III. Männer des Degens und Männer der Feder

»Tote reden nicht.«

»Sie reden, wann Gott will«, erwiderte Lagardere.

P. Feval, Der Bucklige


Die Absätze der Sekretärin klapperten auf dem gebohnerten Parkettboden. Lucas Corso folgte ihr über einen breiten Korridor - cremefarbene Wände, indirekte Beleuchtung, Hintergrundmusik - bis zu einer schweren Eichentür. Er kam ihrer Aufforderung nach, einen Augenblick zu warten, dann öffnete ihm die Sekretärin mit einem kurzen, unpersönlichen Lächeln das Büro. Varo Borja saß in einem Sessel aus schwarzem Leder, zwischen einer halben Tonne Mahagoniholz und einem Fenster, das einen wundervollen Blick auf Toledo bot: alte, ockerfarbene Dächer, die gotische Turmspitze der Kathedrale, die sich gegen den klaren, azurblauen Himmel abhob, und im Hintergrund die graue Silhouette des Alcazar.

»Setzen Sie sich, Corso. Wie geht es Ihnen?«

»Gut.«

»Ich habe Sie warten lassen.«

Das war keine Entschuldigung, sondern eine Feststellung. Corso verzog den Mund.

»Macht nichts. Diesmal waren es ja nur fünfundvierzig Minuten.«

Varo Borja hielt es nicht einmal für nötig, zu lächeln, während Corso Platz nahm. Der Schreibtisch war leer bis auf eine komplizierte Telefon- und Sprechanlage in modernem Design. Auf der Tischplatte spiegelte sich das Gesicht des Antiquars mit der Fensterlandschaft als Hintergrunddekoration. Varo

Borja war um die Fünfzig, er hatte eine solariumgebräunte Glatze und bemühte sich, den Eindruck eines achtbaren Menschen zu vermitteln, der er in Wirklichkeit nicht war. Seine Augen waren klein, flink und hinterlistig. Die füllige Taille vertuschte er mit engen, lebhaft gemusterten Westen, über denen er maßgeschneiderte Sakkos trug. Er war ein Marqués soundso und hatte eine bewegte und ziemlich windige Vergangenheit hinter sich, die eine Vorbestrafung ebenso einschloß wie einen Betrugsskandal und vier fahre freiwilliges Exil in Brasilien und Paraguay, zu dem ihm die Vorsicht geraten hatte.

»Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«

Seine ruppigen Umgangsformen waren genau kalkuliert und hatten oft etwas Flegelhaftes. Corso sah, wie er sich erhob, zu einer kleinen Vitrine ging und diese mit einem Schlüsselchen öffnete, das er an einer goldenen Kette aus seiner Westentasche zog. Varo Borja hatte kein Geschäft, das dem allgemeinen Publikum zugänglich gewesen wäre, nur einen festen Stand auf den wichtigsten internationalen Antiquariatsmessen. Sein Katalog umfaßte nie mehr als fünfzig ausgewählte Stücke. Er verfolgte die Spuren seltener Bücher bis in die letzten Winkel der Erde, scheute kein noch so brutales Mittel, um in ihren Besitz zu gelangen, und spekulierte dann mit ihnen je nach den Möglichkeiten, die der Markt gerade bot. Auf seiner Warteliste standen von Fall zu Fall Sammler, Konservatoren, Graveure, Buchdrucker und »Lieferanten« wie Lucas Corso.

»Was sagen Sie dazu?«

Corso streckte seine Hand aus, um das Buch mit einer Behutsamkeit entgegenzunehmen, mit der andere ein neugeborenes Kind auf den Arm nehmen. Es hatte einen goldgeprägten Ledereinband und war vorzüglich erhalten.

»Die Hypnerotomachia Poliphili von Colonna«, las er. »Dann haben Sie es also endlich bekommen.«

»Vor drei Tagen. Venedig, 1545. In casa di figlivoli di Aldo.

Einhundertsiebzig Holzschnitte ... Meinen Sie, der Schweizer, von dem Sie mir erzählt haben, wäre immer noch daran interessiert?«

»Ich glaube schon. Ist es denn vollständig?«

»Natürlich. Bis auf vier sind alle Holzschnitte dieser Ausgabe Nachdrucke von 1499.«

»Mein Kunde hätte eine Erstausgabe vorgezogen, aber ich will sehen, ob er sich auch mit einer zweiten Auflage zufriedengibt. Vor fünf Jahren ist ihm auf der Auktion in München ein Exemplar durch die Lappen gegangen.«

»Gut, Sie haben die Option.«

»Geben Sie mir zwei Wochen, um mich mit ihm in Verbindung zu setzen.«

»Ich würde lieber direkt verhandeln.« Varo Borja lächelte wie ein Hai auf der Suche nach einem Badenden. »Selbstverständlich unter Berücksichtigung Ihrer Kommission mit den üblichen Prozenten.«

»Kommt nicht in Frage. Der Schweizer ist mein Kunde.«

Borja lächelte ironisch.

»Sie trauen keinem, stimmt’s? Sollte mich nicht wundern, wenn Sie als Kind die Milch Ihrer Mutter analysiert hätten, bevor Sie Zugriffen.«

»Und Sie haben die Milch Ihrer Mutter wahrscheinlich weiterverkauft.«

Varo Borja musterte den Bücher Jäger, der jetzt überhaupt nichts mehr von einem netten Kaninchen an sich hatte, sondern eher von einem Wolf, der seine Zähne fletschte.

»Wissen Sie, was mir an Ihrem Charakter gefällt, Corso? Die Natürlichkeit, mit der Sie die Rolle des gedungenen Meuchelmörders spielen, inmitten all der Großmäuler und Aufschneider, denen man heutzutage begegnet . Irgendwie erinnern Sie mich an diese hageren und gefährlichen Gestalten, von denen Julius Caesar sich verfolgt fühlte. Wie schlafen Sie eigentlich?«

»Hervorragend.«

»Das ist mit Sicherheit gelogen. Sie gehören zu denen, die stundenlang ins dunkle Zimmer starren - darauf würde ich glatt zwei mittelalterliche Handschriften verwetten. Soll ich Ihnen etwas sagen? Ich mißtraue aus Instinkt Menschen, die hager, zielstrebig und enthusiastisch sind. Ich bediene mich ihrer nur, wenn es sich um hochdotierte Söldner handelt, um Leute ohne familiäre Bindungen und ohne Skrupel. Wer für eine Sache eintritt, sich mit seinem Vaterland oder seiner Familie großtut, ist mir verdächtig.«

Der Antiquar stellte die Hypnerotomachia wieder an ihren Platz zurück. Dann gab er ein trockenes, humorloses Lachen von sich: »Haben Sie Freunde, Corso? Manchmal frage ich mich, ob Typen wie Sie welche haben können.«

»Lecken Sie mich doch am Arsch.«

Diese Aufforderung war in völlig gelassenem Ton geäußert. Varo Borja lächelte langsam und mit Vorbedacht. Er wirkte durchaus nicht gekränkt.

