»Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Professor Kurtz«, sagte Harold Mumford, seines Zeichens Professor für Zooarchäologie. »Ist Earl Grey in Ordnung?«
»Mein Lieblingstee«, erwiderte der Mann, der in Mumfords Büro auf dem Campus der Universität von Alaska in Fairbanks saß. Er hatte ein längliches Gesicht mit ausgeprägtem Kinn und hellblauen Augen. Sein braunes Haar war mit grauen Strähnen durchsetzt.
Mumford füllte zwei Tassen und reichte eine seinem Gast.
»Sie hatten eine lange Reise. Fairbanks ist von Berlin ziemlich weit entfernt.«
»Ja, Deutschland ist weit weg von hier, Dr. Mumford. Aber ich hatte immer schon mal nach Alaska kommen wollen. Es ist die letzte Zivilisationsgrenze.«
»Und sie verändert sich rasend schnell«, sagte Mumford, ein stattlicher Mann, dessen Gesicht an ein freundliches Walross erinnerte. »Verdammt, wir haben in der Stadt sogar einen Wal Mart. Aber bis in die Wildnis vorzudringen, wo es von Grizzlybären und Elchen wimmelt, erfordert nicht viel Aufwand. Sie sollten sich wirklich einen Besuch im Nationalpark in Denali gönnen.«
»Oh ja. Der steht auf meiner Liste. Ich freue mich schon darauf.«
»Es ist ein Tagesausflug, aber er lohnt sich allemal. Schade, dass Sie Karla Janos verfehlt haben. Wie ich schon am Telefon erwähnte, ist sie vor ein paar Tagen zu einer Expedition aufgebrochen.«
»Es war eine spontane Entscheidung, hierher zu kommen«, erklärte Schroeder. »Ich hatte plötzlich noch ein wenig Zeit und dachte, ich könnte der Universität einen kurzen Besuch abstatten. Es ist wirklich nett von Ihnen, mich derart kurzfristig zu empfangen.«
»Kein Problem. Ich kann verstehen, dass Sie Karla treffen wollten. Sie ist nicht nur brillant, sondern auch eine reizende junge Frau. Sie hat in der Fundstätte im Gerstle River Quarry, einem alten Steinbruch etwa hundertdreißig Kilometer von hier, gearbeitet. Wir haben dort einige mit Schnitzereien verzierte Mammutzähne gefunden. Es war richtig aufregend. Ihr Aufsatz über die Ausrottung des Mammuts durch Jäger der Frühzeit war einer der besten Texte, die ich zu diesem Thema je gelesen habe. Ich weiß, sie wäre liebend gerne mit jemandem von Ihrem akademischen Status zusammengetroffen.«
Seine akademischen Referenzen hatte Schroeder aus einem Kinko’s Print and Copy Shop in Anchorage. Die Visitenkarten, die er hergestellt hatte, wiesen ihn als Hermann Kurtz aus, Professor für Anthropologie an der Universität Berlin. Den Nachnamen hatte er sich von einem geheimnisvollen Charakter in Joseph Conrads Herz der Finsternis ausgeliehen.
Während seiner zwielichtigen Karriere hatte es ihn immer wieder verblüfft, wie wirkungsvoll gedruckte Worte auf einem Stück Papier sein konnten, wenn sie mit einem selbstsicheren Auftreten gepaart waren. Der schwierigste Teil seiner Maskerade bestand darin, nach all den Jahren, die er ausschließlich amerikanisch gesprochen hatte, einen halbwegs glaubwürdigen österreichischen Akzent zustande zu bringen.
»Ich habe den Aufsatz gelesen«, log Schroeder. »Wie Sie sagten, höchst beeindruckend. Ich kenne außerdem ihren Artikel über das Aussterben des Mammuts.«
»Das war typisch für Karla. Nachdem sie zu dem Schluss gekommen war, dass der Mensch keinen bedeutenden Einfluss auf das Aussterben des Mammuts gehabt hatte, entwickelte sie die kühne These von einer Naturkatastrophe als Ursache. Sie können sich gewiss vorstellen, was für eine heftige Kontroverse dadurch ausgelöst wurde.«
»Ja, es ist eine ziemlich innovative Theorie, aber mir gefiel die mutige Art und Weise, wie sie sie vertrat. Hat ihre Theorie irgendetwas mit ihrer Expedition zu tun?«
»Alles. Sie hofft, den Beweis für ihre Theorie auf einer einsamen Insel in Sibirien zu finden.«
Schroeder blies seine Backen auf. »Sibirien ist unendlich weit weg. Wie kommt man dorthin?«
»Was Karla betrifft, so flog sie zur Wrangelinsel und ging dort an Bord eines Eisbrechers, der sie zu den Neusibirischen Inseln brachte. Das Schiff wird sie in zwei Wochen dort abholen, und ein paar Tage danach ist sie wieder in Fairbanks. Werden Sie dann noch in Alaska sein?«
»Unglücklicherweise nein. Aber ich beneide sie um ihr Abenteuer. Ich würde alles stehen und liegen lassen und ihr folgen, wenn ich könnte.«
Mumford lehnte sich in seinem Sessel zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ivory Island muss eine Art neues Cancún sein«, stellte er grinsend fest.
