Kapitel 3

Wieso bin ich hingefahren?

Ich weiß es nicht. Ich bezweifle, ob es so etwas wie eine völlig freie Wahl wirklich gibt, denn es liegt wohl in unserer Persönlichkeit begründet, welche Wahl wir treffen. Ich entscheide mich so und so, weil ich bin, wie ich bin, könnte man vielleicht sagen.

Ich entschloß mich aus recht tadelnswerten Gründen hinzufahren, nämlich wegen lockender Privateinkünfte und aus dem eitlen Glauben, ausgerechnet ich könnte womöglich den Drachen zähmen und die im Clinch liegenden Strattons friedlich zusammenführen, wie Roger und Oliver es wollten. Habgier und Stolz… starke innere Antriebe, maskiert als kluge Finanzplanung und tätige Liebe zum Nächsten.

Also schlug ich die Warnung meiner Mutter in den Wind, vergaß ihren guten Rat, brachte meine Kinder in höchste Gefahr und änderte durch meine Anwesenheit ein für allemal das Gleichgewicht der Kräfte bei den Strattons.

Nur, daß es mir an dem Tag der Hauptversammlung natürlich nicht so vorkam.

Sie fand am Mittwoch nachmittag statt, am dritten Tag der Ruinensuche. Montag früh waren die fünf Jungen und ich mit dem großen umgebauten Bus zu Hause losgefahren, der uns schon öfter als Heim auf Rädern gedient hatte, wenn die gerade umzubauende Ruine wirklich einfach unbewohnbar war.

Der Bus hatte einiges für sich: Schlafplätze für acht Personen, eine intakte Dusche, Kochecke, Sofas und Fernsehen. Ich hatte mir von einem Jachtbauer zeigen lassen, wie man Lagerräume scheinbar aus dem Nichts schuf, und wir konnten tatsächlich einen ansehnlichen Haushalt an Bord unterbringen. Viel Freiraum oder Privatsphäre ließ einem der Bus allerdings nicht, und mit zunehmendem Alter hatten die Jungen ihn als Wohnsitz immer peinlicher empfunden.

An dem fraglichen Montag bestiegen sie ihn aber ganz vergnügt, denn ich hatte ihnen versprochen, daß es nachmittags echte Ferien gäbe, wenn ich morgens immer ein verfallenes Haus abklappern könnte, und mit Landkarte und Zeitplan hatte ich mir auch wirklich eine Reihe von Dingen überlegt, auf die sie wild waren. Montag nachmittag fuhren wir Kanu auf der Themse, am Dienstag machten sie eine Kegelbahn unsicher, und jetzt, am Mittwoch, halfen sie Roger Gardners Frau, ihre Garage aufzuräumen, ein mit wundersamer Begeisterung eingelöstes Versprechen.

Ich ließ den Bus am Haus der Gardners stehen und ging mit Roger zu den Tribünen.

«Ich bin zu der Versammlung nicht geladen«, sagte er, als wäre er froh darüber,»aber ich bringe Sie hin.«

Er führte mich eine Treppe hoch, um ein paar Ecken herum und durch eine Tür mit der Aufschrift >Kein Zutritt< in eine Enklave, die im Unterschied zu dem zweckmäßigen Beton für die Allgemeinheit mit Teppichen ausgelegt war. Dann deutete er wortlos auf eine blanke, paneelierte Flügeltür, klopfte mir ermutigend auf die Schulter und ließ mich allein wie ein väterlicher Oberst, der einen Rekruten in sein erstes Gefecht schickt.

Obwohl ich mein Kommen schon bereute, öffnete ich einen der Türflügel und trat ein.

Ich hatte gute Tageskleidung gewählt (graue Hose, weißes Hemd, Schlips, marineblauer Blazer), um mich vorstandsgerecht zu präsentieren. Gepflegte Frisur, ein glattrasiertes Kinn, saubere Fingernägel. Der staub gewohnte, zupackende Bauarbeiter war mir nicht anzusehen.