»Sie haben recht. Ihre Freundschaft interessiert mich keine Spur, ich kaufe Ihre Loyalität - die solide, dauerhafte Treue eines Vasallen. Oder nicht? Das berufliche Ehrgefühl eines Soldaten, der seinen Vertrag einhält; auch dann noch, wenn der König, in dessen Sold er steht, die Flucht ergriffen hat, wenn die Schlacht verloren ist und keinerlei Hoffnung auf Rettung mehr besteht .«

Er sah Corso herausfordernd an und wartete auf eine Reaktion. Aber dieser beschränkte sich auf eine Geste der Ungeduld, indem er an die Uhr am linken Arm faßte, ohne darauf zu schauen.

»Den Rest können Sie mir schreiben«, sagte er. »Ich werde nicht dafür bezahlt, daß ich über Ihre Witze lache.«

Varo Borja schien einen Augenblick nachzudenken. Dann nickte er, immer noch erheitert.

»Sie haben schon wieder recht, Corso. Kehren wir zu unseren Geschäften zurück ...« Er sah sich kurz um, bevor er zum Thema kam. »Erinnern Sie sich an das Traktat über die Fechtkunst von Astarloa?«

»Ja. Eine sehr seltene Ausgabe aus dem Jahr 1870. Ich habe Ihnen vor zwei Monaten ein Exemplar verschafft.«

»Derselbe Kunde möchte jetzt den Band Académie de l’espée. Kennen Sie ihn?«

»Meinen Sie den Kunden oder das Buch? Sie treiben einen derartigen Mißbrauch mit den Personalpronomen, daß ich manchmal überhaupt nicht mehr mitkomme.«

Varo Borjas finsterer Blick verriet, daß er diesen Kommentar lieber überhört hätte.

»Nicht alle drücken sich so sauber und präzise aus wie Sie, Corso. Ich habe natürlich von dem Buch gesprochen.«

»Das ist ein Elzevier-Druck aus dem 17. Jahrhundert. GroßFolio mit Stichen. Es gilt als das schönste Traktat übers Fechten. Und als das teuerste.«

»Der Käufer ist bereit, jeden Preis zu bezahlen.«

»Dann müssen wir es wohl auf treiben.«

Varo Borja saß wieder in seinem Bürosessel vor dem Fenster mit Panoramablick und schlug zufrieden die Beine übereinander, während er die Daumen in die Täschchen seiner Weste hängte. Es war offensichtlich, daß seine Geschäfte gut gingen. Nur wenige unter seinen qualifiziertesten Kollegen in Europa konnten sich eine solche Aussicht hinterm Schreibtisch leisten. Aber das beeindruckte Corso nicht. Typen wie Borja hingen von Leuten wie ihm ab, und das wußten sie beide.

Er rückte sich seine verbogene Brille zurecht und sah den Buchhändler an.

»Was machen wir mit der Hypnerotomachia?«

Varo Borja ließ seinen Blick zwischen Corso und dem Bücherschrank hin- und herwandern und war unentschlossen, ob er seiner Abneigung oder seinem Geschäftsinteresse nachgeben sollte. »Also gut«, gab er zähneknirschend nach. »Verhandeln Sie mit dem Schweizer.«

Corso nickte, ohne seine Genugtuung über diesen kleinen Sieg zu verraten. Den Schweizer gab es gar nicht, aber das war seine Sache. So ein Buch hatte immer Käufer.

»Lassen Sie uns über Ihre Neun Pforten reden«, schlug er vor und sah, wie sich die Miene des Antiquars aufhellte.

»In Ordnung. Nehmen Sie den Auftrag an?«

Corso biß sich das Nagelhäutchen eines Daumens ab und spuckte es wie beiläufig auf die saubere Fläche des Schreibtischs.

»Stellen Sie sich einen Augenblick vor, Ihr Exemplar wäre gefälscht. Und das echte wäre eines der anderen beiden. Oder keines.«

Varo Borja wirkte irritiert, während sein Blick das winzige Nagelhäutchen suchte. Schließlich gab er auf.

»In diesem Fall«, erwiderte er, »schreiben Sie sich alles gut auf und befolgen meine Anweisungen.«

»Und die wären?«

»Das erfahren Sie noch früh genug.«

»Ich möchte es aber jetzt erfahren.« Corso fiel auf, daß der Antiquar einen Moment lang zögerte, und er merkte, daß im hintersten Winkel seines Gehirns, dort wo der Jagdinstinkt steckte, etwas ins Stolpern geriet. Krack, krack. Das kaum wahrnehmbare Geräusch einer Maschine, die aus dem Takt gekommen war.

»Wie es weitergeht«, sagte der andere schließlich, »werden wir später entscheiden.«

»Was gibt es da zu entscheiden?« fragte Corso leicht gereizt. »Eines der Bücher befindet sich in einer privaten Sammlung und das andere in einer öffentlichen Stiftung; keins der beiden ist verkäuflich. Und das bedeutet, daß an diesem Punkt alles zu Ende ist: mein Auftrag und Ihre Forderungen. Ich sage Ihnen, das oder das Buch ist falsch, oder auch nicht. In jedem Fall ist meine Aufgabe damit erfüllt, Sie bezahlen mich, und auf Wiedersehen.«

So einfach ist das nicht, schien das schiefe Lächeln des Antiquars zu sagen. »Kommt ganz darauf an.«

»Das ist es ja, was ich befürchte ... Sie führen irgend etwas im Schilde, stimmt’s?«

Varo Borja hob ein wenig seine Hand und betrachtete ihr Spiegelbild auf der polierten Schreibtischfläche. Dann ließ er sie langsam sinken, bis sie sich mit ihrem Spiegelbild vereinte. Corso kannte sie nur zu gut, diese breite, behaarte Pratze mit dem riesigen Goldpflaster am kleinen Finger. Er hatte sie gefälschte Schecks unterzeichnen, grobe Lügen beteuern und Hände drücken sehen, die sie später verriet, und immer noch hörte er das verdächtige Krack-krack und fühlte sich auf einmal seltsam müde, ja, er war plötzlich gar nicht mehr sicher, ob er diesen Auftrag überhaupt wollte.

»Ich bin nicht sicher«, sagte er laut, »ob ich diesen Auftrag möchte.«

Varo Borja mußte den Unterton in seiner Stimme wahrgenommen haben, denn sein Verhalten änderte sich. Er stützte das Kinn auf die ineinander verschlungenen Finger und verharrte reglos. Seine perfekt gebräunte Glatze glänzte im Licht, das zum Fenster hereinflutete. Er schien nachzudenken, während seine Augen unverwandt auf Corso ruhten.

»Habe ich Ihnen nie erzählt, wie ich dazu gekommen bin, Antiquar zu werden?«

»Nein. Und das interessiert mich einen feuchten Dreck.«

Der andere bekundete mit einem theatralischen Lachen, daß er zum Scherzen aufgelegt war und einiges einstecken konnte. Bis auf neue Order durfte Corso seiner schlechten Laune freien

Lauf lassen.

