Kapitel 16

Mein Verstand setzte aus.

Die Angst schoß in mir hoch und stürzte mich von den Zehenspitzen bis zum Kopf in einen jener furchtbaren Zustände größter innerlicher Gespanntheit, die mit dem Bewußtwerden einer unabwendbaren Katastrophe einhergehen.

Ich stand regungslos da und versuchte mich an die Telefonnummer der Gardners zu erinnern. Konnte es nicht. Kniff die Augen zusammen und hörte auf, mich zu bemühen, ließ die Zahlen aus dem Unterbewußtsein heraufkommen, nach ihrem Rhythmus statt nach ihrem Bild. Drückte die Tasten und schwitzte.

Rogers Frau meldete sich.

«Wo sind die Jungen?«fragte ich abrupt.

«Die müßten jeden Moment bei Ihnen sein«, sagte sie beruhigend.»Sie sind ungefähr. na, sagen wir, vor einer Viertelstunde weg. Sind sicher gleich bei Ihnen.«

«Wo bei mir?«

«Im Hauptzelt natürlich. «Sie war verwirrt.»Christopher hat Ihre Nachricht bekommen, und dann sind sie sofort los.«

«Hat Roger sie gefahren?«

«Nein. Der ist irgendwo draußen auf der Bahn. Ich weiß nicht genau, wo. Die Jungen sind zu Fuß weg, Lee… stimmt irgendwas nicht?«

«Was war das für eine Nachricht?«sagte ich.

«Ein Anruf, für Christopher.«

Ich warf Marjorie den Hörer zu und rannte aus ihrem Wohnzimmer, durch die ruhige Halle, zur Haustür hinaus und zu Darts Wagen. Auch wenn das Laufen ein Hinken war, noch nie hatte ich mich schneller bewegt. Auch wenn ich wußte, ich lief in einen Hinterhalt, in ein mir zugedachtes Unglück — mir blieb nichts übrig, als mich zu beeilen, als zu hoffen, daß er sich mit mir zufriedengab und die Jungen am Leben ließ.

Ich jagte Darts Wagen wie ein Irrsinniger durch den Ort, aber gerade jetzt, wo ich ein ganzes Polizeikommando hätte brauchen können, hängte sich kein Streifenwagen wegen Zuschnellfahrens hinter mich.

Durch das Tor auf die Rennbahn. Um die Bahn zu dem Platz vor Rogers Büro. Keiths silberner Jaguar stand da. Niemand zu sehen. Doch. Christopher. und Edward… und Alan. Allen stand das Entsetzen im Gesicht. Ich stürzte aus dem Wagen, von Dämonen gehetzt.

«Papa!«Christophers grenzenlose Erleichterung war nicht beruhigend.»Papa, schnell.«

«Was ist los?«

«Der Mann da. im Hauptzelt.«

Ich wandte mich in die Richtung.

«Er hat Feuer da drin gelegt… und Neil… und Toby… und Neil schreit.«

«Sucht Colonel Gardner«, rief ich ihm im Laufen zu.»Er soll die Sprinkleranlage einschalten.«

«Aber…«:, Verzweiflung in Christophers Stimme,»wir wissen nicht, wo er ist.«

«Sucht ihn.«

Ich hörte Neil schreien. Keine Worte, nichts Verständliches. Laute, schrille Schreie. Kreischen.

Wie stellt man sich so einer Situation?

Ich rannte in das Hauptzelt, zum Mittelgang und suchte nach dem Feuerlöscher, der dort am Eingang hätte sein müssen, lief aber weiter, da ich ihn nicht fand, und sah plötzlich Alan neben mir herlaufen.

«Bleib zurück«, schrie ich ihn an,»lauf zurück, Alan.«

Rauch hing im Zelt, und am Boden brannten mehrere kleine, helle Feuer; rote, orange und goldene Flammen tanzten auf Rinnsalen und Pfützen. Und dahinter stand wie ein Koloß, breitbeinig, felsenfest, den Mund zu einem schadenfrohen Grinsen geöffnet… Keith.

Er hatte Neil am Unterarm gepackt, die Finger wie ein Schraubstock um das dünne Handgelenk geschlossen, und hielt ihn halb in die Luft, fast auf Armlänge von sich. Mein kleiner Sohn zappelte und strampelte, um sich zu befreien, kam aber nur gerade mit den Zehen auf den Boden und fand keinen Halt.

«Lassen Sie ihn frei«, rief ich ohne allen Stolz, bereit zu flehen, bereit zu jeder feigen Speichelleckerei, die nötig war.

«Holen Sie ihn sich, sonst zünde ich ihn an.«

Neben Keith stand in einem hohen, kunstgeschmiedeten Behälter eine langstielige, mit lodernder Flamme brennende Fackel, wie man sie bei Grillparties, bei Fackelzügen oder auch zur Brandstiftung bei Ausschreitungen benutzt; Neil auf einer Seite, die Fackel auf der anderen. In der Mitte Keith mit einem Plastikkanister ohne Verschluß.

