17

Marius blieb vor der Tür zur inneren Senatskammer stehen.

»Du darfst erst eintreten, wenn du offiziell als Bürger aufgenommen bist, und auch dann nur als mein Tagesgast. Ich werde dich vorschlagen und eine kurze Rede zu deinen Gunsten halten. Das ist eine reine Formalität. Warte, bis ich zurückkomme und dir zeige, wo du sitzen darfst.«

Gaius nickte ruhig und trat zurück, während Marius an die Tür klopfte und eintrat, als sie sich öffnete. Der junge Mann blieb alleine im Vorraum zurück und ging eine Weile auf und ab.

Als ihm die Wartezeit nach zwanzig Minuten zu lang wurde, ging er hinüber zu den Türen, die nach draußen führten und offen standen. Von dort aus blickte er auf die Soldatenmassen hinab, die auf dem Forum standen. Sie boten einen beeindruckenden Anblick, wie sie trotz der Hitze des Tages unbeweglich strammstanden. Von der Höhe der Türen zum Senat aus, den ganzen riesigen Platz zu Füßen, hatte Gaius einen guten Blick auf die dahinter liegende geschäftige Stadt. Er war ganz in diesen Anblick vertieft, als er hinter sich die Angeln der Innentür knarren hörte und Marius heraustrat.

»Willkommen in der Nobilitas, Gaius. Du bist jetzt ein Bürger Roms, und dein Vater wäre stolz auf dich. Nimm neben mir Platz und höre dir die heutigen Themen an. Sie dürften dich wahrscheinlich sehr interessieren.«

Gaius folgte ihm und begegnete den Blicken der Senatoren, die seinen Eintritt beobachteten. Der eine oder andere nickte ihm zu, und er fragte sich, ob sie seinen Vater gekannt hatten. Er merkte sich ihre Gesichter, falls sich später die Gelegenheit ergeben sollte, mit ihnen zu reden. Unauffällig blickte er sich in dem Saal um und versuchte niemanden anzustarren. Die Welt hörte auf das, was diese Wenigen zu sagen hatten.

Die Anordnung ähnelt einem Circus im Miniaturformat, dachte er, als er sich auf den Platz setzte, den ihm Marius anwies. Fünf treppenartig ansteigende Reihen umringten einen freien Platz in der Mitte, von dem aus jeweils ein Redner zu den anderen sprechen konnte. Gaius erinnerte sich daran, von seinen Tutoren gelernt zu haben, dass die Rednerbühne aus dem Bug eines karthagischen Kriegschiffs bestand, und der Gedanke an ihre Geschichte faszinierte ihn.

Die Sitze waren in die geschwungenen Reihen eingelassen, mit Armlehen aus dunklem Holz, die überall dort hervorstanden, wo sie nicht von sitzenden Männern verdeckt wurden. Alle trugen weiße Togen und Sandalen, und es entstand der Eindruck, in einem Arbeitsraum zu sein, einem Ort, der vor Energie nur so knisterte. Die meisten Mitglieder waren weißhaarig, doch es waren auch ein paar jüngere, kräftige Männer darunter. Einige Senatoren standen. Gaius vermutete, dass das als Zeichen dafür diente, ein Argument vorbringen oder zur aktuellen Debatte beitragen zu wollen. Sulla selbst stand in der Mitte und redete über Steuern und Getreide. Als er Gaius sah, der zu ihm herüberblickte, lächelte er dem jungen Mann zu, und Gaius spürte die Macht, die hinter diesem Lächeln steckte. Hier war noch jemand wie Marius, stellte er in diesem Augenblick fest, aber gab es in Rom genug Platz für zwei von dieser Sorte? Sulla sah aus wie damals, als er ihn bei den Spielen gesehen hatte. Er war in eine einfache weiße Toga gehüllt, mit einem roten Band als Gürtel. Sein Haar war geölt und glänzte in dunkelgoldenen Locken. Er strahlte Gesundheit und Lebenskraft aus und schien vollkommen entspannt. Als Gaius den Platz neben seinem Onkel einnahm, hustete Sulla taktvoll in eine Hand.

