Bolitho betrat den Raum oben im Turm, wo der frühere Fortkommandant spartanisch einfach gelebt hatte, und fand Paget mit d'Esterre über eine Karte gebeugt, lebhaft diskutierend.
Bolitho fragte:»Sie haben nach mir geschickt, Sir?»
Kaum erkannte er seine eigene Stimme wieder. Die Müdigkeit war fast totaler Erschöpfung gewichen. Den ganzen Tag über war er von einer Aufgabe zur anderen gehetzt, sich ständig der blauweißen Schlange bewußt, die an der Küste entlang auf sie zukam, bald in und bald außer Sicht. Zur Zeit war sie ganz verschwunden, und es schien, als biege die Straße scharf ins Landesinnere ab, bevor ein Seitenweg zur Insel hin abzweigte.
Paget blickte auf. Er hatte sich rasiert und sah in seiner gut gebügelten Uniform frisch und adrett aus.
«Ja. Es wird nicht mehr lange dauern. «Er deutete auf einen Stuhl.»Alles erledigt?»
Bolitho setzte sich steif.»Erledigt. «Was für ein endloses Durcheinander von Aufgaben und Arbeiten sie bewältigt hatten! Tote mußten begraben, Gefangene an einen Platz geschafft werden, wo man sie mit der geringsten Anzahl von Leuten bewachen konnte. Vorräte und Wasser mußten überprüft, Schießpulver in das tiefst-gelegene Magazin geschafft werden, damit es eine einzige, vernichtende Explosion gab, sobald der Brand der Zündschnüre sein Ziel erreicht hatte. Die schweren Geschütze mußten gedreht und gegen das Land gerichtet werden, damit sie den Damm und den gegenüberliegenden Küstenstreifen unter Beschuß nehmen konnten.
«Ich habe alle Seeleute ins Fort kommen lassen, wie von Ihnen angeordnet«, ergänzte Bolitho.
«Gut. «Paget schenkte ein Glas Wein ein und schob es über den Tisch.»Trinken Sie, er ist nicht schlecht. «Dann fuhr der Major fort:»Sie müssen wissen, das meiste beruht auf Bluff. Wir wissen eine ganze Menge über diese Burschen, aber sie wissen kaum etwas über uns. Sie werden zwar meine Marinesoldaten bemerken, aber ein Rotrock sieht aus wie der andere. Warum sollten sie uns für Marine halten? Wir könnten ebensogut ein starkes Aufgebot von regulären Truppen sein, das sich durch ihre Linien gekämpft hat. Das wird sie beunruhigen.»
Bolitho blickte d'Esterre an, aber dessen normalerweise so lebhaftes Gesicht war ausdruckslos; daher vermutete Bolitho, daß die Idee, die Anwesenheit der Seeleute geheimzuhalten, von ihm und nicht von Paget stammte.
Es war sinnvoll. Schließlich lagen keine Boote da, und niemand wußte besser als der zurückkehrende Fortkommandant, wie unmöglich es war, ein Kriegsschiff unbehelligt von den schweren Geschützen auf den Ankerplatz zu segeln.
Der ungünstige Wind hatte noch an Stärke zugenommen und den ganzen Nachmittag über Staubwolken von der Marschsäule herangetrieben wie Rauch von Geschützfeuer.
Paget bemerkte:»Etwa eine Stunde bis Sonnenuntergang. Aber sie werden sich noch vor Einbruch der Dunkelheit bemerkbar machen, darauf gehe ich jede Wette ein.»
Bolitho blickte durch ein schmales Fenster auf der anderen Seite. Er konnte einen Teil des Hanges sehen, auf dem er mit dem jungen Couzens gelegen hatte, scheinbar vor tausend Jahren. Die sonnenverbrannten Büsche bewegten sich im Wind wie rauhes Pelzwerk, und die Abendsonne tauchte alles in feurige Farbtöne.
Die Seesoldaten hatten sich unten bei den jetzt umgestürzten Floßbalken Löcher gegraben, in denen sie vom Festland aus nicht zu sehen waren. D'Esterre hatte gute Arbeit geleistet. Jetzt hockten sie alle darin und warteten auf den Feind.
Bolitho bemerkte mit müder Stimme:»Wasser ist unser Hauptproblem, Sir. Die Garnison hat es immer aus einem Bach weiter landeinwärts geholt. Jetzt ist nicht mehr viel Wasser da. Wenn sie wüßten, daß wir auf ein Schiff warten, könnten sie sich genau ausrechnen, wieviel Zeit uns bleibt.»
Paget holte Luft.»Ich habe natürlich daran gedacht. Sie werden versuchen, uns zu bombardieren, aber da sind wir im Vorteil. Dieser Strand ist zu weich für ihre schweren Geschütze, und es wird mindestens einen weiteren Tag dauern, sie auf den Hügel zu schaffen, um uns von dort aus unter Beschuß zu nehmen. Was den Damm betrifft, so kann ich mir nicht vorstellen, daß sie darüber einen Frontalangriff riskieren würden, nicht einmal bei Niedrigwasser!»
