Manchmal ist alles wie verhext. Nichts klappt, überall treten Schwierigkeiten auf, wo man sie nie vermutet, die ganze Welt scheint sich gegen einen verschworen zu haben, und man würde sich nicht wundern, wenn man in den Spiegel blickt und sieht seine Nase an den Ohren sitzen.
Horst Hartung hatte an diesem Tag schon allerhand erlebt. Las-ka hatte sich beim Transport die linke Flanke aufgescheuert. Das Fell war weg, die Unterhaut, das rohe Fleisch näßte. Romanowski raufte sich die Haare, untersuchte den Transporter, fand keine ein-zige scharfe Stelle, wo man sich so verletzen konnte, die Polsterungen waren unversehrt, nirgendwo ein Splitter in der Holzverkleidung, und trotzdem diese Wunde. Mit gesenktem Kopf ertrug er das Gebrüll Hartungs, sagte nur:»Herrchen, det is wieda so 'ne Schikane von dem ollen Luder!«und ließ den wütenden Redeschwall weiter über sich ergehen.
Dr. Rölle war nicht zur Stelle. Er hatte auf der Autobahn eine Panne, mußte abgeschleppt werden und kam erst Stunden später mit einem Taxi nach. So wurde die Wunde mit dem Penicillinpuder behandelt, den Romanowski immer im Turniergepäck mit sich führte.
Fallersfeld quälte sich mit einem Furunkel im Nacken herum, einem Mordsding, das wollte trotz Zugsalben und anderen Medikamenten nicht aufgehen. Antibiotika, die ihn schläfrig machten, lehnte er ab. Er lief mit einem Verband um den Hals herum, war deshalb gereizt wie ein Stier und weigerte sich, das Geschwür schneiden zu lassen. Jeder der deutschen Reiter ging ihm aus dem Weg, soweit das möglich war.
Das Pferd Steenkens lahmte auf dem linken Hinterfuß. Winkler hatte einen Schnupfen, und das mitten im Sommer, Hartlings Bandscheibe meldete sich wieder, wenn er morgens aufstand, war er krumm wie ein Fragezeichen und mußte sich zuerst >einlaufen<, wie er es nannte. Beim Training biß er die Zähne zusammen, dachte, sein Kreuz breche entzwei, und mußte sich schmerzstillende Spritzen geben lassen.
Kurz, alles war verhext, und das einen Tag vor der großen >Renn-und-Turnier-Woche< in Baden-Baden.
Die Kurstadt war überfüllt. Was Europa an Eleganz zu bieten hatte, promenierte im Kurpark oder versammelte sich in den Sälen der Luxushotels.»Hier sind jetzt einige Milliarden beisammen«, sagte Fallersfeld beim Morgenkaffee.»Und ein kleines Heer von Ganoven. Übrigens, Horst, ich muß Sie nachher sprechen.«
«Laska geht es besser. Dr. Rölle hat eine Salbe auf die Wunde gestrichen.«
«Laska! Es ist privat!«
Hartung nickte. Über den Rand der Kaffeetasse beobachtete er Fallersfeld. Wenn der Alte >privat< sagte, war es noch unangenehmer als der ewige Streit um Laska. Daran hatte sich in den vergangenen Monaten nichts geändert. So konstant Laskas Leistung blieb und sie von Sieg zu Sieg sprang, so unverändert war ihre Abneigung gegen den Baron. Keiner wußte, warum. Fallersfeld war ein Reiter der alten Schule, der mehr Pferdeverstand besaß als die Pferde selbst, aber wenn Laska ihn sah, schoben sich ihre Nüstern hoch, sie begann zu tänzeln, legte die Ohren nach an den schönen Kopf und war bereit, zu beißen oder auszuschlagen.
«Ein hysterisches Aas!«sagte Fallersfeld dann giftig.»Irgendwo hat sie einen Wurm im Gehirn!«
Für Baden-Baden war diese Woche der Galopprennen, der Dressur und des Springens um den >Großen Preis< das festlichste Ereignis des Jahres. Die Renn- und Turnierplätze waren von einem Fahnenmeer umgeben, der Parcours zählte zu den schönsten der Welt, vielleicht Aachen ausgenommen, die Rennbahn mit den modernen Startmaschinen wurde zum Treffpunkt der schönsten Frauen und attraktivsten Männer, die sich diesen Luxus leisten konnten. An den Wettschaltern des Pferdetotos wurden Millionen umgesetzt. Die besten und berühmtesten Vollblutpferde standen auf den Startlisten, Namen, die die ganze Welt kannte. Vermögen auf vier Beinen. Es gab kein namhaftes Gestüt, das hier in Baden-Baden nicht vertreten war.
Die Woche der Superlative. Und ein Himmel wie Seide, wolkenlos, unendlich, von der Sonne wie mit Gold überstäubt.
Fallersfeld erwartete Hartung in der Halle des Hotels >Schwarz-waldpalast<, in dem die deutsche Equipe wohnte. Ein Hotel von grandiosen Ausmaßen, um die Jahrhundertwende erbaut für die Grafen und Fürsten, die — das gehörte zum guten Ton — einmal im Jahr Baden-Baden besuchten.
Fallersfeld saß in einem der tiefen Gobelinsessel, trank ein Glas Orangensaft mit Eis, hatte Schmerzen im Genick, wo sein Riesenfurunkel klopfte und hämmerte und nicht aufging. Dr. Rölle hatte ihn untersucht.
«Ohne Schneiden ist das unmöglich«, hatte er gesagt.»Baron, Sie haben ein zu dickes Fell!«
«Gauldoktor!«Das war Fallersfelds einzige Antwort. Dann hatte er Dr. Rölle, der laut lachte, stehengelassen.
Horst Hartung erwartete Unangenehmes, als er sich Fallersfeld gegenübersetzte, nur hatte er keine Ahnung, was es sein könnte. Vom Frühstück bis jetzt hatte er darüber nachgedacht, es konnte sich eigentlich nur um einige Turniere im Ausland handeln, die er bisher nicht springen wollte. Johannesburg, Sydney, Tokio, Mexiko, Manila.»Laska ist zu jung dazu«, hatte er immer gesagt.»Diese Flugstrapazen, diese mörderischen Parcours unter der glühenden Sonne! Wenn sie drei Jahre älter ist, dann ja. Soll Laska in ein paar Jahren Beine wie Rosenkohlstöcke haben? Der Ausflug nach San Fran-zisko hat sie sehr mitgenommen.«
«Und sie hat hinterher in Moskau doch gesiegt«, konterte Fallersfeld.»Laska kann man nicht mit normalen Maßstäben messen, sie ist wie ein Urpferd. Ich habe so etwas bisher noch nicht gesehen.«
Fallersfeld trank sein Glas Orangensaft leer, faßte sich an den Nak-ken und verzog die Lippen. Der Furunkel brannte wieder.
«Auch einen Saft?«
«Nein, lieber einen Martini.«
Sie warteten, bis der Hallenkellner das Getränk gebracht hatte, und musterten sich dann wie zwei Duellanten.
«Da bin ich«, sagte Hartung.