»Ich denke, wegen der heute anstehenden ernsteren Dinge kann diese Steuerdebatte auf die kommende Woche vertagt werden. Gibt es Einwände dagegen?« Die, die gestanden hatten, setzten sich wieder und sahen nicht verärgert aus. Sulla lächelte erneut und zeigte seine weißen, ebenmäßigen Zähne.

»Ich heiße den neuen Bürger willkommen und möchte der Hoffnung des Senats Ausdruck verleihen, dass er der Stadt ebenso gut dienen wird wie sein Vater.« Zustimmendes Gemurmel ertönte, und Gaius neigte dankend den Kopf.

»Unsere offizielle Begrüßung muss allerdings im Augenblick noch warten. Ich habe heute Morgen ernste Nachrichten von einer Gefahr erhalten, die der Stadt droht.« Er machte eine Pause und wartete höflich, bis die Senatoren aufhörten zu reden. »Im Osten hat ein griechischer General namens Mithridates eine unserer Garnisonen in Kleinasien überrannt. Hinter ihm könnten bis zu achttausend Aufständische stehen. Sie haben offensichtlich bemerkt, wie dünn gestaffelt unsere Truppen standen und setzen jetzt darauf, dass wir nicht in der Lage sind, das Gebiet zurückzuerobern. Wenn wir jedoch nichts unternehmen, um ihn zurückzuschlagen, laufen wir Gefahr, dass seine Armee an Stärke zunimmt und die Sicherheit unserer griechischen Besitzungen bedroht.«

Mehrere Senatoren sprangen auf, und sofort entspannen sich lebhafte Wortgefechte in den Reihen. Sulla hob die Hände und bat um Ruhe.

»Es muss eine Entscheidung getroffen werden. Die Legionen, die bereits in Griechenland stehen, sind damit beschäftigt, die unsicheren Grenzen zu bewachen. Sie haben nicht genug Männer, um dieser neuen Bedrohung entgegenzutreten. Wir dürfen die Stadt nicht ohne Schutz lassen, vor allem nicht nach den jüngsten Aufständen, aber ebenso wichtig ist es, eine Legion zu entsenden, die Mithridates im Felde entgegentritt. Griechenland erwartet mit Spannung unsere Reaktion. Sie muss rasch und heftig sein.«

Mehrere Köpfe nickten eifrig. Rom war nicht auf Behutsamkeit und Kompromissen erbaut worden. Gaius kam plötzlich ein Gedanke, und er sah Marius an. Der Legat hatte die Hände vor sich zu Fäusten geballt; sein Gesicht war angespannt und kalt.

»Marius und ich kommandieren jeder eine Legion. Wir sind Mithridates um Monate näher als jede andere Legion aus dem Norden. Die Entscheidung, die ich zur Abstimmung bringen möchte, betrifft die Frage, welche von den beiden sich einschiffen soll, um der feindlichen Armee zu begegnen.«

Er blickte kurz zu Marius hinüber, und zum ersten Mal sah Gaius die Bosheit in seinen Augen leuchten. Marius erhob sich, und schlagartig wurde es still im Saal. Diejenigen, die gestanden hatten, setzten sich wieder, um dem anderen Konsul die Möglichkeit zu geben, als Erster zu antworten. Marius legte die Hände auf den Rücken, und Gaius sah, wie die Knöchel weiß hervortraten.

»Ich habe an Sullas Vorschlag nichts auszusetzen. Die Situation ist klar: Unsere Streitkräfte müssen sich aufteilen, um Rom und unsere fernen Besitztümer zu verteidigen. Ich muss ihn fragen, ob er sich freiwillig als derjenige meldet, der die Eindringlinge vertreiben wird.«

Alle Blicke richteten sich auf Sulla.

»In dieser Angelegenheit vertraue ich ganz dem Urteil des Senats. Ich bin ein Diener Roms. Meine persönlichen Wünsche spielen hierbei keine Rolle.«

Marius lächelte verkniffen, und man konnte die Spannung zwischen den beiden in der Luft spüren.

