8

Alle Bediensteten und Haussklaven hielten ihrem Herrn die Treue. Lucius, der Arzt des Anwesens, packte seine Verbände und alle anderen Utensilien aus und legte gefährlich aussehende Metallwerkzeuge auf einem der großen Küchentische auf einem Stück Stoff bereit. Er schnappte sich zwei Küchenjungen, die sich gerade mit Hackbeilen ausgerüstet nach draußen begeben und am Kampf teilnehmen wollten.

»Ihr bleibt hier. Hier habt ihr bald genug zu schneiden und kriegt auch mehr als genug Blut zu sehen.« Sie zögerten, aber Lucius war mehr wie ein alter Freund der Familie. Sein Wort war für sie schon immer Gesetz gewesen. Die Gesetzlosigkeit, die jetzt in Rom regierte, hatte das Gut noch nicht erreicht.

Draußen hatte Renius alle im Hof antreten lassen. Mit grimmiger Miene zählte er sie. Neunundzwanzig Männer und siebzehn Frauen.

»Wie viele von euch haben in der Armee gedient?«, stieß er hervor.

Sechs oder sieben Hände hoben sich.

»Ihr Männer bekommt Schwerter. Der Rest von euch geht und sucht alles zusammen, womit man stechen oder schlagen kann. Lauft!«

Beim Klang des letzten Wortes erwachten die verängstigten Männer und Frauen aus ihrer Lethargie und rannten davon. Diejenigen, die bereits Waffen gefunden hatten, blieben mit düsteren und ängstlichen Gesichtern zurück.

Renius ging auf einen von ihnen zu, einen kleinen, dicken Koch, auf dessen Schulter ein riesiges Hackbeil ruhte. »Wie heißt du?«, fragte er.

»Caecilius«, lautete die Antwort. »Ich werde meinen Kindern erzählen, dass ich mit Euch gekämpft habe, wenn alles vorbei ist.«

»Das wirst du. Wir müssen keinen Frontalangriff abwehren. Die Angreifer suchen nach Opfern, die leicht auszurauben und zu schänden sind. Ich habe vor, dieses Gut zu einer sehr harten Nuss für sie zu machen, sodass sie es sich noch einmal überlegen werden. Wie ist es um deine Nerven bestellt?«

»Gut, Herr. Ich schlachte regelmäßig Schweine und Kälber, also dürfte ich beim Anblick von ein bisschen Blut nicht ohnmächtig werden.«

»Das hier ist ein bisschen anders. Diese Schweine haben Schwerter und Keulen. Zögere nicht. Hals und Unterleib. Such dir etwas, womit du einen Schlag abwehren kannst ... so etwas wie einen Schild.«

»Jawohl, Herr, sofort.«

Der Mann versuchte zu salutieren und Renius zwang sich zu einem Lächeln und schluckte die aufkommende Wut über die ungehobelten Manieren des anderen wieder herunter. Er blickte dem fetten Mann nach, wie er zu den Wirtschaftsgebäuden rannte, und wischte sich die ersten Schweißperlen von der Stirn. Merkwürdig, warum solche Männer verstanden, was Loyalität war, während so viele andere beim ersten Anzeichen von Freiheit alles vergaßen. Er zuckte die Achseln. Manche Männer blieben eben immer Tiere, und andere waren Männer.

Marcus kam mit gezogenem Schwert auf den Hof. Er lächelte.

»Soll ich neben dir stehen, Renius? Und deine linke Seite für dich decken?«

»Wenn ich Hilfe brauche, Kleiner, frage ich dich. Bis es so weit kommt, kannst du zum Tor gehen und Ausschau halten. Ruf mich, wenn du einen größeren Haufen kommen siehst.«

Marcus salutierte, viel zackiger als der Koch, aber ein wenig zu lange. Renius konnte seine Unverschämtheit spüren und überlegte, ob er dem Jungen dafür die Zähne einschlagen sollte.

Nein, im Augenblick konnte er diese törichte, jugendliche Selbstsicherheit gut gebrauchen. Er würde schon noch früh genug herausfinden, wie es war, jemanden zu töten.

