Sechster Auftritt.

Sophie. Lormeuil.

Sophie. Sie werden also auch bei der Hochzeit sein?

Lormeuil. Ja, mein Fraeulein-Sie scheint Ihnen nicht zu missfallen, diese Heirath?

Sophie. Sie hat den Beifall meines Vaters.

Lormeuil. Wohl! Aber was die Vaeter veranstalten, hat darum nicht immer den Beifall der Toechter.

Sophie. O was diese Heirath betrifft-die ist auch ein wenig meine Anstalt.

Lormeuil. Wie das, mein Fraeulein?

Sophie. Mein Vater war so guetig, meine Neigung um Rath zu fragen.

Lormeuil. Sie lieben also den Mann, der Ihnen zum Gemahl bestimmt ist?

Sophie. Ich verberg' es nicht.

Lormeuil. Wie? und kennen ihn nicht einmal?

Sophie. Ich bin mit ihm erzogen worden.

Lormeuil. Sie waeren mit dem jungen Lormeuil erzogen worden?

Sophie. Mit dem Herrn von Lormeuil-nein!

Lormeuil. Das ist aber Ihr bestimmter Braeutigam.

Sophie. Ja, das war anfangs.

Lormeuil. Wie, anfangs?

Sophie. Ich sehe, dass Sie noch nicht wissen, mein Herr-Lormeuil. Nichts weiss ich! Nicht das Geringste weiss ich.

Sophie. Er ist todt.

Lormeuil. Wer ist todt?

Sophie. Der junge Herr von Lormeuil.

Lormeuil. Wirklich?

Sophie. Ganz gewiss.

Lormeuil. Wer hat Ihnen gesagt, dass er todt sei?

Sophie. Mein Vater!

Lormeuil. Nicht doch, Fraeulein! Das kann ja nicht sein, das ist nicht moeglich.

Sophie. Mit Ihrer Erlaubniss, es ist! Mein Vater, der von Toulon kommt, muss es doch besser wissen, als Sie. Dieser junge Edelmann bekam auf einem Balle Haendel, er schlug sich und erhielt drei Degenstiche durch den Leib.

Lormeuil. Das ist gefaehrlich.

Sophie. Ja wohl, er ist auch daran gestorben.

Lormeuil. Es beliebt Ihnen, mit mir zu scherzen, gnaediges Fraeulein. Niemand kann Ihnen vom Herrn von Lormeuil bessere Auskunft geben, als ich.

Sophie. Als Sie! Das waere doch lustig.

Lormeuil. Ja, mein Fraeulein, als ich! Denn, um es auf einmal herauszusagen-ich selbst bin dieser Lormeuil und bin nicht todt, so viel ich weiss.

Sophie. Sie waeren Herr von Lormeuil?

Lormeuil. Nun, fuer wen hielten Sie mich denn sonst?

Sophie. Fuer einen Freund meines Vaters den er zu meiner Hochzeit eingeladen.

Lormeuil. Sie halten also immer noch Hochzeit, ob ich gleich todt bin?

Sophie. Ja freilich!

Lormeuil. Und mit wem denn, wenn ich fragen darf?

Sophie. Mit meinem Cousin Dorsigny.

Lormeuil. Aber Ihr Herr Vater wird doch auch ein Wort dabei mit zu sprechen haben.

Sophie. Das hat er, das versteht sich! Er hat ja seine Einwilligung gegeben.

Lormeuil. Wann haett' er sie gegeben?

Sophie. Eben jetzt-ein paar Augenblicke vor Ihrer Ankunft.

Lormeuil. Ich bin ja aber mit ihm zugleich gekommen.

Sophie. Nicht doch, mein Herr! Mein Vater ist vor Ihnen hier gewesen.

Lormeuil (an den Kopf greifend). Mir schwindelt-es wird mir drehend vor den Augen-Jedes Wort, das Sie sagen, setzt mich in Erstaunen-Ihre Worte in Ehren, mein Fraeulein, aber hierunter muss ein Geheimniss stecken, das ich nicht ergruende.

Sophie. Wie, mein Herr-sollten Sie wirklich im Ernst gesprochen haben?

Lormeuil. Im vollen hoechsten Ernst, mein Fraeulein-Sophie. Sie waeren wirklich der Herr von Lormeuil?-Mein Gott, was hab' ich da gemacht-Wie werde ich meine Unbesonnenheit-Lormeuil. Lassen Sie sich's nicht leid sein, Fraeulein-Ihre Neigung zu Ihrem Vetter ist ein Umstand, den man lieber vor als nach der Heirath erfaehrt-Sophie. Aber ich begreife nicht-Lormeuil. Ich will den Herrn von Dorsigny aufsuchen-vielleicht loest er mir das Raethsel.-Wie es sich aber auch immer loesen mag, Fraeulein, so sollen Sie mit mir zufrieden sein, hoff' ich. (Ab.)

Sophie. Er scheint ein sehr artiger Mensch-und wenn man mich nicht zwingt, ihn zu heirathen, so soll es mich recht sehr freuen, dass er nicht erstochen ist.

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