34

Julius stand mit Cabera und Tubruk am Hafen. Sein Gesicht war grau und kalt. Im Gegensatz dazu, als wollte er sich über die grausamen Geschehnisse in seinem Leben lustig machen, leuchtete der Tag warm und sonnig. Er war vollkommen. Sogar eine leichte Brise wehte vom Meer heran, um die staubbedeckten Reisenden zu erfrischen. Es war eine hastige Flucht aus der stinkenden Stadt gewesen. Zuerst war er allein gewesen, auf einem dürren alten Pony, mehr hatte er für einen Goldring nicht bekommen. Mit verzerrtem Gesicht war er um die Feuergruben herum auf die gepflasterte Hauptstraße geritten und hatte den Weg nach Westen eingeschlagen, zur Küste.

Dann hatte er einen vertrauten Ruf vernommen und vor sich seine Freunde zwischen den Bäumen hervortreten sehen. Voller Freude, einander lebend wiederzusehen, hatten sie sich begrüßt, doch schon bald hatte sich die Stimmung wieder getrübt, als sie einander ihre Geschichten erzählten. Schon bei diesem ersten Zusammentreffen erkannte Julius, dass Tubruk etwas von seiner Lebenskraft eingebüßt hatte. Er sah hager und schmutzig aus und berichtete in knappen Worten, wie sie wie die Tiere auf der Straße gelebt hatten, wie ihnen jeden Tag die schrecklichsten Dinge passiert waren, und wie es in der Nacht noch viel schlimmer gewesen war, wenn Schreie und Rufe die einzigen Anhaltspunkte waren. Er und Cabera waren überein gekommen, eine Woche an der Straße zur Küste zu warten, in der Hoffnung, dass Julius doch noch freikam.

»Danach«, sagte Cabera, »hätten wir uns irgendwo Schwerter geklaut und dich rausgehauen.« Tubruk lachte laut, und Julius merkte, dass die beiden sich in den gemeinsam verbrachten Tagen näher gekommen waren. Doch es trug nicht dazu bei, seine Stimmung zu heben. Julius erzählte ihnen von Sullas launischer Grausamkeit, und während die Worte aus ihm hervorquollen, ballte er erneut vor Wut die Fäuste.

»Wenn er meine Frau auch nur anrührt, komme ich nach Rom zurück und schneide ihm die Eier ab«, sagte er leise, nachdem er seinen Bericht beendet hatte.

Die Gefährten hielten seinem Blick nicht lange stand, und sogar Caberas üblicher Humor blieb eine Weile verschwunden.

»Er kann unter den Frauen Roms wählen, Gaius«, murmelte Tubruk. »Und er ist einer von denen, die das Messer gerne ein bisschen in der Wunde drehen. Ihr Vater wird bestimmt gut für ihre Sicherheit sorgen und sie, sollte ihr Gefahr drohen, sogar aus der Stadt bringen. Der Alte würde seine Wachen auf Sulla selbst hetzen, wenn der Cornelia bedrohen würde. Das weißt du doch.« Julius nickte, aber sein Blick weilte irgendwo in der Ferne. Er wollte überzeugt werden. Zuerst hatte er vorgehabt, sie im Schutz der Nacht aufzusuchen, aber inzwischen war wieder eine Ausgangssperre verhängt, und sich nachts auf der Straße aufzuhalten, bedeutete den sofortigen Tod. Wenigstens hatte Cabera in den Tagen, die er mit Tubruk auf der Straße zugebracht hatte, ein paar nützliche Dinge organisiert. Eine goldene Armspange, die er in der Asche gefunden hatte, hatte ihnen zu Pferden verholfen und auch für das Bestechungsgeld gereicht, um an den Wachen vorbeizukommen. Die Wechsel, die Julius immer noch auf der Haut trug, waren zu groß, um außerhalb der Stadt eingelöst zu werden, und es machte ihn rasend, dass sie sich mit ein paar Bronzemünzen abgeben mussten, wo der Reichtum auf dem Papier so nahe war, aber eben nutzlos. Julius war sich nicht einmal mehr sicher, ob Marius’ Unterschrift überhaupt noch anerkannt wurde, vermutete jedoch, dass der gerissene Legat auch dafür vorgesorgt hatte. Er war auf so gut wie alles vorbereitet gewesen.

Julius hatte ein paar ihrer wertvollen Münzen für Briefe ausgegeben, die er Legionären mit in die Stadt gegeben oder zur Küste und bis nach Griechenland geschickt hatte.

