1. Der Wind bläst das Zelt auf wie einen Ballon,
es zerrt an gespannten Seilen,
will sich losreißen und losfliegen
über wermutbedeckte Schluchten
und schartige Feuersteinhügel,
hinauf in die stürmische Nacht
und die heulenden Wolken.
Fest
wie ein Wurm sich listig
um das Staubblatt einer Fuchsie schlingt,
schlingt ein Mann die Hände um eine Kerze.
Die Flamme zittert im Wind,
züngelt an seinen Händen,
färbt die schwankenden Mauern rot.
Die Hände werfen Schatten auf die roten Mauern.
Das Kerzenlicht schwindet, flackert wieder auf.
Die Schatten sind voll von alten Zeltbewohnern –
Männer, neugierig auf das Leben in den Städten,
Männer, die andersartiges Brot probieren wollen,
Männer, die sich auskennen mit Polarstern
und Mondphasen,
die sich Ost und West
lässig über die Schulter werfen
wie einen Mantel:
Herodot, Thales, Demokrit,
Heraklit, der Flüsse beobachtete,
parosstirnige lohwangige Reisende,
die lange bei den Weinhändlern saßen und zuhörten,
früh aufstanden und den Hafenwind schnupperten
und das Leuchten der Wüstenorte in der
Morgendämmerung sahen,
und wachen Sinnes
Meere und Ebenen und Städte bereisten,
in festen Händen
bis an die grauen kühlen Augen
die eigenwilligen Seelen von Menschen und Göttern.
Die Kerze ist in Dunkelheit und Wind erloschen.
Das Zelt widersteht dem starken Wind,
festgezurrt, mit Steinen beschwert.
Mein Schlaf wird mit Träumen aufgepumpt,
will sich losreißen und hochfliegen
über wermutbedeckte Schluchten
und schartige Feuersteinhügel,
hinauf in die stürmische Nacht
und die heulenden Wolken.
Vielleicht wenn das Licht im Osten
blecherne und scharlachrote Becken schlägt
mit dem Brummen und Klingeln mächtiger Glocken,
werden weiß über feuersteinbedeckte Hügel
die suchenden zeltlosen Karawanen kommen,
die Bilkis[32] unermüdlich führt,
nickend in ihrem Gewand,
auf einem brüllenden Dromedar.
2. Képis, zwei Mützen, ein Filzhut und eine Melone, kopflos auf der Garderobe. Ein herunterhängender Schal, ein Regenschirm. Dazwischen mein Hut. Die Türen schwingen ...
Tisch, zwei Reihen grüner weißer Kiefer (comme on s’ennuie), kauende rasierte Kinnbacken vor Ketchup-Flaschen und Pickles-Gläsern; Kragen schnüren die Adern an schlaffen Hälsen ein; Messer und Gabeln klimpern in azetylenschimmerndem Zickzack (dans ce sale pays). Seitenblicke (comme on s’ennuie) halten Gedanken fest (dans ce sale pays) wie Klammern auf dem Vorderschnitt von Taschenbüchern.
Mit knarrenden Schritten gehe ich, gesättigt, unauffällig zu den Schwingtüren.
Und gestern
ritt ich auf einem grauen Hengst
in den ersten Olivengarten
und vorgestern
saß ich im vollen Wind,
aß Datteln, in Ghee gebraten,
rechts neben Jassem er-Rawwaf
in der roten Höhle des Feuerscheins,
und sah Hassun seine blutende Fußwunde
in glühender Asche stillen
und lehnte den Kopf an den Ballen
mit fadenartigem gelben persischen Tabak
die Augen gepeinigt vom durchdringenden Rauch
die Beine zerstochen von scharfen Wüstensteinen,
und hörte Salehs
leises durstiges Lied
vom ausgemergelten Hossein und Kerbela
für den schlanken Ali,
dessen Gang, wenn er rufend und rufend
in das Lager die zweiundvierzig Kamele führte,
ein Zug von Königen war, dunkle Heimkehrer,
eingemeißelt auf einem Berg
im Triumph,
und ich fragte mich,
die spitzen Wermutflammen betrachtend,
warum Nawwaf an jenem Tag davonritt
auf seinem großen weißbärtigen Dromedar
ohne ein Stück Brot,
krausbärtiger Nawwaf,
Freund des Winds, Kenner der vier Himmelsrichtungen,
der, wenn er lachte, Stahl
aus kajalschwarzen Augen sprühte.
esch-Scham