Die älteren Herren auf der Versammlung trugen Anzüge. Meine Altersgenossen und die Jüngeren waren salopper gekleidet. Zufrieden dachte ich, daß ich es genau richtig getroffen hatte.

Und ich war auch zu der in dem Anwaltsbrief genannten Zeit eingetroffen, doch wie es schien, hatten die Strattons bereits angefangen. Der ganze Clan saß um einen wirklich eindrucksvollen edwardianischen Eßtisch aus altem, mit Schellackpolitur behandeltem Mahagoni herum, ihre Stühle waren neuer, aus den dreißiger Jahren wie die Tribünenbauten selbst.

Die einzige, die ich vom Sehen kannte, war Rebecca, die Rennreiterin, jetzt in Hose, eleganter Jacke und schwerem Goldbehang. Der Mann am Kopf des Tisches, grauhaarig, korpulent, gebieterisch, sah mir nach Conrad aus, dem vierten und letzten Baron.

Er wandte den Kopf nach mir, als ich hereinkam. Aber natürlich drehten sie sich alle um. Fünf Männer, drei Frauen.»Ich glaube, Sie sind hier falsch«, sagte Conrad ohne übertriebene Höflichkeit.»Dies ist eine nichtöffentliche Sitzung.«

«Stratton GmbH?«fragte ich ruhig.

«Stimmt auffallend. Und Sie sind…?«:

«Lee Morris.«

Der Schock, der sie durchlief, war beinah komisch, so als hätten sie gar nicht daran gedacht, daß ich von der Versammlung in Kenntnis gesetzt worden sein könnte, geschweige denn mit meiner Teilnahme gerechnet. Und sie hatten auch allen Grund, überrascht zu sein, denn bisher hatte ich auf ihr jährliches Schreiben noch nie reagiert.

Ich schloß leise die Tür hinter mir.»Sie haben mir eine Mitteilung geschickt«, sagte ich.

«Ja, aber — «, sagte Conrad abwehrend.»Ich meine, es war doch nicht nötig… Sie hätten nicht extra zu kommen brauchen. «Er schwieg betreten und schien außerstande, seine Bestürzung zu verbergen.

«Da ich schon mal hier bin«, sagte ich liebenswürdig,»kann ich doch ebensogut auch bleiben. Darf ich hier Platz nehmen?«Ich wies auf einen freien Stuhl am Fuß des Tisches und ging entschlossen darauf zu.»Wir kennen uns zwar noch nicht, aber Sie müssen Conrad, Lord Stratton sein.«

Er sagte verkniffen:»Ja.«

Einer der älteren Herren brauste auf:»Das ist doch unerhört! Sie haben hier nichts zu suchen. Nicht an diesem Tisch. Gehen Sie!«

Ich blieb an dem freien Platz stehen und zog den Anwaltsbrief hervor.»Wie Sie daraus ersehen können«, antwortete ich freundlich,»bin ich Anteilseigner. Ich wurde ordnungsgemäß auf die heutige Versammlung hingewiesen, und es tut mit leid, wenn Ihnen das nicht paßt, aber ich bin teilnahmeberechtigt. Ich werde ganz still sein und zuhören.«

Ich setzte mich. Nackte Mißbilligung spiegelte sich auf sämtlichen Gesichtern; nur bei einem aus der Runde, einem jüngeren Mann, war der Anflug eines Lächelns zu erkennen.»Conrad! Das ist doch lachhaft. «Der Mann, den mein Erscheinen am meisten störte, war aufgestanden und zitterte vor Wut.»Sieh zu, daß er verschwindet.«

Conrad Stratton schätzte nüchtern meine Statur und mein Alter ab und sagte resigniert:»Setz dich hin, Keith. Wer soll ihn denn wohl hinausbefördern?«

Keith, der erste Mann meiner Mutter, war seinerzeit vielleicht stark genug gewesen, eine unglückliche junge Frau zu verprügeln, aber gegen ihren fünfunddreißig Jahre alten Sohn hatte er nicht die geringste Chance. Er konnte nicht ertragen, daß es mich gab. Mich widerte an, was ich von ihm wußte. Unsere Abneigung war gegenseitig, intensiv und endgültig.