«Das ist Benzin, Pa«, rief Alan neben mir.»Er hat es auf den Boden geschüttet und angesteckt. Wir dachten, womöglich steckt er uns auch an, und sind weggelaufen, aber er hat Neil erwischt… er darf Neil nicht verbrennen, Pa.«

«Geh raus«, brüllte ich ihn verzweifelt an, und er stockte und blieb abrupt stehen, Tränen auf den Wangen.

Ich lief auf Keith zu, auf sein entsetzliches Grinsen, auf meinen entsetzten Sohn. Ich lief auf das unvermeidliche Feuer zu, lief, so schnell ich konnte, lief rein instinktiv.

Wenn Keith etwas loswerden will, verbrennt er es.

Ich würde ihn über den Haufen rennen, dachte ich. Ich würde mit ihm zu Boden gehen. Er würde mit mir gehen… ganz gleich, wohin.

Er hatte nicht mit einem Angriff gerechnet. Er trat einen Schritt zurück, leicht verunsichert, und Neil schrie weiter. Später wurde mir klar, daß man zu den wahnsinnigsten Mitteln greift, um seine Kinder zu retten.

Im Augenblick waren in meinem Bewußtsein nur Flammen, Zorn, der beißende Geruch von Benzin, ein klares Bild vom weiteren Ablauf.

Er würde den Benzinkanister auf mich schleudern und die Fackel hochreißen, und dafür mußte — mußte — er Neil loslassen. Ich würde ihn von Neil wegstoßen, der damit am Leben bleiben und außer Gefahr sein würde.

Sechs Schritte entfernt, vorwärtsrennend, gab ich alle Hoffnung auf, dem Feuer zu entgehen. Aber Keith würde auch brennen… und sterben… dafür würde ich sorgen.

Eine kleine dunkle Gestalt warf sich auf den letzten Metern plötzlich zwischen uns wie ein Kobold aus dem Nichts, nur Arme und Beine, linkisch, aber schnell. Sie rannte in Keith hinein und brachte ihn aus der Balance, so daß er mit rudernden Armen nach hinten taumelte.

Toby… Toby.

Keith ließ Neil los. Ich stieß meinen kleinen Sohn verzweifelt von ihm weg. Das Benzin schwappte aus dem Kanister und lief Keith in einem glitzernden Strom über die Beine. Schwankend versuchte er dem Brennstoff auszuweichen und stieß gegen den Ständer mit der Fackel. Der Ständer wackelte; wackelte hin und her und kippte dann um; die Flamme neigte sich in einem todbringenden Bogen abwärts.

Ich hechtete nach vorn, schnappte Toby mit rechts, packte Neil mit links, riß sie beide hoch und wandte mich in der gleichen Bewegung zur Flucht.

Ein gewaltiges Zischen ertönte hinter uns, gefolgt von einem Hitzeschwall und einem Prasseln, als wäre die ganze Luft entflammt. Über die Schulter schauend, bekam ich einen Sekundenbruchteil Keith zu sehen, mit weit aufgerissenem Mund, als ob jetzt er schreien wollte. Es sah aus, als holte er Atem dazu, und das Feuer schoß wie von einem Blasebalg angesogen durch den geöffneten Mund in seine Lunge; er brachte keinen Ton heraus, sondern griff sich an die Brust, die Augen weit offen, so daß man ringsum das Weiße sah, und fiel vornüber aufs Gesicht, ein immer schneller brennender Feuerball.

Auch mein Hemdrücken war versengt vom Kragen bis zur Taille, und Tobys Haare standen in Flammen. Ich rannte mit den Jungen in den Armen, rannte weit genug den Gang hinunter, stolperte und fiel hin, ließ Neil fallen, rollte mich auf den Rücken und fuhr Toby mit den Händen durch die Haare.

Verzweifelte Augenblicke. Neil roch nach Benzin, Toby auch, und wir mußten durchs Feuer, durch ein Labyrinth von Feuern nach draußen.

Ich schnappte keuchend erst einmal nach Luft, sammelte Kräfte, legte den linken Arm um Neil, der weinte. Ich bemühte mich, Toby zu beruhigen, und dann kam von hoch oben ein wundervoller Sprühregen, kühles, lebenspendendes Wasser tropfte und fiel zischend auf all die kleinen Feuer um uns herum, löschte schwarz die Flammen und verwandelte die zusammengekrümmte Gestalt von Keith in ein rauchendes Etwas.

Toby drückte sich an meine Brust und starrte mir ins Gesicht, als könnte er es nicht ertragen, woandershin zu sehen.

Er sagte:»Der wollte dich anzünden, nicht wahr, Papa?«

«Ja.«

«Das dachte ich mir.«

«Wo bist du hergekommen?«fragte ich.

«Aus dem Speiseraum, in dem wir zu Mittag gegessen haben. Ich hatte mich versteckt…«Seine Augen waren riesengroß.

«Ich hatte Angst, Papa. «Wasser lief ihm durch die versengten Haare und in die Augen.