Bolitho sah d'Esterre leise lächeln. Möglicherweise dachte er daran, daß Paget genau das von ihm und seinen Leuten erwartet hatte — für den Fall, daß es Bolitho nicht gelang, die Tore rechtze i-tig zu öffnen.
Die Tür wurde aufgestoßen, und der Leutnant vom Flaggschiff meldete aufgeregt:»Feind in Sicht, Sir!»
Paget starrte ihn an.»Wirklich, Mr. Fitzherbert, dies ist eine Garnison und nicht die Bühne im Drury-Lane-Theater!«Trotzdem stand er auf und trat in den heißen Sonnenschein hinaus. Auf der Brustwehr ließ er sich ein Teleskop reichen und schaute hindurch.
Bolitho stützte sich auf das heiße Holz der Brüstung und blickte zum Land hinüber. Zwei Reiter, fünf oder sechs Infanteristen und ein großer schwarzer Hund drängten sich auf dem engen Strand — offenbar eine Vorhut.
Paget sagte:»Sie suchen das Floß. Ich kann beinahe hören, wie ihre Hirne arbeiten.»
Bolitho blickte ihn an. Paget genoß doch tatsächlich die Situation!
Einer der Reiter stieg ab, der Hund lief zu ihm hin und wartete eifrig wedelnd. Sein Herr, anscheinend der Dienstälteste der Gruppe, tätschelte seinen Kopf mit routinierter Gebärde.
Fitzherbert fragte vorsichtig:»Was werden sie tun, Sir?»
Paget antwortete nicht sofort, sondern sagte zu d'Esterre:»Sehen Sie, wie die Hufe der Pferde sich in den Sand graben? Das einzige Stück befestigter Straße führt zum Anlegeplatz für das Floß. «Er senkte sein Glas und lachte in sich hinein.»Das haben die sich nicht träumen lassen, daß sie einmal hier die Angreifer spielen müssen!»
Sergeant Shears rief:»Ein paar von ihnen sind schon oben auf dem Hügel, Sir!»
«Von dort können sie uns Gott sei Dank nicht mit Gewehrfeuer erreichen«, sagte Paget und rieb sich vergnügt die Hände.»Sagen Sie Ihrem Artilleristen, er soll einen Schuß auf den Damm setzen. «Er blickte Bolitho scharf an.»Sofort!»
Rowhurst hörte Pagets Befehl mit offensichtlicher Begeisterung.»So gut wie besorgt, Sir!»
Mit Hilfe seiner Leute richtete er das schwere Geschütz auf den nassen Sand am Ende des Dammes.»Klar zum Feuern, Jungs!»
Bolitho schrie:»Haltet euch außer Sicht! Stockdale, sehen Sie zu, daß unsere Leute in Deckung bleiben!»
«Feuer!«Der Krach des Schusses hallte über das Wasser wie Donner. Scharen von Vögeln flatterten schreiend aus den Bäumen, und Bolitho sah gerade noch, wie eine gewaltige Wand feuchten Sandes hochgeschleudert wurde, als die Kugel wie eine Riesenfaust einschlug. Die Pferde scheuten, der Hund rannte wild bellend im Kreise herum.
Bolitho griff grinsend nach Rowhursts Arm.»Wieder laden!«Er schritt zurück zum Turm und sah, daß Quinn ihn von der anderen Brustwehr aus beobachtete.
Paget sagte anerkennend:»Guter Schuß! Gerade nahe genug, damit sie merken, daß wir bereit und gerüstet sind.»
Ein paar Augenblicke später rief Sergeant Shears:»Weiße Flagge, Sir!»
Ein Reiter galoppierte zum Damm, wo eine Rauchfahne noch die Einschlagstelle anzeigte.
Paget befahl:»Klar zum nächsten Schuß, Mr. Bolitho!»
«Es ist die Parlamentärsflagge, Sir!«Bolitho vergaß seine Müdigkeit und begegnete trotzig Pagets Blick.»Ich kann Rowhurst nicht befehlen, darauf zu feuern.»
Erstaunt hob Paget die Brauen.»Was soll das? Eine Anwandlung von Ehre?«Er wandte sich an d'Esterre:»Erklären Sie's ihm!»
D'Esterre sagte ruhig:»Sie wollen uns auf den Zahn fühlen, unsere Stärke herausfinden. Diese Leute sind keine Narren. Wenn sie auch nur einen Seemann entdecken, wissen sie, wie wir hergekommen sind.»
Fitzherbert rief:»Der Reiter ist ein Offizier, Sir!»
Was es nicht gerade einfacher machte.
Bolitho hielt die Hand über die Augen, um den fernen Reiter und sein Pferd zu betrachten. Wie konnte er nur in solch einem Augenblick über Ehre und Skrupel diskutieren? Heute oder morgen würde man von ihm erwarten, daß er denselben Mann im Kampf niederstach, ohne einen Gedanken an ihn zu verschwenden. Und doch.