»Ich bezahle Sie dafür, daß Sie mir zuhören, egal, um was es geht.«

»Diesmal haben Sie aber noch nicht bezahlt.«

Borja öffnete eine Schublade, zog ein Scheckheft heraus und legte es auf den Tisch, während Corso sich resigniert und hilflos umsah. An diesem Punkt mußte er entweder seinen Hut nehmen und gehen oder dableiben und abwarten. Freilich hätte es sich auch gehört, daß man ihm an diesem Punkt etwas zu trinken anbot, aber zu der Sorte von Gastgebern gehörte sein Gegenüber nicht. So zuckte er nur kurz die Schulter und berührte mit einem Ellbogen den Flachmann, der eine seiner Manteltaschen ausbeulte. Es war absurd. Er wußte genau, daß er nicht gehen würde, egal welchen Vorschlag er unterbreitet bekam. Und Varo Borja wußte das auch. Er schrieb eine Ziffer, setzte seine Unterschrift unter den Scheck und riß ihn vom Block ab. Dann schob er ihn seinem Visavis über den Tisch hinweg zu.

Corso warf einen Blick auf den Scheck, ohne ihn zu berühren.

»Sie haben mich überzeugt«, seufzte er. »Ich bin ganz Ohr.«

Der Antiquar verzichtete auf eine Gebärde des Triumphs. Er nickte nur, kühl und gelassen, als habe er soeben eine lästige Formalität erledigt.

»Daß ich zu diesem Beruf gekommen bin, war purer Zufall«, begann er zu erzählen. »Eines Tages stand ich ohne einen Heller in der Tasche da, mit nichts als einer Bibliothek, die mir ein verstorbener Großonkel als einzige Erbschaft hinterlassen hatte. Rund zweitausend Bände, von denen höchstens hundert etwas wert waren. Aber zu diesen gehörte eine Erstausgabe des Quijote, zwei Psalter aus dem 13. Jahrhundert und ein Exemplar von Geoffroy Torys Champfleury, von dem insgesamt nur vier Exemplare bekannt sind. Wie finden Sie das?«

»Sie hatten unverschämtes Glück.« »Das können Sie laut sagen«, erwiderte Varo Borja. Er erzählte ohne die Selbstgefälligkeit, die viele Erfolgverwöhnte zur Schau tragen, wenn sie von sich sprechen. »Ich hatte damals keine Ahnung von den Sammlern seltener Bücher, aber das Wesentliche begriff ich sofort: Es ging um Leute, die bereit waren, für ein rares Produkt sehr viel Geld hinzublättern. Und ich besaß gleich mehrere von diesen raren Produkten . So kam es, daß ich Begriffe kennenlernte, die ich vorher noch nie gehört hatte, wie Kolophon, Fliegenkopf, goldener Schnitt oder Leporello. Und während ich mich langsam für dieses Gewerbe zu begeistern begann, habe ich eine Entdeckung gemacht: Es gibt Bücher zum Verkaufen und Bücher zum Aufbewahren. Was letztere angeht, so tritt man der Bibliophilie bei wie einer Religion: fürs ganze Leben.«

»Sehr ergreifend. Aber jetzt sagen Sie mir, was ich und die Neun Pforten mit Ihrem ewigen Gelübde zu tun haben.«

»Sie haben mich vorhin gefragt, was passiert, wenn sich herausstellen sollte, daß mein Exemplar gefälscht ist . Nun, eins kann ich Ihnen jetzt schon sagen, es ist gefälscht.«

»Woher wissen Sie das?«

»Das weiß ich eben, und zwar mit absoluter Gewißheit.«

Corso verzog den Mund zu einer Grimasse, die durchblicken ließ, was er von absoluten Gewißheiten hielt.

»Aber in der Bibliografia Universal von Mateu und im Ter-ral-Coy-Katalog ist es als authentisch verzeichnet.«

»Ja«, gab Varo Borja zu, »wenn Mateu auch ein kleiner Fehler unterlaufen ist. Er spricht von acht Bildtafeln, obwohl das Buch in Wirklichkeit neun enthält . Aber formale Echtheit bedeutet nicht viel. Den Bibliographien zufolge sind auch das Exemplar von Fargas und das von Ungern authentisch.«

»Vielleicht sind sie das ja auch. Alle drei.«

Der Antiquar verneinte mit dem Kopf.

»Das ist unmöglich. Die Prozeßakten des Buchdruckers Tor-chia lassen keinen Zweifel offen. Nur ein Exemplar ist gerettet worden.« Er lächelte geheimnisvoll. »Außerdem verfüge ich über weitere Beweise.«

»Zum Beispiel?«

»Das fällt nicht in Ihr Ressort.«

»Wozu brauchen Sie mich dann überhaupt?«

Varo Borja schob seinen Sessel zurück und stand auf.

»Folgen Sie mir.«

»Ich habe Ihnen doch schon gesagt«, Corso schüttelte den Kopf, »daß mich diese Geschichte nicht interessiert.«

»Lügen Sie nicht. Sie sterben ja vor Neugier.«

Er packte mit Daumen und Zeigefinger den Scheck und ließ ihn in einem Täschchen seiner Weste verschwinden.

Dann führte er Corso über eine Wendeltreppe ins obere Stockwerk. Das Büro des Antiquars befand sich im hinteren Teil seines Hauses, einem mittelalterlichen Palacio im alten Stadtkern, für dessen Erwerb und Restaurierung Borja ein Vermögen ausgegeben haben mußte. Über einen Korridor, der mit dem Haupteingang und dem Vestibül in Verbindung stand, geleitete er Corso zu einer Tür, die er per Tastendruck mit einer geheimen Zahlenkombination öffnete. Sie traten in ein großes Zimmer mit schwarzem Marmorfußboden, Balkendecke und alten kunstgeschmiedeten Gittern vor den Fenstern. Es gab auch einen Schreibtisch, ein paar Ledersessel und einen großen Kamin aus Stein. Alle Wände waren mit Bücherschränken und Stichen in schönen Rahmen bedeckt.

»Ein hübsches Plätzchen«, meinte er anerkennend - er sah dieses Zimmer zum erstenmal. »Ich dachte immer, Sie würden Ihre Bücher im Keller lagern.«

»Die hier gehören alle mir; keines von ihnen ist käuflich. Es gibt Sammler, die sich auf Ritterromane oder höfische Literatur spezialisieren. Leute, die Quijotes oder unbeschnittenen Ausgaben hinterherjagen . Die Bücher, die Sie hier sehen, haben alle denselben Protagonisten: Luzifer.«

»Darf ich sie mir ein bißchen genauer ansehen?«

»Deshalb habe ich Sie ja hierher gebracht.«

Corso trat ein paar Schritte vor. Die Bücher hatten zeitgenössische Einbände, angefangen von den lederbezogenen Holzdeckeln der Inkunabeln bis hin zu den mit Rankenwerk verzierten Maroquineinbänden. Der Marmorboden quietschte unter seinen ungeputzten Schuhen, während er zu einem der Bücherschränke ging und sich niederbeugte, um seinen Inhalt zu betrachten: De spectris et apparitionibus von Johannes Rivius. Summa diabolica von Benedictus Casianus.

La haine de Satan von Pierre Crespet. Die Steganografia des Abtes Trithemius. De consummatione saeculi von Pontianus. Wertvolle und sehr rare Bücher, die Corso zum größten Teil nur aus bibliographischen Verweisen kannte.