Cornelia würde zumindest erfahren, dass er am Leben und in Sicherheit war, doch es würde sehr lange dauern, bis er sie wiedersehen konnte. Bevor er nicht mit neuer Kraft und Unterstützung zurückkehren konnte, war es ihm unmöglich, überhaupt zurückzukehren, und die Bitterkeit dieses Gedankens nagte an ihm, machte ihn müde und höhlte ihn aus. Marcus würde von der Katastrophe in Rom erfahren und nicht blindlings zurückkommen und nach ihm suchen, wenn seine Dienstzeit beendet war. Das war nur ein schwacher Trost. Sein Freund fehlte ihm wie noch nie zuvor.

Tausend andere Dinge, die er bedauerte, verhöhnten ihn, sobald sie ihm in Erinnerung kamen, und waren zu schmerzhaft, als dass er ihnen erlauben würde, Wurzeln zu fassen. Die Welt hatte sich für den jungen Mann von Grund auf verändert. Marius konnte nicht tot sein. Die Welt war leer ohne ihn.

Nach drei Tagen auf der Straße trabten die drei müden Reiter in die geschäftige Hafenstadt westlich von Rom hinein. Nachdem sie abgestiegen waren und die Pferde an einem Pfosten vor einem Wirtshaus festgebunden hatten, meldete sich Tubruk als Erster zu Wort.

»Hier wehen die Fahnen von drei Legionen. Deine Papiere verschaffen dir für jede von ihnen ein Offizierspatent. Die hier ist in Griechenland stationiert, die dort in Ägypten und die letzte begleitet ein Handelsschiff nach Norden.« Tubruk sprach ruhig und zeigte, dass sein Wissen darüber, was im Imperium vor sich ging, durch seine Tätigkeit als Gutsverwalter nicht gelitten hatte.

Julius fühlte sich im Hafen unbehaglich und schutzlos. Trotzdem durfte diese Entscheidung nicht überstürzt getroffen werden. Falls Sulla seine Meinung änderte, konnten sogar jetzt noch bewaffnete Männer unterwegs sein, um ihn zu töten oder nach Rom zurückzubringen.

In dieser Hinsicht konnte Tubruk ihm nicht raten. Er erkannte zwar die Banner der Legionen, wusste aber ebenso gut, dass er, was den Ruf der Offiziere anging, fünfzehn Jahre hinter der Zeit herhinkte, und fühlte sich sehr unwohl dabei, eine derart wichtige Entscheidung in die Hände der Götter zu legen. Julius würde mindestens die nächsten beiden Jahre in der Einheit zubringen, für die sie sich jetzt entschieden, und letztendlich konnten sie genauso gut eine Münze werfen.

»Mich persönlich würde ja Ägypten reizen«, meinte Cabera und blickte sehnsüchtig aufs Meer hinaus. »Schon verdammt lange her, dass ich mir den ägyptischen Sand aus den Sandalen geklopft habe.« Er spürte, wie sich die Zukunft enger um sie alle schloss. Nur wenige Leben bestanden aus so einfachen Entscheidungen, oder vielleicht auch alle, doch die meisten erkannten sie nicht als solche, wenn sie zu treffen waren. Nach Ägypten, nach Griechenland oder nach Norden? Jede Richtung hatte ihre eigenen Verlockungen. Der Junge musste die Entscheidung ganz allein treffen, doch in Ägypten war es zumindest schön warm.

Tubruk musterte die Galeeren, die sich an ihren Liegeplätzen wiegten, hielt Ausschau nach einer, die sich irgendwie auszeichnete. Jede wurde von wachsamen Legionären bewacht, und auf Deck wimmelten Männer herum, die damit beschäftigt waren, die Schiffe nach ihren Fahrten in die ganze Welt zu reparieren, zu schrubben und wieder instand zu setzen.

Er zuckte die Achseln. Wahrscheinlich würde er, sobald sich die allgemeine Aufregung gelegt hatte und Rom wieder ein wenig zur Ruhe gekommen war, auf das Gut zurückkehren. Irgendjemand musste sich schließlich um das Anwesen kümmern.

»Marcus und Renius sind in Griechenland. Wenn du willst, kannst du dort zu ihnen stoßen«, schlug Tubruk vor und wandte sich zur Straße, um nach Staubfahnen Ausschau zu halten, die von eventuellen Verfolgern aufgewirbelt worden waren.

»Nein. Ich habe noch nichts erreicht, außer zu heiraten und von meinem Feind aus Rom vertrieben zu werden«, murmelte Julius.

