18

Marcus blickte hinaus aufs Mittelmeer und atmete die warme Luft mit dem leichten Salzgeschmack ein. Nach einer Woche auf See hatte ihn die Langeweile überkommen. Er kannte inzwischen jeden Zoll des kleinen Handelsschiffs und hatte sogar schon im Frachtraum geholfen, die Amphoren mit dem dickflüssigen Öl und die Ebenholzplanken aus Afrika zu zählen. Eine Weile hatten die Hunderte von Ratten unter Deck sein Interesse geweckt, und bewaffnet mit einem Dolch und einem Briefbeschwerer aus Marmor, den er aus der Kabine des Kapitäns gestohlen hatte, hatte er zwei Tage damit verbracht, in der Dunkelheit zu ihren Nestern zu kriechen. Nachdem er Dutzende von ihren kleinen Leibern über Bord geworfen hatte, kannten sie seinen Geruch oder seinen vorsichtigen Schritt und zogen sich in Ritzen tief im Leib des Schiffes zurück, sobald er den Fuß auf die Leiter setzte, die unter Deck führte.

Seufzend betrachtete er den Sonnenuntergang. Die Farben der im Meer versinkenden Sonne schlugen ihn immer noch in ihren Bann. Als Passagier hätte er die ganze Reise über in seiner Kabine bleiben können, so wie Renius es offensichtlich vorhatte, doch der winzige, beengte Raum bot keinerlei Unterhaltung, und Marcus benutzte ihn schon bald nur noch zum Schlafen. Der Kapitän hatte ihm erlaubt, eine Wache zu übernehmen, und er hatte sich sogar an den beiden großen Steuerrudern versucht, die sich hinten oder am Heck, wie er gelernt hatte, befanden, aber sein Interesse war schnell erlahmt.

»Noch ein paar Wochen, und ich bin reif für den Selbstmord«, murmelte er vor sich bin, während er mit dem Messer seine Initialen in die hölzerne Reling ritzte. Hinter sich hörte er ein schlurfendes Geräusch, doch er drehte sich nicht um, sondern lächelte nur und betrachtete weiter den Sonnenuntergang. Eine Weile blieb es still, dann ertönte wieder ein Geräusch, so wie es ein kleiner Körper macht, wenn er eine bequemere Position sucht.

Marcus wirbelte herum und warf sein Messer von unten, so wie es ihm Renius einmal beigebracht hatte. Es schlug dumpf in den Mast und blieb dort zitternd stecken. Ein erschrockener Aufschrei war die Folge, und schmutzige weiße Füße blitzten auf, als sich irgendetwas tiefer in den Schatten verkroch und dabei auch noch leise zu sein versuchte.

Marcus schlenderte hinüber zu dem Messer, zog es mit einem Ruck heraus, schob es wieder in die Scheide an seiner Hüfte und spähte angestrengt in die Finsternis.

»Komm raus, Peppis, ich weiß, dass du da drin bist«, rief er. Er hörte ein Schniefen. »Ich hab dich nicht treffen wollen. Es war nur ein Scherz. Ehrlich.«

Langsam kam ein spindeldürrer kleiner Junge hinter einem Bündel Sackleinen hervor. Er war unglaublich schmutzig, seine Augen waren vor Angst weit aufgerissen.

»Ich hab dich nur beobachtet«, sagte Peppis nervös.

Marcus betrachtete ihn genauer und bemerkte eine kleine Kruste aus getrocknetem Blut unter seiner Nase und einen blauen Fleck über einem Auge.

»Haben die Männer dich wieder verprügelt?«, fragte er und versuchte, seine Stimme freundlich klingen zu lassen.

»Ein bisschen, aber es war meine eigene Schuld. Ich bin über ein Tau gestolpert und dadurch habe ich einen Knoten gelöst. Ich habe es nicht mit Absicht getan, aber der Erste Maat hat gesagt, er wird mich lehren, ungeschickt zu sein. Ich bin aber schon ungeschickt, deshalb habe ich gesagt, das muss mich niemand lehren, und dann hat er mich verprügelt.« Er schniefte wieder und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. Eine silbrige Spur blieb darauf zurück. »Warum läufst du nicht im nächstbesten Hafen davon?«, fragte Marcus.

Peppis streckte seine Brust so weit heraus, wie es ging, wodurch sich seine Rippen wie weiße Stangen unter der Haut abzeichneten.