«Hätte jeder gehabt. «Ich strich ihm mit den Fingerknöcheln über den Rücken, dem Prachtkerl.»Du warst tapfer wie zehntausend Helden. «Ich rang nach Worten.»Nicht jeder Junge kann von sich behaupten, daß er seinem Vater das Leben gerettet hat.«

Ich merkte, daß das für ihn nicht genügte. Er brauchte mehr, brauchte etwas, das ihn aufbaute, ihm ein bleibendes Gefühl der Selbstachtung gab, eine Kraft, auf die er immer zurückgreifen konnte.

Ich dachte daran, wie seine kleine Gestalt sich auf einen unwahrscheinlich bedrohlichen Gegner geworfen hatte, mit wild flatternden Armen und Beinen, aber erfolgreich.

Ich sagte:»Würdest du gern Karate lernen, wenn wir nach Hause kommen?«

Sein angespanntes Gesicht erstrahlte von Ohr zu Ohr. Er wischte sich die Lippen trocken.»Aber ja, Papa«, sagte er.

Ich setzte mich aufrecht, beide noch an mich gedrückt, und Christopher kam angelaufen, dann auch die beiden anderen, und alle starrten sie an mir vorbei auf den kohlschwarzen, unvorstellbaren Alptraum.

«Geht da nicht hin«, sagte ich im Aufstehen.»Wo ist Colonel Gardner?«

«Wir konnten ihn nicht finden«, sagte Christopher.

«Aber… der Sprinkler?«

«Den hab ich angestellt«, sagte Christopher.»Ich habe gesehen, wie Henry an dem Tag, als du mit der Bahn weg bist, die Schilder aufgeklebt hat. Ich wußte, wo der Hahn war.«

«Hervorragend«, sagte ich, aber kein Wort war gut genug.

«So, und jetzt gehen wir mal raus aus dem Regen.«

Neil wollte getragen werden. Ich nahm ihn hoch, er schlang mir die Arme um den Hals, schmiegte sich eng an mich, und alle sechs schlappten wir klatschnaß hinaus auf den Asphalt.

Roger kam mit seinem Jeep angefahren, stieg aus und starrte uns an.

Wir müssen schon komisch ausgesehen haben. Ein großer Junge, ein kleiner auf dem Arm, die drei anderen dicht dabei, alle tropfnaß.

Ich sagte zu Christopher:»Lauf und dreh den Hahn ab «und zu Roger:»Im Hauptzelt hat es gebrannt. Der Bodenbelag und die Dielen waren stellenweise benzingetränkt und haben Feuer gefangen, aber die Zeltleinwand nicht, da hatte Henry recht.«

«Gebrannt!« Er wandte sich zum Eingang, um selbst nachzusehen.

«Erschrecken Sie nicht«, sagte ich.»Da ist Keith drin. Er ist tot.«

Roger hielt einen Schritt inne und ging dann weiter. Christopher kam schon zurück, und die Jungen und ich fingen an zu zittern, wohl ebensosehr vor Schock und Angst wie des leichten Aprilwindes wegen, standen wir doch naß in unangenehm kalter Luft.

«Setzt euch ins Auto«, sagte ich und wies auf Darts zerbeulte Kiste.»Ihr müßt erst mal trocken werden.«

«Aber Dad.«

«Ich fahre euch.«

Sie drängelten sich hinein, als Roger mit besorgter Miene wieder aus dem Zelt kam.

«Was ist denn bloß passiert?«fragte er eindringlich.»Ich muß die Polizei rufen. Kommen Sie mit ins Büro.«

Ich schüttelte den Kopf.»Erst steck ich die Jungs mal in trockene Sachen. Die sollen mir keine Lungenentzündung kriegen. Dann komme ich wieder.«

«Aber Lee — «

«Keith hat versucht, das Hauptzelt in Brand zu setzen«, sagte ich.»Aber.«

«Aber«, ergänzte Roger,»wer mit Benzin Feuer legt, kann dabei selbst in Flammen aufgehen.«

Ich lächelte schwach.»So ist es.«

Ich ging zu Darts Wagen und fuhr die Jungen zum Bus, wo sie alle — wir alle — duschten und frische, saubere Sachen anzogen. Mein kariertes Hemd mit seinem wie durch ein zu heißes Bügeleisen versengten Rücken wanderte in den Mülleimer, nicht in einen Wäschesack. Die Haut im Rücken fühlte sich an wie nach einem Sonnenbrand. Eine schmerzhafte Rötung, nichts weiter. Schwein gehabt, dachte ich, daß das Hemd aus dicker reiner Baumwolle, nicht aus schmelzbarem Nylon gewesen war.

Als die Jungen soweit waren, marschierte ich mit ihnen zu Mrs. Gardner und bat sie, ihnen, wenn es ging, Kuchen und etwas Warmes, Süßes zu trinken vorzusetzen.