Die blonden Haare von den Hochzeitsfotos waren etwas grau geworden. Der hohe Wuchs verlieh ihm immer noch ein vornehmeres Aussehen als seinem älteren Zwillingsbruder. Sein Spiegel sagte ihm wahrscheinlich Tag für Tag, daß bei der Reihenfolge ihrer Geburt ein fürchterliches Mißgeschick passiert war; daß sein Kopf als erster ans Licht hätte kommen müssen.

Er konnte nicht stillhalten. Mit langen Schritten ging er durch den Saal, warf ab und zu den Kopf in meine Richtung und funkelte mich an.

Wichtige Herrschaften, vielleicht der erste und der zweite Baron, schauten ungerührt aus vergoldeten Rahmen an der Wand auf uns herunter. Die Deckenbeleuchtung bestand aus spiralförmigen Messinglüstern mit Schirmchen aus geätztem Glas über den Kerzenlampen. Auf einem langen, blanken Mahagonibüfett stand eine gedrungene Tischuhr, flankiert von bauchigen alten Vasen, die, wie der Raum als ganzes, den Eindruck vermittelten, als hätte der alte Lord seine bewahrende Hand über sie gehalten.

Tageslicht gab es nicht: keine Fenster.

Neben Conrad saß kerzengerade eine alte Dame, die unschwer als seine Tante Marjorie Binsham, die Initiatorin der Versammlung, auszumachen war. Vor vierzig Jahren, bei der Hochzeit meiner Mutter, hatte sie so grimmig in die Kamera gestarrt, als würde ein Lächeln ihr die Gesichtsmuskeln zerreißen, und auch in dieser Hinsicht hatte sich in all den Jahren anscheinend nichts geändert. Jetzt war sie weit über achtzig, und ihre säuberlich gewellten Haare waren weiß und ihr Verstand unvermindert scharf. Sie trug ein schwarz und rot gemustertes Kleid mit einem weißen Kragen wie ein Beffchen.

Zu meiner gelinden Überraschung betrachtete sie mich eher interessiert als mit grundsätzlicher Abneigung.

«Mrs. Binsham?«sagte ich vom anderen Tischende her.»Mrs. Marjorie Binsham?«

«Ja. «Das Wort kam knapp und trocken, lediglich als Bestätigung.

«Ich«, sagte der Mann, der sein Lächeln jetzt füglich im Zaum hielt,»bin Darlington Stratton, kurz Dart genannt. Mein Vater sitzt am Kopf des Tisches. Zu Ihrer Rechten meine Schwester Rebecca.«

«Das kannst du dir sparen!«fuhr ihn Keith von irgendwo hinter Conrad an.»Die Vorstellung ist überflüssig. Er geht.«

Mrs. Binsham sagte gebieterisch und in ihrem feinen Englisch:»Nun hör schon auf herumzuschleichen, Keith, und setz dich hin. Mr. Morris ist einwandfrei berechtigt, dieser Versammlung beizuwohnen. Finde dich damit ab. Da du ihn nicht hinausbefördern kannst, ignorier ihn halt.«

Mrs. Binsham hielt ihren Blick nicht auf Keith, sondern auf mich gerichtet. Unwillkürlich zuckten meine Lippen. Mich zu ignorieren war sicher das letzte, was irgendeinem hier gelingen würde.

Dart sagte mit ernstem Gesicht, den Schalk aber faustdick im Nacken:»Kennen Sie schon Hannah, Ihre Schwester?«

Die Frau zu Conrads Linker, gegenüber Mrs. Binsham, bebte vor Abscheu.»Er ist nicht mein Bruder.«

«Halbbruder«, verwies Marjorie Binsham wieder strikt auf die Tatsachen.»So unangenehm es dir sein mag, Hannah, du kannst es nicht ändern. Ignorier ihn halt.«

Hannah war es ebenso unmöglich wie Keith, diesen Rat zu befolgen. Zu meiner Erleichterung sah meine Halbschwester unserer gemeinsamen Mutter nicht ähnlich. Denn davor hatte ich Angst gehabt — daß Haß mir aus vertrauten Augen, aus dem Abbild eines geliebten Gesichts entgegenschlagen könnte. Sie kam mehr auf Keith hinaus: groß, blond, feingliedrig und im Augenblick zutiefst empört.