»Dem Feind deines Onkels«, verbesserte ihn Cabera.

Julius drehte sich langsam zu dem alten Mann um und sah ihn an.

»Nein. Jetzt ist er mein Feind. Wenn die Zeit gekommen ist, sorge ich dafür, dass er stirbt.« »Vielleicht, wenn die Zeit gekommen ist«, meinte Tubruk. »Heute musst du erst einmal fort und das Handwerk eines Soldaten und Offiziers erlernen. Du bist jung. Dir und deiner Karriere sind keine Grenzen gesetzt.« Tubruk erwiderte Julius’ Blick und dachte daran, dass der Junge seinem Vater immer ähnlicher wurde.

Schließlich nickte der junge Mann kurz, bevor er sich abwandte und abermals die Schiffe betrachtete.

»Dann also Ägypten. Das Land der Pharaonen habe ich schon immer sehen wollen.«

»Ein gute Wahl«, meinte Cabera. »Der Nil wird dir gefallen, und die Frauen dort sind hübsch und duften herrlich.« Der alte Mann freute sich, als er Julius zum ersten Mal seit jener Nacht, als sie in Gefangenschaft geraten waren, wieder lachen sah. Er hielt es für ein gutes Omen.

Tubruk gab einem Jungen eine kleine Münze, damit er eine Stunde auf ihre Pferde aufpasste, dann gingen die drei Männer zu der Galeere hinüber, auf der die Flagge einer ägyptischen Legion flatterte. Je näher sie kamen, desto offensichtlicher wurde das geschäftige Treiben der Arbeiter auf dem Schiff.

»Sieht ganz so aus, als ob sie den Kahn zum Ablegen klarmachen«, bemerkte Tubruk und zeigte mit dem Daumen auf den Proviant, der von Sklaven fässerweise an Bord gebracht wurde. Pökelfleisch, Öl und Fisch wurden über den kleinen Streifen Wasser hinweg in die Arme schwitzender Sklaven an Bord des Schiffes gehievt, wo jedes einzelne Fass mit typisch römischer Genauigkeit auf einer Tafel vermerkt und abgezeichnet wurde. Tubruk pfiff einem der Wachsoldaten zu, der sofort zu ihnen herüberkam.

»Wir möchten mit dem Kapitän sprechen. Ist er an Bord?«, fragte Tubruk.

Der Soldat taxierte sie kurz und schien trotz des Straßenstaubs zufrieden zu sein. Zumindest Tubruk und Julius sahen wie Soldaten aus.

»Allerdings. Wir laufen mit der Nachmittagsflut aus. Ich kann dir nicht versprechen, dass er jetzt noch Zeit für euch hat.«

»Sag ihm, Marius’ Neffe ist hier, soeben aus der Stadt eingetroffen. Wir warten hier«, erwiderte Tubruk.

Die Augenbrauen des Soldaten hoben sich ein Stück, und sein Blick wanderte zu Julius hinüber. »Sehr wohl, Herr. Ich mache ihm sofort Meldung.«

Der Mann drehte sich um und ging über die schmale Planke an Deck der Galeere. Kurz darauf war er hinter dem erhabenen hölzernen Aufbau verschwunden, der das Schiff beherrschte, und von dem Julius annahm, dass es sich um das Quartier des Kapitäns handelte. Während sie warteten, betrachtete Julius die Ausmaße des gewaltigen Schiffes, die Löcher für die Ruder an der Seite, mit deren Hilfe sie aus dem Hafen gelangen und im Kampf genügend Geschwindigkeit aufnehmen würden, um feindliche Schiffe zu rammen, die riesigen, quadratischen Segel, die darauf warteten, aufgezogen zu werden und sich mit Wind zu füllen.

An Deck befanden sich keinerlei lose Gegenstände, so wie es sich für ein römisches Kriegsschiff gehörte. Alles, was bei rauer See Verletzungen hervorrufen konnte, war sicher festgezurrt worden. An mehreren Stellen führten Treppen nach unten, jede davon konnte von einer mit einem Riegel versehenen Luke verschlossen werden, um zu verhindern, dass schwere Brecher auf die Mannschaft hinunterstürzten. Die Galeere machte den Eindruck eines gut geführten Schiffes, doch erst nachdem er die Bekanntschaft des Kapitäns gemacht hatte, würde er wissen, wie sich die nächsten beiden Jahre seines Lebens gestalten würden. Er roch Teer und Salz und Schweiß, die Gerüche einer fremden Welt, die er nicht kannte. Mit einem Mal war er eigenartig nervös und hätte beinahe über sich selbst lachen müssen.