«Ihr Lieben«, sagte sie und schloß sie in die Arme.»Kommt doch rein.«

«Laß uns nicht allein, Pa«, sagte Edward.

«Ich muß mit dem Colonel reden, aber es dauert nicht lange.«

«Kann ich mit dir fahren?«fragte Christopher.

Ich lauschte auf seine schon ziemlich tiefe Stimme, schaute mir an, wie groß er war, sah den werdenden Mann in dem Jungen und verstand seinen Wunsch, die Kindheit hinter sich zu lassen.

«Spring ins Auto«, sagte ich, und hocherfreut saß er auf der kurzen Rückfahrt neben mir.

«Was hat Keith Stratton zu euch gesagt«, fragte ich,»als ihr zum Hauptzelt kamt?«

«So ein Typ!«Christopher schauderte.»Erst schien alles in Ordnung zu sein. Er sagte, wir sollten ins Zelt gehen. Er sagte, du kämst auch.«

«Und dann?«half ich nach, da er schwieg.

«Na, wir sind rein, und er kam hinter uns her. Er sagte, wir sollten durchgehen, und wir sind durchgegangen.«

«Ja.«

«Dann…«:, er zögerte,»dann wurde es unheimlich, Pa. Ich meine, er hat einen Kanister genommen, der da stand, und hat die Kappe abgedreht, und wir konnten riechen, daß es Benzin war. Dann hat er den Kanister wieder hingestellt und die Fackel aufgehoben, da hat er sein Feuerzeug drangehalten, und das Ding fing an zu lodern wie die Fackeln in einem Ku-Klux-Klan-Film.«

«Genau.«

«Dann hat er Benzin auf den Boden geschüttet und die Fackel rangehalten, und da gab’s natürlich Feuer, aber nur an der einen Stelle. «Er schwieg.»Wir kriegten Angst, Papa. Du hast uns immer gesagt, daß man Feuer nicht mit Benzin zusammenbringen darf, und er hatte einen großen Kanister voll in der einen und die Fackel in der anderen

Hand. Er sagte, wir sollten weiter ins Zelt hineingehen, und er kam hinter uns her und legte noch ein Feuer und noch eins und immer mehr, daß es uns richtig mulmig wurde, aber er sagte nur, du kämst bald. >Euer Vater wird kom-men.< Uns hat vor dem gegruselt, Pa. Er hat sich nicht wie ein Erwachsener benommen. Er war nicht vernünftig, Pa.«

«Nein.«

«Er sagte, wir sollten weiter durchgehen, an dem Ständer vorbei, der da stand, und da hat er die Fackel reingestellt, da schwang die wenigstens nicht mehr hin und her, sie hatte einen festen Platz, und das war besser, aber geheuer war es uns immer noch nicht. Er hat aber auch den Benzinkanister hingestellt, und dann hat er uns bloß so angesehen und gelächelt, und das war furchtbar, ich meine, ich kann es nicht beschreiben.«

«Du machst das schon ganz gut.«

«Ich hatte furchtbar Angst vor ihm, Pa. Wir wollten alle da raus. Dann ist auf einmal Alan an ihm vorbeigeschossen, dann Edward und ich, und er hat uns angebrüllt und wollte uns abfangen, aber wir sind im Bogen um ihn herum und rausgeflitzt, ich meine, mit Vollgas, Pa… und dann kam Toby uns nicht nach, und Neil fing an zu schreien… und dann kamst du.«

Ich hielt neben Rogers Jeep an. Hinter ihm stand der Jaguar von Keith, und dahinter ein Polizeiwagen.

«Und sonst hat er nichts gesagt?«fragte ich.

«Nein, nur daß er sich von dir nicht erpressen lassen würde. So ein Quatsch, du würdest doch niemand erpressen.«

Ich lächelte innerlich über sein Vertrauen. Erpressung zielte nicht unbedingt auf Geld ab.

«Nein«, sagte ich.»Behalt diesen Teil aber trotzdem für dich, okay?«»Okay, Pa.«

Eigenartig benommen, wie auf Wolken, ging ich mit Christopher zum Büro hinüber und erklärte der Polizei auf Befragen, ich hätte keine Ahnung, warum Keith Stratton sich so vernunftwidrig verhalten habe, wie er es getan hatte.

Es wurde Freitag, bis ich Stratton Park verließ.

Den ganzen Mittwochnachmittag hindurch beantwortete ich Serien polizeilicher Fragen mit» Ich weiß nicht «und versprach, zur gerichtlichen Untersuchung des Todesfalles pflichtgemäß wiederzukommen. Ich sagte nichts von meiner Absicht, Keith über den Haufen zu rennen. Es hörte sich nicht überzeugend an. Ich sagte nichts von Neil.

Auf Befragen sagte ich, ich hätte nicht versucht, Keith mit einem Feuerlöscher das Leben zu retten, weil ich keinen finden konnte.

«Vier Stück lagen außer Sicht im Barbereich«, sagte mir Roger.

«Wer hat sie da hingetan?«fragte die Polizei.