»Wie bitte?«, fragte Schroeder.
»Ivory Island ist die Insel, auf der Karla sich aufhält. Ein Typ vom Discovery Channel kam gestern in mein Büro und erzählte, er sei mit einem Filmteam nach Alaska gekommen, um ein Feature über den Mount McKinley zu drehen. Ich vermute, er hat von Karlas Forschungen gehört. Er zeigte sich höchst interessiert, als ich ihm von Ivory Island erzählte. Er meinte, er wolle einen Abstecher dorthin machen. Wollte alles über das Projekt wissen. Ich nehme an, wenn man ein dickes Scheckbuch hat, gibt es keine Hindernisse.«
»Wie lautete sein Name?«, wollte Schroeder wissen. »Vielleicht bin ich ihm auf meinen Reisen schon mal begegnet.«
»Hunter«, sagte Mumford. »Scott Hunter. Ein großer, muskulöser Bursche.«
Schroeder lächelte, doch in seinen Augen lag ein Ausdruck der Verachtung für das stümperhaft kaschierte Wortspiel hinter dem falschen Namen. »Ich wüsste nicht, dass ich ihn kenne. Bestimmt haben Sie ihn darauf aufmerksam gemacht, wie schwierig es ist, nach Ivory Island zu gelangen.«
»Ich habe ihn zum Flughafen geschickt, um mit Joe Harper zu reden. Er ist ein ehemaliger Buschpilot, der eine Firma namens PoleStar Air betreibt. Sie veranstalten Abenteuertrips nach Russland.«
Schroeder leerte seine Tasse in einem Zug, obgleich der Tee ihm dabei die Kehle verbrühte. Er bedankte sich bei Mumford für dessen Gastfreundschaft und fuhr mit seinem Mietwagen zum Flughafen von Fairbanks. Die Lage des Flughafens in der Nähe des Polarkreises machte ihn zu einer praktischen Tankstelle für große Frachtflugzeuge auf der Rundroute zwischen dem Fernen Osten und Amerika. Der Flughafen selbst war verhältnismäßig klein, und er brauchte nur ein einziges Mal nachzufragen, um das Büro der Pole-Star Air zu finden.
Die Empfangsdame schenkte Schroeder ein freundliches Lächeln und das Versprechen, dass Mr. Harper frei sei, sobald er sein Telefonat beendet habe. Tatsächlich kam Harper wenige Minuten später heraus. Er sah aus, als sei er von einer weltweiten Casting Agentur aus Tausenden von Bewerbern für die Rolle eines Buschpiloten ausgesucht worden. Er war ein schlanker Mann mit wachen Augen und einem markanten Mund und hatte, seiner äußeren Erscheinung nach zu urteilen, den Schritt vom Buschpiloten zum Reisemanager noch nicht ganz vollzogen.
Sein Bart war sorgfältig gestutzt, seine Haare hingegen waren zottig und wucherten ihm über die Ohren. Sein Oberhemd war offenbar noch ziemlich neu und gebügelt, und es war in eine Jeans gestopft, die sich ungefähr in dem Stadium befand, in dem Jeans erst richtig bequem werden. Er strahlte professionelle Kompetenz aus, jedoch lag in seinen Augen der Anflug eines Ausdrucks von Sorge. Er beugte sich zu der Empfangsdame hinunter, murmelte ihr etwas von einer Treibstoffrechnung ins Ohr und geleitete Schroeder dann zu seinem Schreibtisch.
Dessen freie Arbeitsfläche reichte kaum für einen Computer aus. Jeder weitere freie Zentimeter wurde durch Aktenstapel eingenommen.
Harper war sich der Unordnung schmerzlich bewusst.
