Im Innern der Hütte war es dämmrig. Die beiden vergitterten Fenster lagen im Schatten des Strohdaches, aber über dem Nachttisch baumelte eine elektrische Birne. Mrs. Pollifax knipste sie an. Die beiden schmalen Betten sahen seltsam bräutlich aus: Sie befanden sich unter Moskitonetzen, die wie Brautschleier von der Decke herabhingen und unter den Matratzen festgestopft waren. Hinter der Tür fand sie einen Gepäckständer, auf den sie ihren Koffer legte, und während sie sich umschaute, sagte sie laut: »Also - hier bin ich.«
Und Aristoteles vermutlich auch, rief sie sich dabei ins Gedächtnis.
Es war unglaublich still, totenstill. Draußen fiel irgend etwas zur Erde. Es klang wie eine vom Baum fallende Frucht. Eine ganz schwache Brise brachte die Schilfwände zum Rascheln. In der Ferne hörte sie einen Generator summen. Und jetzt erklangen in diese Stille hinein Stimmen. Sie hörte ein Mädchen lachen, einen Mann etwas antworten, und erkannte Cyrus Reeds Stimme. Er und Lisa waren also angekommen. Sie öffnete ihren Koffer, zog schnell ihren dicken Pullover an, kämmte ihr Haar, überprüfte den Film in ihrer Kamera und ergriff ihre Jacke.
Als sie die Tür aufmachte, glitt eine Eidechse über die Stufe und verschwand unter der Hütte. Sie ging den Pfad zum Wasser hinunter, und nach kurzem Zögern nahm sie den Weg durch eine leere, hellerleuchtete Bar in den Speiseraum, den kein Dach bedeckte. Unmittelbar vor seinen niedrigen Mauern brannte auf der dem Fluß zugewandten Lichtung ein Lagerfeuer. Ein Dutzend Stühle stand um das Feuer herum, und auf einem saß der junge Mann namens John Steeves. Als er sie erblickte, stand er auf, und das etwas scheue Lächeln, mit dem er sie begrüßte, erhellte sein ernstes Gesicht. »Ich glaube, wir kennen uns noch nicht«, sagte er, indem er ihr die Hand entgegenstreckte. »Ich bin John Steeves.«
»Emily Pollifax«, sagte sie, während sie sich die Hände schüttelten. »Setzen Sie sich doch. Ich liebe das Feuer. Ich setze mich nah heran, weil ich friere.«
»Begreiflich.« Er nickte. »Hier ist erst Frühlingsanfang, und außerdem kam die Regenzeit später als sonst, wie ich hörte, deshalb sind die Wege noch nicht in Ordnung gebracht worden. Was Ihnen nicht entgangen sein dürfte«, sagte er und grinste.
Offensichtlich war er viel älter, als sie gedacht hatte. Alles an ihm war jungenhaft. Sein faltenloses Gesicht, seine schlaksige Haltung, seine Lebhaftigkeit - nur seine Augen nicht. Sie wirkten irgendwie gehetzt, als hätten sie zuviel gesehen. Es waren, wie ihr Sohn Roger sich ausgedrückt hätte, die Augen einer alten Seele, so daß sie ihrer ersten Schätzung ein paar Jahre hinzufügte und ihn nunmehr für Mitte dreißig hielt.
»Freuen Sie sich auf die Safari?« fragte er Mrs. Pollifax, und ihr wurde klar, daß sie ihn angestarrt hatte.
»O ja, gewiß«, antwortete sie herzlich. »Und Sie?«
»Bißchen Pause für mich. Zuviel Herumreisen verdirbt einen für Kurorte und Luxushotels.«
»Dann reisen Sie also viel?«
Er nickte, während er mit seinem staubigen Stiefel Zweige zum Feuer schob. »Ich schreibe Reisebücher.«
»Steeves«, sagte sie nachdenklich. »Ich fürchte...«
»Ich weiß«, sagte er mit seinem raschen Lächeln, »kein Mensch behält Verfassernamen.«
»Nennen Sie mir die Titel Ihrer Bücher.«
»Hm... Im Himalaya verirrt, Über die chinesische Grenze, Hundert Nächte in einer Mongolenjurte.«
»Aber natürlich«, rief sie aus. »Über die chinesische Grenze habe ich gelesen. Sie verkleiden sich dort und leben unter Eingeborenen.«
»Wenn Sie so wollen, ist die Verkleidung der wichtigste Bestandteil meines Erfolges. Ich liebe die Maske. Tatsächlich habe ich als Schauspieler angefangen, aber es macht mehr Spaß, so etwas in gefährlichen Situationen anzuwenden.«
»Sie lieben die Gefahr?« fragte sie neugierig.