»Ich doch nicht. Ich will Matrose werden, wenn ich größer bin. Ich lerne die ganze Zeit, indem ich den Männern zusehe. Ich hätte das Tau heute wieder verknoten können, wenn mich der Erste Maat gelassen hätte, aber das konnte er ja nicht wissen.«

»Soll ich mich mal mit diesem ... mit dem Ersten Maat unterhalten? Und ihm sagen, dass er mit dem Prügeln aufhören soll?«

Peppis wurde sogar noch blasser und schüttelte den Kopf. »Er würde mich umbringen, wenn du das machst, vielleicht auf dieser Reise oder vielleicht auch auf der Rückfahrt. Er sagt immer, wenn ich es nicht schaffe, Matrose zu werden, schmeißt er mich eines Nachts über Bord, wenn ich schlafe. Deshalb schlafe ich nicht in meiner Koje, sondern hier oben an Deck. Ich wechsle oft meinen Schlafplatz, damit er nicht weiß, wo er mich findet, wenn er meint, es ist so weit.«

Marcus seufzte. Der Kleine tat ihm Leid, doch es gab keine einfache Lösung für seine Probleme. Selbst wenn er den Ersten Maat still und leise über Bord warf, würden die anderen Peppis weiter quälen. Sie beteiligten sich alle daran, und als Marcus Renius zum ersten Mal davon erzählt hatte, hatte der alte Gladiator gelacht und gesagt, so einen gäbe es auf jedem Schiff. Trotzdem ärgerte sich Marcus darüber, wenn dem Jungen wehgetan wurde. Er hatte nie vergessen, wie es war, der Gnade von Schlägertypen wie Suetonius ausgeliefert zu sein, und er wusste, dass er, wenn er und nicht Gaius die Wolfsfalle gebaut hätte, ihn mit Steinen beworfen und getötet hätte. Er seufzte erneut und stand auf, um seine müden Muskeln zu strecken.

Wo wäre er wohl gelandet, wenn Gaius’ Eltern sich nicht um ihn gekümmert und ihn großgezogen hätten? Er hätte sich auch sehr gut an Bord eines Handelsschiffs verstecken und in die gleiche schreckliche Situation wie Peppis geraten können. Er hätte nie gelernt, wie man kämpft oder sich verteidigt, und die Unterernährung hätte auch ihn schwach und kränklich werden lassen.

»Hör mal«, sagte er, »wenn ich dir schon nicht bei den Matrosen helfen darf, dann lass mich wenigstens mein Essen mit dir teilen. Ich esse sowieso nicht viel und habe immer einen Teil davon zurückgehen lassen, vor allem bei unruhiger See. In Ordnung? Bleib hier, dann bringe ich dir etwas.«

Peppis nickte stumm und Marcus ging ein wenig fröhlicher unter Deck in seine enge Kabine, um Käse und Brot zu holen, die man ihm zuvor dort hingestellt hatte. In Wahrheit hatte er selber Hunger, doch er konnte auch ohne Essen auskommen; der kleine Junge hingegen war fast verhungert.

Marcus ließ Peppis mit dem Essen allein und ging nach achtern zu den Steuerrudern, weil er wusste, dass der Erste Maat um Mitternacht das Ruder übernahm. Wie Peppis hatte er den richtigen Namen des Mannes nie erfahren. Alle nannten ihn nur nach seinem Rang, und er schien seine Arbeit gut zu machen, die Mannschaft mit harter Hand zu führen. Das kleine Schiff Lucidae hatte obendrein den Ruf, ehrlich zu sein, weil auf ihren Reisen nur sehr wenig Fracht verloren ging. Andere Schiffe mussten immer wieder derartige kleine Verluste abschreiben, um ihre Mannschaften bei Laune zu halten. Nicht jedoch die Eigner der Lucidae.

Marcus’ Züge hellten sich auf, als er den Mann erblickte, der seinen Posten bereits übernommen hatte und eines der großen Ruder sicher gegen die Strömungen behauptete und sich leise mit seinem Kameraden an dem anderen Ruder unterhielt.

»Ein schöner Abend«, sagte er, als er näher kam.