«Unverkennbar. «Fallersfeld schnaufte.»Horst, so geht es nicht weiter.«
«Natürlich nicht — aber was?«
«Ich sitze hier als Vermittler. Eine scheußliche Rolle, mein Lieber. Eher miste ich zehn Ställe aus und wasche den Gäulen die Schwanzrübe. Aber wie gesagt, so geht's nicht weiter.«
«Sie sollten eine Rätselecke machen, Baron.«
«Oben, auf Zimmer 119, wartet jemand, hat verheulte Augen und wagt nicht, mit Ihnen zu sprechen. Lösung?«
«Angela«, sagte Hartung leise.»Baron, ich wußte nicht, daß sie in Baden-Baden ist.«
«Der Unschuldsknabe! Jeder von uns weiß und erwartet es, daß Angela überall dort auftaucht, wo Sie reiten, nur Sie rollen immer die Augen und spielen uns den erstaunten heiligen Pferdnantus vor. Natürlich ist Angela auch in Baden-Baden, ich habe das Zimmer für sie bestellt und es übernommen, Ihnen den Dickschädel zurechtzusetzen.«
«Sie kennen meine Gründe, Baron. «Hartung verschanzte sich hinter dem Martiniglas.
«Papperlapapp! Lieben Sie Angela?«
«Ja. Sie ist die einzige Frau, die ich wirklich geliebt habe beziehungsweise die ich liebe. Kleine Abenteuer hat jeder Mann.«
«Wer redet davon? Horst, wenn Sie Angela wirklich so lieben, ist es eine Schande, ja eine Frechheit, sie so lange herumsitzen zu lassen! Sie wird nicht jünger dabei, und Sie schon gar nicht! Wie lange geht das jetzt mit euch?«
«Ich glaube fünf Jahre.«
«Noch nicht einmal das weiß er! Aber wissen Sie, wieviel reelle Chancen Angela Ihretwegen ausgeschlagen hat? Sie hat's mir erzählt. Ein dämliches Luder, habe ich gedacht. Partien, wie sie im Buche stehen — ein Landgerichtsrat, ein Architekt, ein Fabrikant für Düngemittel.«
«Ausgerechnet«, unterbrach ihn Hartung.
«Nicht auf dem hohen Roß sitzen, mein Lieber! Was ist schon ein Reiter?«
«Ich bin außerdem Diplomlandwirt.«
«Mistfahrer, würde der Volksmund sagen. Diplomierter Jauchenschöpfer. Äpfelpflücker mit Doktorgrad. Nur keine großen Töne, Horst! Also ich setze die Liste fort. Ein Supermarktbesitzer. Ein Arzt. Ein Autogroßhändler. Ein Großbauer mit einer Hühnerfarm von 400.000 Hennen. Ein Schriftsteller.«
«Den rechnen Sie zu den guten Partien?«
Fallersfeld überhörte den Einwurf und deutete auf sich.
«Und mich!«
«Was? Sie wollen Angela heiraten?«
«Wenn sie will — sofort.«
«Aber sie will nicht?«
«Nein. Sie liebt nur Sie. Unverständlich! Und deshalb sitze ich alter Trottel jetzt hier und spiele den Heiratsvermittler. Horst, alles, was Sie gegen eine Ehe anführen, ist Quatsch! Keine Zeit, die Turniere, die Pferde, das Training, ständig auf der Achse, nie zu Hause — das ganze Bild stimmt nicht mehr. Die großen Auslands- und Übersee-Parcours wollen Sie nicht reiten — ich sehe das ein, Laska ist zu jung dazu —, aber damit entfällt auch bei Ihnen das Hauptargument gegen die Ehe! Sie können heiraten, wenn Sie nur wollen! Warum aber wollen Sie nicht?«
«Ich habe Angst.«
Das war eine Antwort, die Fallersfeld aus dem Konzept brachte. Auf alles war er vorbereitet und hatte Entgegnungen dafür parat — aber Angst, bei Hartung, das konnte niemand einplanen.
«Ist Angela so gewalttätig?«fragte er verwirrt.
«Angela? Sie ist wie ihr Name, ein Engel. Nein, ich habe Angst vor einer Ehe, die so einseitig wird wie die vieler meiner Reiterkameraden. Wenn ich keine Turniere mehr reite — ich würde Angela im Schnellverfahren heiraten, falls das möglich ist.«
«Mein lieber Horst, wann reiten Sie keine Turniere mehr? Ich darf Ihnen die Antwort abnehmen — wenn Sie vor Altersschwäche aus dem Sattel rutschen! Also das ist Blödsinn. Eine Gemeinheit ist es, das Mädchen herumsitzen zu lassen, es ab und zu, wenn man es in den Zeitplan einschieben kann, in den Arm zu nehmen, ein bis zwei Nächte glücklich zu sein und sich dann wieder hinter Pferderücken zu verschanzen. Sehen Sie das ein?«
«Ja, Baron. «Hartung blickte an Fallersfeld vorbei. Durch die riesige Hotelhalle ging eine auffallende Frau. Groß, schlank, mit einer erregenden Gangart. Ihr langes rotes Haar fiel offen über ihre Schulter. Vor den Augen trug sie eine übergroße Sonnenbrille, das Ge-
stell in der Farbe ihres Hosenanzuges — Weiß-Gold. Hartung gewahrte sie im letzten Moment, ehe sie durch die Glastür zum Hotelpark verschwand.»Haben Sie diese Frau gesehen, Baron?«
«Himmel noch mal, Sie sollen nicht nach anderen Weibern gucken, es geht um Angela!«
«Ich glaube, ich kenne diese Frau. Wenn ich mich nicht irre.«
«Sie irren sich, wenn Sie glauben, ich mache dieses Theater weiter mit. Horst, ganz hart wollen Sie Angela heiraten?«
«Ja.«
«Wann?«
«Das ist die berühmte Gretchenfrage.«
«Ich heiße nicht Gretchen, sondern Eberhard. Wenn Sie sich drük-ken, mache ich Angela einen Antrag.«
«Dann gibt es einen Equipenchef, der mit zweihundert blauen Flek-ken im Krankenhaus liegt.«
«Sie gehen jetzt 'rauf auf Zimmer 119 und machen Nägel mit Köpfen!«
Hartung erhob sich.»Ist das ein Befehl?«
«Ich habe ihnen nur auf dem Parcours zu befehlen. Aber jetzt geht es rund von Mann zu Mann! Ich kann Angela nicht weiter leiden sehen. «Auch Fallersfeld erhob sich. Er sah imponierend aus mit seinem weißen Haarschopf und in seinem modischen hellgrauen Glencheckanzug. Schlank, ohne ein Gramm Fett, eine makellose Reiterfigur.»Wollen Sie sich Angela erklären?«
«Das habe ich vor fünf Jahren schon getan.«
«Den Termin«, knirschte Fallersfeld.
«Wie Sie wünschen, Baron. «Hartung rückte seine Krawatte gerade.»Ich werde mit Angela sprechen.«
«Erwarten Sie keine Nachgiebigkeit mehr. Ich habe ihr ganz klar gesagt, daß Sie bei Ihnen als alte Jungfer sterben wird, wenn sie sich weiterhin von Ihnen beschwatzen läßt.«
«Sie sind ein wirklicher Kamerad, Baron«, sagte Hartung bitter.