»Ich bin der gleichen Meinung«, sagte Marius mit klarer Stimme und setzte sich wieder.

Sulla sah erleichtert aus und ließ den Blick durch den Saal mit der gewölbten Decke wandern. »Dann ist die Entscheidung einfach. Ich nenne den Namen jeder Legion, und diejenigen, die sie für am besten geeignet halten, gegen Mithridates zu kämpfen, stehen auf und lassen sich zählen. Die anderen erheben sich, wenn sie den anderen Namen hören. Bei einer solchen Abstimmung, die die Sicherheit der Stadt betrifft, darf sich niemand der Stimme enthalten. Sind alle einverstanden?«

Die dreihundert Senatoren murmelten ernst ihre Zustimmung, und Sulla lächelte wieder. Gaius spürte, wie ihn Furcht überkam. Sulla schwieg einen langen Augenblick und schien die Anspannung sichtlich zu genießen. Endlich sprach er ein Wort in die Stille hinein.

»Die Erstgeborenen.«

Marius legte eine Hand auf Gaius’ Schulter. »Du darfst heute nicht abstimmen, mein Junge.« Gaius blieb sitzen und reckte den Hals, um zu sehen, wie viele sich erhoben. Marius blickte Sulla gleichgültig an, als sei die Angelegenheit für ihn nicht wichtig. Es schien, als würden überall um sie herum Männer aufstehen, und Gaius wusste, dass sein Onkel verloren hatte. Dann verstummten die Geräusche, und es erhob sich niemand mehr. Er blickte zu dem gut aussehenden Konsul hinab, der in der Mitte stand, und konnte sehen, wie dessen Miene von entspannter Freude zu Unglauben und dann zu blanker Wut wechselte. Er zählte und ließ sein Ergebnis von zwei anderen überprüfen, bis alle übereinstimmten.

»Einhunderteinundzwanzig Stimmen dafür, dass sich die Erstgeborenen mit den Eindringlingen auseinander setzen.«

Er biss sich auf die Lippe, und sein Gesicht nahm für einen Augenblick einen brutalen Ausdruck an. Er starrte Marius an, der die Achseln zuckte und den Blick abwandte. Die stehenden Männer setzten sich.

»Zweite Alaudae«, flüsterte Sulla, und seine Stimme wurde von der hervorragenden Akustik des Raumes getragen. Wieder standen Männer auf, und Gaius erkannte, dass es die Mehrheit war. Welchen Plan Sulla auch immer gehabt hatte, er war fehlgeschlagen, und Gaius sah, wie er die Senatoren auf ihre Sitze zurückwinkte, ohne zu Ende auszählen und das Ergebnis festhalten zu lassen. Es war deutlich zu sehen, dass er sich zusammenriss, und als er sprach, war er wieder der charmante junge Mann, den Gaius gesehen hatte, als er eingetreten war.

»Der Senat hat gesprochen, und ich bin der Diener des Senats«, sagte er förmlich. »Ich vermute, Marius wird die Quartiere in der Stadt während meiner Abwesenheit für seine eigenen Männer nutzen?«

»Allerdings«, erwiderte Marius mit ungerührter Miene.

Sulla fuhr fort: »Mit der Unterstützung unserer Streitkräfte in Kleinasien wird es kein langer Feldzug werden. Sobald ich Mithridates vernichtet habe, kehre ich nach Rom zurück. Dann werden wir über die Zukunft Roms entscheiden.« Bei den letzten Worten schaute er Marius direkt an. Die Botschaft war unmissverständlich.

»Schon heute Abend lasse ich meine Männer die Kasernen räumen. Wenn nichts weiteres mehr ansteht, wünsche ich euch allen einen guten Tag.« Sulla verließ den Saal, und eine Gruppe seiner Anhänger schloss sich ihm an. Die Anspannung wich aus dem Raum, und plötzlich redeten und lachten alle durcheinander oder sahen sich gegenseitig nachdenklich an.

Marius stand auf, und augenblicklich kehrte Ruhe ein.