Als die Männer zurückkehrten, stellte er sie als Posten auf die Mauern. Sie waren viel zu wenige, doch er glaubte an das, was er zu Caecilius gesagt hatte. Die Außengebäude würden zweifellos niedergebrannt werden; die Kornspeicher würden geplündert und die Tiere geschlachtet werden, aber die Hauptgebäude waren dem Pöbel wohl kaum die Toten wert, die es kosten würde, sie einzunehmen. Eine Armee könnte das Gut in wenigen Minuten erobern, das wusste er wohl, aber hier handelte es sich um Sklaven, die berauscht waren von gestohlenem Wein und einer Freiheit, die sich in der Morgensonne wieder in Nichts auflösen würde. Ein starker Mann mit einem guten Schwertarm und einem unbarmherzigen Temperament konnte so eine wilde Meute durchaus aufhalten.

Von Julius und Cabera war immer noch nichts zu sehen. Ohne Zweifel legte der Erstere gerade seinen Brustpanzer und seine Beinschienen an, die vollständige Uniform. Doch wohin war der alte Heiler verschwunden? Sein Bogen dürfte sich in den ersten Minuten des Blutvergießens als wirkungsvolle Waffe erweisen.

Die Männer auf den Mauern schnatterten aufgeregt und nervös durcheinander wie eine Schar Gänse.

»Ruhe!«, brüllte Renius. »Der Nächste, der etwas sagt, kommt herunter und hat sich hier vor mir zu verantworten.«

Jetzt, wo das Geschnatter plötzlich verstummt war, konnten sie wieder die Schreie und Rufe der Sklaven in den Feldern draußen hören.

»Wir müssen hören können, was draußen passiert. Seid still und macht eure Muskeln warm. Haltet Abstand zu eurem Nebenmann, damit ihr ausholen könnt, ohne ihm den Kopf abzuschneiden.«

Die kleinen Grüppchen der Männer, die sich gebildet hatten, weil keiner alleine sein wollte, lösten sich auf. In den Augen aller war Furcht zu sehen. Renius fluchte leise vor sich hin. Mit zehn guten Männern aus seiner alten Legion könnte er den Hof bis zum Morgengrauen halten. Das hier waren nur Kinder mit Stöcken und Messern. Er atmete tief durch und suchte nach Worten, mit denen er ihnen Mut machen konnte. Selbst die eisernen Legionen hatten Ansprachen gebraucht, damit sie richtig heiß wurden, obwohl sie auf ihre Fähigkeiten vertrauen konnten.

»Ihr könnt nirgendwohin fliehen. Wenn der Pöbel an euch vorbeikommt, müssen alle in diesem Haus sterben. Das ist eure Verantwortung. Ihr dürft euren Posten nicht verlassen, wir sind ohnehin viel zu wenige. Die Mauer ist nur vier Fuß breit, das ist ein langer Schritt. Prägt euch das ein - wenn ihr weiter als einen Schritt zurückweicht, fallt ihr hinunter.«

Er sah, wie sich die Männer auf der Mauer hin und her bewegten und sich mit der Breite vertraut machten. Seine Gesichtszüge versteinerten.

»Ich lasse ein paar Kämpfer hier unten im Hof, die sich um jeden kümmern, der es über die Mauer schafft. Schaut nicht nach unten, selbst dann nicht, wenn ihr seht, dass eure Freunde vor euren Augen umgebracht werden.«

Cabera kam mit dem frisch gespannten Bogen in der Hand aus einem Gebäude.

»So machst du ihnen Mut? Gründet sich euer Imperium auf solche Ansprachen?«, sagte er leise. Renius blickte ihn finster an. »Ich habe noch nie eine Schlacht verloren. Weder mit meiner Legion noch in der Arena. Noch nie ist ein Mann, der unter meinem Kommando stand, davongelaufen oder schwach geworden. Wenn du wegrennst, musst du an mir vorbei, und ich renne bestimmt nicht weg.«

»Ich werde nicht weglaufen«, sagte Marcus deutlich in die Stille hinein.

Renius sah ihm in die Augen und entdeckte dort eine Ahnung von jenem Wahnsinn, der ihm schon früher aufgefallen war.

»Ich auch nicht, Renius«, sagte ein anderer.