«Bis zu Ihrer Entscheidung sind wir Konkurrenten bei Angela. Heiraten Sie sie, möchte ich euer väterlicher Freund sein.«
«Darauf komme ich noch zurück. «Hartung ging hinüber zu den Lifts. Er wußte, daß Fallersfeld ihm jetzt nachblickte und sich die Hände rieb. Ein alter Gauner, aber es gab Situationen, in denen er keinen Spaß mehr verstand.
Vor der großen Glastür zum Hotelpark zögerte Hartung. Die Terrasse war leer, aufder weiten Rasenfläche sonnten sich die Gäste oder saßen unter den Sonnenschirmen, lasen und tranken Fruchtsäfte. Die aufregende Rothaarige entdeckte er nicht mehr. Er drehte sich schnell um. Fallersfeld stand noch hinter dem runden Tisch in der Ecke und zeigte jetzt mit dem Daumen nach oben.
Hartung nickte, betrat den ersten Lift und fuhr hinauf zu Angela.
Sie hatte wirklich geweint. Hartung sah es sofort an den leicht geröteten Augen. Er kam ins Zimmer, küßte Angela und fragte wie ein dummer Junge:
«Hast du eine gute Fahrt gehabt?«
«Ja.«
Sie ging zum Fenster und blieb dort stehen. Die Sonne schien durch ihr dünnes Kleid. Darunter war sie fast nackt. Sie hat einen herrlichen Körper, dachte Hartung und betrachtete sie stumm. Wie schnell man so etwas vergißt. Ein Körper, der mir gehört, und ein Herz, das auf ein paar liebe Worte wartet.
«Angela«, begann er zögernd. Manchmal will man etwas sagen, und wenn man dann den Mund aufmacht, fehlen die Worte.
Sie drehte sich langsam um. Sie ist schön, dachte Hartung. Nicht hübsch. Sie ist kein Luxusgeschöpf mit einem Puppengesicht, ihre Schönheit ist natürlich, echt. Verständlich, daß der alte Fallersfeld mit verdrehten Augen herumläuft und noch einmal jung wird. Ebenso klar, daß ich Angela liebe und sie heiraten werde, nur.
«Ich habe den Baron nicht darum gebeten, mit dir zu sprechen, Horst«, sagte sie.
«Das weiß ich.«
«Es ist mir peinlich.«
«Zwischen uns braucht nichts peinlich zu sein, Angi. Wir gehören so fest zusammen.«
«Bitte, Horst. Keine Phrasen.«
«Soll ich Rosen kommen lassen und >o bella bionda< singen?«
«Es genügt, wenn du vernünftig mit mir redest. Willst du dich nicht setzen?«
«Aber nur, wenn du zu mir auf die Couch kommst.«
Sie setzten sich, er legte den Arm um ihren Nacken, und sie küßten sich, wie sich zwei Liebende küssen, lang, innig, mit geschlossenen Augen.
Das war ein guter Anfang für das kommende Gespräch, aber auch ein gefährlicher Anfang.
«Fallersfeld will dich heiraten«, sagte Hartung. Er sah Angela zu, wie sie aus einer Karaffe frischen, eisgekühlten Orangensaft in zwei hohe Gläser goß.
«Ja. Wenn du kneifst.«
«Was für ein Ausdruck. Kneifst. Ich liebe dich, und wir heiraten, so wahr Laska vier Beine und einen Schwanz hat.«
«Aber erst, wenn Laskas Beine lahm sind und ihr der Schwanz ausfällt.«
«Früher. «Hartung trank den eiskalten Saft in kleinen, vorsichtigen Schlucken. Er konnte sich einen Tag vor dem Turnier keine Gastritis leisten.»Nach der großen Übersee-Tournee.«
«Nach der. «Angelas schöne Augen weiteten sich.»Du willst also doch?«
«Ich habe Laska die letzten Wochen beobachtet. Ich habe mit Dr. Rölle gesprochen, und Romanowski ist der gleichen Ansicht! Las-ka ist trotz ihrer Jugend stark genug, diese Reisen auszuhalten. Allerdings wird Pedro nicht von ihrer Seite weichen, und Dr. Rölle will sie umtaufen lassen in >Klein Laska<. Ich werde sie mit allem Fingerspitzengefühl reiten.«
«Aber siegen muß sie doch! Das heißt — wieder ein Jahr warten.«»Angela, du fliegst überall mit.«
«Ich habe kein Geld mehr. Das Bankkonto ist leer, mein Vater gibt mir keinen Pfennig mehr, er nennt mich schlankweg eine Idiotin, weil ich dir überallhin nachfahre. Mir bleibt nur übrig, mich als blinder Passagier einzuschmuggeln.«
«Du bekommst von mir jede Flugkarte, das beste Hotel!«
«Halt, Horst!«Sie hob beide Hände, ihre Stimme klang energisch und so hart wie nie.»Ich lasse mich nicht bezahlen!«
«Angela!«Er fuhr von der Couch hoch.
«Ich will nicht mitgeführt werden wie Sattel und Futtersack. Auch als deine Braut nicht. Hartung reist mit seinem Mäuschen durch die Welt — sollen die Leute das 'rumtratschen? Und die Zeitungen? Hartung und seine ständige Begleiterin — eine feine Umschreibung. Nein. So nicht. Wenn ich mitkomme auf diese verrückte Tournee, dann mit eigenem Geld. Ich werde den Baron bitten, mich als irgend etwas anzustellen in der Equipe.«
«Er wird vor Wonne seine Mütze fressen! Es ist eine Stelle frei — als Herzerwärmer.«
«Ich sollte dich nicht heiraten, dir fehlt jeder Ernst!«Sie lehnte am Fenster. Wieder schien die Sonne durch ihr Kleid, zeigte die Konturen ihres Körpers. Die festen Brüste, die schlanke Taille, die Hüften, die langen Beine.
«Ich verspreche dir, Angi, Weihnachten in einem Jahr — spätestens — haben wir keine solchen Probleme mehr. Verdammt, ich liebe dich, und wenn du nicht irgendwo am Parcours stehst, fehlt mir etwas. Es geht dann immer etwas schief.«
Angela Diepholt hob die Arme. Sie war entwaffnet. Was Fallersfeld befürchtet hatte, war prompt eingetreten, sie hatte sich wieder überreden lassen.
«Gut. Ich kapituliere wieder. Du bist ein Schuft, der herrlichste Schuft auf der Welt. «Sie kam zur Couch zurück und ließ sich in seine ausgebreiteten Arme fallen.»Wo fängt die Weltreise an?«
«In Johannesburg. Vorher aber noch eisernes Training.«
«Wann Johannesburg?«»In sechs Wochen.«
«Dann muß ich mir noch schnell die nötigen Kleider kaufen.«
Sie lachten, küßten sich, waren glücklich, balgten sich auf der Couch wie Kinder. Eine halbe Stunde Vergessen, Betäubung.
Fallersfeld saß noch immer in seinem Gobelinsessel in der Halle und trank den vierten Kognak, als er Hartung endlich aus dem Lift kommen sah. Er winkte ihm mit beiden Händen zu. Hartung, der hinaus zum Park wollte, machte kehrt und ging in die Halle.