»Ich danke euch für euer Vertrauen, meine Herren. Ich werde diese Stadt gegen alle Feinde verteidigen.« Unwillkürlich musste Gaius daran denken, dass auch Sulla sehr wohl zu diesen Feinden gehören mochte, wenn er erst wieder zurückkehrte.

Mehrere Senatoren umringten seinen Onkel, und ein paar schüttelten ihm in unverhohlener Gratulation die Hand. Marius zog Gaius mit einer Hand zu sich und ergriff mit der anderen die Schulter eines dürren Manns, der sie beide anlächelte.

»Crassus. Darf ich dir meinen Neffen Gaius vorstellen? Du wirst es nicht glauben, Gaius, wenn du ihn dir so ansiehst, aber Crassus ist wahrscheinlich der reichste Mann in ganz Rom.«

Der Mann hatte einen langen, dünnen Hals, auf dessen Ende sein Kopf hin- und herwackelte, und warme braune Augen, die aus einem Meer von Falten hervorblinzelten.

»Die Götter haben es gut mit mir gemeint, das ist wahr. Ich habe auch zwei wunderschöne Töchter.«

Marius lachte. »Eine ist halbwegs ansehnlich, Crassus, aber die andere kommt nach ihrem Vater.«

Innerlich zuckte Gaius bei diesen Worten zusammen, Crassus jedoch schienen sie überhaupt nichts auszumachen. Er lachte wehmütig.

»Das stimmt, sie ist ein bisschen knochig. Ich muss wohl eine hohe Mitgift in Aussicht stellen, um die jungen Männer Roms anzulocken.« Dann wandte er sich an Gaius und streckte die Hand aus. »Es ist mir ein Vergnügen dich kennen zu lernen, junger Mann. Wirst du ein Legat werden wie dein Onkel?«

»Ganz bestimmt«, sagte Gaius ernst.

Crassus lächelte. »Dann wirst du Geld brauchen. Kommst du zu mir, wenn du einen Förderer brauchst?«

Gaius nahm die angebotene Hand und drückte sie kurz, ehe sich Crassus wieder unter die Menge mischte.

Marius beugte sich zu seinem Neffen hinüber und murmelte ihm ins Ohr: »Gut gemacht. Er war mir immer ein treuer Freund und besitzt ein unglaubliches Vermögen. Ich arrangiere für dich einen Besuch auf seinem Familiensitz; seine verschwenderische Pracht ist wirklich sehenswert. Und jetzt möchte ich dir noch jemanden vorstellen. Komm mit.«

Gaius folgte ihm durch die Grüppchen von Senatoren, die über die Ereignisse des Tages und über Sullas Demütigung sprachen. Gaius fiel auf, dass Marius jedem Mann, der seinem Blick begegnete, die Hand schüttelte, kurz gratulierte, sich nach der Familie und abwesenden Freunden erkundigte. Jede Gruppe verließ er mit einem Lächeln.

Auf der anderen Seite des Senatssaals unterhielten sich drei Männer leise, und sie unterbrachen ihr Gespräch sofort, als Marius und Gaius sich näherten.

»Das ist der Mann, Gaius«, sagte Marius fröhlich. »Gnaeus Pompeius, den seine Anhänger für den besten Feldgeneral halten, den Rom hat, wenn ich krank oder nicht im Land bin.«

Pompeius schüttelte ihnen beiden die Hand und lächelte freundlich. Im Gegensatz zu dem hageren Crassus war er ein wenig übergewichtig, dabei ebenso groß wie Marius. Seine Körperfülle stand ihm gut und erweckte den Eindruck von massiver Kraft. Er schien nicht älter als dreißig zu sein, was seinen militärischen Rang noch eindrucksvoller machte.

»Daran kann gar kein Zweifel bestehen, Marius«, erwiderte er. »Auf dem Schlachtfeld bin ich ein wahres Wunder. Sogar starke Männer weinen, wenn sie die Schönheit meiner Manöver sehen.« Marius lachte und schlug ihm auf die Schulter.

Pompeius musterte Gaius von oben bis unten. »Eine jüngere Ausgabe von dir, du alter Fuchs?«, sagte er zu Marius.