»Bestimmt ist sie amüsanter als das tägliche Einerlei.«
»Ja«, stimmte Mrs. Pollifax mit einem leisen Lächeln zu. »Die Anregung, die Dinge, die man über sich selbst erfährt; das völlige Aufgehen im Augenblick.«
Er sah sie überrascht an. »Sie sprechen offenbar aus eigener Erfahrung...« Sein Blick glitt über sie hinweg, sein Gesichtsausdruck veränderte sich, und er verstummte. Mrs. Pollifax drehte sich um und sah Lisa Reed mit ihrem Vater kommen.
Steeves, sichtlich beeindruckt, sprang auf. »Also, ich muß sagen -guten Abend. Sind Sie auch bei der Safari? Sie waren nicht im Bus.«
Lisa hatte sich umgezogen, trug jetzt zu blauen Jeans ein Baumwollhemd und wirkte viel jünger, verletzlicher. Ihre elegante, schlanke Gestalt hatte etwas Zerbrechliches. Mrs. Pollifax glaubte, sie erröten zu sehen. Aber als sie sprach, klang ihre Stimme unpersönlich: »Nein, wir sind mit dem Wagen aus Lusaka gekommen. Ich bin Lisa Reed.«
»Und ich Cyrus Reed, Vater«, ergänzte Reed. Er sank auf den Stuhl neben Mrs. Pollifax und bemerkte: »Schön, Sie wiederzusehen.«
Steeves schien erfreut. »Sie sind Amerikaner? Bitte, setzen Sie sich zu mir. Ich habe seit Jahren keine Amerikaner getroffen. Vielleicht können Sie mir erklären, was in Ihrem Land vor sich gegangen ist?«
»Wenn das ein Mensch kann, dann nur Lisa«, sagte Reed. »Der Bericht ist natürlich einseitig.«
Steeves zeigte sein schnelles, strahlendes Lächeln. »Aber alle Berichte sind doch einseitig, nicht? Sie hatten eine Affäre, die etwas mit Entwässerung zu tun hatte?«
Das trug ihm ein Lächeln von Lisa ein. »Nein, nein«, sagte sie. Lisa setzte sich neben ihn und begann mit ihm zu reden. Ihr Gesicht war sehr ernst, und sie begleitete ihre Worte mit raschen, entschiedenen Gesten.
Ihr Vater wandte sich Mrs. Pollifax zu. »Ich dachte, es würde Sie interessieren, daß im Hotel jemand nach Ihnen gefragt hat, als ich mich abmeldete.«
»Nach mir?« fragte Mrs. Pollifax. »War er groß, mit dunklem Haar und blauen Augen und... «
Reed schüttelte den Kopf. »Sambier. Kleiner, schwarzer Bursche. Hatte was Geblümtes an.« Er suchte nach dem richtigen Wort: »Über und über voll Hibiskus. Oder Bougainvillea. Diese Art Hemd, mit schwarzer Hose und Turnschuhen.«
Verwirrt fragte Mrs. Pollifax: »Und Sie sind ganz sicher, daß er nach mir gefragt hat?«
»Ganz sicher«, nickte Reed. »Mußte ja einfach zuhören. Fragte nach Ihrer Zimmernummer, und als der Angestellte ihm sagte, Sie hätten sich schon abgemeldet, ging er.«
»Das ist ja höchst sonderbar. Gewiß, ich habe diese Anzeige aufgegeben, aber sie erscheint ja erst morgen.«
»Vielleicht kennt der Setzer jemanden, der Ihren Freund kennt. Oder vielleicht hat das Reisebüro 'nen Burschen vorbeigeschickt, um festzustellen, ob Sie auch zeitig weggekommen sind.« Er deutete mit einer Handbewegung auf die beiden jungen Leute jenseits des Lagerfeuers hin und sagte: »Freut mich, daß etwas Junges und Männliches für Lisa dabei ist.«
Mühsam riß Mrs. Pollifax ihre Gedanken von dem geheimnisvollen Mann im Hotel los. »Ich glaube, Ihre Tochter errötete, als sie ihn sah.«
Er hob die Brauen. »Glauben Sie?« Interessiert blickte er zu Lisa hinüber. »Erstaunlich, ist mir entgangen.«
»Sie standen hinter ihr.«
»Allerdings. Offenbar ein einnehmender Bursche, dieser Steeves.«
John Steeves war tatsächlich sehr aufmerksam, fand Mrs. Pollifax, als sie zu den beiden hinüberschaute. Seine Augen mit dem gehetzten Blick ruhten beim Zuhören unverwandt auf Lisas Gesicht, und sein rasches Lächeln verwandelte ihre Traurigkeit. Es war selten, daß ein Mensch so zuhören konnte, und es war eine Eigenschaft, überlegte Mrs. Pollifax, der eine Frau kaum widerstehen konnte.