«Sie sitzen ja noch immer da, Baron.«
Fallersfeld kippte erregt den Kognak.»Na, Sie heiraten Angela?«
«Ja. Daran gab es nie Zweifel.«
«Aussprache ein Erfolg?«
«Mit Angela immer.«
«Wann Aufgebot?«
Hier zögerte Hartung verständlicherweise. Dann sagte er:»Im Spätherbst nächsten Jahres.«
«Wie bitte?«Fallersfeld beugte sich vor.»Habe ich recht gehört?«
«Angela wird bis zu diesem Termin in der deutschen Equipe angestellt. Sie spricht noch mit Ihnen darüber, als was. Ihre Hilfe sieht sie als selbstverständlich an.«
«Seid ihr jetzt beide total verrückt geworden?«
«Nein, aber endlich einig. «Hartung holte tief Luft.»Laska und ich machen das Weltturnier mit. Nach Baden-Baden beginne ich mit Laska das Training unter extremsten Bedingungen.«
Fallersfeld ließ sich nach hinten in den Sessel sinken. Er liebte dramatische Momente.
«Gott strafte Lots Weib, indem er sie zur Salzsäule erstarren ließ. Mich strafte er mit Ihnen! Ich muß es ertragen!«Er zeigte plötzlich mit ausgestreckter Hand in die Halle und blinzelte Hartung zu.
«Und dort kommt ihr nächster Sündenfall, Horst. Die rothaarige Sexbombe!«
Hartung fuhr herum. Vom Park war die auffallende Dame hereingekommen. Er sprang auf und ging ihr entgegen, schnitt ihr den Weg ab.
«Und so etwas will Angela heiraten!«sagte Fallersfeld.»Warum bin ich nicht fünfundzwanzig Jahre jünger?«
Die Dame blieb stehen, als Hartung ihr in den Weg trat. Ihr langes rotes Haar leuchtete wie gehämmertes Kupfer. Die riesige Sonnenbrille verdeckte fast das halbe Gesicht — ein schmales, aristokratisches, unwahrscheinlich ebenmäßiges Gesicht. Ihr Körper in dem engen Hosenanzug war ein Traum. Alle Männer in der Hotelhalle blickten zu ihr hin, das war verständlich. Wer ihre Blicke lesen konnte, erkannte darin nur einen Wunsch, und der war noch verständlicher. Es schien, als sei der Lärm in der Halle plötzlich gedämpfter geworden.
Horst Hartung und die unbekannte rote Venus — gab es eine Sensation in den nächsten Tagen?
«Gnädige Frau«, sagte Hartung und verbeugte sich vor soviel Schönheit.»Kennen wir uns nicht?«
«Habe ich so wenig Eindruck auf Sie gemacht, Horst Hartung?«
«Aachen?«
«Stimmt.«
«Luisa Gironi. Aus Palermo.«
«Ja. Sie waren der erste Mann, der nicht erschrak, als ich meine Brille abnahm.«
Hartung schwieg betroffen. Luisa Gironi, die schönste Frau der Welt, solange sie die Brille aufließ, diese riesige Sonnenbrille mit dem zu ihren Kleidern passenden Gestell, hinter der sich die schrecklichen Narben verbargen.
«Kommen Sie, wir gehen in den Park«, sagte er.»Ich freue mich, daß ich Sie wiedersehe. So fröhlich wiedersehe. Keine Probleme mehr?«
«Keine, Horst. Darf ich Horst sagen?«
«Aber ja. «Hartung faßte sie unter. Er zog sich damit automatisch die Feindschaft aller Männer in der Hotelhalle zu.»Sind Sie wieder meinetwegen nach Baden-Baden gekommen, Luisa?«»Ich könnte jetzt sagen — ja! Ich war überall, wo Sie geritten sind, sogar in Moskau. Aber ich belüge Sie nicht. Ich war wegen Laska da. Sie hätte mich fast totgeschlagen, damals in Aachen, so sehr liebt Sie die Pferdedame, seitdem liebe ich sie. Ich muß dieses Fluidum des Rennplatzes oder des Parcours um mich haben, Sie wissen das. Sie Horst, nehme ich dabei in Kauf. Ihre kleine, süße Braut ist auch hier? Ich habe sie gesehen.«
«Gesehen? Wo?«
«Eben, als wir aus der Halle gingen.«
«O Gott, das wird wieder Fragen und Erklärungen geben!«
«Der Baron wird ihr alles erzählen.«
«Der denkt gar nicht daran. Er ist mein Nebenbuhler geworden bei Angela.«
«Wollen Sie zurück ins Hotel?«
«Nein, Luisa. Ich freue mich ehrlich, daß ich Sie wiedersehe. «Sie setzten sich unter einer großen orangenfarbenen Markise auf die Terrasse und beobachteten die Gäste, die sich in dem langgestreckten Schwimmbecken tummelten.»Sie sehen glücklich aus.«
«Ich bin auch glücklich. Ich bin verliebt, Horst.«
«Richtig — mit Seele?«
«Ganz tief. Er heißt Piero Camerino, ist neunundzwanzig Jahre alt, sieht aus wie der Apoll des Praxiteles, stammt aus Torre Annunziata, südlich von Neapel, ist der Sohn eines Reeders und legt mir die Welt zu Füßen, soweit er sie tragen kann.«
Hartung nahm ihre Hand und küßte sie.»Viel Glück, Luisa. Und — und das andere?«
«Es stört ihn nicht. «Ihr voller, sinnlicher Mund lächelte. Er war eine einzige Verlockung, aber nicht mehr für Hartung.»Er hat mir selbst die Brille abgenommen, mich genau betrachtet und dann gesagt: >Du bist die schönste Frau, mia cara!<«
Hartung nickte. Dieser letzte Satz gefiel ihm nicht. Es war eine Lüge, auch für einen Mann, der noch so verliebt sein mochte. Wenn Luisa die Brille abnahm, war zunächst Schweigen. Der Schock war einfach zu groß. Wer dann solche Schmeicheleien sagte, war nicht fähig, dieses arme, herrliche Geschöpfwirklich zu lieben. Aber wer erkennt das schon, wenn er glücklich ist? Am allerwenigsten Luisa Gironi.
«Er ist auch in Baden-Baden?«fragte er.
«Aber ja. Dort, am Swimming-pool, steht er. Der mit der rotweißgestreiften Hose. Ist er nicht ein schöner Mann, Horst?«
Hartung sah den schlanken, gutgewachsenen, schwarzlockigen Mann, wie er um das Becken herumspazierte und sich bewundern ließ. Er hatte kräftige Muskeln, breite Schultern und schmale Hüften. Sein Gesicht, etwas länglich, war wie der ganze Körper braungebrannt, fast zu hübsch für einen Mann und hinter der glänzenden Fassade hohl und dümmlich. Wenn er lachte, und er schien viel und über alles zu lachen, blitzten Zahnreihen auf, die Neid erweckten. Jacketkronen, dachte Hartung. Grinsen gehört offensichtlich zu seinem Image.
«Wie gefällt er Ihnen, Horst?«Luisa Gironi legte den Arm um seine Schulter.
«Vorzüglich. «Er log, um Luisa nicht weh zu tun.