Der Erste Maat knurrte und nickte. Zu zahlenden Passagieren hatte er freundlich zu sein, über die notwendigste Höflichkeit jedoch ging er nicht hinaus. Er war ein kräftig gebauter Mann, der das Ruder mit einem Arm hielt, während sein Partner sein ganzes Gewicht und beide Schultern einsetzen musste, um das seine ruhig zu halten. Der andere Mann sagte nichts, aber Marcus erkannte in ihm ein anderes Mannschaftsmitglied, groß gewachsen, mit langen Armen und rasiertem Schädel. Er starrte unverwandt nach vorne und konzentrierte sich ganz auf seine Aufgabe und das Gefühl des Holzes in seinen Händen.

»Ich möchte gerne ein Mitglied der Mannschaft als Sklaven kaufen. Mit wem muss ich da reden?«, fragte Marcus mit unvermindert freundlicher Stimme.

Der Erste Maat blinzelte überrascht, und zwei Blicke hefteten sich auf den jungen Römer.

»Wir sind freie Männer«, sagte der andere, und aus seiner Stimme war sein Missfallen herauszuhören.

Marcus sah verwirrt aus. »Ich meinte natürlich keinen von euch. Ich meinte den Jungen, Peppis. Er steht nicht auf der Mannschaftsliste. Ich habe nachgesehen, deshalb dachte ich, dass er vielleicht zu verkaufen ist. Ich brauche einen Jungen, der mir das Schwert trägt und .«

»Ich habe dich an Deck beobachtet«, grollte der Erste Maat aus tiefer Brust. »Du hast immer finster dreingeblickt, wenn wir ihm eine Lektion erteilt haben. Du bist wohl eins von diesen verweichlichten Stadtbürschlein, die meinen, wir würden den Schiffsjungen zu streng behandeln. Entweder das, oder du hättest ihn gerne für dein Bett. Was nun?«

Marcus lächelte und zeigte dabei die Zähne.

»Oh weh. Das klang aber wie eine Beleidigung, mein Freund. Du solltest besser das Ruder loslassen, damit ich dir auch mal eine Lektion erteilen kann.«

Der Erste Maat machte den Mund auf, um zu antworten, und Marcus schlug zu. Eine Weile schlingerte die Lucidae steuerlos über das dunkle Meer.

Renius rüttelte ihn unsanft wach.

»Steh auf! Der Kapitän will dich sprechen.«

Marcus stöhnte. Sein Gesicht und Oberkörper waren mit Blutergüssen bedeckt. Renius pfiff leise, als er aufstand und sich vorsichtig anzuziehen begann. Mit der Zunge fand er einen lockeren Zahn und er zog den Wasserkrug unter dem Bett hervor, um blutigen Schleim hineinzuspucken. Mit dem Teil seines Bewusstseins, der schon funktionierte, bemerkte er zu seiner Freude, dass Renius seinen eisernen Brustpanzer trug und sein Schwert umgeschnallt hatte. Der Stumpf seines Armes war mit sauberen Stoffstreifen verbunden und die Schwermut, die ihn in den ersten Wochen an seine Kabine gefesselt hatte, schien verschwunden zu sein. Als Marcus seine Tunika übergestreift und einen Umhang gegen die Morgenkühle umgelegt hatte, hielt ihm Renius die Tür auf.

»Jemand hat gestern Nacht den Ersten Maat und einen weiteren Mann, der bei ihm war, zusammengeschlagen«, erzählte Renius fröhlich.

Marcus befühlte sein Gesicht mit der Hand und spürte den Rand aufgeplatzter Haut auf seiner Wange.

»Hat er gesagt, wer es war?«, knurrte er.

»Er sagte, er sei im Dunkeln von hinten überfallen worden. Seine Schulter ist gebrochen.« Renius hatte sich tatsächlich von seiner düsteren Stimmung verabschiedet, aber Marcus empfand den neuen, lachenden Renius nicht gerade als Fortschritt.

Der Kapitän war ein Grieche namens Epides, ein kleiner, energiegeladener Mann mit einem Bart, der wie angeklebt aussah, weil nicht ein einziges störrisches Haar in seinem Gesicht am falschen Platz war. Als Marcus und Renius eintraten, stand er auf und stützte die Hände auf den Schreibtisch, der wegen der Dünung mit schweren eisernen Klammern am Fußboden befestigt war. An jedem Finger saß ein wertvoller, in Gold gefasster Stein, der bei jeder Bewegung glitzerte. Der restliche Raum war eher schlicht ausgestattet, wie es sich für ein Handelsschiff gehörte. Es gab keinen Luxus und nichts, was man ansehen konnte, außer den Mann selbst, der die beiden finster anstarrte.