«Ich weiß es nicht«, sagte ich.

Christopher sagte den Ordnungshütern, Keith sei ein» Spinner «gewesen. Sie hörten höflich zu und kamen zu dem Schluß, daß er zu jung sei, um als Zeuge geladen zu werden, zumal er das Unglück selbst auch gar nicht miterlebt hatte.

Die Presse kam, schoß Fotos, stellte Fragen, erhielt die gleichen Antworten.

Eine Polizistin fragte die jüngeren Söhne in meinem Beisein später bei den Gardners, was sie gesehen hatten, aber wie Kinder nun mal sind, wenn Fremde ihnen Fragen stellen, verfielen sie in rehäugiges Schweigen, sagten von sich aus nichts und antworteten meistens durch Nicken. Ja

— Nicken — im Zelt hatte es gebrannt. Ja — Nicken — Keith Stratton hatte das Feuer gelegt. Ja — Nicken — Toby hatte sich das Haar versengt. Ja — Nicken — Christopher hatte die Sprinkleranlage in Gang gesetzt, und ja — Nicken — ihr Vater hatte nach ihnen geschaut.

Die Strattons, dachte ich zwischendurch ironisch, hatten der Familie Morris nichts voraus, wenn es galt, Stillschweigen zu bewahren.

Am Donnerstag wurden die Klammern aus meinen weitgehend abgeheilten Wunden entfernt, und von Dart chauffiert fuhr ich mit Toby nach Swindon, um zu sehen, was Penelope mit seinen ungleichmäßig verbrannten Haaren anfangen konnte.

Ich sah zu, wie sie mit ihm lachte und ihn neckte. Sah zu, wie sie den noch nachhaltenden versengten Geruch herauswusch und die verbliebenen, sehr kurzen braunen Locken mit Schere, Bürste und Fön bearbeitete. Sah zu, wie sie ihm Vertrauen in sein neues Aussehen gab und ihn zum Lächeln brachte.

Die ganze Zeit überlegte ich, wie und wo ich sie ins Bett bekommen könnte.

Perdita kam nach unten und benahm sich wie eine zum Schutz ihres Kükens herbeigeeilte Glucke — als könnte sie meine Gedanken lesen.

«Ich haben Ihnen am Dienstag zuviel erzählt, Lee«, sagte sie ein wenig besorgt.

«Ich werde Sie nicht verraten.«

«Und Keith Stratton ist tot!«

«Leider ja«, meinte ich.

Sie lachte.»Sie sind ein Schlitzohr. Haben Sie ihn umgebracht?«

«Gewissermaßen. «Mit der Hilfe meines Zwölfjährigen, dachte ich, ob er sich darüber klar war oder nicht.»Notwehr, könnte man sagen.«

Ihre Augen lächelten, aber ihre Stimme war sachlich. Sie drückte ihre Meinung in einem einzigen Wort aus: »Gut.«

Penelope war mit den Haaren des Zwölfjährigen fertig. Ich bezahlte sie. Sie dankte mir. Sie hatte keine Ahnung, was ich für sie empfand, und nicht das leiseste Echo kam von ihr zurück. Ich war Vater von sechs Jungen und doppelt so alt wie sie. Perdita, die all das mitbekam, klopfte mir auf die Schulter. Ich küßte die Mutter auf die Wange und begehrte immer noch die Tochter und fühlte mich, als ich mit Toby davonging, leer und alt.

Dart brachte Toby wieder zu seinen Brüdern bei den Gardners und fuhr mich bereitwillig weiter zu Marjorie.

Der wieder selbstbewußt auftretende Butler ließ uns ein und kündigte uns an. Marjorie setzte sich wie zuvor in ihren herrschaftlichen Sessel. Der zerschmetterte Spiegel war entfernt worden, die lädierten Sessel fehlten. Rebeccas Schuß auf mich hatte keine bleibenden Spuren hinterlassen.

«Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden«, sagte ich.

«Aber Sie besuchen Stratton Park doch sicher wieder.«

«Wahrscheinlich nicht.«

«Wir brauchen Sie!«

Ich schüttelte den Kopf.»Sie haben mit Colonel Gardner einen ausgezeichneten Rennbahnverwalter. Mit Oliver Wells’ Gespür für Reklame werden Sie beim nächsten Meeting Rekordbesucherzahlen erreichen. Dazu geben Sie eine erstklassige neue Tribüne in Auftrag — und ob die Firmen, die sich an Ihrer Ausschreibung beteiligen, solide und vertrauenswürdig sind, das kann ich, wenn Sie wollen, schon nachprüfen. Im übrigen haben Sie jetzt die besten Karten in der Hand, um Ihre Familie und die GmbH zusammenzuhalten. Da Keith wegfällt, brauchen Sie auf ihn keinen mäßigenden Einfluß mehr auszuüben. Sie haben Rebecca unter Kontrolle, die darauf aus war — und es wohl noch ist — selbst die Leitung der Rennbahn zu übernehmen. Das hat sie sich nun wohl verscherzt, denn selbst wenn Sie einmal nicht mehr sind, können Conrad und Dart ihr Erpressung und versuchten Mord vorhalten, und das reicht, um sie auf Vorstandssitzungen abzuschmettern.«

Marjorie hörte zu und präsentierte ihre eigene Lösung.