»Wie könnte es anders sein, mit meinem Blut in seinen Adern?«

Pompeius verschränkte die Hände hinter dem Rücken.

»Dein Onkel ist heute ein schreckliches Risiko eingegangen, als er Sulla aus Rom verdrängt hat. Was hältst du davon?«

Marius wollte antworten, doch Pompeius hob die Hand.

»Lass ihn sprechen, alter Fuchs. Mal sehen, ob etwas an ihm dran ist.«

Gaius antwortete ohne Zögern, und die Worte fielen ihm überraschend leicht.

»Es ist ein gefährlicher Schachzug, Sulla zu verärgern, aber mein Onkel liebt Risiken dieser Art. Sulla ist ein Diener der Stadt und wird gut gegen diesen fremden König kämpfen. Wenn er zurückkehrt, wird er eine Übereinkunft mit meinem Onkel treffen müssen. Vielleicht können wir die Kasernen erweitern, damit beide Legionen die Stadt beschützen können.«

Pompeius blinzelte und wandte sich an Marius. »Ist er ein Narr?«

Marius lachte. »Nein. Er weiß nur nicht, ob ich dir vertraue oder nicht. Ich vermute, er hat meine Pläne schon lange erraten.«

»Was wird dein Onkel tun, wenn Sulla zurückkehrt?«, flüsterte Pompeius nah an Gaius’ Ohr.

»Er wird die Tore schließen. Wenn Sulla mit Gewalt einzudringen versucht, wird ihn der Senat zum Feind Roms erklären. Er wird entweder eine Belagerung beginnen oder sich zurückziehen müssen. Ich vermute, er wird sich Marius’ Befehl unterstellen, wie es jeder Feldgeneral dem Konsul von Rom gegenüber tun würde.«

Pompeius stimmte ihm ungerührt zu. »Ein gefährlicher Weg, wie ich schon sagte. Ich kann dich nicht öffentlich unterstützen, aber privat werde ich mein Möglichstes für dich tun. Glückwunsch zu deinem Triumphzug. Du hast prächtig ausgesehen.« Er gab seinen beiden Begleitern ein Zeichen, und sie gingen davon.

Gaius blickte sich um und sah ein paar von Sullas Senatoren in der Nähe stehen, die mit unverhohlener Feindseligkeit hinüberblickten. Er folgte Marius hinaus aufs Forum, wo sie sich an einer Stelle auf die Steinstufen setzten, an der niemand ihre Gespräche belauschen konnte. Nicht weit von ihnen standen die Erstgeborenen immer noch stramm. In ihren glänzenden Rüstungen sahen sie unbesiegbar aus. Es war ein merkwürdiges Gefühl, in der Gegenwart von Tausenden ganz entspannt mit seinem Onkel auf den Stufen des Senats zu sitzen.

Gaius konnte nicht länger an sich halten.

»Wie hast du es geschafft, die Abstimmung zu deinen Gunsten zu entscheiden?«

Marius fing an zu lachen und wischte sich den plötzlich auftretenden Schweiß von der Stirn.

»Mit Planung, mein Junge. Ich habe von der Landung des Mithridates’ praktisch in dem Augenblick erfahren, als sie stattgefunden hat. Tage vor Sulla. Ich habe das älteste Hilfsmittel der Welt benutzt, um die Zauderer im Senat dazu zu bringen, für mich zu stimmen, und trotzdem ging es knapper aus, als mir lieb war. Das Ganze hat mich ein Vermögen gekostet, aber ab morgen früh habe ich die Kontrolle über Rom.«

»Er wird zurückkehren«, warnte ihn Gaius.

Marius schnaubte. »In sechs Monaten vielleicht. Er könnte auf dem Schlachtfeld fallen oder sogar gegen Mithridates verlieren; ich habe gehört, dass er ein gerissener Legat ist. Selbst wenn ihn Sulla im Eiltempo schlägt und auf dem Hin- und Rückweg nach Griechenland günstige Winde hat, bleiben mir mehrere Monate zur Vorbereitung. Abziehen kann er ohne jede Schwierigkeiten, aber wieder hinein wird er nicht ohne Kampf kommen.«

Gaius schüttelte bei dieser Bestätigung seiner Gedanken ungläubig den Kopf.