»Es gibt nichts Schöneres, stimmt’s?« fragte Varo Borja, der Corso aufmerksam beobachtete. »Nichts wie diesen zarten Schimmer: Goldprägungen auf Leder hinter einer Glasscheibe .ganz zu schweigen von den Schätzen, die sie in ihrem Inneren bergen: Jahrhunderte der Forschung und Weisheit. Antworten auf die Geheimnisse des Universums und der menschlichen Seele.« Er hob ein wenig die Arme, um sie dann auf seine Hüften fallen zu lassen, und gab es auf, seinen Besitzerstolz in Worte zu fassen. »Ich kenne Leute, die würden für so eine Sammlung einen Mord begehen.«

Corso nickte, ohne seinen Blick von den Büchern zu nehmen. »Sie, zum Beispiel«, sagte er. »Wenn auch nicht persönlich. Sie würden es so einrichten, daß andere für Sie morden.«

Varo Borja stieß ein verächtliches Lachen aus.

»Das gehört zu den Vorteilen des Reichseins: Man kann Schergen anheuern und die Drecksarbeit von ihnen erledigen lassen. So bleibt man selbst ein Unschuldsengel.«

Corso sah den Antiquar an.

»Das ist auch ein Standpunkt«, gab er nach einem Augenblick des Schweigens zu, währenddessen er wirklich nachzudenken schien. »Aber mir sind die Typen, die sich nie die Hände schmutzig machen, noch mehr zuwider als die anderen.«

»Was Ihnen zuwider ist, interessiert mich nicht. Kommen wir also zu den ernsten Dingen.«

Varo Borja trat an die Bücherschränke heran. Ein jeder von ihnen mochte um die hundert Bände enthalten.

»Ars Diavoli ...« Er öffnete den nächstgelegenen, um mit den Fingern sanft, beinahe streichelnd über die Buchrücken zu fahren. »Sie werden nirgend woanders so viele versammelt finden. Das sind die seltensten, die erlesensten Exemplare. Es hat mich Jahre gekostet, diese Sammlung zusammenzutragen. Aber es fehlte das Meisterwerk.«

Er zog eines der Bücher heraus, einen Folianten mit schwarzem venezianischem Ledereinband, Rücken mit fünf Bünden, außen kein Titel, aber ein goldenes Pentagramm auf dem Vorderdeckel. Corso nahm es in die Hand und öffnete es mit größter Behutsamkeit. Auf dem ersten gedruckten Blatt, der ursprünglichen Titelseite, stand auf Lateinisch; DE UMBRARUM REGNI NOVEM PORTIS - Buch von den neun Pforten ins Reich der Schatten. Es folgten Druckermarke, Ort, Name und Datum: Venetiae, apud Aristidem Torchiam. M.DC.LX. VI. Cum superiorum privilegio veniaque. Mit Privileg und Genehmigung der Obrigkeiten.

Varo Borja wartete gespannt auf Corsos Reaktion.

»Einen Bibliophilen erkennt man daran, wie er ein Buch anfaßt«, sagte er.

»Ich bin kein Bibliophiler.«

»Natürlich. Obwohl Sie Ihre Landsknechtmanieren ziemlich gut verstecken können . Und wenn es um Bücher geht, ist das sehr beruhigend. Es gibt Hände, die geradezu kriminell mit ihnen umgehen.«

Corso blätterte weiter. Der ganze Text war lateinisch, in schöner Schrift auf starkem, hochwertigem Papier gedruckt, das sich ausgezeichnet erhalten hatte. Es gab neun wunderschöne, blattgroße Tafeln, auf denen mittelalterlich anmutende Szenen dargestellt waren. Corso schlug wahllos eine auf. Sie war mit einer lateinischen »V« versehen, die von zwei Ziffern oder Buchstaben flankiert wurde, rechts griechisch und links hebräisch. Unter dem Bild ein unvollständiges oder verschlüsseltes Wort: FR. ST. A. Und die Abbildung selbst: ein Mann, der nach einem Händler aussah, zählte vor einer verschlossenen Tür einen Sack Goldmünzen ab, ohne das Skelett zu bemerken, das hinter seinem Rücken stand, in einer Hand eine Sanduhr, in der anderen eine Heugabel.

»Was halten Sie davon?« fragte Varo Borja.

»Sie meinten doch, das Buch sei gefälscht, aber mir sieht es nicht danach aus. Haben Sie es genau untersucht?«

»Mit der Lupe und bis zum letzten Komma. Dazu hatte ich genügend Zeit, seit ich es vor einem halben fahr gekauft habe, als die Bibliothek Gualterio Terrals von seinen Erben versteigert wurde.«

Der Bücherjäger blätterte weiter. Die Bildtafeln waren von einer schlichten, geheimnisvollen Eleganz und wunderschön. Eine zeigte einen Scharfrichter in Ritterrüstung, der sein Schwert erhoben hatte und drauf und dran war, eine junge Frau zu enthaupten.

»Ich bezweifle, daß die Erben eine Fälschung zum Verkauf angeboten hätten«, schloß Corso, als er mit seiner Untersuchung fertig war. »Sie haben zu viel Geld und interessieren sich nicht für Bücher. Sogar den Katalog der Bibliothek mußte das Auktionshaus Claymore selbst zusammenstellen. Und außerdem hätte der alte Terrai, so wie ich ihn kenne, niemals ein gefälschtes oder irgendwie manipuliertes Buch in seiner Sammlung geduldet.« »Da bin ich einer Meinung mit Ihnen«, erwiderte Varo Borja. »Abgesehen davon, daß Terrai die Neun Pforten von seinem Schwiegervater geerbt hat, Don Lisardo Coy, der ein Vorbild von einem Bibliophilen war.«

»Und das Buch seinerseits dem Italiener Domenico Chiara abgekauft hat«, Corso legte den Band auf den Tisch und zog seinen Notizblock aus der Manteltasche, »dessen Familie es dem Weiss-Katalog zufolge seit 1817 besaß.«

Der Antiquar nickte zufrieden.

»Wie ich sehe, haben Sie sich gründlich mit dem Thema befaßt.«

»Natürlich habe ich mich damit befaßt.« Corso sah ihn an, als habe er soeben eine große Dummheit gesagt. »Das ist schließlich meine Arbeit.«

Varo Borja machte eine einlenkende Geste.

»Ich hege keine Zweifel an der Ehrlichkeit Terrais und seiner Erben«, stellte er klar. »Ich habe auch nicht behauptet, daß dieses Exemplar nicht alt sei.«

»Sie sagten, es sei gefälscht.«

»Gefälscht ist vielleicht nicht das richtige Wort.«

»Dann müssen Sie etwas deutlicher werden. Mir sieht es jedenfalls ganz nach einem Original aus.« Corso griff erneut nach dem Buch, packte die Schnittkanten der Seiten mit dem Daumen und ließ sie durchsausen, wobei er die Ohren spitzte und auf ihren Klang lauschte. »Sogar das Papier klingt, wie es soll.«

»Aber da ist etwas, das nicht klingt, wie es soll, und ich meine nicht das Papier.«

»Vielleicht die Holzschnitte.«

»Was ist damit?«

»Die bringen eine falsche Note ins Spiel. Normalerweise würde man Kupferstiche erwarten. 1666 hat keiner mehr Holzschnitte angefertigt.«