«Ich möchte Sie im Vorstand haben«, sagte sie.»Conrad und Ivan werden dafür votieren. Einstimmig gefaßter Beschluß des Vorstands.«

«Hört, hört«, sagte Dart entzückt.

«Sie brauchen mich nicht«, wandte ich ein.

«Doch, wir brauchen Sie.«

Ich wollte mich von den Strattons lösen. Ich wollte keinesfalls in die Fußstapfen meines Nichtgroßvaters treten. Von jenseits des Grabes hatten sein Einfluß und sein Tun und Lassen mich in ein Netz von Falschheiten verstrickt, und dreimal innerhalb von acht Tagen hatte seine Familie mich fast das Leben gekostet. Meine Dankesschuld, fand ich, war abgetragen. Jetzt brauchte ich meine Freiheit wieder.

Und doch.

«Ich laß es mir durch den Kopf gehen«, sagte ich.

Marjorie nickte zufrieden.»Wenn Sie am Ruder sind«, sagte sie,»kommt die Rennbahn groß raus.«

«Ich muß mit Conrad reden«, sagte ich.

Er war allein in seinem Allerheiligsten und saß hinter dem Schreibtisch. Ich hatte Dart wieder draußen im Wagen gelassen, aber diesmal nicht als Wachtposten, so daß er sich ruhig über Haarausfall informieren konnte.

«Nach dieser amerikanischen Methode«, hatte er, vertieft in Vorher-Nachher-Fotos, gemeint,»wäre ich alle Sorgen los. Man kann schwimmen — tauchen — das neue Haar ist Teil von einem. Aber ich müßte alle sechs bis acht Wochen nach Amerika, um es nachsehen zu lassen.«

«Sie können sich’s doch leisten«, sagte ich.

«Ja, aber…«

«Holen Sie es sich«, sagte ich.

Er brauchte Ermutigung.»Meinen Sie wirklich?«

«Ich meine, Sie sollten gleich den ersten Flug buchen.«

«Ja. Ja. Also gut, ich mach ’s.«

Conrad stand auf, als ich hereinkam. Die Tür seines Wandschranks war geschlossen, aber auf dem Teppich standen überall Kartons mit durchforstetem Inhalt. Er bot mir nicht die Hand. Anscheinend war er ebenso verlegen wie ich.

«Marjorie hat angerufen«, sagte er.»Sie möchte Sie im Vorstand haben. Ich soll Sie dazu überreden.«

«Was Sie wollen, zählt.«

«Ich weiß nicht, ob.«

«Nein. Aber um darüber zu sprechen, bin ich auch nicht hier. Ich wollte Ihnen zurückgeben, was ich Ihnen gestern gestohlen habe.«

«Gestern erst. Es ist so viel passiert.«

Ich legte den großen braunen Umschlag mit der Aufschrift >Conrad< auf den Schreibtisch. Er hob ihn auf und betrachtete die mit Klebeband verschlossene Lasche.

«Wie ich schon sagte, habe ich hineingesehen«, sagte ich.»Keith wußte, daß ich das tun würde. Er konnte wohl den Gedanken, daß ich von meinem Wissen Gebrauch machen würde, nicht ertragen. Ich gebe zu, ich bin froh, daß sich das nun erübrigt, da er tot ist, doch ich hätte es getan, das sollen Sie ruhig wissen. Aber Marjorie werde ich nicht sagen, was da drin ist — sie weiß es offensichtlich nicht —, und auch sonst wird es nie jemand von mir erfahren.«

«Ich will das nicht aufmachen«, sagte Conrad und legte den Umschlag beiseite.

«Ich kann Ihnen nicht sagen, daß Sie es tun sollten.«

«Aber Sie denken es.«

«Keith hätte ihn verbrannt«, sagte ich.

«Verbrannt. «Er schauderte.»Was für ein Tod!«

«Jedenfalls«, sagte ich,»gehören die Informationen hierher, was immer Sie damit anfangen. Ihr Vater hat sie Ihnen zugedacht. Also«, ich seufzte,»lesen Sie oder verbrennen Sie sie, nur lassen Sie sie nicht herumliegen. «Ich schwieg.»Ich bitte nochmals, meinen Einbruch hier zu entschuldigen. Ich verlasse Stratton Park morgen früh. Es tut mir leid«, ich machte eine unbestimmte Geste,»wie alles gekommen ist.«

Bedauernd drehte ich mich um und ging zur Tür.

«Warten Sie«, sagte Conrad.

Ich zögerte, halb drin, halb draußen.