»Sparen wir uns die Unschuldsbeteuerungen«, sagte er. »Mein Erster Maat hat eine gebrochene Schulter und ein gebrochenes Schlüsselbein, und du hast es getan.«

Marcus wollte etwas sagen, aber der Kapitän unterbrach ihn.

»Er will nicht zugeben, dass du es warst, und nur Zeus weiß, warum. Wenn er es getan hätte, würde ich dich auf Deck bis aufs Blut auspeitschen lassen. So wirst du bis zum Ende der Reise seine Pflichten übernehmen, und ich verfasse einen Brief an den Befehlshaber deiner Legion, in dem ich ihm mitteile, was für einen undisziplinierten Rüpel er da bekommt. Ich verpflichte dich ab sofort für die Dauer dieser Überfahrt als Mannschaftsmitglied, so wie es mein Recht als Kapitän der Lucidae ist. Wenn ich erfahre, dass du dich in irgendeiner Weise vor deinen Pflichten drückst, lasse ich dich auspeitschen. Hast du mich verstanden?«

Marcus wollte antworten, aber dieses Mal kam ihm Renius zuvor, der mit ruhiger und vernünftiger Stimme sprach.

»Kapitän. Von dem Augenblick an, in dem dieser Junge seine Stellung in der Vierten Makedonischen angenommen hat, wurde er ein Soldat dieser Legion. Da du in einer schwierigen Lage bist, wird er sich freiwillig als Ersatz für den Ersten Maat melden, bis wir in Griechenland von Bord gehen. Mit dem Unterschied, dass ich derjenige bin, der darauf achtet, dass er sich nicht vor seinen Pflichten drückt. Sollte er auf deinen Befehl hin ausgepeitscht werden, komme ich hier herauf und reiße dir das Herz heraus. Haben wir uns verstanden?« Seine Stimme blieb bis zuletzt ruhig und fast freundlich.

Epides wurde ein wenig bleich und strich sich mit einer nervösen Bewegung über den Bart.

»Sorg nur dafür, dass er seine Arbeit tut. Und jetzt raus mit euch, und melde dich beim Zweiten Maat, damit er dich einteilt.«

Renius sah ihn lange an und nickte dann langsam, drehte sich zur Tür um und ließ Marcus als Ersten hinaustreten, ehe er ihm folgte.

Als er wieder allein war, sank Epides auf seinen Stuhl, tauchte eine Hand in eine Schale mit Rosenwasser und betupfte damit sein Genick. Dann fasste er sich wieder und suchte mit einem grimmigen Lächeln seine Schreibsachen zusammen. Eine Weile dachte er an all die gescheiten, bissigen Antworten, die er hätte geben sollen. Von Renius bedroht zu werden, bei allen Göttern! Wenn er nach Hause zurückkehrte, würde die Geschichte, die er erzählte, all die schlagfertigen Retourkutschen beinhalten, eben jedoch hatte ihm etwas unverhüllt Gewalttätiges in den Augen des Mannes die Sprache verschlagen.

Der Zweite Maat war ein mürrischer Mann aus Norditalien namens Parus. Er sagte nur wenig, als sich Marcus und Renius bei ihm meldeten. Er erklärte ihnen kurz die täglichen Aufgaben eines Ersten Maats auf einem Handelsschiff, die mit der mitternächtlichen Ruderwache endeten.

»Es kommt mir nicht richtig vor, dich Ersten Maat zu nennen, während er noch unter Deck ist.« »Ich erledige seine Arbeit für ihn. So lange nennst du mich bei seinem Namen«, erwiderte Marcus.

Der Mann erstarrte. »Wie alt bist du, sechzehn? Den Männern wird es auch nicht gefallen«, meinte er.

»Siebzehn«, log Marcus lässig. »Die Männer werden sich schon daran gewöhnen. Vielleicht sollten wir jetzt lieber mit ihnen reden.«

»Bist du schon einmal zur See gefahren?«, fragte Parus.

»Das ist meine erste Schiffsreise, aber du sagst mir, was getan werden muss, und ich werde es tun. In Ordnung?«

Parus blies mit unverhohlener Abscheu die Backen auf und nickte. »Ich hole die Männer an Deck.«

»Ich hole die Männer an Deck, Erster Maat«, verbesserte Marcus deutlich durch seine geschwollenen Lippen. Seine Augen funkelten gefährlich, und Parus fragte sich, wie er den Ersten Maat im Kampf besiegt haben konnte, und warum dieser dem Kapitän nicht sagen wollte, wer es gewesen war, wenn es doch jeder Narr deutlich sehen konnte.