Er sagte schroff:»Ich lasse eine Kugel mitten auf den Damm setzen.»
Paget wandte sich vom Studium der kleinen Gruppe ab.»Schön, aber fangen Sie endlich an!»
Der zweite Schuß war genauso gut gezielt wie der erste und schleuderte Gischt und Sand hoch in die Luft, während der Reiter versuchte, sein scheuendes Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen.
Dann wendete er und trabte zurück.
«Jetzt wissen sie Bescheid. «Paget schien befriedigt.»Ich gehe ein Glas Wein trinken. «Dann verschwand er wieder in seiner Stube.
D'Esterre lächelte grimmig.»Ich glaube, Kaiser Nero hatte gewisse Ähnlichkeit mit Paget, Dick.»
Bolitho nickte und ging auf die Seeseite des Turmes. Von Pro-byns Schiff war nichts mehr zu sehen, und er malte sich aus, wie die Distanz bei diesem für ihn günstigen Wind rasch zunahm. Wenn der Feind das Schiff beim Auslaufen wirklich gesehen hatte, so nahm er wohl an, daß es beim Anblick der Rotröcke im Fort umgekehrt sei, denn wenn es ihnen gehörte, warum liefen dann die neuen Besetzer nicht mit ihm aus?
Bluff, Patt, Vermutungen, alles gipfelte in einer Frage: Was sollten sie tun, wenn die Korvette aus irgendeinem Grund nicht kam, um sie abzuholen? Wenn der Wasservorrat zu Ende ging? Würde Paget sich ergeben? Es war nicht sehr wahrscheinlich, daß der feindliche Kommandeur zur Milde neigen würde, nachdem sie sein Fort und alle Waffen in die Luft gejagt hatten.
Bolitho beugte sich über die Brustwehr und betrachtete die Seeleute, die im Schatten darauf warteten, daß es für sie Arbeit gab. Wenn das Wasser ausging, würden diese Leute dann noch genauso gehorsam sein? Konnte man erwarten, daß sie dann ihre Hände von dem großen Rumvorrat ließen, den sie bei den Ställen ans Tageslicht gebracht hatten?
Bolitho rief sich Pagets Worte ins Gedächtnis. Er wußte jetzt, woher der Feind einen großen Teil seiner Munition und seines Pulvers bekam. Doch diese Information würde Konteradmiral Coutts wenig nützen, wenn ihr tapferes Unternehmen hier zu Ende
ging.
Wenn er nur erst wieder auf der Trojan wäre, dachte er plötzlich. Er wollte sich auch nie wieder beklagen, selbst wenn er den Rest seiner Dienstzeit als Leutnant an Bord dieses Schiffes verbringen mußte.
Der Gedanke ließ ihn trotz seiner Unsicherheit lächeln. Er wußte insgeheim, daß er wieder genauso eifrig nach einem eigenen Kommando streben würde, wenn er diesmal überlebte.
Da hörte er Leutnant Raye von den Marineinfanteristen der Trojan die Leiter heraufkommen und d'Esterre Meldung machen.
Für Bolitho war dies eine ganz andere Welt. Eine Taktik, die mit der Geschwindigkeit von Fußvolk oder Kavallerie rechnete, nicht mit majestätischen Segeln, wie verletzlich diese auch sein mochten, wenn die Kanonen donnerten… Nur mit Männern in Uniform, die auf festen Boden fielen, wenn ihre Zeit gekommen war. Aus, vergessen.
Er fühlte eine Kälte im Nacken, als d'Esterre zu den beiden Leutnants sagte:»Ich bin sicher, daß sie heute nacht angreifen werden. Erst einmal, um uns auf den Zahn zu fühlen, dann mit voller Stärke, wenn wir nicht mehr damit rechnen. Ich brauche zwei Züge in Sofortbereitschaft. Die Geschütze werden über ihre Köpfe hinweg feuern, also halten Sie die Soldaten in ihren Löchern, bis ich Angriff befehle. «Er wandte sich um und blickte Bolitho an.»Ich brauche zwei Kanonen unten am Damm, sobald es dunkel ist. Möglicherweise müssen wir sie beim Zurückweichen aufgeben, aber wir haben keinerlei Chance, wenn sie sich nicht gleich zu Anfang ein paar blutige Nasen holen.»
Bolitho nickte.»Ich lasse sie hinschaffen. «Wie ruhig seine Stimme klang, wie die eines Fremden.
Er erinnerte sich an die Gefühle, die ihn beherrscht hatten, als das Floß sich in der Dunkelheit auf das drohende Fort zu in Bewegung gesetzt hatte. Wenn der Feind die Wachen am Damm überrannte, dann war es ein langer Weg bis zu den schützenden Toren für diejenigen, die sich zurückzogen.