«Ich muß wissen, was Sie wissen. «Er sah unglücklich aus.»Er war mein Zwillingsbruder. Ich weiß, daß er mich beneidet hat… ich weiß, es war ungerecht, daß ich, bloß weil ich fünfundzwanzig Minuten älter war, so viel bekommen habe; ich weiß, er war gewalttätig, brutal und oft gefährlich; ich weiß, er hat Ihre Mutter und alle seine Frauen geschlagen. Ich weiß, er hat Hannahs Zigeuner fast umgebracht. Ich habe gesehen, wie viehisch er Sie getre-ten hat… Ich weiß all das und mehr, aber er war mein Bruder, mein Zwilling.«

«Ja.«

Die Strattons hatten bei allen Fehlern ihre ganz eigene, unverbrüchliche Loyalität; eine Familie, die, wenn sie auch in sich zerstritten war, fest gegen den Rest der Welt zusammenstand.

Conrad ergriff den Umschlag und riß das Klebeband ab. Er las noch einmal den ersten Brief, dann zog er den zweiten und das inliegende weiße Kuvert heraus.

«Denk daran«, las er leise,»daß Keith immer lügt.«

Er zog die fünf gefalteten Blatt Papier aus dem weißen Kuvert und las das erste, wiederum eine Nachricht seines Vaters.

Sie lautete:

Diese Lüge von Keith hat mich eine Menge Geld gekostet, das ich allzu vertrauensselig Keith auch noch selber gab. Erst nach vielen Jahren kam mir der Verdacht, daß er mich betrogen hatte. Eine Bagatelle, verglichen mit der Wahrheit.

Conrad legte den Brief hin und sah auf die nächste Seite, auch wieder ein Brief, aber maschinegeschrieben.

«Arne Verity Laboratories?«sagte Conrad.»Was ist das denn?«

Er las den Brief, der an seinen Vater adressiert und zwei Jahre früher datiert war.

Im wesentlichen besagte er, daß das Labor die gewünschten Analysen durchgeführt habe. Die genauen Ergebnisse jeder einzelnen Analyse seien beigefügt, doch zusammengefaßt laute das Ergebnis wie folgt:

Sie haben uns drei Haare, bezeichnet >A<, >B< und >C< geschickt. Die Chromosomenanalyse ergab folgendes Resultat:

>A< ist so gut wie sicher der Erzeuger von >B<, und

>A< und >B< sind die Eltern von >C<.

Conrad blickte auf.»Was soll das bedeuten?«

«Das bedeutet, es gab keinen Zigeuner. Keith hat ihn erfunden.«

«Aber.«

«Es bedeutet, Keith war der Vater von Jack.«

Conrad setzte sich und sah aus, als wäre er einer Ohnmacht nah.

«Ich glaub das nicht«, sagte er leise.»Ich kann nicht. Das ist nicht wahr.«

«Jack sieht nicht wie ein Zigeuner aus«, sagte ich.»Er sieht aus wie Keith.«

«Du guter Gott.«

«Hannah mag auch die Zigeunergeschichte nicht. Sie hat Jack erzählt, sein Vater sei ein ausländischer Adliger, der den Skandal nicht überstanden haben würde. Sieht man von dem ausländischem ab, ist das mehr oder minder die Wahrheit.«

«Hannah!«Er sah noch unglücklicher aus.»Was haben Sie mit ihr vor?«

«Nichts«, sagte ich, erstaunt, daß er fragte.»Da Keith tot ist, brauche ich nicht anzuwenden, was ich weiß. Hannah braucht nicht zu befürchten, daß ich jemals etwas durchsickern lasse.«

«Aber sie hat Sie doch angegriffen!«

Ich seufzte.»Sie hat nie im Leben eine Chance gehabt, oder? Sie ist die Frucht einer Vergewaltigung, ihre Mutter hat sie im Stich gelassen, ihr Vater sie geschwängert. Sie wurde von jungen Männern abgelehnt, von ihrem Großvater nicht geliebt, aber was immer er sein mag, sie hat Jack, ihren Sohn. Daran rühre ich nicht. Genau wie Keith Ihr Zwillingsbruder war, so ist Hannah, ob es mir gefällt oder nicht, meine Halbschwester. Lassen wir sie in Frieden.«

Conrad saß eine Weile bewegungslos, dann steckte er die Briefe seines Vaters und die Laborberichte in den braunen Umschlag und hielt mir den ganzen Packen hin.

«Nehmen Sie das«, sagte er knapp,»und verbrennen Sie es.«

«Ja, okay.«

Ich trat noch einmal an den Schreibtisch, ergriff den Umschlag und wandte mich wieder zur Tür.

«Kommen Sie in den Vorstand«, sagte Conrad.»Wie üblich hat Marjorie recht. Wir werden Sie brauchen.«

Die Jungen und Mrs. Gardner verabschiedeten sich so ausgiebig voneinander wie Romeo und Julia und versicherten mehrmals, daß sie sich wiedersehen würden. Roger und ich freuten uns, wenn auch weniger überschwenglich, über die Aussicht auf künftige Zusammenarbeit.»Es gibt so viel zu erledigen«, sagte er.