»Vergessen Sie nicht, daß es sich um eine ungewöhnliche Ausgabe handelt. Die Holzschnitte sind Kopien anderer, älterer Bildtafeln aus einem Buch, das der Buchdrucker Torchia entdeckt oder zumindest gesehen haben dürfte.«

»Das Delomelanicon. Glauben Sie das wirklich?«

»Ihnen kann egal sein, was ich glaube. Aber die neun Originalabbildungen des Buches werden nicht irgend jemandem zugeschrieben. Die Legende will, daß Luzifer nach seiner Niederwerfung und Vertreibung aus dem Paradies eine Sammlung von Beschwörungsformeln für seine Adepten zusammengestellt hat: den magischen Meistercodex der Schatten. Das schreckliche Buch wurde in Geheimverstecken aufbewahrt, mehrmals verbrannt und von den wenigen Privilegierten, die es besaßen, für Gold verkauft. Bei den Illustrationen handelt es sich in Wirklichkeit um infernalische Hieroglyphen. Wer sie mit Hilfe des Textes und mit dem entsprechenden Wissen zu deuten weiß, ist in der Lage, den Höllenfürsten zu rufen.«

Corso nickte mit übertriebener Würde. »Ich kenne bessere Arten, seine Seele zu verkaufen.«

»Machen Sie keine Witze. Diese Sache ist ernster, als sie aussieht ... Wissen Sie, was Delomelanicon bedeutet?«

»Ich denke ja. Das kommt aus dem Griechischen: delo, rufen. Und melas, schwarz, dunkel.«

Varo Borja bekundete ihm mit einem hysterischen Kichern seinen Beifall.

»Ich hätte beinahe vergessen, daß Sie ein gebildeter Söldner sind. Ja, Sie haben recht, die Finsternis beschwören oder sie erhellen ... Schon der Prophet Daniel, Hippokrates, Josephus Flavius und Albertus Magnus haben auf dieses herrliche Buch hingewiesen. Obwohl der Mensch erst seit sechstausend Jahren schreibt, soll das Delomelanicon dreimal so alt sein. Die erste ausdrückliche Erwähnung findet sich in dem Papyrus von Turis, der vor dreitausend Jahren abgefaßt wurde. Danach wird es im Corpus Hermeticum zwischen dem ersten vorchristlichen und dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert verschiedentlich zitiert. Dem Asclemandres zufolge ermöglicht uns dieses Buch, das Licht von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Und in einem Teilinventarium der Bibliothek von Alexandria, das vor ihrer dritten und endgültigen Zerstörung im Jahr 646 erstellt wurde, erscheint es ebenfalls, und zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die neun magischen Geheimnisse, die es birgt . Man weiß nicht, ob es nur ein oder mehrere Exemplare gab, und ob eins davon den Brand der Bibliothek überlebt hat. Von diesem Zeitpunkt an tauchen seine Spuren im Verlauf der Geschichte nach Kriegen, Feuersbrünsten und Naturkatastrophen immer mal auf und dann wieder unter.«

Corso schnitt eine skeptische Grimasse. »Wie immer. Alle herrlichen Bücher haben dieselbe Legende: angefangen von Thot bis hin zu Nicolas Flamel . Ich hatte mal einen Kunden, der für die hermetische Chemie schwärmte und wollte, daß ich die von Fulcanelli und seinen Schülern erstellte Bibliographie für ihn auftreibe. Er war beim besten Willen nicht davon zu überzeugen, daß mindestens die Hälfte der darin aufgeführten Bücher überhaupt nie geschrieben worden waren.«

»Das hier aber ist geschrieben worden. Irgend etwas muß an seiner Existenz ja sein, wenn die Inquisition es auf den Index setzt. Was meinen Sie?«

»Was ich meine, ist unwichtig. Es gibt Verteidiger, die nicht an die Unschuld ihres Mandanten glauben und trotzdem seinen Freispruch durchsetzen.«

»Genau darum geht es hier. Schließlich pachte ich nicht Ihren Glauben, sondern Ihr Können.«

Corso wandte sich wieder den Holzschnitten des Buches zu. Auf dem mit der Nummer »I« war ein eigentümlicher Ritter ohne Waffen zu sehen, der den Zeigefinger an die Lippen legte, als gemahne er zum Schweigen oder wolle den Betrachter zu seinem Komplizen machen. Er war zu Pferd und ritt auf eine mauerbewehrte Stadt zu, die auf einem Hügel lag. Unter der Bildtafel las man: NEM. PERV.T QVI N.N LEG. CERT.RIT.

»Diese Legende ist durch Abkürzungen verschlüsselt, aber entzifferbar«, erklärte Varo Borja, der ihn aufmerksam beobachtete: »Nemopervenit qui non legitime certaverit...«

»Wer nicht kämpft, wie die Regeln es vorschreiben, wird nie an sein Ziel gelangen?«

»Mehr oder weniger. Im Augenblick ist das die einzige Bildunterschrift, die wir sicher deuten können. Sie kommt in beinahe identischer Form bei Roger Bacon vor, der ein großer Kenner der Dämonologie, Kryptographie und Magie war. Bacon behauptete, ein Delomelanicon mit dem Schlüssel schrecklicher Geheimnisse zu besitzen, das vorher dem König Salomon gehört habe. Dieses Werk, das aus Pergamentrollen mit Abbildungen bestand, ist im Jahr 1350 verbrannt worden, auf persönliche Anweisung von Papst InnozenzVL, der erklärte: Es enthält eine Methode zur Beschwörung von Dämonen. Drei Jahrhunderte später beschließt Aristide Torchia, es mit den ursprünglichen Abbildungen in Venedig zu drucken.«

»Nein. Die Bildtafeln sind zu perfekt«, wandte Corso ein.

»Das können keine originalgetreuen Kopien sein, sonst wäre der Stil altertümlicher.«

»Einverstanden. Torchia hat sie wahrscheinlich etwas dem Stil der Zeit angepaßt.«

Auf der Bildtafel mit der Nummer »III« war eine Brücke dargestellt, die über einen Fluß führte und auf beiden Seiten mit turmförmig befestigten Toren versehen war. Corso hob den Blick und sah, daß Varo Borja ein geheimnisvolles Lächeln aufgesetzt hatte, wie ein Alchimist, der genau weiß, was in seinem Reagenzglas brodelt.