»Und was passiert jetzt? Kehren wir in dein Haus zurück?«

Marius lächelte traurig, als er antwortete. »Nein. Ich musste es für die Bestechungsgelder verkaufen. Sulla war bereits dabei, sie zu bestechen, also musste ich in den meisten Fällen sein Angebot verdoppeln. Es hat mich meinen gesamten Besitz gekostet, außer meinem Pferd, meinem Schwert und meiner Rüstung. Ich bin vielleicht der erste mittellose Legat, den Rom je hatte.« Er lachte leise.

»Hättest du die Abstimmung verloren, wäre alles dahin gewesen«, flüsterte Gaius, entsetzt über den Einsatz.

»Aber ich habe nicht verloren! Ich habe Rom, und meine Legion steht vor uns.«

»Trotzdem . was hättest du getan, wenn du verloren hättest?«

Marius blies verächtlich Luft zwischen den Lippen hervor. »Ich wäre natürlich losgezogen, um gegen Mithridates zu kämpfen. Bin ich denn kein Diener der Stadt? Allerdings müsste jemand schon sehr mutig sein, um mein Bestechungsgeld anzunehmen und dann gegen mich stimmen, wenn meine Legion draußen vor der Tür wartet, oder nicht? Wir müssen dankbar sein, dass der Senat das Gold so hoch schätzt. Diese Senatoren denken an neue Pferde und Sklaven, aber sie waren nie so arm, wie ich es gewesen bin. Für mich ist Geld nur das, was es mir bringt, und hier hat es mich hergebracht, auf diese Stufen, mit der größten Stadt der Welt im Rücken. Kopf hoch, Junge, heute ist ein Tag der Freude, nicht des Bedauerns.«

»Nein, da hast du Recht. Ich musste nur gerade an Marcus und Renius denken, die nach Osten unterwegs sind, um sich der Vierten Makedonischen anzuschließen. Es ist durchaus möglich, dass sie auf diesen Mithridates treffen, der aus der anderen Richtung kommt.«

»Ich hoffe nicht. Die beiden würden diesen Griechen zum Frühstück verspeisen, und ich finde, Sulla sollte wenigsten noch ein bisschen was zu tun haben, wenn er dort ankommt.«

Gaius lachte, dann erhoben sich beide. Marius blickte auf seine Legion, und Gaius konnte die Freude und den Stolz förmlich spüren, den er versprühte.

»Das war ein guter Tag. Du hast die Mächtigen dieser Stadt kennen gelernt, und ich bin von den Menschen gefeiert und vom Senat unterstützt worden. Ach, übrigens, wegen deiner Sklavin ... diesem hübschen Ding? Ich an deiner Stelle würde sie verkaufen. Es ist eine Sache, wenn man ein Mädchen ein paarmal flachlegt, aber du scheinst sie gern zu haben, und das verheißt nichts als Ärger.«

Gaius wendete sich ab und biss sich auf die Lippen. Gab es denn nirgends mehr Geheimnisse? Ohne das Unbehagen seines Begleiters zu bemerken, fuhr Marius vergnügt fort: »Hast du sie denn überhaupt schon mal ausprobiert? Nein? Vielleicht schlägst du sie dir dann ja aus dem Kopf. Ich kenne ein paar gute Häuser, falls du vorher ein paar Erfahrungen sammeln willst. Frag mich einfach, wenn du so weit bist.«

Gaius antwortete nicht, aber seine Wangen glühten.

Marius ließ den Blick mit unverhohlenem Stolz über die Primigenia-Legion schweifen, die immer noch in Reih und Glied vor ihnen stand.

»Sollen wir mit den Männern zur Stadtkaserne marschieren, mein Junge? Ich glaube, sie könnten nach dem ganzen Marschieren und dem Herumstehen in der Sonne eine anständige Mahlzeit und ein paar Stunden Schlaf vertragen.«

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