneigung eines Mannes gerungen, der sie ihm nie würde geben können, schon deshalb nicht, weil Guillaumes bloße Existenz ein Stachel in Renald de Reins Fleisch war, ein Makel, der ihn stets an seine eigene Unzulänglichkeit und an das Versagen im Bett seiner Gattin erinnerte.
»Das ist noch nicht alles«, fuhr Eleanor leise fort. »Nun, da ich meinen Eid um deinetwillen gebrochen habe, sollst du alles erfahren.«
»Was noch?«, fragte Guillaume innerlich bebend. Waren es noch nicht genug der Enthüllungen?
»Wie du weißt, hat Osbert de Rein vor acht Jahren bei einem Jagdunfall das Leben verloren. Er stürzte in eine Schlucht, ein tragisches Unglück, wie es hieß.«
Guillaumes kantige Züge strafften sich, so als müsse er sich für diese letzte Wahrheit wappnen. »Und?«
»Es war kein Unfall. Renald de Rein hat deinen Vater ermorden lassen.«
Guillaume sog scharf nach Luft. »Seid Ihr sicher?«
»Ja, Sohn. Er wollte verhindern, dass Osbert jemals sein Schweigen brechen und ihm damit die Führerschaft streitig machen könnte. Aus diesem Grund hat er ihn getötet.«
Guillaumes Blick war starr geradeaus gerichtet, seine Kieferknochen mahlten. Die Furcht, die er von jeher vor Renald de Rein empfunden hatte, schlug in puren Hass um. Nicht mehr länger brauchte er um die Anerkennung dieses Mannes zu buhlen, nun, da er wusste, was dieser getan hatte und wessen Blut an seinen Händen klebte.
Guillaumes Rechte glitt an den Griff seines Schwertes, und er wollte aus dem Zelt zu stürmen und den Betrüger, der sich als sein Vater ausgegeben hatte, für sein Verbrechen zur Rechenschaft ziehen. Doch Eleanor hielt ihn zurück. »Nein, Guillaume«, sagte sie mit respektgebietender Stimme.
»Lasst mich, Mutter«, entgegnete er und versuchte, sich aus ihrem Arm zu lösen, der sich schlangengleich um ihn gewunden hatte. »Ich muss ihn bestrafen. Nach all den Jahren …«
»Er wird seine Strafe erhalten, und du wirst deine Rache bekommen. Aber nicht heute, hörst du?«
»Warum nicht?«
»Weil es töricht wäre, sein Leben für etwas zu riskieren, das wir auch einfacher haben können. Die Zeit arbeitet für uns, Guillaume, du magst es glauben oder nicht. Noch mögen diese Narren dort draußen im Überfluss schwelgen, aber der Winter steht vor der Tür, und Hunger und Mangel werden erneut im Lager einkehren. Die Menschen werden nach Erlösung rufen, und dann wirst du zur Stelle sein. Renalds Einfluss jedoch wird schwinden, und dann, mein über alles geliebter Sohn, wird der Augenblick der Rache gekommen sein. Bis dahin jedoch behalte dein Wissen für dich, hast du gehört?«
Guillaume gehorchte nicht sofort.
Noch einen Augenblick lang versuchte er, sich von seiner Mutter loszureißen. Dann sank er in die Umarmung, die sie ihm bereitwillig darbot, und vergoss bittere Tränen.