Die anderen nickten alle und murmelten leise, eher wollten sie sterben, doch in ein paar Gesichtern stand immer noch die blanke Angst geschrieben.

»Eure Kinder, eure Brüder, eure Väter werden euch fragen, was ihr getan habt. Sorgt dafür, dass ihr ihnen in die Augen blicken könnt.«

Köpfe nickten und Schultern strafften sich.

»Schon besser«, sagte Cabera leise.

Julius trat mit lockerem Schritt durch die offene Tür in den Hof hinaus. Sein Brustpanzer und seine Beinschienen waren geölt und geschmeidig. Die kurze Schwertscheide schwang im Takt seiner Schritte. Sein Gesicht war eine brutale Maske, hinter der unmissverständlich eine innere Wut brannte. Die Männer auf den Mauern wendeten sich von ihm ab und blickten hinaus über die Felder.

»Ich will den Kopf jedes Mannes, der sich nicht innerhalb dieser Mauern befindet«, knurrte er. Cabera schüttelte schnell den Kopf. Er wollte dem Mann nicht widersprechen, während alle auf den Mauern zuhörten.

»Herr«, flüsterte er. »Sie haben alle Freunde draußen. Gute Männer und Frauen, die in der Falle sitzen oder sich nicht zu Euch durchkämpfen können. Eine solche Drohung schadet ihrer Kampfmoral.«

»Es ist mein Wunsch. Jeder Mann außerhalb dieser Mauern wird getötet, und ich werde ihre Köpfe innerhalb der Tore aufstapeln! Dies ist mein Heim, und Rom ist meine Stadt. Wir werden den Abschaum, der die Häuser niederbrennt, wie ein Geschwür herausschneiden und im Wind verstreuen! Hast du mich verstanden, kleiner Mann?« Seine innere Wut steigerte sich zur Weißglut. Renius und Cabera starrten ihm nach, als er die Treppe in einer Ecke des Hofes hinaufstieg und die Mauern entlang ging, Befehle erteilte und Nachlässigkeiten aufzeigte.

»Für einen Politiker hat er eine ungewöhnliche Art, an Probleme heranzugehen«, sagte Cabera leise.

»In Rom gibt es viele Männer wie ihn. Deshalb, mein Freund, haben wir nicht nur leere Worte, sondern ein Imperium.« Renius lächelte sein Hailächeln und ging hinüber zu den Frauen, die in einer Gruppe warteten und sich leise unterhielten.

»Was können wir tun?«, fragte ein Sklavenmädchen. Er erkannte sie. Es war das Mädchen, das er vor so vielen Monaten ausgepeitscht hatte, weil es die Jungen beim Üben abgelenkt hatte. Ihr Name war Alexandria, fiel ihm wieder ein. Während die anderen seinem Blick auswichen, wie es sich für Haussklaven gehörte, schaute sie ihm unverwandt in die Augen und wartete auf eine Antwort.

»Holt euch Messer. Falls es jemand über die Mauer schafft, müsst ihr euch auf ihn stürzen und zustechen, bis er tot ist.«

Einigen der älteren Frauen verschlug es den Atem, und eine von ihnen sah aus, als sei ihr ein wenig übel.

»Willst du geschändet und umgebracht werden? Ihr Götter, Weib, ich verlange ja nicht, dass ihr euch auf die Mauern stellt, sondern nur, dass ihr uns den Rücken freihaltet. Wir haben zu wenig Männer, um auch noch welche hier unten zu eurem Schutz aufzustellen!« Er hatte für ihre Weichheit nichts übrig. Im Bett waren sie gut, aber wenn man sich auf eine verlassen musste ... allmächtige Götter!

Alexandria nickte. »Messer. Im Stall liegt noch eine Holzaxt, falls sie sich nicht schon jemand anderes geholt hat. Geh ein paar Messer suchen, Susanna. Und mach schnell.«

Eine matronenhafte Frau eilte davon, immer noch etwas blass um die Nase.