»Und Sie?« fragte Reed. »Reisen sie immer allein?«
»O ja«, antwortete Lisa einfach. »Wenigstens...«
»Wenigstens reisen sie allein ab«, sagte er mit seinem trägen Lächeln, »und dann ziehen Sie die Leute an wie der Rattenfänger. Ah, da kommt Mr. Sowieso. Sturer Bursche, mit dem Sie gekommen sind.«
»Mr. Kleiber«, erinnerte sie ihn, »Willem Kleiber.« Kleiber näherte sich unschlüssig dem Feuer. Er setzte sich zwei Stühle entfernt von Cyrus Reed und meinte verdrossen: »Nicht mal fließendes Wasser gibt es hier. Wie soll man sich da waschen?«
»Das Wort Safari bedeutet Kampieren, wissen Sie«, sagte Reed beiläufig.
Bei Kleibers Worten hatte Lisa sich umgedreht. »Hinter den Schilfwänden da oben sind Duschen! Und es gibt auch heißes Wasser.«
Kleibers Gesicht sah besonders um die Nase herum noch verkniffener aus als vorher. Er besaß die beweglichsten Nasenflügel, so fand Mrs. Pollifax, die sie je gesehen hatte. »Jeder kann hereinkommen«, sagte er kalt. »Jeder. Es gibt weder eine Tür noch ein Dach.«
Mit recht amüsierter Stimme meinte Steeves: »Ich kann mir gar nicht denken, daß das jemand Spaß machen würde. Versuchen Sie doch laut zu singen, während Sie unter der Dusche stehen.«
»Genau das habe ich getan«, sagte Amy Lovecraft, die herantrat. In enganliegenden schwarzen Hosen, einem Kaschmirpullover und einer kurzen Lederjacke sah sie sehr elegant aus. Sie setzte sich neben John Steeves, legte ihm eine Hand auf den Arm und sagte: »Ich denke doch, wir nennen einander jetzt beim Vornamen, damit ich John zu Ihnen sagen kann.«
»Bitte, tun Sie das«, sagte er. »Kennen Sie Lisa Reed?«
»Nein, Kinderchen«, sagte sie, beugte sich vor und lächelte Lisa erheblich weniger strahlend an als zuvor John. »Auch den reizenden großen Herrn da drüben kenne ich noch nicht.«
»Wir heißen beide Reed«, sagte Lisa kurz. »Ich bin Lisa, und er ist mein Vater Cyrus, und die Dame, die neben ihm sitzt, ist Mrs. Pollifax.«
»Sehr erfreut, Cyrus«, sagte Mrs. Lovecraft, bedachte ihn mit ihrem warmen Lächeln und übersah Mrs. Pollifax. »Und da kommt Tom Henry. Ich finde es toll, daß wir einen Doktor bei uns haben und obendrein noch einen bekannten Reiseschriftsteller, finden Sie nicht?«
Mrs. Pollifax fand das taktlos, und es würde Amy Lovecraft vermutlich die restlichen Männer zu Gegnern machen. Sie beschloß aber, ihr Urteil über Mrs. Lovecraft erst noch zurückzustellen und begrüßte Dr. Henry aufrichtig erfreut. Er wurde den Reeds vorgestellt, setzte sich neben Mrs. Pollifax, lächelte sie freundlich an und sagte: »Hoffentlich gibt es bald Abendessen, ich sterbe vor Hunger.«
»In etwa fünf Minuten«, berichtete sie ihm nach einem Blick auf ihre Uhr. »Gerade noch Zeit genug, um Sie zu fragen, was Homer gemeint hat, als er sagte, Sie kämen von einem Missionskrankenhaus. Heißt das etwa, daß Sie in Sambia leben?«