»Erster Maat«, stimmte er mürrisch zu und verließ sie.

Marcus drehte sich zu Renius um, der ihn schief ansah.

»Was denkst du?«, fragte Marcus.

»Ich denke, du solltest verdammt vorsichtig sein, wenn du lebend nach Griechenland kommen willst«, erwiderte Renius ernst.

Alle Mannschaftsmitglieder, die gerade nicht arbeiten mussten, hatten sich auf dem kleinen Deck versammelt. Marcus zählte fünfzehn Matrosen, während fünf weitere an den Rudern und in der Takelage zu tun hatten.

Parus räusperte sich, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.

»Da sich der Erste Maat den Arm gebrochen hat, sagt der Kapitän, dass der hier die restliche Überfahrt lang seine Arbeit machen soll. Geht wieder an die Arbeit.«

Die Männer wandten sich zum Gehen, und Marcus trat wütend einen Schritt vor.

»Bleibt, wo ihr seid«, donnerte er, selbst überrascht von der Kraft seiner Stimme. Einen Augenblick hatte er ihre Aufmerksamkeit, und er hatte nicht vor, ihn ungenutzt verstreichen zu lassen.

»Also, ihr wisst alle, dass ich dem Ersten Maat den Arm gebrochen habe, deshalb werde ich es nicht leugnen. Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit und haben uns geprügelt, das ist alles.

Ich weiß nicht, warum er dem Kapitän nicht erzählt hat, wer es war, aber ich respektiere ihn dafür ein wenig mehr. Ich werde seine Arbeit tun, so gut ich es vermag, aber ich bin kein Seemann, und das wisst ihr auch. Ihr arbeitet mit mir zusammen, und es macht mir nichts aus, wenn ihr mir sagt, falls ich etwas falsch mache. Aber wenn ihr behauptet, ich würde etwas falsch machen, dann solltet ihr auch besser Recht haben. In Ordnung?«

Von den versammelten Männern kam halblautes Gemurmel. »Wenn du kein Seemann bist, dann hast du keine Ahnung von dem, was du tust. Was soll uns denn ein Bauer auf einem Handelsschiff nutzen?«, fragte ein über und über tätowierter Matrose. Er grinste höhnisch und Marcus antwortete schnell, rot vor Wut.

»Als Erstes werde ich eine Runde über das Schiff machen und mit jedem von euch reden. Ihr erklärt mir genau, worin eure Aufgabe besteht, und ich erledige sie. Wenn ich es nicht schaffe, gehe ich wieder zum Kapitän und sage ihm, dass ich der Aufgabe nicht gewachsen bin. Hat jemand Einwände?«

Es herrschte Schweigen. Ein paar von ihnen schien die Herausforderung zu interessieren, auf den meisten Gesichtern jedoch lag offene Feindseligkeit. Marcus biss die Zähne zusammen und spürte, wie der lockere Zahn wehtat.

Er zog seinen Dolch aus dem Gürtel und hielt ihn hoch. Es war eine schön gearbeitete Waffe, die ihm Marius als Abschiedsgeschenk gegeben hatte. Obwohl nicht übermäßig verziert, war es trotzdem ein teueres Stück, mit einem mit Bronzedraht umwickelten Griff.

»Wenn ein Mann etwas kann, was ich nicht schaffe, schenke ich ihm den hier, ein Geschenk des Legaten Marius der Primigenia. Wegtreten.«

Jetzt war das Interesse auf den Gesichtern schon größer, und einige Matrosen blickten auf die Klinge, die er immer noch hochhielt, während sie auf ihre Posten zurückkehrten.

Marcus drehte sich zu Renius um. Der Gladiator schüttelte ungläubig den Kopf.

»Oh Ihr Götter, bist du noch nicht trocken hinter den Ohren. Dieser Dolch ist viel zu gut, um ihn wegzuwerfen«, sagte er.

»Ich werde ihn nicht verlieren. Wenn ich mich der Mannschaft gegenüber beweisen muss, dann werde ich es eben tun. Ich bin stark genug. Wie schwierig können diese Aufgaben denn schon sein?«

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