»Entschuldigen Sie das Durcheinander. PoleStar Air ist ein Familienunternehmen, und ich erledige die meiste Verwaltungsarbeit selbst. Offen gesagt, mache ich mit der Hilfe meiner Frau da draußen so gut wie alles selbst.«
»Ich schließe daraus, dass Sie schon lange fliegen«, sagte Schroeder.
Harpers Miene hellte sich auf. »Ich kam 1984 hierher. Ich hatte eine Cessna, die ich jahrelang geflogen bin. Habe dann expandiert und es bis zu einer Flotte Schlammspringer gebracht. Die habe ich dann alle verkauft, um den kleinen Privatjet anzuschaffen, den Sie draußen auf dem Flugfeld sehen können. Es ist der blaue mit den Sternen darauf. Die betuchte Kundschaft mag ihre Abenteuertrips schnell und erstklassig.«
»Wie läuft es so?«
»Geschäftlich glaube ich ganz okay. Für mich selbst kann ich das nicht behaupten.« Harper nahm einen Stapel Papiere hoch und ließ ihn wieder auf die Schreibtischplatte fallen.
»Ich bin wohl dazu verdammt, mich mit diesem Kram herumschlagen zu müssen, bis wir groß genug sind, um dafür jemanden anzuheuern. Aber das ist mein Problem. Was ist das Ihre?«
»Ich habe vor einer kleinen Weile mit Dr. Mumford von der Universität gesprochen. Er erzählte mir, dass Sie ein Fernsehteam zu einer Insel in Sibirien bringen.«
»Oh ja, die Leute von Discovery. Sie nehmen ein Flugzeug, um einen Fischkutter in Wrangel zu erreichen.«
Schroeder reichte Harper eine seiner frisch gedruckten Visitenkarten. »Ich möchte gerne zu den Neusibirischen Inseln. Sie meinen nicht, dass ich mich ihnen anschließen kann?«
»Wenn es nach mir geht, gerne. Im Flugzeug ist genug Platz. Sie müssten lediglich in Erfahrung bringen, was Sie zahlen müssen, um reinzukommen. Unglücklicherweise haben sie nämlich alle Plätze im Flugzeug und auf dem Kutter reserviert.«
Schroeder ließ sich diese Auskunft durch den Kopf gehen.
»Vielleicht kann ich Ihre Kunden überreden, mich mitzunehmen.«
»Versuchen Sie es. Sie wohnen im Westmark Hotel.«
»Wann wollen Sie voraussichtlich starten?«
Harper schaute auf die Uhr. »In zwei Stunden und zwanzig Minuten.«
»Ich spreche mit ihnen.«
Schroeder ließ sich den Weg zum Hotel erklären und erkundigte sich, dort angekommen, am Empfang nach dem Discovery-Team. Der Hotelangestellte meinte, er habe die Leute ein paar Minuten vorher in die Bar gehen sehen. Schroeder bedankte sich und ging in den Salon, der nur zur Hälfte besetzt war, vorwiegend mit Einzelpersonen und einigen Paaren. Die einzige Gruppe saß an einem Tisch in einer Ecke, steckte die Köpfe zusammen und unterhielt sich offenbar angeregt. Sie waren zu viert.
Schroeder kaufte sich im Foyer eine Zeitung, suchte sich im Salon einen Tisch in der Nähe aus und bestellte sich Club Soda mit Limonensaft. Zwei der Männer warfen kurze Blicke in seine Richtung und setzten dann die Unterhaltung mit den anderen fort. Ein Vorteil des Altwerdens ist die Unsichtbarkeit, dachte Schroeder. Die jungen Leute nehmen einen nicht mehr wahr.
Er beschloss, die Richtigkeit seines Verdachts einer eingehenderen Überprüfung zu unterziehen. Er beobachtete, wie einer der Männer den Tisch verließ, um die Toilette aufzusuchen. Den richtigen Augenblick abpassend, erhob er sich ebenfalls von seinem Tisch und stieß absichtlich mit dem Mann zusammen, als dieser zurückkehrte. Schroeder entschuldigte sich überschwänglich, doch der Mann fluchte nur unterdrückt und brachte ihn mit einem drohenden Blick zum Schweigen.
Die unsanfte Begegnung verriet ihm zwei Dinge. Dass seine neue äußere Erscheinung, mit abrasiertem Bart und gefärbtem Haar, funktionierte und dass der Fernsehmann eine Pistole in einem Schulterhalfter bei sich hatte. Er beschloss, der Sache weiter auf den Grund zu gehen.