D'Esterre beobachtete ihn ernst.»Es klingt schlimmer, als es ist. Wir müssen nur vorbereitet sein, unsere Leute zusammenhalten und den Wachen einschärfen, daß wir nach Einbruch der Dunkelheit mit Besuchern rechnen müssen wie diesen. «Er wies auf die beiden kanadischen Späher.
Als die Schatten länger wurden, begaben sich die Leute auf ihre Stationen und warteten. Der Strand war wieder leer, nur der aufgewühlte Sand verriet, wo Reiter und Soldaten gestanden hatten.
Paget bemerkte beiläufig:»Eine klare, mondlose Nacht. «Er wischte sich die Augen und fluchte:»Nur dieser verdammte Wind erinnert uns ständig an unseren wunden Punkt!»
Gefolgt von Stockdale, verließ Bolitho das Fort und sah zu, wie die beiden Geschütze zum Damm geschafft wurden. Es war harte Knochenarbeit, man hörte dabei keine Witze, wie sonst üblich.
Nach der Hitze des Tages kam es ihnen jetzt kalt vor, und Bolitho fragte sich, wie er und die anderen eine weitere Nacht ohne Schlaf durchhalten sollten. Er kam an den Löchern vorbei, deren Insassen nur an ihren weißen Brustriemen zu erkennen waren, während sie — das Gewehr im Anschlag — übers Wasser spähten.
Er fand Quinn mit Rowhurst beim Montieren des zweiten Geschützes. Sie legten Munition und Pulver so zurecht, daß im Dunkeln alles griffbereit war.
Stockdale keuchte:»Wer wird bloß freiwillig Soldat, Sir?»
Bolitho dachte an die Soldaten, wie er sie in England erlebt hatte, die Garnison in Falmouth, die Dragoner in Bodmin. Sie exerzierten am Sonntagmorgen zur Freude der Kirchgänger und der kleinen Jungen.
Dies hier war etwas völlig anderes: rohe Gewalt und die Entschlossenheit, mit allem fertig zu werden, was sich ihnen in den Weg stellte. Ob in der Wüste oder auf schlammigem Feld, das Los der Infanteristen war immer das schwerste.
Quinn kam herübergelaufen und redete schnell und unzusammenhängend auf ihn ein.
«Sie sagen, es geht heute nacht los. Warum können wir uns nicht ins Fort zurückziehen? Als wir angriffen, hieß es, die Geschütze beherrschen Damm und Floß. Warum gilt dasselbe nicht jetzt auch für den Feind?»
«Leise, James! Wir müssen sie von der Insel fernhalten. Sie kennen sich hier genau aus, wir selbst meinen nur, das Fort zu kennen. Wenn auch nur ein paar von ihnen bis hierher durchbrechen, wer weiß, was dann geschieht.»
Quinn ließ den Kopf hängen.»Ich habe die Leute gehört, sie wollen nicht sterben für eine elende kleine Insel, von der noch nie jemand gehört hat.»
«Du weißt genau, warum wir hier sind. «Er wunderte sich wieder über den Ton seiner eigenen Stimme, sie klang härter, kälter. Quinn mußte das verstehen. Wenn er jetzt nicht durchhielt, war es für ihn kein Rückschlag mehr, sondern eine vernichtende Niederlage.
Quinn erwiderte:»Das Magazin, das Fort, was sind sie wert, wenn wir tot sind? Es ist ein Nadelstich, eine Bagatelle.»
Bolitho sagte ruhig:»Du wolltest unbedingt Seeoffizier werden, auch wenn dein Vater dich lieber in seinem Geschäft in London gesehen hätte. «Er betrachtete Quinns Gesicht, es schimmerte blaß in der Dunkelheit.»Ich denke, er hatte recht damit, mehr als du selbst weißt. Er wußte, daß du niemals das Zeug hättest, ein Offizier des Königs zu werden. «Damit wandte er sich brüsk ab und schüttelte Quinns Hand von seiner Schulter.»Nimm die erste Wache, ich löse dich dann ab.»
Er wußte, daß Quinn ihm unglücklich und verletzt nachstarrte, und haßte sich selbst dafür, daß er so zu ihm hatte sprechen müssen.
Stockdale sagte:»Bei allem, was Sie für den Jungen empfinden — da sind andere, die sich auf ihn verlassen müssen.»
Bolitho blickte ihn an. Stockdale verstand ihn, war immer da, wenn er ihn brauchte.
«Danke, Stockdale.»
Zwei Stunden schlichen dahin. Die Nachtluft wurde kälter, zumindest schien es so, und die Spannung wich der Müdigkeit.
Bolitho stand halbwegs zwischen Fort und Damm, als er plötzlich anhielt und sich dem Festland zuwandte.
Auch Stockdale starrte hinüber und nickte dann heftig. Rauch!
Der Qualm wurde mit jeder Sekunde heftiger, beißender, und reizte Augen und Kehle, als er jetzt in dicken Schwaden vom Wind herübergeweht wurde. Man sah auch schon Flammen, die wie böse rötliche Federn herumwirbelten, bis sie zu einer geschlossenen Feuerfront zusammenwuchsen.