Aus einem der dunklen Schatten an Deck trat ein großer Mann in der vollen Uniform eines Zenturio hervor. Er sah hart und gepflegt aus; sein graues Haar war kurz geschoren, und die Bronze seiner Brustplatte glänzte im hellen Sonnenschein. Mit aufmerksamem Blick kam er über die Planke auf den Kai herunter und begrüßte die drei Wartenden.

»Guten Tag, die Herren. Ich bin Zenturio Gaditicus, offizieller Kapitän dieses Schiffes der Dritten Parthischen Legion. Wir machen mit der nächsten Flut los, deshalb kann ich euch nicht viel Zeit widmen. Aber der Name des Konsul Marius ist selbst in diesen Zeiten von Gewicht. Nennt mir euer Anliegen und ich werde sehen, was ich für euch tun kann.«

Er kam ohne viel Aufhebens gleich zur Sache. Julius war der Mann sofort sympathisch. Also griff er ohne weitere Worte in seine Tunika und zog die Papiere hervor, die Marius ihm mitgegeben hatte. Gaditicus nahm sie entgegen, brach das Siegel mit dem Daumen und überflog sie unter gelegentlichem Nicken.

»Wurde das hier geschrieben, bevor Sulla die Herrschaft wieder an sich gerissen hat?«, wollte er wissen, den Blick immer noch auf das Pergament gerichtet.

Julius hätte am liebsten gelogen, vermutete jedoch, dass der Mann ihn auf die Probe stellte. »Allerdings. Mein Onkel hat nicht damit gerechnet, dass Sulla ... erfolgreich sein würde.« Gaditicus musterte den jungen Mann vor ihm mit einem durchdringenden Blick.

»Es tat mir Leid, als ich erfuhr, dass er gefallen ist. Er war ein beliebter Mann und gut für Rom. Diese Papiere wurden von einem Konsul unterzeichnet, also sind sie ohne weiteres gültig. Trotzdem bin ich befugt, dir einen Posten zu verweigern, solange ich nicht weiß, wie du persönlich zu Cornelius Sulla stehst. Wenn du ein vertrauenswürdiger Mann bist, genügt mir dein Wort.«

»Das bin ich, Herr«, erwiderte Julius.

»Wirst du wegen irgendwelcher Verbrechen gesucht?«

»Nein.«

»Versuchst du, vor irgendeinem öffentlichen Skandal zu fliehen?«

»Nein.«

Wieder sah ihm der Mann ein paar Sekunden lang in die Augen, aber Julius hielt dem Blick stand. Gaditicus faltete die Papiere zusammen und verstaute sie in seiner eigenen Tunika.

»Ich erlaube dir, den Eid zu leisten, und zwar im niedrigsten Offiziersrang, dem eines Tesserarius. Wenn du dich als tüchtig erweist, wirst du rasch befördert werden; falls nicht, geht es langsam oder überhaupt nicht voran. Verstanden?«

Julius nickte mit ausdruckslosem Gesicht. Die Tage des luxuriösen Lebens in der vornehmsten Gesellschaft waren vorbei. Das hier war der Stahl des Imperiums, der es der Hauptstadt erlaubte, in verweichlichten Freuden zu schwelgen. Diesmal musste er sich beweisen, und zwar ohne die schützende Hand eines mächtigen Onkels.

»Und was machen wir mit diesen beiden?«, erkundigte sich Gaditicus und zeigte auf Tubruk und Cabera.

»Tubruk ist mein Verwalter. Er kehrt auf unser Landgut zurück. Der alte Mann hier ist Cabera, mein ... Diener. Ihn würde ich gern mitnehmen.«

»Er ist zu alt für die Ruder, aber wir finden bestimmt Arbeit für ihn. Auf einem Schiff unter meinem Befehl faulenzt niemand herum. Jeder muss arbeiten. Jeder.«

»Verstanden, Zenturio. Er verfügt über einiges Geschick als Heiler.«

Cabera starrte mit glasigen Augen geradeaus, stimmte jedoch nach einer kurzen Pause mit einem Nicken zu.

»Das passt gut. Wollt ihr zwei Jahre dienen oder fünf?«, fragte Gaditicus.

»Zwei, jedenfalls zunächst einmal, Herr«, antwortete Julius mit fester Stimme. Marius hatte ihn davor gewarnt, sich mit allzu langen Verträgen als Soldat zu binden, hatte ihm aber geraten, sich jederzeit die Möglichkeit offen zu halten, seine Erfahrungen zu erweitern.