»Und noch ein Bezugspunkt, der letzte«, sagte der Antiquar: »Giordano Bruno, Märtyrer des Rationalismus, Mathematiker und Verfechter der Theorie, daß die Erde sich um die Sonne dreht ...« Borja machte eine wegwerfende Handbewegung, als wäre dies alles von sekundärer Bedeutung. »Aber das ist nur ein Teil seines einundsechzig Bände umfassenden Werkes, in dem die Magie einen wichtigen Platz einnimmt. Und passen Sie auf: Bruno bezieht sich ausdrücklich auf das Delomelanicon, indem er sogar die griechischen Wörter delo und melas benützt, und fährt dann fort: >Auf dem Weg der Männer, die nach Wissen streben, gibt es neun geheime Pforten.< Danach erklärt er die Methoden, mit denen man Licht in die Dunkelheit bringt. Sic Luceat Lux, schreibt er, und das ist zufällig dasselbe Motto« - er zeigte Corso das Zeichen des Buchdruckers: ein Baum, in den der Blitz einschlägt, eine Schlange und daneben ein Motto -, »das auch Aristide Torchia im Frontispiz der Neun Pforten verwendet. Wie finden Sie das?«

»Ganz interessant. Aber das sagt überhaupt nichts. Aus einem Text kann man alles mögliche herauslesen, besonders wenn er alt ist und viele Mehrdeutigkeiten enthält.«

»Mehrdeutigkeiten, die Vorsichtsmaßnahmen sein können. Obwohl Giordano Bruno die goldene Regel des Überlebens außer acht gelassen hat: Scire, tacere. Wissen und schweigen. Offensichtlich wußte er einiges, aber er konnte den Mund nicht halten. Aber es gibt noch viel mehr Übereinstimmungen: Giordano Bruno wird in Venedig verhaftet, zum unbekehrbaren Ketzer erklärt und im Februar des Jahres 1600 in Rom auf dem Campo dei Fiori bei lebendigem Leibe verbrannt. Dieselben Begleitumstände, dieselben Orte, dieselben Daten, die siebenundsechzig Jahre später mit der Hinrichtung des Buchdruckers Aristide Torchia einhergingen: in Venedig verhaftet, in Rom gefoltert und im Februar 1667 auf dem Campo dei Fiori in Rom verbrannt. Und achten Sie auf dieses Detail: Damals wurden kaum noch Leute verbrannt, aber ihn hat man angesteckt.« »Ich bin beeindruckt«, sagte Corso ironisch.

Varo Borja schnalzte mißbilligend mit der Zunge.

»Manchmal frage ich mich, ob Sie überhaupt in der Lage sind, an etwas zu glauben.«

Corso tat, als denke er nach, und zuckte dann mit der Schulter.

»Früher habe ich an gewisse Dinge geglaubt. Aber damals war ich jung und skrupellos. Jetzt bin ich fünfundvierzig, also alt und skrupellos.«

»Das bin ich auch. Trotzdem gibt es Dinge, an die ich glaube. Dinge, die mein Herz höher schlagen lassen.«

»Wie das Geld?«

»Machen Sie sich nicht lustig. Das Geld ist der Schlüssel, der die dunklen Türen des Menschen öffnet. Damit kaufe ich zum Beispiel Sie. Oder das einzige, was ich auf der Welt achte: diese Bücher.« Er ging ein paar Schritte an den vollgestopften Bücherschränken entlang. »Sie liefern uns ein getreues Abbild der Menschen, von denen sie geschrieben wurden. Sie spiegeln ihre Sorgen, ihre Geheimnisse, ihre Wünsche, ihr Leben, ihren Tod. Ich betrachte sie als lebende Materie: Man muß wissen, wie man ihnen Nahrung gibt und Schutz.«

»Und wie man sie benützt.«

»Manchmal.«

»Und das hier funktioniert nicht.«

»Nein, es funktioniert nicht.«

»Sie haben es versucht.«

Corsos Äußerung klang nicht nach einer Frage, sondern nach einer Feststellung. Varo Borja warf ihm einen wütenden Blick zu.

»Reden Sie keinen Quatsch. Sagen wir, daß ich die Gewißheit habe, daß es gefälscht ist, und damit basta. Aus diesem Grund möchte ich es mit den anderen Exemplaren vergleichen.«

»Und ich bin nach wie vor der Meinung, daß es nicht unbedingt gefälscht zu sein braucht. Viele Bücher weisen Unterschiede auf, selbst wenn sie aus derselben Auflage stammen .

In Wirklichkeit kann es gar keine zwei Exemplare geben, die miteinander identisch wären, da bereits ihre Geburt zu kleinen Abweichungen beiträgt. Und danach lebt jedes Buch sein eigenes Leben: Bestimmte Seiten fehlen ihm, andere werden hinzugefügt oder ausgetauscht, es wird gebunden. Wenn genügend Jahre vergehen, sehen sich zwei Bücher, die auf derselben Presse gedruckt wurden, unter Umständen kaum noch ähnlich. Das könnte auch mit diesem der Fall sein.«

»Finden Sie das heraus. Stellen Sie Nachforschungen an, als gehe es um ein Verbrechen. Heften Sie sich den Neun Pforten auf die Fersen. Nehmen Sie jede Seite unter die Lupe, jede Abbildung, das Papier, den Einband . Verfolgen Sie die Geschichte meines Exemplars bis zu seinen Ursprüngen zurück. Und dann machen Sie dasselbe in Sintra und Paris mit den anderen beiden.«

»Es wäre mir eine große Hilfe, wenn Sie mir verraten würden, wie Sie darauf gekommen sind, daß Ihr Buch gefälscht ist.«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Vertrauen Sie auf meine Intuition.«

»Ihre Intuition wird Sie viel Geld kosten.«

»Beschränken Sie sich darauf, es auszugeben.«

Borja zog den Scheck aus seiner Westentasche und drückte ihn Corso in die Hand. Der drehte ihn unentschlossen zwischen den Fingern herum.

»Warum bezahlen Sie mich im voraus? Das haben Sie bisher nie getan.«

»Sie werden viele Ausgaben haben. Und das hier gebe ich Ihnen, damit Sie anfangen, sich zu rühren.« Er reichte ihm ein dickes, gebundenes Dossier. »Hier finden Sie alles, was ich über das Buch in Erfahrung bringen konnte. Es könnte Ihnen nützlich sein.«

Corso sah immer noch den Scheck an.

»Das ist zuviel für einen Vorschuß.«

»Möglich, daß Sie gewisse Komplikationen haben .«

»Was Sie nicht sagen.«

Nach seiner sarkastischen Bemerkung räusperte sich der Antiquar. Endlich kamen sie zum Kern der Sache.

»Wenn alle drei Exemplare gefälscht oder unvollständig sind«, fuhr Varo Borja fort, »ist Ihr Auftrag erledigt, und wir legen die ganze Sache zu den Akten .« Er machte eine Pause, um sich mit der Hand über die gebräunte Glatze zu fahren, und lächelte Corso etwas verlegen an. »Wenn sich jedoch herausstellt, daß eins der Bücher das echte ist, bekommen Sie noch mehr Geld. Denn in diesem Fall möchte ich es haben, egal wie, ohne Ausgaben oder Mittel zu scheuen.«

»Sie scherzen, oder?«

»Sehe ich so aus, Corso?«

»Das ist illegal.«

»Sie haben auch vorher schon illegale Sachen gemacht.«

»Aber nicht von diesem Kaliber.«

»Weil keiner Ihnen bezahlt hat, was ich Ihnen bezahlen werde.«

»Was bieten Sie mir als Garantie?«

»Ich erlaube Ihnen, dieses Buch hier mitzunehmen, auch weil Sie es für Ihre Arbeit brauchen ... Ist Ihnen das genug Garantie?«

Krack, krack. Corso, der immer noch die Neun Pforten in der Hand hielt, legte den Scheck wie ein Lesezeichen zwischen die Seiten und blies ein imaginäres Staubkorn von dem Buch, bevor er es Varo Borja zurückgab.