Fähnrich Couzens, der dösend hinter ihnen herging, keuchte:»Was ist das?»
Bolitho fing an zu rennen.»Sie haben den Hang angezündet, um im Schutz des Rauchvorhangs anzugreifen.»
Er bahnte sich den Weg durch Gruppen hustender, würgender Seesoldaten, bis er das erste Geschütz erreichte.
«Klar zum Feuern!«Er sah Fitzherbert mit einem seiner Unteroffiziere, die sich Taschentücher um Mund und Nase gewickelt hatten.»Wollen Sie es dem Major melden?»
Fitzherbert schüttelte den Kopf, seine Augen tränten.»Keine Zeit mehr. Er wird es ohnehin merken. «Dann zog er den Degen und schrie: «Haltet die Front. Gebt es weiter zur anderen Abteilung!»
Hustend tastete er sich weiter, dabei nach seinen Leuten Ausschau haltend, während mehr Seesoldaten durch den Rauch gerannt kamen, angeleitet von d'Esterres Stimme, der Ruhe forderte und die Ordnung einigermaßen wiederherstellte.
Couzens vergaß sich so weit, Bolithos Arm zu ergreifen, während er murmelte:»Hören Sie! Sie schwimmen!»
Bolitho zog den Dolch und machte die Pistole schußbereit. Ein Flüßchen in der Nähe seines Elternhauses in Cornwall, dessen Furt im Winter bei Hochwasser oft unpassierbar war, wurde von Reitern bisweilen durchschwömmen; so kannte er die Geräusche schwimmender Pferde gut genug, um zu begreifen, was sich jetzt vor ihnen abspielte.
«Sie schwimmen mit ihren Pferden herüber!»
Er fuhr herum, als er ein langgezogenes Hurra hörte, das die Geräusche des Feuers und des Wassers noch übertönte.
D'Esterre rief:»Sie kommen auch über den Damm!«Dann drängte er sich durch die Menge und fügte hinzu:»Halten Sie die Leute zurück, Sergeant! Die Kanonen sollen das erste Wort sprechen!»
Einige bewaffnete Seeleute stolperten aus dem Dunkel und rutschten plötzlich in den Stand, als Bolitho rief:»Hierbleiben! Folgt mir zum Strand!«Sein Verstand kämpfte mit dem raschen Wechsel der Ereignisse, dem herannahenden Unheil.
Eine Kanone donnerte, und das Hurra auf der anderen Seite geriet ins Stocken, wurde abgelöst von Schreien und Stöhnen.
Das zweite Geschütz spaltete die Dunkelheit mit langer, leuchtend orangefarbener Zunge; sein Geschoß traf Menschen und Sand. Bolitho malte sich Quinns entsetztes Gesicht aus, als die trotzigen Hurrarufe erneut aufbrandeten, ebenso stark wie vorher.
Stockdale knurrte:»Hier ist einer!»
Bolitho balancierte auf den Fußballen, beobachtete die aus dem Dunkel vorstürzenden Schatten.
Jemand feuerte eine Pistole ab, und er sah die schreckgeweiteten Augen eines Pferdes, als es auf die Seeleute lospreschte; dann schweifte sein Blick ab, als ein weiterer Reiter aus dem Wasser auftauchte und wie ein Racheengel über sie kam.
Er meinte Stockdale zu hören, wie er Couzens gut zuredete:»Ruhig, Sohn! Bleib bei mir! Nicht zurückweichen!»
Dasselbe könnte er zu mir sagen, dachte Bolitho.
Dann vergaß er alles, spürte nur noch, wie sein Dolch gegen Stahl stieß, und warf sich mit voller Wucht in den Angriff.
Leutnant James Quinn duckte sich, als Gewehrsalven über den Damm knatterten und einige Querschläger von den Kanonen abprallten. Er war beinahe blind vom Rauch des brennenden Hanges und des Geschützfeuers.
Hier draußen schien ihm alles weit schlimmer als im Batteriedeck des Schiffes. Über ihren Köpfen pfiffen und heulten die Kugeln, und durch den Rauch stolperten fluchend die Geschützbedienungen, während sie Munition zum Nachladen herbeischleppten.
«Feuer!»
Quinn fuhr zurück, als das ihm nächststehende Geschütz Flammen und Rauch ausspie. Bei dem kurzen Aufblitzen sah er rennende Menschen und das Glänzen von Waffen, bis die Dunkelheit alles wieder verschluckte und nur die Schreie der Getroffenen die Luft erfüllten.
Jemand rief ihm ins Ohr:»Die Teufel sind schon auf der Insel, Sir! Kavallerie!»
Leutnant Fitzherbert brüllte wütend durch den Rauch:»Maul halten, du verursachst ja eine Panik!«Damit feuerte er auf den über den Damm vordringenden Feind.
Quinn keuchte:»Er hat Kavallerie gesagt!»