»Dann willkommen in der Dritten Parthischen, Julius Cäsar«, sagte Gaditicus barsch. »Jetzt kommt an Bord und meldet euch beim Quartiermeister, der zeigt euch eure Kojen und gibt euch alles, was ihr braucht. Wir sehen uns in zwei Stunden zum Gelöbnis.«

Julius wandte sich zu Tubruk um. Der streckte ihm die Hand entgegen, und Julius umschloss Hand und Handgelenk.

»Die Götter begünstigen die Mutigen, Julius«, sagte der alte Kämpfer und lächelte. Dann wandte er sich an Cabera. »Und du hältst ihn fern von starken Getränken, schwachen Frauen und Männern, die mit ihren eigenen Würfeln spielen. Verstanden?«

Cabera machte mit dem Mund ein obszönes Geräusch und erwiderte empört: »Ich spiele selbst mit meinen eigenen Würfeln.«

Gaditicus ging bereits wieder über die Planke aufs Schiff zurück und tat so, als hätte er die kleine Unterhaltung nicht gehört.

Sobald die Entscheidung getroffen war, hatte der alte Mann gespürt, wie sich die Zukunft um ihn schloss, und fast ehe er ihn überhaupt bemerkt hatte, verschwand ein gewisser Druck aus seinem Schädel. Er spürte, wie sich Julius’ Stimmung mit einem Mal hob und war sofort selbst wieder besser gelaunt. Die Jungen sorgten sich nicht um die Zukunft oder die Vergangenheit, jedenfalls nicht lange. Als sie an Deck der Galeere gingen, schienen die blutigen Ereignisse in Rom bereits einer anderen Welt anzugehören.

Julius trat auf das sich hebende und senkende Deck und sog die Lunge voll Luft.

Ein junger Soldat, vielleicht Anfang zwanzig, betrachtete ihn mit verschlagenem Blick. Er war groß und kräftig, und sein Gesicht war von den Kratern alter Pustelnarben übersät.

»Hab ich mir doch gleich gedacht, dass du das bist, Schlammfisch«, sagte er. »Ich habe Tubruk auf dem Kai erkannt.«

Julius musste einen Augenblick nachdenken, dann klickte es in seinem Gedächtnis.

»Suetonius?«, rief er.

Der Mann versteifte sich kaum wahrnehmbar.

»Für dich Tesserarius Prandus. Ich bin Wachhauptmann dieser Zenturie. Ein Offizier.«

»Als genauso einer verpflichtest du dich doch auch, Julius, oder?«, sagte Cabera laut und deutlich.

Julius sah Suetonius an. An diesem Tag hatte er nicht die Geduld, auf die Gefühle dieses Mannes Rücksicht zu nehmen.

»Fürs Erste«, antwortete er Cabera, dann wandte er sich wieder an seinen alten Nachbarn.

»Wie lange bist du schon in diesem Rang?«

»Ein paar Jahre«, erwiderte Suetonius steif.

Julius nickte. »Mal sehen, ob ich das besser hinkriege. Zeigst du mir meine Unterkunft?«

Vor Zorn über Julius’ kurz angebundene Art lief Suetonius rot an, doch er drehte sich ohne ein weiteres Wort um und schritt ihnen voran über das Deck.

»Ein alter Freund?«, erkundigte sich Cabera leise, als sie ihm folgten.

»Nein, nicht direkt.« Mehr sagte Julius nicht dazu, und Cabera drängte ihn nicht weiter. Auf See würden sie Zeit genug dafür haben.

Innerlich stöhnte Julius auf. Zwei Jahre seines Lebens musste er mit diesen Männern verbringen, und es würde auch ohne Suetonius schwer genug werden, der ihn als milchgesichtigen Knaben in Erinnerung hatte. Die Einheit patrouillierte das gesamte Mittelmeer, sicherte römische Gebiete, garantierte den sicheren Seehandel und nahm vielleicht sogar an Land- oder Seeschlachten teil.

Er tat diese Gedanken mit einem Schulterzucken ab. Seine Erfahrung in der Stadt hatte ihm gezeigt, dass es überhaupt keinen Sinn hatte, sich Sorgen um die Zukunft zu machen. Sie erwies sich so oder so immer als Überraschung. Er würde älter und stärker werden, würde höhere Ränge bekleiden und schließlich stark genug nach Rom zurückkehren, um Sulla herauszufordern. Dann würde man weitersehen.

Mit Marcus an seiner Seite würde er abrechnen und Rache für Marius’ Tod nehmen.

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