XIV POSTFLUGZEUG

Windgeschützt hinter dem Wellblechschuppen hocken ein alter Mann und zwei Frauen, bis zu den Augen in bleiche Lumpen vermummt. Ein Mechaniker, der ein Stück Putzwolle mit den Händen knetet, macht in einer Mischung aus Französisch und Pidgin-Arabisch spöttische Bemerkungen zum Thema Schweinefleisch. Alle frieren im kalten Ostwind. Schließlich erscheint das Flugzeug über den kahlen marokkanischen Bergen. Die Frauen kichern unter ihrem Schleier. «Im Namen Gottes», sagt der Alte und beobachtet reglos den Passagier und die Postsäcke und die Propellerblätter, die sich langsamer und langsamer drehen, zwei werden und stehen bleiben. Der Passagier klettert hinein und kauert sich hin, vor ihm ein schmalgesichtiger melancholischer Mann mit Motorradbrille. Die Postsäcke werden hineingeworfen, dann donnert der Motor, der Wellblechschuppen fällt zurück, die Hügel beginnen zu tanzen, und das weiße Tanger und die Meerenge und der Atlantik und das schwarze, wolkenumspielte Rif-Gebirge bleiben zurück, verschwinden in einer schiefen Spirale. Das Flugzeug hüpft wie ein Ball über eine Schneefläche aus weißen Wolken. Man friert und hat ein komisches Gefühl im Bauch, endlos ziehen sich die Stunden hin, bis man plötzlich in einen Wirbel aus Dunstfetzen und sonnenbeschienenen, roten gepflügten Äckern und gelben und weißen Häusern hineingerät, wir umkreisen die Stierkampfarena, das ist Malaga. Keine Zeit fürs Mittagessen.

In Alicante sitzen Passagier und Pilot in einer Art Cabaret und trinken Fundador[38]. Auf der Bühne stampfen füllige Damen von gestern erschöpft zu Kastagnetten, aber Mercedes (1926er-Modell) setzt sich zu uns an den Tisch. Sie trägt das schwarze Haar kurz und macht bei dem Gespräch über Geschwindigkeit und eisige Luftlöcher goldig-runde Augen wie eine Katze.

In aller Frühe gehen sie, verkatert, mit brennenden Augen und trockenem Mund, wieder an den Start, schrauben sich in den Nordwind.

Valencia durch Lücken im Schneesturm. Dann stundenlang bronzegrünes Meer und rostbraune Höhenzüge und in einer doppelten Drehung hinunter nach Barcelona. Keine Zeit fürs Mittagsessen.

Nördlich der Pyrenäen ist die Luft dick wie weiße Suppe. Über Sète ballen sich Wolken aus gigantischen Federn zusammen. Wir trudeln und sacken seitlich weg und werden plötzlich wie blind herumgeworfen. Es ist schrecklich kalt. Die Erde löst sich in wirbelnde Dunstfetzen auf. Keine Restaurants mehr, keine dampfgeheizten Bahnabteile, keine Wahlkampfumzüge, kein Red Fire[39], keine Beefsteaks. Nichts als wirbelnde Kälte über einer imaginären Sphäre, markiert von Kontinenten, Kanälen, Straßen, Grundstücken. Eine Erde, unheimlich wie der Mars, kalt wie der Mond, fern wie Uranus, deren Tempo am Ende wie ein Gummiband reißt. Verpackt und verknotet, hart und kalt, wie ein Baseball um die Welt geworfen ... Bis man sich bei der Heimkehr wiedersieht und sich in den alten schwarzen Hut übergibt.

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