Fitzherbert starrte ihn an, seine Augen funkelten weiß über dem Taschentuch.
«Wir wären alle längst tot, wenn das der Fall wäre, Menschens-kind! Ein paar Reiter sind es, nicht mehr!»
Rowhurst rief heiser:»Unser Pulver geht zu Ende!«Dann fügte er, an Quinn gewandt, wütend hinzu:»Verdammt, tun Sie was,
Sir!»
Quinn nickte, von nackter Angst gepackt. Neben sich sah er Fähnrich Huyghue, der seine Pistole gerade über einem hastig aufgeworfenen Erdwall in Anschlag brachte.
«Sagen Sie Mr. Bolitho, was hier vorgeht!»
Der Junge stand auf, ungewiß, in welche Richtung er laufen sollte. Quinn packte ihn am Arm.»Hier am Strand entlang, so schnell Sie können!»
Eine schrille Stimme rief:»Hier kommen sie!»
Fitzherbert riß sein Taschentuch weg und hob den Degen.»Sergeant Triggs!»
Ein Korporal sagte ruhig:»Ist tot, Sir!»
Der Leutnant wandte sich ab.»Allmächtiger!«Dann, als die Hurrarufe lauter und lauter über das Wasser dröhnten, schrie er: «Vorwärts, Seesoldaten!»
Stolpernd und hustend stiegen die Marineinfanteristen aus ihren Löchern, hoben gehorsam die Bajonette und suchten Halt für ihre Füße, während sie mit schmerzenden Augen nach dem Feind Ausschau hielten.
Eine Gewehrsalve peitschte vom Damm herüber, und ein Drittel der Seesoldaten stürzte tot oder verwundet zu Boden.
Quinn starrte ungläubig hin, als die Überlebenden ihre Musketen abfeuerten, nachluden und dabei wieder von einer wohlgezielten Salve getroffen und dezimiert wurden.
Fitzherbert schrie:»Schlage vor, Sie vernageln die Kanonen und lassen Ihre Seeleute unsere Musketen nachladen!»
Dann stieß er einen erstickten Schrei aus und stürzte durch die sich lichtenden Reihen davon: sein Unterkiefer war völlig weggeschossen.
Quinn rief:»Rowhurst, zurück!»
Rowhurst drängte sich mit wilden Blicken an ihm vorbei.»Die meisten sind schon abgehauen!«Selbst angesichts der unmittelbaren Gefahr konnte er seine Verachtung nicht verbergen.»Sie können ebenfalls verschwinden!»
Vom Fort hörte Quinn plötzlich Trompetensignale. Die Marineinfanteristen schienen wie von einer Geisterhand gepackt zu werden.
Der Korporal, der eben noch am Rande der Panik war, rief:»Rückzug! Ruhig, Jungens, noch mal laden und zielen!«Er wartete, bis ein paar Verwundete durch die Linien gehumpelt oder gekrochen waren, dann kommandierte er:»Feuer!»
Quinn konnte nicht fassen, was geschah. Er hörte Kommandos, das Schnappen von Gewehrverschlüssen, und ahnte dumpf, daß d'Esterre mit seiner Reserve vorrückte, um ihren Rückzug zu dek-ken. Der Feind war nur noch wenige Meter entfernt, Quinn konnte das Patschen und Rutschen der Füße auf dem nassen Sand hören, spürte fast körperlich die Wut und Entschlossenheit, mit der die Gegner vorwärts drängten, um den Landeplatz zurückzuerobern. Aber alles, woran er denken konnte, war Rowhursts Verachtung und der Zwang, in diesen letzten Minuten seinen Respekt zurückzugewinnen.
Er keuchte:»Welches Geschütz ist geladen?»
Damit stolperte er den Hang hinunter, die Pistole noch ungeladen, den Dolch noch in der Scheide, den sein Vater extra für ihn beim besten Messerschmied der Londoner City hatte anfertigen lassen.
Rowhurst, verwirrt und bestürzt über den Wechsel der Ereignisse, hielt an und starrte auf den sich blind vorwärts tastenden Leutnant.
Es war Wahnsinn, nochmals mit ihm zu den Kanonen zu gehen. Ihre einzige Chance lag in einer schnellen Flucht zu den Toren des Forts, jedes weitere Verweilen verringerte die Aussicht auf Überleben.
Rowhurst war Freiwilliger und stolz darauf, einer der besten Artilleriemaaten der ganzen Flotte zu sein. Wenn das Schicksal ihn weiterhin begünstigte, konnte er in etwa einem Monat mit Beförderung zum Deckoffizier und der Versetzung auf ein anderes Schiff rechnen.
Er beobachtete Quinns jämmerliche Bemühungen, ein Geschütz zu finden, das noch geladen und wegen der Flucht der Bedienungsmannschaft nicht abgefeuert war. So oder so bedeutete es für ihn das Ende. Wenn er blieb, würde er mit Quinn zusammen sterben. Wenn er flüchtete, würde Quinn ihn des Ungehorsams und der Ungebührlichkeit gegenüber einem Offizier beschuldigen.