Er riß seine Augen von Lisa Reed los und wandte Mrs. Pollifax seine volle Aufmerksamkeit zu. »Das stimmt. Das Krankenhaus liegt drüben am Sambesi in der Nähe der angolanischen Grenze. Ich bin vor drei Jahren aus Kanada gekommen, und ganz bestimmt haben meine Freunde mich eine Woche später zurückerwartet.« Er lächelte sie auf seine jungenhafte Art an. »Ich brauche wohl nicht zu erklären, daß ich noch hier bin.«
»Sie leben gern hier.«
»Sehr gern«, bestätigte er. »So gern, daß ich Lust bekam, während meines Siebentageurlaubs auf Safari zu gehen. Vor lauter Arbeit weiß ich fast gar nichts über den Busch, und ich möchte mehr über wilde Tiere wissen.«
»Homo sapiens inbegriffen?« fragte Reed und beugte sich vor, um an der Unterhaltung teilzunehmen.
»Na, von dem bekomme ich eine Menge Exemplare zu sehen«, sagte Dr. Henry und erwiderte das Lächeln. »Aber außer einigen Missionarsfamilien beim Hospital habe ich lange keine Gruppe wie diese hier getroffen. Ich hatte ganz vergessen, wieviel Unsinn die Leute reden.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Reed lächelnd.
»Worüber reden Sie in Ihrem Hospital, wenn Sie Muße haben?« erkundigte sich Mrs. Pollifax.
Er grinste. »Oh, über Leben, Tod, Blutvergiftung. Wer das nächste Trinkwasser abkochen muß oder was der Medizinmann des Dorfes heute geäußert hat.«
Mrs. Pollifax lachte. »Also nicht gerade Konversation.«
»Lieber Himmel, nein«, sagte er ärgerlich. »Offenbar muß ich mich erst wieder daran gewöhnen.« Er lächelte Chanda zu, der in den Kreis getreten war und sich neben ihn stellte. »Bweleniko«, sagte er. »Mwapoleni.«
»Kuntu kuli kusuma«, erwiderte der Junge lächelnd.
»Endita. Chanda spricht Bemba«, erklärte er und wandte sich an Mrs. Pollifax, »aber jetzt auch schon etwas Englisch, und vor allem versteht er es sehr gut. Als wir uns kennenlernten, war ich gerade dabei, mich mit Nyanga herumzuschlagen, und jetzt muß ich Bemba lernen, und das gibt ein ziemliches Durcheinander. Chanda, diesen Herrn kennst du noch nicht. Es ist Mr. Cyrus Reed.«
Chanda trat vor, reichte Reed die Hand und klatschte dann zur allseitigen Überraschung dreimal in die Hände. »So begrüßt man sich in Sambia«, erklärte Dr. Henry. »Nur hat Chanda Ihnen gegenüber eine einfache Form angewandt. Ganz richtig ist es eine wahre Zeremonie.«
»Jedenfalls fühle ich mich vollendet begrüßt«, sagte Reed.
Der etwas entfernt sitzende Willem Kleiber sagte beunruhigt: »Er ist doch nicht Ihr Sohn, oder?«
Tom Henry lächelte freundlich. »Jetzt ist er es. Er wurde halbtot ins Krankenhaus gebracht, weil bei den Kämpfen an der angolanischen Grenze sein ganzes Dorf ausgelöscht worden war. Freiheitskämpfer brachten ihn.«
Lisa, die mitgehört hatte, fragte atemlos: »Dort leben Sie?«
Er nickte.
»Aber das muß aufregend sein.«
»Ist es«, bestätigte er und begegnete ihrem Blick mit einem leichten Lächeln.