»Sie haben vor kurzem behauptet, daß sich mit Geld alles kaufen läßt - dann probieren Sie es doch selbst. Gehen Sie zu den Besitzern und halten Ihren Kopf hin.«

Er drehte sich um und ging auf die Tür zu, wobei er sich fragte, wieviel Schritte er wohl tun würde, bevor er die Stimme des Antiquars vernahm. Es waren drei.

»Das ist nichts für Männer der Feder«, sagte Varo Borja, »sondern für Männer des Degens.«

Seine Stimme klang verändert. Sie hatte jetzt nichts mehr von der arroganten Selbstsicherheit und von der Verachtung für einen Söldner an sich, dessen Dienste man sich kaufte. Auf einem Dürer-Holzschnitt an der Wand schlug ein Engel hinter gerahmtem Glas sanft mit den Flügeln, während Corsos Schuhe sich langsam auf dem schwarzen Marmorboden drehten. Vor den gerammelt vollen Bücherschränken und dem vergitterten Fenster mit Blick auf die Kathedrale, inmitten all der Dinge, die für Geld zu haben waren, stand Varo Borja da und blinzelte bestürzt mit den Augen. Seine Miene wirkte immer noch überheblich, und die Finger einer Hand trommelten sogar, mechanisch und geringschätzig, auf den Deckel des Buches. Aber Lucas Corso hatte lange vor diesem glorreichen Moment gelernt, eine Niederlage in den Augen eines Menschen zu erkennen. Und die Angst.

Sein Herz pochte ruhig und zufrieden, während er wortlos zu Varo Borja zurückging. Als er vor ihm stand, zog er den Scheck, der zwischen den Seiten herausragte, aus dem Buch, faltete ihn sorgfältig zusammen und steckte ihn in die Tasche. Dann nahm er die Neun Pforten und das Dossier an sich.

»Sie hören von mir«, sagte er.

Er wußte, daß der Würfel gefallen war, daß er in einem gefährlichen Strategiespiel auf das erste Feld vorgerückt war und nun nicht mehr zurückkonnte. Aber er hatte Lust zu spielen. Er stieg die Treppe hinunter und ließ das Echo seines eigenen trockenen, durch die zusammengebissenen Zähne ausgestoßenen Lachens zurück. Varo Borja hatte sich geirrt. Es gab Dinge, die nicht mit Geld zu kaufen waren.

Die Treppe führte in einen Innenhof mit Steinbrunnen und Marmorlöwen. Ein schmiedeeisernes Tor trennte diesen Patio von der Straße. Vom Tajo stieg eine unangenehme Feuchtigkeit herauf, die Corso unter dem Mudejar-Torbogen innehalten ließ, um sich den Mantelkragen hochzuschlagen. Dann ging er die schmalen, stillen Gassen entlang bis zu einem kleinen Platz, auf den sich eine Bar mit Bistrotischen hin öffnete, gesäumt von ein paar kahlen Kastanienbäumen und dem Glockenturm einer Kirche. Er suchte sich ein Fleckchen in der warmen Sonne aus und setzte sich an einen der Tische. Langsam kam wieder etwas Wärme in seine steifen Glieder. Zwei Gläser Gin pur, ohne Eiswürfel, trugen vollends zur Normalisierung der Situation bei. Erst dann öffnete er das Dossier über die Neun Pforten, um einen ersten Blick hineinzuwerfen. Auf zweiundvierzig maschinengeschriebenen Seiten war die gesamte Vorgeschichte des Buches dargestellt, und zwar sowohl die der mutmaßlichen Originalversion - des Delomelanicon oder Beschwörung der Dunkelheit - als auch der Fassung, die Aristide Torchia unter dem Titel Die neun Pforten ins Reich der Schatten im Jahre 1666 in Venedig gedruckt hatte. Verschiedene Anhänge enthielten Bibliographien, Fotokopien von klassischen Texten, in denen das Buch erwähnt wurde, sowie Daten über die beiden Exemplare in Sintra und Paris: Adressen der Besitzer, Restaurierungen, Erwerbsdaten. Darüber hinaus fand sich in dem Dossier eine Transkription der Prozeßakten von Aristide Torchia, einschließlich der Schilderung eines Augenzeugen, eines gewissen Gennaro Galeazzo, der das Ende des bedauernswerten Buchdruckers überlieferte:

Er bestieg das Schafott, ohne sich mit Gott versöhnen zu wollen, und schwieg hartnäckig. Als der Rauch des Feuers ihn zu ersticken drohte, riß er die Augen auf und empfahl mit einem entsetzlichen Schrei seine Seele dem Vater. Viele der Anwesenden bekreuzigten sich, weil sie glaubten, daß er im Anblick des Todes Gott um Gnade anflehe. Andere behaupteten, seine Schreie wären nicht zum Himmel, sondern zum Boden gerichtet gewesen, also zu den tiefsten Abgründen der Erde ...

Auf der andern Seite des Platzes fuhr ein Auto vorbei und verlor sich in einer der Gassen, die zur Kathedrale führten. Sein Motor war hinter der Ecke noch eine Zeitlang zu hören, als habe der Fahrer kurz angehalten und erst dann seinen Weg fortgesetzt. Aber Corso achtete kaum darauf, so war er in das Buch versunken. Die erste Seite enthielt den Titel, die zweite war weiß. Auf der dritten Seite begann mit einer schönen Initiale der eigentliche Text in Form einer verschlüsselten Einleitung:

Nos p.tens L.f.rjuv.te Stn. Blz.b, Lvtn, Elm, atq Ast.rot. ali.q, h.die ha.ems ace.tpct fo.de.is c.m t. qui no.st; et h.icpol.icem am.rem mul. flo.em virg.num de.us mon. hon v.lup et op. for.icab tr.d.o, eb.iet i.li c.ra er. No.is of.ret se.el in ano sag. sig. s.bped. cocul.ab sä Ecl.e et no.s r.gat i.sius er.t; p.ct v.v.t an v.q fe.ix in t.a hom. et ven. os. ta int. nos ma.et D:

Fa. t in infint co.s daem.

Satanas. Belzebub, Lcfr, Elimi, Leviathan, Astaroth Siqpos mag. diab. et daem. pri.cp dorn.

Nach der Einleitung, deren angeblicher Verfasser mehr als evident war, fuhr Corso fort zu lesen:

D.mine mag.que L.fr, te D.um m. et.pr ag.sco. et pol.c.or t ser.ire. a.ob.re quam.dp. vvre; et rn.io al.rum d. et js.ch.st. et a.s sn.ts tq.e s.ctas e. ec.les. apstl. et mm. et om. i sc.am. et

o.nia ips. s.cramen. et o.nes .atio et r.g. q.ib fid. pos.nt int.red. p.o me; et t.bi po.lceor q. fac. qu.tqu.t m.lum pot., et atra. ad malap. omn. Et ab.rncio chrsm. et b.ptm et omn ...

Er sah von dem Buch auf und betrachtete den Portikus der Kirche. Die Stirnbogen waren mit Darstellungen des Jüngsten Gerichts bemalt, die unter dem Einfluß der Witterung gelitten hatten. Über ihnen befand sich - oberhalb einer Säule in der Mitte des Kirchenportals - eine Nische, aus der ein erzürnter Pantokrator herniederblickte. Seine erhobene rechte Hand schien eher Strafe als Barmherzigkeit zu versprechen. Corsos Blick wanderte weiter, zum Turm der Kirche und zu den umstehenden Häusern. Auf ihren Fassaden prangten alte, bischöfliche Wappen, und er sagte sich, daß auch auf diesem Platz einst die Scheiterhaufen der Inquisition gebrannt hatten. Schließlich war das nicht irgendeine Stadt, sondern Toledo. Schmelztiegel von dämonischen Kulten, mysteriösen Initiationsriten und Scheinkonvertierten. Und von Ketzern.