Er seufzte tief auf und entschloß sich zu bleiben.
«Hier, dieses ist es!«Und mit einem gezwungenen Grinsen fügte er hinzu:»Sir!»
Ein an den Rädern lehnender Leichnam zuckte, als mehrere Schüsse ihn trafen. Es war, als erwachten die Toten wieder zum Leben, um Zeugen dieses äußersten Wahnsinns zu sein.
Das Donnern des Geschützes, als die doppelte Ladung Schrot und Kugeln in die dichten Reihen der Angreifer schlug, schien Quinn wieder zur Besinnung zu bringen. Benommen tastete er nach seinem wundervoll ziselierten Dolch, seine Augen tränend, seine Ohren betäubt von dem Krach der Detonation.
Alles, was er sagen konnte, war:»Danke, Rowhurst, danke!»
Aber Rowhurst hatte mit seinen trüben Ahnungen recht behalten. Er lag im nassen Sand und starrte mit weit offenen Augen in den Rauch; in der Mitte seiner Stirn klaffte ein kreisrundes Loch. Kein Artilleriemaat hätte besser zielen können.
Quinn ging wie im Traum davon. Die weißen Hosen toter Soldaten schimmerten in der Dunkelheit, starrende, gebrochene Augen und verstreute Waffen kennzeichneten den Ort des Grauens.
Quinn merkte jetzt, daß Lärm und Hurrageschrei vom Damm her verstummt waren. Die anderen hatten wohl auch genug.
Er hielt an, plötzlich wieder gespannt und kampfbereit, als einige Gestalten vor ihm auftauchten. Aber es waren Bolitho, Stockdale und zwei Seesoldaten.
Quinn blickte zu Boden; er wollte sprechen, erklären, was Ro w-hurst getan, wozu er ihn getrieben hatte. Doch Bolitho ergriff ihn am Arm und sprach beruhigend auf ihn ein.»Der Korporal hat mir alles erzählt. Ohne deinen Einsatz wäre jetzt niemand außerhalb des Forts mehr am Leben.»
Sie warteten, während die Linie der Marineinfanteristen vom Fort her vorrückte und die zerschlagenen und blutenden Reste der Ve r-teidiger in eine vorläufige Sicherheit passieren ließ.
Bolithos ganzer Körper schmerzte, sein rechter Arm war schwer wie Blei. Er verspürte noch immer die Angst und Verzweiflung der vergangenen Stunden: das Stampfen und Schnauben der Pferde, die aus dem Dunkel schlagenden und stechenden Säbel und dann den plötzlichen, verbissenen Widerstand seiner eigenen, zusammengewürfelten Truppe.
Couzens war von einem Pferd überrannt worden und besinnungslos, drei Seeleute waren tot. Ihn selbst hatte ein Säbelhieb an der Schulter getroffen, die Schneide hatte sich angefühlt wie ein glühendes Messer.
Jetzt waren die Pferde zurückgeschwommen oder mit der Strömung abgetrieben, einige ihrer Reiter aber waren geblieben, für immer.
D'Esterre stieß durch den dünner werdenden Qualm zu ihnen.
«Wir haben sie abgeschlagen. Es hat Verluste gekostet, Dick, aber es kann unsere Rettung gewesen sein. «Er nahm seinen Hut ab und fächelte sich damit das schweißüberströmte Gesicht.»Seht ihr? Endlich hat der Wind gedreht. Wenn unser Schiff draußen steht, dann kann es jetzt hereinkommen.»
Er sah, wie ein Marineinfanterist vorbeigetragen wurde, dessen Bein bis zur Unkenntlichkeit zerschmettert war. In der Dunkelheit schimmerte sein Blut wie frischer Teer.
«Wir müssen Ersatz zum Damm schicken. Ich habe schon neue Geschützbedienungen angefordert. «Couzens taumelte auf sie zu und rieb sich stöhnend den Kopf.»Gut, daß er soweit in Ordnung ist. «D'Esterre setzt den Hut wieder auf, als er seinen Sergeanten sah, der auf ihn zueilte:»Ich fürchte, sie haben den anderen Fähnrich, Huyghue, gefangengenommen.»
Quinn sagte mit gebrochener Stimme:»Ich habe ihn zu dir geschickt. Es war mein Fehler.»
Bolitho schüttelte den Kopf.»Nein. Ein paar von den Feinden sind gezielt in unsere Linien eingedrungen, um Gefangene zu machen. «Er steckte den Degen in die Scheide, wobei er feststellte, daß der Griff völlig blutverschmiert war. Seufzend versuchte er, Ordnung in seine jagenden Gedanken zu bringen; aber er empfand immer noch das Grauen des wilden und erbitterten Kampfes Mann gegen Mann. Er sah Gesichter vor sich, hörte Schreie und Stöhnen.
War es diesen ungeheuren Preis wert gewesen?