Nachdem er selbst die Toilette verlassen hatte, näherte er sich dem Tisch der vier Männer. »Hallo«, sagte er mit seinem westlichen Akzent. »Ich habe gehört, dass Sie vom Discovery Channel sind. Mr. Hunter?«
Ein hochgewachsener Mann, der offenbar der Chef der Gruppe war, musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.
»Ja. Ich bin Hunter. Woher kennen Sie meinen Namen?«
»Er schwirrt durch das Hotel. Es kommt nicht sehr oft vor, dass Prominente sich hierher verirren«, sagte Schroeder und erzeugte am Tisch ein allgemeines Grinsen. »Ich wollte Ihnen nur sagen, wie sehr mir Ihr Feature über die alten Hethiter vor einigen Monaten gefallen hat.«
Ein verwirrter Ausdruck stahl sich in die Miene des großen Mannes. »Danke«, sagte er und sah Schroeder misstrauisch an. »Wir haben Wichtiges zu bereden, daher müssen Sie verstehen, dass wir im Augenblick keine Zeit für Sie haben.«
Schroeder entschuldigte sich wortreich dafür, ihre Zeit in Anspruch genommen zu haben, und kehrte an seinen Tisch zurück. Er hatte sich den Hinweis auf das Hethiter-Feature nur als Test ausgedacht. Es hatte während des vergangenen halben Jahres keine einzige Sendung zu diesem Thema gegeben. Das Team war ein Schwindel.
Er dachte über verschiedene Möglichkeiten nach, auf diese Erkenntnis zu reagieren, und entschied, den direkten Kurs zu nehmen. Er ging hinaus zu seinem Wagen und holte unter dem Vordersitz eine Pistole mit aufgeschraubtem Schalldämpfer hervor.
Erleichtert stellte er fest, dass die Männer noch immer in der Bar saßen, als er ins Hotel zurückkehrte. Er kam gerade rechtzeitig. Sie hatten soeben ihre Rechnung bezahlt und sich von ihren Stühlen erhoben. Er folgte ihnen zum Fahrstuhl. Er fuhr mit ihnen in den dritten Stock hinauf, plapperte wie ein Wasserfall und ertrug geduldig ihr spöttisches Grinsen und die drohenden Blicke. Er stieg im gleichen Stockwerk aus und murmelte etwas von einem seltsamen Zufall. Er trottete den Korridor hinunter, spielte den Verwirrten, als hätte er vergessen, wo er sich befand, doch als die Gruppe sich trennte und jeder sein Zimmer aufsuchte, merkte er sich die Zimmernummern.
Er wartete eine Minute, dann begab er sich zu einer der Türen. Die Pistole hinter dem Rücken versteckend, schaute er nach rechts und links in den Korridor, um sich zu vergewissern, dass er alleine war, dann klopfte er. Einen kurzen Moment später wurde die Tür geöffnet. Es war der Mann, den er angerempelt hatte. Er hatte sein Jackett ausgezogen, und wie Schroeder vermutet hatte, trug er ein Schulterhalfter mit einer Pistole darin.
»Was zum Teufel wollen Sie denn?«
»Ich glaube, ich habe meinen Zimmerschlüssel verloren, und dachte, ich könnte vielleicht Ihr Telefon benutzen.«
»Ich bin beschäftigt.« Der Mann legte eine Hand auf das Halfter. »Belästigen Sie gefälligst jemand anderen.«
Er machte Anstalten, die Tür zu schließen. Schroeder holte schnell seine Pistole hinter dem Rücken hervor und jagte seinem Gegenüber einen Schuss zwischen die Augen. Der Mann sackte mit einem Ausdruck unendlicher Überraschung auf seinem ansonsten unauffälligen Gesicht zu Boden. Schroeder blickte wieder nach rechts und links in den Korridor, stieg dann über den Toten hinweg und zerrte ihn ins Zimmer.
Schroeder wiederholte die gleiche Routine mit kleinen Variationen, jedoch den gleichen Ergebnissen. In einem Fall überstürzte er seinen ersten Schuss und musste ein zweites Mal feuern. In einem anderen Fall hörte er, wie die Fahrstuhltür aufglitt, während er noch damit beschäftigt war, die Leiche ins Zimmer zu ziehen. Aber als es vorbei war, hatte er in weniger als fünf Minuten vier Männer getötet.