«Wir wollen heiraten.«
«Wann?«
«In ein paar Wochen. In Rom. Ich habe dort ein wundervolles Penthouse eingerichtet. Von der Terrasse kann man dem Papst ins Zimmer sehen.«
«Ob das für Piero Camerino der richtige Ausblick ist?«
«Jetzt werden Sie wieder giftig, Horst. Ich hätte Sie genauso geliebt.«
«Luisa!«sagte Hartung warnend.
«Ich weiß. Vorbei, vorbei. Sie springen morgen mit Laska?«
«Ja. Der große Preis von Baden-Baden.«
«Natürlich gewinnen Sie?«
«Das weiß man nie. Die besten Reiter sind hier — d'Oriola, Pes-soa, d'Inzeo, Leßvre, Smith, Schockemöhle, Winkler, Steenken, Kol-lovoi, ein Russe, den keiner kennt, der aber ein Wunderpferd haben soll.«»Sie haben Laska.«
Vom Schwimmbecken winkte Piero herüber. Luisa winkte zurück. Sie strahlte vor Glück.
«Jetzt wird er eifersüchtig sein«, sagte Hartung.
«Nein. Er weiß, daß wir uns hier sehen werden, ich hätte es irgendwie arrangiert. Und ich habe ihm alles über Sie erzählt, Horst. Er kennt Sie von Fotos, die ich immer noch mit mir herumtrage.«
Fast eine Stunde lang saßen sie draußen auf der Terrasse, dann verabschiedete sich Hartung von Luisa Gironi mit einem Handkuß. Vom Schwimmbecken kam Piero Camerino herüber; Hartung wollte jetzt nicht stören.
Zu seiner Verwunderung hockte Fallersfeld noch immer in der Halle. Neben ihm saß Angela. Sie hatte sich umgezogen und trug ebenfalls ein leichtes, buntes Hosenkleid. Zwei Welten, dachte Hartung. Luisa und Angela. Himmel und Erde. Der Mensch soll aber auf der Erde bleiben.
«Ausgeflirtet?«fragte Angela. Es klang nicht böse.»Ich erkenne sie wieder. Die arme Frau mit dem verbrannten Gesicht.«
«Luisa Gironi, ja. Sie wird in ein paar Wochen heiraten. Aber der Knabe gefällt mir nicht. Er ist zu hübsch, zu glatt, durch und durch Süßholz.«
«Hartung, unser unterschwellig eifersüchtiger Hahn!«Fallersfeld lachte.»Wir haben Angelas Anstellung durchgesprochen, Horst. Sie tritt in die deutsche Equipe als Assistentin von Dr. Rölle ein. Wie ich eben hörte, hat sie nebenbei einige Semester Tiermedizin studiert. Sie ist genau das, was wir suchten und brauchten.«
«Wie schön. Wie mich das freut. «Hartung lächelte Fallersfeld maliziös an. Du alter Gauner! Du edler Ritter! Du hättest sonst was erfunden, um Angela zu engagieren. Aber balze nicht herum wie ein Auerhahn — ich heirate sie gewiß!
Durch die Halle kamen Luisa Gironi und Piero Camerino. Ein Paar wie aus einem Bilderbuch. Luisa lächelte Hartung zu, Piero hob leicht lässig, ganz der Überlegene, die Hand.
Hallo — zwischen uns liegen Welten.
Hartung griff nach Fallersfelds Kognak und trank ihn aus.
«Verzeihung«, sagte er hinterher.»Ich hatte ihn plötzlich nötig.«
Am Nachmittag begannen die großen Galopprennen, die Rennen mit den mehrstelligen Preisen. Der Aufmarsch der Jockeys und berühmten Pferde war ein Augenschmaus, die Besitzer der Gestüte — die Damen in großen Hüten, die Herren im grauen Zylinder — gingen neben ihren Favoriten her, als präsentierten sie ihre Geliebte. An den Wettschaltern stauten sich die Menschen. AufLeuchttafeln flimmerten die Kurse.
Erstes Rennen. Zweites Rennen. Drittes Rennen.
Auch Hartung, Fallersfeld und Angela besuchten an diesem Nachmittag die berühmte Galopprennbahn von Baden-Baden. Es war eine Erholung für sie. Morgen kam ihre Stunde. Fallersfeld hatte den fertig aufgebauten Parcours abgeschritten und die Hindernisse genau betrachtet. Ein schwerer Parcours, aufgebaut von Graf Hellwitz, der für seine Zusammenstellung der Hindernisse berüchtigt war. Hier gab es keine Ruhepause für die Pferde sie mußten bis an den Rand ihrer Kräfte springen.
Hartung hatte Laska am Vormittag geritten. Jetzt war Romanowski mit ihr aufdem Abreiteplatz, longierte sie und übte immer und immer wieder mit ihr die Cavaletti-Arbeit, das Gefühl für Schrittentfernungen, so wie ein Pianist jeden Tag stundenlang Fingerübungen macht oder ein Geiger über die Saiten streicht.
Das heißt, Romanowski sollte mit Laska diese Übungen machen. In Wirklichkeit ließ er sie ein paarmal über die Cavalettis gehen, sprang vier Probehindernisse, klopfte Laska auf den Hals und sagte:»Det kannste doch alles, Olle, wa? Imma det sture Herumhüpfen. Ick weeß was anderes für uns. Wir bekieken uns det Galopprennen. Herrgottchen, wann hab ick det letzte Flachrennen jesehen? Vorm Krieg. Kannste dich det vorstellen, Laska? Und hier sind wir dichte bei. Komm, braucht keener zu wissen, wir vastecken uns hinterm Busch und gucken den Kameraden zu. Nur stille mußte sein,
Olle. Keen Laut! Herrchen is ooch da. Na, komm!«
Wie gesagt, irgendwie steckte der Teufel drin in diesen Tagen. Romanowski vollführte einen Rundritt um den Abreiteplatz, verließ ihn dann und bummelte auf Laska durch parkähnliche Anlagen hinüber zur Galopprennbahn. Hier fiel er überhaupt nicht auf. In dem Gewimmel von Pferden, die herumgeführt wurden, auf denen Bereiter saßen oder Jockeys, beachtete keiner Laska und Romanowski, nur ein Mann, mit einer großen Liste in der Hand, rannte auf sie zu und rief:
«Welches Rennen? Wie heißt das Pferd?«
«Reserve!«brüllte Romanowski zurück.
«Danke. Rennen drei.«
Romanowski wunderte sich. Ein Verrückter, dachte er. Die gibt es auch auf Rennplätzen, warum nicht? Daß es ein Pferd >Reserve< gab, das im dritten Rennen mitlief — wie konnte Romanowski das wissen? Er kannte keine einzige Starterliste, er gehörte zu den Springreitern, die eine Welt für sich bildeten.
Romanowski ritt ein paarmal hin und her, immer schön in Dek-kung, bis er einen guten Platz fand. Etwa dreißig Meter vor der Startmaschine, an einer weißlackierten Barriere, unter einem Baum mit überhängenden Zweigen. Ein vorzüglicher Platz, der für Zuschauer gesperrt war, weil hier eine provisorische Wasserleitung gelegt war. Laska stellte sich neben das Kunststoffrohr, spitzte die Ohren und wartete ab. Ihre klugen Augen musterten die edlen Rennpferde, die jetzt im Kreise herumgeführt wurden, um den Wettern die letzte Gelegenheit zur Begutachtung der Kondition und zur Erhöhung der Totoeinsätze zu geben. Auf der Tribüne saß, freudig erregt, die Prominenz Europas. Kleider, die Jahresgehälter kosteten. Brillanten von Tiffany und Van Clerf. Anzüge bester englischer Schneider.