Und morgen, nein, heute würde all das noch einmal von vorn anfangen.
Er hörte Quinn sagen:»Sie brauchen mehr Pulver für die Kanonen! Kannst du das erledigen?»
Eine anonyme Gestalt in kariertem Hemd und weißer Hose eilte von dannen, um seinen Befehl zu übermitteln.
Quinn blickte ihn an.»Wenn du Major Paget Bericht erstatten willst, dann bleibe ich hier und beaufsichtige das. «Wartend beobachtete er Bolithos angestrengtes Gesicht und fügte hinzu:»Ich kann es, wirklich!»
Bolitho nickte.»Ich wäre dir dankbar, James. Bin gleich wieder zurück.»
Jetzt ließ sich Stockdale vernehmen:»Ohne Rowhurst brauchen Sie einen guten Geschützführer, Sir. «Er lächelte Quinn ermutigend zu:»Weiterhin so viel Erfolg, Sir!»
Bolitho bahnte sich durch Gruppen von Verwundeten einen Weg ins Fort. Jede r von ihnen war ein kleines Eiland des Schmerzes im Schein der Laternen. Das Tageslicht würde ihnen erst den vollen Umfang dessen eröffnen, was sie erlitten hatten.
Paget stand in seiner Stube, und obgleich Bolitho wußte, daß er die Verteidigung vom ersten Augenblick an überwacht und persönlich geleitet hatte, sah er aus, als hätte er den Raum kein einziges Mal verlassen.
Jetzt sagte er zu Bolitho:»Natürlich werden wir den Damm heute nacht auch weiterhin halten. «Er zeigte mit einladender Geste auf eine Weinflasche.»Morgen werden wir jedoch die Evakuierung einleiten. Wenn das Schiff kommt, schicken wir als erstes die Verwundeten an Bord und diejenigen, die während der Nacht Wache gestanden haben. Uns bleibt keine Zeit mehr für Bluff. Da sie Gefangene von uns haben, wissen sie auch, was wir planen.»
Bolitho ließ den Wein genüßlich durch seine Kehle rinnen. Gott, das schmeckte gut! Besser als alles, was er je gekostet hatte.
«Was machen wir, wenn das Schiff nicht kommt, Sir?»
«Nun, das würde die Sache vereinfachen. «Paget musterte ihn kalten Blickes.»Dann jagen wir das Fort in die Luft und kämpfen uns durch. «Er lächelte kurz.»Aber es wird nicht dazu kommen.»
«Ah, ich verstehe, Sir. «Tatsächlich verstand er nichts.
Paget warf ein paar Schriftstücke durcheinander.»Sie sollten jetzt schlafen, eine Stunde wenigstens. «Er hob die Hand.»Das ist ein Befehl! Sie haben gute Arbeit geleistet, und ich danke Gott, daß dieser Narr Probyn sich anders entschieden hat und nicht hiergeblieben ist.»
«Ich möchte noch Mr. Quinn lobend erwähnen, Sir. «Der Major verschwamm bereits vor seinen Augen.»Und die beiden Fähnriche. Sie sind alle sehr jung.»
Paget preßte die Fingerspitzen zusammen und betrachtete ihn, ohne zu lächeln.»Nicht so alter Krieger wie Sie, was?»
Bolitho nahm seinen Hut und ging zur Tür. Bei Paget wußte man sofort, woran man war. Er hatte ihn zum Schlafen abkommandiert, und der Gedanke daran ließ ihn gleich die Augen schließen und sich hinlegen.
Gleichzeitig wußte er auch den wahren Grund von Pagets Fürsorge: Jemand mußte zurückbleiben und die Zündschnur anstekken. Das erforderte ein gewisses Maß an Geschicklichkeit.
Bolitho ging an d'Esterre vorbei, ohne ihn zu sehen. Dieser ergriff die Weinflasche und sprach:»Haben Sie ihm das wegen morgen gesagt, Sir?»
Paget hob die Schultern.»Nein. Er ist wie ich in seinem Alter. Mußte nicht erst alles gesagt bekommen. «Er blickte seinen Untergebenen an.»Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten!»
D'Esterre trat lächelnd ans Fenster. Irgendwo jenseits des Wassers war sicherlich ein Glas auf das Fort gerichtet, auf dieses erleuchtete Fenster.
Genau wie Bolitho hätte auch er sich eine Stunde Schlaf gönnen sollen. Aber dort draußen, noch verborgen im Dunkel, lagen viele seiner Leute in der gleichgültigen Haltung des Todes ausgestreckt. Er konnte es nicht über sich bringen, sie jetzt zu verlassen.
Er wandte sich um, als er hinter sich ein leises Schnarchen hörte. Paget schlief tief und fest in seinem Sessel, das Gesicht ruhig und entspannt.
Ich wäre lieber wie er, dachte d'Esterre bitter. Dann kippte er seinen Wein mit einem Schluck hinunter und trat hinaus in die Dunkelheit.