Er trank einen großen Schluck Gin, bevor er sich wieder dem Buch zuwandte. Der lateinische Text in seiner abgekürzten Form nahm weitere einhundertsiebenundfünfzig Seiten in Anspruch, die letzte war leer. Auf den restlichen neun Seiten waren die berühmten Bildtafeln abgebildet, die - wollte man der Legende glauben - Luzifer höchstpersönlich vorgegeben hatte. Jeder Holzschnitt war am oberen Rand mit einer hebräischen, einer lateinischen und einer griechischen Ziffer versehen, und am unteren Rand mit einer Legende in Latein, die sich wie der Buchtext aus rätselhaften Abkürzungen zusammensetzte. Corso bestellte einen dritten Gin, während er noch einmal die Bilder betrachtete. Sie erinnerten an Tarotkarten oder an mittelalterliche Stiche: der König und der Bettler, der Eremit, der Gehängte, der Tod, der Henker. Auf der letzten Bildtafel war eine schöne Frau dargestellt, die auf einem Drachen ritt.



Zu schön für die kirchliche Moral der damaligen Zeit, dachte er bei sich.

Eine identische Abbildung fand er auf einer Seite, die aus der Bibliografia Universal von Mateu fotokopiert war - obwohl es in Wirklichkeit nicht dieselbe war. Corso hatte das Terral-Coy-Exemplar der Neun Pforten vor sich, aber der kopierte Holzschnitt wurde von dem alten Gelehrten aus Mallorca, der seine Bibliographie im Jahre 1929 verfaßt hatte, einem anderen der beiden Exemplare zugeschrieben:

TORCHIA (Aristide). De Umbrarum Regni Novem Portis. Venetiae, apud Aristidem Torchiam. MLCLXVI. In Folio. 160 5., einschl. Titelblatt. 9 Holzschnitte außerhalb des Textes, Von außergewöhnlicher Seltenheit. Nur in 3 Exemplaren bekannt. Bibliothek Fargas, Sintra, Portugal (s. Abbildung). Bibliothek Coy, Madrid, Spanien (Bildtafel 9 fehlt). Bibliothek Morel, Paris, Frankreich.

Bildtafel neun fehlt. Das war nicht richtig. Corso hatte ihn ja vor sich, den Holzschnitt Nummer neun in dem Buchexemplar aus der Coy-Bibliothek, später Terral-Coy-Bibliothek, und jetzt Besitz von Varo Borja. Hier mußte es sich um einen Druckfehler handeln, oder aber Mateu selbst hatte sich geirrt. Im fahr 1929, dem Erscheinungsjahr der Bibliografia Universal, waren die Verfahren des Buchdrucks und des Buchvertriebs noch lange nicht so entwickelt gewesen wie heute, und viele Gelehrten erwähnten in ihren Schriften Bücher, die sie nur aus den Beschreibungen anderer kannten. Wahrscheinlich war das lückenhafte Exemplar eines der anderen beiden: das in Sintra oder das in Paris. Corso machte sich am Rand der Fotokopie einen Vermerk. Das mußte überprüft werden. Die Uhr des Kirchturms schlug dreimal, und von den umliegenden Dächern flogen Schwärme von Tauben auf. Corso zuckte leicht zusammen, als komme er plötzlich zu sich. Er klopfte suchend die verschiedenen Taschen seiner Kleidung ab, zog schließlich einen Geldschein aus der Hosentasche, legte ihn auf den Tisch und erhob sich. Der Gin gab ihm ein angenehmes Gefühl der Abgehobenheit, er dämpfte die Geräusche und Bilder, die von außen auf ihn eindrangen. Corso verstaute Buch und Dossier in seiner Segeltuchtasche und hängte sie sich über die Schulter. Dann betrachtete er gedankenversunken den erzürnten Pantokrator über dem Kirchenportal. Da er keine Eile hatte und sich ein wenig die Beine vertreten wollte, beschloß er, zu Fuß zum Bahnhof zu gehen.

Bei der Kathedrale angekommen, wählte er die Abkürzung durch den Kreuzweg. Er ging an der Souvenirbude vorbei, die geschlossen war, und blieb einen Moment lang vor den leeren Gerüsten der Restauratoren stehen, die man vor den Wandmalereien aufgebaut hatte. Der Ort war völlig verlassen, und seine Schritte hallten unter dem Bogengang. Einmal glaubte er, hinter sich etwas zu hören. Wahrscheinlich ein Pfarrer, der mit Verspätung in seinen Beichtstuhl eilte.

Corso verließ den Kreuzgang durch ein schmiedeeisernes Tor, das auf eine dunkle Gasse hinausführte. Sie war so eng, daß die Autos sie beim Durchfahren streiften, hier und da bröckelten schon die Wände ab. Kaum war er auf die Gasse hinausgetreten, als von hinten das Geräusch eines laufenden Motors an sein Ohr drang. Vor ihm wies ein Verkehrsschild, ein Dreieck mit rotem Rand, auf eine Verengung der Straße hin, und als er es beinahe erreicht hatte, heulte der Motor hinter ihm plötzlich auf. Corso hörte den Wagen näher kommen. >Der fährt zu schnelle, dachte er und wollte sich umdrehen, aber da nahm er auch schon eine große, dunkle Masse wahr, die direkt auf ihn zuschoß. Der Gin hatte sein Reaktionsvermögen stark beeinträchtigt, aber seine Aufmerksamkeit war zufällig noch immer auf das Verkehrsschild gerichtet. Instinktiv lief er darauf zu, zwischen Metallpfosten und Wand sah er eine Lücke. Wie ein Stierkämpfer, der hinter der Holzbarriere in der Arena in Deckung geht, zwängte er sich in den wenige Zentimeter breiten Zwischenraum, so daß der Wagen im Vorbeifahren nur seine Hand erwischte. Das allerdings so heftig, daß Corso vor Schmerz in die Knie ging. Er fiel auf die holprigen Pflastersteine und sah dem Auto nach, das sich quietschend entfernte und am Ende der Straße verschwand. Corso massierte seine geprellte Hand und lief weiter zum Bahnhof. Aber jetzt warf er manchmal einen Blick nach hinten, und der Tragegurt seiner Tasche, in der ja die Neun Pforten lagen, brannte auf der Schulter. Er hatte ihn nur flüchtig gesehen, nicht länger als drei Sekunden, aber lange genug, um zu erkennen, wer ihn da soeben fast überfahren hätte: Diesmal war es kein Jaguar, sondern ein schwarzer Mercedes, aber am Steuer saß ein dunkelhaariger Mann mit Schnurrbart und einer Narbe im Gesicht. Der Typ aus Makarovas Bar. Derselbe, der ihm zeitunglesend und in Chauffeursuniform vor dem Haus Liana Taillefers aufgefallen war.

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