Dart zückte seinen Terminkalender. Er werde mich nach seiner Amerikareise besuchen, sagte er. Er habe schon alles gebucht.

Die Jungen drängelten sich in den Bus und winkten wie verrückt aus dem Fenster, und ich fuhr mit uns allen davon, heim zur friedlichen Grenze zwischen Surrey und Sussex.

«Habt ihr euch gut amüsiert, meine Lieben?«fragte Amanda, als sie die Kinder an sich drückte.»Wie habt ihr euch beschäftigt, während euer Vater dafür gesorgt hat, daß er in die Zeitung kommt?«

Sie starrten sie an. Nach und nach würden sie ihr sicher alles erzählen, aber in dem Moment machte die Frage sie sprachlos.

Neil sagte schließlich ernst:»Wir haben ausgezeichneten Rosinenkuchen gebacken.«

Amanda meinte vorwurfsvoll zu mir:»Das Telefon hier hat in einer Tour geklingelt. «Sie musterte mich ohne sonderliches Interesse.»Dir geht’s doch wohl gut?«

«Ja«, sagte ich.»Bestens.«

«Fein.«

Sie brachte die Kinder ins Haus. Ich blieb noch am Bus stehen, während der Motor abkühlte, und nach einiger Zeit kletterte ich auf die Eiche.

An anderen Bäumen sproß längst schon das Laub, doch die Eiche hinkte wie immer hinterher und wetteiferte mit der Esche darum, als letzte zu grünen. Ich setzte mich in die Wiege der beflaumten Äste, spürte hier und da noch einen leisen Schmerz, eine Blessur, und bemühte mich, innerlich Ruhe zu finden.

Nach einer Weile kam Amanda aus dem Haus und zum Baum herüber.

«Was machst du denn da oben?«fragte sie.

«Nachdenken.«

«Komm runter. Ich möchte mit dir reden.«

Ich kletterte hinunter, obwohl ich es nicht hören wollte.

Ich sagte:»Ich hatte Angst, ich würde ein leeres Haus vorfinden. Angst, du und Jamie könntet gegangen sein.«

Ihre Augen wurden groß.»Du kriegst aber wirklich alles mit.«

«Ich hatte Angst, du hättest jemand anders kennengelernt.«

«Habe ich auch.«

Sie war nicht direkt trotzig, aber sie hatte sich schon zurechtgelegt, was sie sagen wollte. Sie sah noch immer reizend aus. Ich wünschte, die Dinge hätten sich ändern lassen.

«Ich habe mir überlegt«, sagte sie,»daß eine offizielle Trennung von dir nicht gut für die Kinder wäre. Außerdem…«, sie zögerte kurz und nahm dann ihren Mut zusammen,»… ist er verheiratet und hat zu seiner Familie die gleiche Einstellung. Wir werden uns also häufig sehen. Nimm es hin oder laß es, Lee.«

Sie wartete.

Christopher, Toby, Edward, Alan, Neil und Jamie. Sechs Gründe dafür.

«Ich nehme es hin«, sagte ich.

Sie nickte, womit der Pakt besiegelt war, und kehrte ins Haus zurück.

Am Abend ging sie wie immer eine Stunde vor mir schlafen, aber als ich hochkam, war sie ausnahmsweise hellwach.

«Hast du eine Ruine gefunden?«fragte sie, als ich mich auszog.

«Nein. Ich fahre noch mal los, wenn die Jungen wieder in der Schule sind. Dann bleibe ich eine Zeitlang weg.«

«Gut.«

Es war nicht gut. Es war furchtbar.

Anstatt wie sonst anderthalb Meter Abstand von ihr zu halten, ging ich um das riesige Bett herum auf ihre Seite und legte mich zu ihr: und ich schlief mit der Penelope in Amanda, in einen Taumel aus Lust, Entbehrung, Hunger, Leidenschaft und Vereinnahmung. Ein wilder, heftiger Geschlechtsakt, den es so in unserer Ehe noch nicht gegeben hatte.

Nach kurzem Protestieren und Sichsträuben ging sie mit einem Teil ihres früheren Feuers darauf ein, und nachher, als wir wieder getrennt lagen, jeder für sich, war sie nicht voller Vorwürfe, sondern lächelte verstohlen wie die Katze, die von der Sahne genascht hat.

Zwei Monate später sagte sie:»Ich bin schwanger. Hast du das gewußt?«

«Geahnt«, sagte ich. Ich zwang mich, die Frage zu stellen.»Ist es von mir… oder von ihm?«

«Ach, von dir«, sagte sie bestimmt.»Er kann mir kein Kind schenken. Er hat sich vor langer Zeit sterilisieren lassen.«

«Oh.«

«Vielleicht wird es ja ein Mädchen«, sagte Amanda ruhig.»Du wolltest schon immer eine Tochter.«

Zur gegebenen Zeit brachte sie in ekstatischer Verzük-kung ihr siebtes Kind zur Welt.

Einen Jungen.

Mir war es recht.

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