Er empfand keine Reue, nachdem er sie mit der kalten, mörderischen Effizienz seiner alten Tage aus dem Weg geräumt hatte. Sie waren nichts anderes als gewalttätige Verbrecher, nicht viel anders als viele, denen er in seinem Leben begegnet war, ja, mit denen er gelegentlich sogar zusammengearbeitet hatte. Schlimmer war, dass sie schlampig und sorglos waren. Das Team musste in aller Eile zusammengestellt worden sein. Sie waren nicht die ersten Männer, die er getötet hatte. Wahrscheinlich würden sie auch nicht die letzten sein.
Er hängte Schilder mit der Aufschrift BITTE NICHT STÖREN an die Türen. Ein paar Minuten später saß er in seinem Mietwagen und war unterwegs zum Flughafen. Harper saß noch immer in seinem Büro und wühlte sich wie ein zu groß geratener Grottenolm durch seine Papierstapel.
»Ich habe mit den Fernsehfritzen gesprochen«, sagte Schroeder. »Sie haben offenbar ihre Pläne geändert. Sie wollen jetzt runter nach Kodiak Island, um eine Reportage über Bären zu drehen.«
»Scheiße! Warum haben sie mir nichts gesagt?«
»Sie können sie anrufen und fragen. Aber als ich sie ansprach, waren sie bereits im Aufbruch begriffen.«
Harper angelte sich den Telefonhörer und rief das Hotel an. Er bat darum, mit den Zimmern des Fernsehteams verbunden zu werden. Als sich niemand meldete, knallte er den Hörer auf die Gabel. Er rieb sich die Augen und schien dicht davor zu sein, in Tränen auszubrechen.
»Das war’s dann«, seufzte er. »Ich hatte fest mit einem Scheck von diesem Auftrag gerechnet, um die monatliche Rate für den großen Vogel bezahlen zu können. Ich bin ruiniert.«
»Haben Sie keine anderen Charter auf der Liste?«
»So einfach ist das nicht. Es dauert Tage, manchmal Wochen, um einen Deal zusammenzukriegen.«
»Demnach kann man Ihr Flugzeug und Ihr Boot mieten?«
»Ja, sie sind frei. Kennen Sie jemanden, der daran interessiert wäre, sie zu chartern?«
»Zufälligerweise würde ich das gerne tun.« Schroeder griff in die Innentasche seines Jacketts und holte ein dickes Bündel Banknoten heraus, das er auf einen Papierstapel legte.
»Das ist für den Flug und für das Boot. Den gleichen Betrag bezahle ich für den Rückflug. Meine einzige Bedingung ist, dass Sie sich für ein paar Tage bereithalten, bis ich das Signal zur Rückkehr gebe.«
Harper ergriff das Geldbündel und strich mit dem Daumen über die Ecken der Scheine. Es waren Hundert-Dollar-Noten. »Dafür kann ich mir praktisch ein neues Flugzeug kaufen.« Er runzelte die Stirn. »Es ist doch nichts Illegales, oder?«
»Überhaupt nichts Illegales. Sie nehmen keinerlei Fracht mit. Nur mich.«
»Haben Sie Papiere?«
»Reisepass und Visa sind neuesten Datums und in Ordnung.« Das sollten sie auch sein, wenn er sich vorstellte, was er dafür bezahlt hatte, dachte Schroeder. Er hatte in Seattle Halt gemacht und ungeduldig gewartet, während sein bevorzugter Fälscher einen vollständigen Satz Papiere für Professor Kurtz herstellte.
Harper streckte ihm seine Hand entgegen. »Wir sind im Geschäft.«
»Gut. Wann können wir aufbrechen?«
»Wann immer Sie bereit sind.«
»Ich bin bereit.«
Eine Stunde später startete das Flugzeug. Schroeder lehnte sich in seinem Sitz zurück, genoss die Ruhe, die sich aus der Tatsache ergab, der einzige Passagier im Flugzeug zu sein, und nahm einen Schluck aus einem Glas Scotch, den Harper, weitsichtig wie er war, im letzten Moment an Bord mitgenommen hatte. Im Augenblick saß er im Cockpit und lenkte die Maschine ihrem fernen Ziel entgegen. Während Fairbanks hinter ihnen verschwand und das Flugzeug nach Westen raste, machte Schroeder einen tiefen Atemzug. Er war sich bewusst, dass er ein alter Mann war, der versuchte, den Job eines jungen zu erledigen. Schroeder hatte darum gebeten, einstweilen nicht gestört zu werden. Er war müde und brauchte ein wenig Schlaf.
Für die Aufgabe, die vor ihm lag, musste er hellwach und absolut ausgeruht sein. Er verbannte sämtliche Emotionen und Gedanken aus seinem Bewusstsein und schloss die Augen.