Laska senkte den Kopf und knabberte an den harten Grashalmen. Romanowski auf ihrem Rücken erklärte ihr, was er sah.
«Jleich stupsen se de Jäule in die Startboxen, dann klingelt's, die Türen knallen, und ab jeht die Post. Die können jaloppieren, Olle. Da biste ne Schnecke jejen!«
Laska hob den Kopf, drehte ihn, sah Romanowski aus ihren großen Augen strafend an und knabberte dann weiter am Gras. Es war, als habe sie überhaupt kein Interesse an der Leistung ihrer edlen Artgenossen, den Abkömmlingen berühmter Araber und englischer Vollblüter.
Hartung hatte die Tribüne verlassen, um für Angela eine Erfrischung zu holen. Er hatte Luisa Gironi gesehen, sie saß ganz vorn auf den teuersten Plätzen, die Männer beachteten sie mehr als die Pferde. Ihr rotes Haar leuchtete herausfordernd. Ein riesiger Hut aus weißem Tüll lag auf der Brüstung ihrer Loge.
Hartung suchte den Verkaufsstand und kam dabei an den Wettschaltern vorbei. Er blieb plötzlich stehen, ging zur Seite und stellte sich hinter einen hölzernen Sichtschutz, der den Schalter — er war der letzte in der Reihe — gegen das freie Gelände abschirmte.
Piero Camerino war an den Schalter getreten und beugte sich jetzt vor. Seine Worte verstand Hartung ganz klar, und Piero sprach sogar deutsch.
«Guten Tag, Barthke«, sagte er.»Tausend Mark auf >Silberpfeil<, erstes Rennen. Und dann das übliche. Zehntausend.«
«Aber >Silberpfeil< hat doch gar keine Chancen, Herr Camerino.«
«Ich weiß. Ich will verlieren. Sie nehmen tausend an, dann zwei Quittungen. Eine über tausend, die andere über zehntausend. Zehntausend unter uns. Ich muß nur etwas Schriftliches haben. Fünfhundert für Sie, Barthke.«
«Wenn das Ihre Braut erfährt!«
«Wie soll sie?«Piero lachte.»Sie wird sagen: >Armer Liebling, hast du wieder verloren? Zehntausend Mark? Komm, trink einen Camparin Was sind zehntausend für sie?«
Der Totoeinnehmer Rudolf Barthke nahm die Zahlung von tausend Mark an. Dann schob er Piero den Wettschein zu und eine zweite, nicht registrierte Quittung über zehntausend. Er schien das nicht zum erstenmal zu machen — dazu geschah alles zu schnell, zu routiniert.
Hartung wartete, bis Camerino die beiden Scheine eingesteckt hat-
te, dann kam er plötzlich um die Holzwand herum wie jemand, der den Totalisator überfallen will. Camerino erschrak, Barthke schloß das Holzfenster, Hartung lächelte böse.
«Zehntausend Mark sind für Luisa kein Problem, ein Problem aber wird es sein, sie zu überzeugen, daß sie einen Betrüger liebt.«
Piero sah sich um. Sie waren allein. Die Pferde des ersten Rennens wurden zur Startmaschine geführt, alle Augen starrten nur auf die Bahn.
Camerino griff schnell in die Rocktasche, aber Hartung war schneller. Ein Reiter muß gut reagieren können. Mit einem Handkantenschlag auf den Unterarm verhinderte er, daß Piero seine Pistole herausriß. Camerino verzog das Gesicht, taumelte gegen die hölzerne Wand und hielt sich den Arm fest. Plötzlich stand dicker, perlender Schweiß auf seiner Stirn.
«Sie — Sie haben mir den Arm gebrochen«, stammelte er.
«Ich möchte Ihnen sämtliche Knochen brechen, Sie Schuft!«Hartung klopfte an das Fensterchen.»Hören Sie nur zu, mein Lieber. Sie können auch weglaufen, es nutzt Ihnen nichts mehr. Ihre Konzession sind Sie los, und einen Prozeß wird es auch geben.«
«Er hat mich erpreßt!«stammelte Barthke.»Er — er weiß, daß ich anders bin. homosexuell. Er hat mich mal beobachtet.«
«Das waren jetzt zehntausend«, sagte Hartung kalt zu Camerino.»Ein guter Tageslohn für Liebesgeflüster. Wieviel hat Luisa Ihnen auf diese Art schon gegeben, ohne es zu wissen?«
«Es ist der erste Versuch«, knirschte Piero.
Hartung atmete tief ein. Ich bin es Luisa schuldig, dachte er, auch wenn es ungesetzlich und brutal ist. Aber dieses Schwein da hat nichts anderes verdient, heuchelt Liebe bei der schönsten Frau dieser Welt, die daran zerbricht, eine verbrannte Augenpartie zu haben. Eine Frau, die so unendlich glücklich ist, wenn man ihr trotzdem sagt» Ich liebe dich«, und die es auch glaubt. Und hier ist ein Kerl, der daraus Kapital schlägt, der liebt und stiehlt in einem, der lügt, um sich die Taschen zu füllen, und sich hinterher lustig über die Tragik dieser Frau macht.
Hartung schlug ein paarmal zu, rechts und links, daß der Kopf Pieros herumflog wie ein Gummiball.
«Wieviel?«fragte er eisig.
«Ich schwöre.«
Wieder Schläge. Mitten hinein in das hübsche Playboygesicht, genau aufdie edle römische Nase und aufdie dunklen Liebhaberaugen.
Die Nase begann zu bluten, ein rotes Rinnsal liefüber das Kinn und die Brust mit dem Goldkettchen. Die Augen schwollen zu.
«Wieviel?«
«Bis heute vierundfünfzig«, stöhnte Camerino.»Aber ich bringe Sie um. Ich schwöre es — bei der Madonna!«
«Auch noch die Madonna beleidigen!«Noch ein Schlag gegen das rechte Ohr. Piero schwankte. Er hielt sich an der Holzwand fest und preßte den linken Arm gegen sein Gesicht.»Hör mal zu, du Saukerl!«sagte Hartung.»Mit einem Skandal ist Luisa nicht gedient. Deshalb lauf weg, verschwinde spurlos! Wenn ich dich irgendwo wiedersehe, liefere ich dich bei der Polizei ab. Los! Ab mit dir!«
Er riß Camerino von der Wand, stieß ihn auf den Weg und hielt ihn fest. Aus seiner Rocktasche holte er eine kleine Pistole und ein Klappmesser.
Er steckte die Waffen ein und drehte Piero herum. Das hübsche Gesicht war zugeschwollen. In diesem Zustand würde sich keine Frau mehr nach ihm umdrehen.»Wir verstehen uns — noch eine Begegnung zwischen uns, und du bist aus dem Verkehr gezogen. Für Jahre!«
Camerino nickte. Er schwankte etwas, als er davonging.»Komm ja nie nach Italien«, sagte er aus sicherer Entfernung und ballte die Fäuste.»Ich zerstückele dich.«
Hartung wandte sich ab. Rudolf Barthke streckte den runden Kopf durch den Schalter.»Und ich?«fragte er weinerlich.