»Sollen wir Wasser tragen? Pfeile? Feuer? Können wir sonst noch irgendetwas tun?«

»Nichts«, antwortete Renius, der die Geduld verlor, knapp. »Bringt nur alle um, die im Hof landen. Stecht ihnen ein Messer in die Kehle, ehe sie wieder auf die Füße kommen. Es geht zehn Fuß hinunter, da brauchen sie einen Augenblick, um wieder zu sich zu kommen, und in diesem Augenblick müsst ihr zuschlagen.«

»Wir werden dich nicht enttäuschen, Herr«, antwortete Alexandria.

Er blickte ihr noch einen Augenblick länger in die Augen und bemerkte das Aufblitzen des Hasses, das durch ihr ruhiges Äußeres drang. Allem Anschein nach hatte er hier drinnen mehr Feinde als außerhalb der Mauern!

»Das will ich auch hoffen«, sagte er schroff und wandte sich ab.

Der Koch war mit einer großen Metallplatte zurückgekehrt, die er sich vor die Brust geschnallt hatte. Seine Begeisterung war peinlich, doch Renius klopfte ihm auf die Schulter und ging weiter zu den anderen.

Tubruk stand neben Cabera, einen gespannten Bogen in den großen Händen.

»Der alte Lucius ist ein guter Bogenschütze, aber er ist in der Küche und bereitet alles für die Versorgung der Verwundeten vor«, sagte er mit finsterem Gesicht.

»Hol ihn her. Er kann später wieder runterklettern, wenn er seine Aufgabe erledigt hat«, erwiderte Renius, ohne ihn anzusehen. Er ließ den Blick über die Mauern schweifen, merkte sich die Posten, suchte nach Anzeichen von schwachen Nerven. Einem richtigen Angriff konnten sie nicht standhalten, deshalb betete er zu seinem Hausgott, dass die Sklaven draußen keinen zuwege brachten.

»Haben die Sklaven Bögen?«, fragte er Tubruk.

»Einen oder zwei kleine für die Hasenjagd vielleicht. Auf dem ganzen Gut gibt es keinen anständigen Bogen außer diesem hier. Und den von Cabera.«

»Gut. Sonst könnten sie uns einen nach dem anderen abschießen. Wir werden bald die Fackeln im Hof anzünden müssen, damit die zweite Reihe genug Licht zum Töten hat. Dann heben sich die Männer vor dem Lichtschein ab. Aber sie können nicht im Dunkeln kämpfen. Dieser Haufen hier nicht.«

»Vielleicht überraschen sie dich ja, Renius. Dein Name besitzt immer noch viel Macht. Erinnerst du dich an die Menge bei den Spielen? Jeder Mann hier hat den kommenden Generationen seiner Familie eine Geschichte zu erzählen. Wenn er überlebt.«

Renius schnaubte. »Du solltest jetzt lieber auf die Mauer steigen. Dort drüben ist noch eine Lücke.«

Tubruk schüttelte den Kopf. »Die anderen haben dich als Anführer akzeptiert, das weiß ich.

Selbst Julius wird auf dich hören, wenn er sich erst einmal beruhigt hat. Ich bleibe bei Marcus, um ihn zu beschützen. Mit deiner Erlaubnis?«

Renius starrte ihn an. Klappte heute denn überhaupt nichts? Fette Köche, Mädchen mit Messern, anmaßende Kinder? Und jetzt wurden kurz vor dem Kampf seine Befehle ignoriert? Seine rechte Faust schnellte zu einem krachenden Haken nach oben, der Tubruk rückwärts durch die Luft zu schleudern schien. Der Verwalter landete regungslos im Staub. Renius achtete nicht weiter auf ihn und wandte sich an Cabera.

»Wenn er wieder aufwacht, dann sag ihm, der Junge kann auf sich selbst aufpassen. Sag ihm, er soll seinen Posten einnehmen, sonst bringe ich ihn um.«

Cabera lächelte mit großen Augen, doch das Gesicht des alten Manns war wie der Winter. Aus der Ferne hörte man den Lärm von Metall, das gegen Metall geschlagen wurde. Die Geräusche wurden lauter, Gesänge erfüllten die schwarze Nacht. Als die ersten Sklaven die Mauern des Anwesens erreichten, wurden die Fackeln entzündet. Hinter den Landsklaven folgten Hunderte ihrer Genossen aus Rom, die alles niederbrannten, was ihnen in die Hände fiel.

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