In diesem Augenblick kündigte eine Trommel das Abendessen an. Als Mrs. Pollifax sich erhob, sah sie einen Jungen in weißer Jacke eine mächtige Suppenschüssel in den Speiseraum unter freiem Himmel tragen. Sie sah auch Mr. Mclntosh auf der Schwelle stehen, unschlüssig, ob er sich der Gesellschaft am Feuer zuwenden oder in den Speiseraum gehen sollte. Er hatte sich umgezogen, trug jetzt Khakihosen, ein offenes weißes Hemd und einen schwarzen Pullover mit V-Ausschnitt. Ob er wohl zu jeder Mahlzeit im letzten Augenblick erscheinen, vorzeitig aufstehen und wie ein Schatten verschwinden würde? Intuitiv begriff sie, daß er ein einsiedlerischer, ein in sich gekehrter Mann war. Aber wieso eigentlich? Lag es an der Art seines Blickes, oder lag es an seinem immer gleichen überraschend milden Lächeln? Er stand einfach abwartend da. Als sie sich erhoben, wandte er sich, immer noch lächelnd, dem Büfett zu und stellte sich an.
Mit dem Erscheinen von Mr. Mclntosh waren die Teilnehmer der Safari jetzt vollständig versammelt, und Mrs. Pollifax fragte sich nicht zum erstenmal, wer von ihnen nun ein Mörder sein mochte - ein unangenehmer Gedanke. Keinen von ihnen konnte sie sich mit einer Pistole in der Tasche in einer Menschenmenge vorstellen: wie er wartete, feuerte und verschwand. Keiner von ihnen schien einer solchen Gewalttat fähig.
Cyrus Reed würde bestimmt auffallen, dachte sie mit einem amüsierten Blick auf die große Gestalt, die sich über die Suppenterrine beugte. Möglich, daß Mr. Kleiber ohne seinen Ziegenbart unscheinbar genug aussah. Auch möglich, daß Tom Henry überhaupt kein Doktor war; Mclntosh, fand sie, konnte ohne weiteres in einer Menge verschwinden - wie eben jetzt. Steeves sah dazu zu charakteristisch aus, aber aus seinen Büchern wußte sie, daß er ein Meister der Maske war.
Wenn aber Carstairs recht hatte, dann trug einer von ihnen eine teuflisch geschickte Maske. Und dann fiel ihr Carstairs Telefonanruf am Abend vor ihrer Abreise von New Jersey wieder ein. Sie hatte ihm versichert, ihr Paß sei wieder in ihrer Hand, und Bishop habe ihr die Wichtigkeit der Schnappschüsse erklärt. Dann hatte sie ihm die Frage gestellt, an die sie nicht ohne eine gewisse Erbitterung denken konnte. »Ich weiß ja«, hatte sie zu ihm gesagt, »daß wir in einer verrückten Welt leben, aber erklären Sie mir bitte, warum ein Mörder auf Safari gehen sollte.«
»Um jemanden zu treffen, nehme ich an«, hatte Carstairs amüsiert geantwortet. »Vielleicht um den nächsten Mord zu planen oder um die Bezahlung für den letzten entgegenzunehmen. Bestimmt nicht zum Vergnügen.«
Wenn das stimmte - und Carstairs' Vermutungen erwiesen sich fast immer als richtig -, dann trugen auf dieser Safari zwei Menschen eine Maske. Und gelegentlich mußten sie sich zu einem kleinen Plausch absondern. Wenn sie es sehr behutsam, sehr diskret anstellte, konnte sie vielleicht hier und da ein wenig lauschen...
Natürlich hatte Carstairs ihr klargemacht, daß sie nur Fotos knipsen sollte, und sie hatte die Absicht, diesen Auftrag tadellos zu erledigen. Aber es erschien ihr eigentlich als eine unglaubliche Verschwendung, wenn sie nicht gleichzeitig ein wenig spionierte. Schließlich mußte doch der Steuerzahler ihre Safari bezahlen, dachte sie tugendhaft, und Verschwendung war ihr nun einmal ein Greuel.
Außerdem, überlegte sie weiter und ließ jeden Anspruch auf Tugendhaftigkeit fallen, außerdem wäre es doch zu schön, Carstairs damit zu überraschen, daß sie Aristoteles dingfest gemacht hatte.