«Sie vergesse ich.«
Mit schnellen Schritten ging Hartung zurück zur Tribüne. An Angelas Erfrischung dachte er nicht mehr. Er schleppte ein fast unlösbares Problem mit sich: Wie sagt man einer Frau, daß sie betrogen wurde? Wie sagt man es vor allem einer Luisa Gironi? Man könnte ebensogut einen Vulkan anstechen.
Er machte vor den Logen kehrt und ging zu Angela und Fallersfeld zurück. Erst mit ihnen den Fall besprechen, sagte er sich. Verdammt, ich habe tatsächlich Angst, Luisa die grausame Wahrheit zu sagen. Sie war so glücklich!
Das erste Rennen begann. Die Pferde standen schon in der Startmaschine. Nervös, gegen die Bretter schlagend, wiehernd, voll Temperament. Die Rennleitung schaute auf die Präzisionsuhren, auf die vorrückenden Sekundenzeiger.
«Noch zwanzig Sekunden«, sagte jemand.
Der Himmel über Baden-Baden war wie Samt.
Hinter der weißen, hölzernen Barriere stand Laska und schaute kauend auf die Startmaschine. Romanowski über ihr im Sattel fieberte.
«Jleich jeht det Ding los«, sagte er und tätschelte Laska den Hals.»Dann schießen die raus, als wenn eener ihnen Pfeffer untern Schwanz bläst. Det sind Renner! Alles jroße Namen. Wenn det — zum Verj-leich — Prinzen und Prinzessinnen sind, dann biste dajejen 'ne Küchenmamsell.«
Laska legte die Ohren an. Das hätte Romanowski warnen müssen. Aber er starrte mit offenem Mund auf die Startmaschine und wartete auf den Pfiff, wenn die Türen aufklappten. Er achtete so gar nicht darauf, daß Laska einige Schritte zurücktänzelte und zwischen sich und die Barriere ein paar Meter Distanz legte.
«Paß uff. «sagte Romanowski, so gespannt wie die Tausende rund um den Rennplatz. Die Ferngläser wurden bereits gezückt.»Jetzt! Is det ne Wucht!«
Die Sperre schnellte weg, wie von einem Bogen abgeschossen schnellten die Pferde heraus. Ein gelungener Start. Die Tierleiber streckten sich, sie liefen jetzt um ein Vermögen.
In diesem Augenblick setzte Laska zum Sprung an. Romanowskis
Schrei blieb ihm in der Kehle stecken, er hatte Mühe, sich im Sattel zu halten, zog die Zügel an, aber Laska war stärker, ihr Kopf schnellte vor, mühelos übersprang sie die Barriere und galoppierte quer über den Rasen auf die Bahn. Von den Tribünen erscholl ein einziger, tausendfacher Schrei. Die Glocke bimmelte vom Startturm, aber es nutzte nichts mehr — das Rennen war nicht aufzuhalten, die Pferde rasten bereits in die erste Kurve.
Laska setzte sich an das Ende des noch geschlossenen Feldes. Sie hob den Kopf, wieherte triumphierend und lief auf der Außenbahn im Schatten von >Silberpfeil<. Romanowski riß an den Zügeln, hieb die Absätze seiner Stiefel in Laskas Weichen, tobte und brüllte, und als sie nicht gehorchte, schlug er ihr mit der Faust auf den Kopf.
Das hätte er nicht tun sollen, anstatt scheu zu werden und auszubrechen, streckte sich Laska und ging mühelos an >Silberpfeil< vorbei. Auf den Tribünen tobten die Menschen. Fallersfeld hatte sich umgedreht und sah nicht mehr hin. Angela lachte Tränen, Hartung ballte die Fäuste.
«Ich drehe Pedro das Gesicht auf den Rücken!«schrie er.»Warum ist er nicht auf dem Abreiteplatz?«
«Das fragen Sie noch?«brüllte Fallersfeld.»Ihr Pedro und Ihre Las-ka sind meine Sargnägel! Diese Blamage! Was glauben Sie, was morgen in den Zeitungen steht? Ich werde mich verkriechen müssen, und Sie auch, Hartung! So ein Mistvieh von Pferd!«
«Es ist an siebter Stelle«, sagte Angela. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, so lachte sie.»Und Pedro reitet wie ein germanischer Gott!«
«Hören Sie auf, Angela. «Fallersfeld faßte sich ans Herz, als er das tausendstimmige Gelächter hörte.»Davon erhole ich mich nie wieder.«
Romanowski brüllte und heulte, beugte sich vor zu Laskas Ohren und schrie hinein:»Ick vergifte dir! Bei Jott, ick schlachte dir! Mir det anzutun! Mir, deinem Freund! Laska, hör uff damit, ick flehe dir an!«
Die Kurve, die Gegengerade. Die halbe Distanz war gelaufen — Las-ka lag in fünfter Position. Die Jockeys hinter Romanowski, die er überholt hatte, schrien ihm zu. Schimpfworte, die Pedros Kopf anschwellen ließen.
Als sie in die Gegengerade einbogen, liefen ihm vor Scham die Tränen über die Wangen. Er hatte keine andere Aufgabe mehr, als sich im Sattel zu halten. Mit Laska war nicht mehr zu reden, sie reagierte auf keinen Zügel mehr, auf keinen Schenkeldruck, auf keinen Zuruf. Sie lief auf der Außenbahn, auf der ungünstigsten Position, und überholte doch langsam alle.
Laska überholte das fünfte Pferd, einen Rappen mit dem schmalen Kopf eines Engländers. Der Jockey auf dem edlen Pferd versuchte, mit seiner Peitsche nach Laska zu schlagen. Sie wich ihm aus, schlug im vollen Lauf nach hinten aus, traf den Hengst und warf ihn damit aus dem Rennen.
Romanowski schluchzte auf, sah sich um, klammerte sich an seinem wilden Pferd fest und ergab sich in sein Schicksal. Als sie das vierte Pferd überholten, begann es ihm sogar Spaß zu machen. Beim Bogen in die Zielgerade beugte er sich vor und legte das Gesicht auf Laskas Kopf.
«Du verfluchtes Luder«, sagte er.»Det vajesse ick dir nie, aber ick nehm's zurück. Du bist keene Küchenmamsell! Loofen kannste wie keene andere. Nu blamiere mir nich und jewinn ooch.«
Die Zielgerade. In der Ferne die Tribünen mit den tobenden und schreienden Menschen. Sie warfen ihre Zylinder hoch und trampelten wie die Irren. Fernsehen und Film nahmen dieses einmalige Ereignis für alle Zeiten auf: Ein Springpferd, die berühmte Laska, läuft ein Galopprennen mit — natürlich außer Konkurrenz, außerhalb jeder Wertung.
Auf der Zielgeraden.
Romanowski überholte Nummer 3. Der Jockey, an dem Laska nahe vorbeiraste, spuckte Romanowski ins Gesicht.
Der Turm der Zeitnehmer. Die Rennleitung. Die Fahnen. Die Tribünen. Köpfe von Tausenden von Menschen. Hochgeworfene Hüte, Winken von Taschentüchern, wo Laska vorbeiflog. Ein Höllenlärm
aus Schreien und Klatschen.
Fasziniert starrten Fallersfeld, Angela und Hartung auf Laska. Romanowski, der wie ein Affe auf ihr hockte, übersahen sie ganz.
«An dritter Stelle«, stammelte Fallersfeld.»Horst, was ist das bloß für ein Pferd!«
«Jetzt weiß ich es — ein ungarisches!«
«Die Komplikationen, die noch kommen. Schadensersatzansprüche!«
«Ich bezahle alles!«schrie Hartung und warf die Arme hoch.»Sie ist an zweiter Stelle!«
«Neben >Feueratem<. Der ist Favorit! Ich träume«, sagte Fallersfeld matt.
Romanowski strahlte über das ganze Gesicht. Er war stolz aufLas-ka. Wenn auch alle lachten, wenn er auch der Clown sein würde, über den die ganze Welt lachte — Laskas Beine wirbelten über die Bahn, daß man sie kaum sah. Wo gibt es ein solches Pferd noch einmal?
Noch dreihundert Meter.
Laskas Körper wurde ganz flach. Romanowskis Lippen zuckten. Jetzt — jetzt, das erste Pferd.
Sie jagen Kopf an Kopf. Der Jockey, Billi Doll hieß er, riß an den Zügeln. Dann drosch er seinem Pferd auf die Kruppe.
«Idiot!«schrie er zu Romanowski hinüber.
«Affe!«schrie Pedro zurück.
Noch fünfzig Meter.
Laska wandte den Kopf zur Seite. Der Hengst neben ihr schnaubte und flockte weiß, als spucke er Schnee. Ein Anglo-Ara-ber, vierjährig, groß, ein Muskelpaket und doch von einer unvergleichlichen Schönheit. Er kostete neunhunderttausend Mark und hatte einen eigenen Stall mit italienischen Kacheln.
Noch einmal streckte sich Laska. Unter dem Gebrüll von allen Menschen, die die Rennbahn umstanden, zog sie an dem Hengst vorbei und übernahm die Spitze.
«Sie siegt!«schrie Hartung und boxte Fallersfeld in die Seite.»Sie
siegt!«Er spürte, wie Angela ihn küßte. Laska! Laska!
«Das kostet Sie ein Vermögen!«
Mit zwei Längen Vorsprung rannte Laska über die Ziellinie. Um sie herum brach die Hölle los, und auch Romanowski begriff wieder, daß etwas Ungeheuerliches geschehen war. Er ließ sich aus dem Sattel fallen, als Laska zur Seite auf dem Grünstreifen auslief, legte sich auf die Erde und bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen. Er hörte nur noch, wie sich Laska keuchend daneben legte, dann brachen Hunderte von Stimmen und die Blitzlichter der Fotografen über ihn herein.
Baden-Baden stand buchstäblich kopf.
Während Fallersfeld bei der Rennleitung erschien und mit ihr verhandelte, rieben Hartung und Angela mit schnell herbeigebrachten Strohbüscheln die schweißtriefende Laska ab. Sie stand auf schwankenden Beinen neben Romanowski und leckte ihm über das Gesicht. Er lag noch immer im Gras, völlig ausgepumpt und ohne Knochen — so fühlte er sich wenigstens.
«Laß det, Olle«, sagte er, als Laska ihn weiter leckte.»Det hilft nu ooch nischt mehr. Ick werde entlassen, det Jenick haste mir jebro-chen, det moralische Jenick. Ohne dir jehe ick ein wie'n Primelpott in der Wüste.«
Am Abend übernahm Dr. Rölle die taumelige Laska. Er horchte sie ab, maß den Puls und schüttelte den Kopf.»Die ist fertig«, sagte er zu Fallersfeld.»Wenn die morgen springt, versuche ich's auch! Die hat eine Kraftleistung hinter sich, an der sie noch Monate zu tragen hat.«
«Amen, dein Onkel Emil!«sagte Fallersfeld.»Baden-Baden wird mir immer, wenn ich daran denke, den Hut vom Kopf reißen.«
An diesem Abend sprach Hartung auch mit Luisa Gironi. Sie war verzweifelt, weil Piero Camerino seit dem Rennen verschwunden war, und wollte die Polizei einschalten.
Als Hartung sie verließ, lag sie auf dem Bett und weinte lautlos.
Sie hatte die Wahrheit ertragen, aber nur, weil Hartung sie ihr sagte.
In der Halle kaufte er einen großen Strauß roter Rosen und ließ ihn auf Luisas Suite schicken. Ohne Worte. Sie verstand ihn auch so.
Auch Angela verstand es.
«Wenn man ihr nur helfen könnte«, sagte sie leise.
«Keiner kann ihr helfen. Sie hat Millionen, aber ihr Gesicht wird sie nie wiederbekommen. «Hartung faßte Angela unter. Im Speisesaal war zum Abendessen gedeckt.»Es gibt eben Dinge, wo selbst Geld nichts wert ist.«
Am nächsten Nachmittag war der Tag der Springreiter. Mehr als sonst waren Presse und Fernsehen vertreten. Laska, die außerplanmäßige Siegerin beim Goldenen Pokal von Baden-Baden, sprang jetzt um den Großen Preis von Baden-Baden. Wenn das keine Sensation ist.
Das Stadion war ausverkauft. Für alle, die keine Karten mehr bekommen hatten, übertrug das Fernsehen außerhalb des Parcours den großen Kampf. Dreißig Fernsehgeräte standen auf den Wiesen herum. Vor ihnen ballten sich Menschentrauben.
Dr. Rölle hatte alles getan, um Laska fit zu machen. Sie ging zwar herum, latschte über die Cavalettis, aber es war keine Kraft mehr in ihr. Hartung ritt ein paar Hindernisse an, sie kam 'rüber, aber nur um Zentimeter über die Stangen. Fallersfeld winkte ab.
«Gut! Reiten Sie, Hartung. Schon wegen der Presse und der Sensation. Es ist doch alles vorbei.«
Das schien es wirklich.
Während die anderen sprangen, lehnte Laska vor dem Einlaß einer Fahnenstange und schlief. Sie schlief wirklich, mit geschlossenen Augen, und reagierte auf keinen Zuruf. Romanowski stand daneben, biß in seine Mütze und war wie gelähmt vor Kummer.
«Det sieht wie'n Herzschlag aus«, stammelte er, als Hartung kam, um aufzusitzen. Noch zwei Reiter, dann mußte er auf den Parcours.
«Herrchen, reiten Se det Luder nich. Sie stirbt uns uffn Platz.«
Hartung stieg auf. Laska öffnete die Augen und hob den Kopf. Ihr Blick war klar wie immer. Romanowski schnaufte laut, er erlebte ein Wunder, das sein Pferdeverstand nicht mehr fassen konnte.
«Det is nich möglich«, stotterte er.»Ick jeh in Pension. So wat jibt et nich.«
Es gab es tatsächlich.
Nach zwei Stechen gegen Nelson Pessoa gewann Laska den Großen Preis von Baden-Baden. Mit hocherhobenem Haupt trabte sie aus dem Stadion. Aber draußen, auf dem Abreiteplatz, fiel sie einfach um. Und Hartung küßte sie auf die zitternden Nüstern.