«Wie können Sie nur!«Sie bebte.»Haben Sie kein Ehrgefühl?«

«Ich habe Anteile«, hob ich hervor.

«Die Ihnen nicht zustehen«, sagte Keith scharf.»Wieso Vater die Madeline gegeben hat, werde ich nie begreifen.«

Ich sparte mir den Hinweis, daß er sich darüber völlig im klaren sein mußte. Lord Stratton hatte seiner Schwiegertochter Madeline Anteile übereignet, weil er wußte, weshalb sie fortging. Nach dem Tod meiner Mutter hatte ich unter ihren Papieren alte Briefe ihres Schwiegervaters gefunden, in denen er sein Bedauern und seine Wertschätzung ausdrückte, vor allem aber auch seine Bereitschaft, dafür zu sorgen, daß sie nach den Mißhandlungen, die sie erduldet hatte, nicht auch noch finanziell zu leiden brauchte. Nach außen hatte er sich zwar hinter seinen Sohn gestellt, aber unter der Hand,»für die Zukunft«, hatte sie nicht nur die Anteile von ihm bekommen, sondern außerdem eine Abfindung, von deren Zinsen sie gut leben konnte. Dafür hatte sie versprochen, über Keiths Verhalten niemals ein Wort zu verlieren und schon gar nicht den Namen der Familie in einen schmutzigen Scheidungskrieg hineinzuziehen. Der alte Herr schrieb, er habe Verständnis dafür, daß sie Hannah, das Ergebnis der» sexuellen Übergriffe «seines Sohnes, zurückweise. Er selbst werde für das Kind sorgen. Er wünschte meiner Mutter,»daß sich alles für Sie zum Besten wendet, meine Liebe«.

Keith hatte sich dann schließlich von meiner Mutter scheiden lassen — wegen Ehebruchs mit einem älteren Kinderbuchillustrator, Leyton Morris, meinem Vater. Die glückliche Ehe, die darauf folgte, hielt fünfzehn Jahre, und erst, als meine Mutter unheilbar an Krebs erkrankt war, sprach sie von den Strattons und erzählte halbe Nächte hindurch, was sie gelitten und wie sehr sie Lord Stratton gemocht hatte. Da erst erfuhr ich, daß meine Erziehung und Ausbildung, mein Architekturstudium, kurz, die Grundlagen meiner Existenz, mit Lord Strattons Geld finanziert worden waren.

Nach ihrem Tod hatte ich ihm aus Dankbarkeit geschrieben, und ich verwahrte noch immer seine Antwort.

Mein lieber junger Mann, ich war Ihrer Mutter herzlich zugetan. Sie haben ihr hoffentlich die Freude geschenkt, die sie verdient hat. Ich bedanke mich für Ihren Brief, doch schreiben Sie mir bitte nicht mehr.

Stratton

Ich schrieb ihm nicht mehr. Ich schickte Blumen zu seinem Begräbnis. Wäre er noch am Leben gewesen, hätte ich mich seiner Familie niemals aufgedrängt.

Nachdem ich jetzt Conrad und Keith, Marjorie Binsham und Conrads Kinder Dart und Rebecca kannte, blieben noch zwei namenlose Männer in der Runde übrig. Einer, ein Endfünfziger, saß zwischen Mrs. Binsham und dem von Keith verlassenen Platz, und ich konnte mir denken, wer er war.

«Verzeihen Sie«, sagte ich und beugte mich vor, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.»Sind Sie… Ivan?«

Der jüngste der drei Söhne des alten Lords, eher bullig wie Conrad als windschnittig wie Keith, sah mich nur scharf an und schwieg.

Dart sagte unbekümmert:»Mein Onkel Ivan, ganz recht. Und ihm gegenüber, das ist sein Sohn Forsyth, mein Cousin.«

«Dart!«erhob Keith heftig Einspruch.»Sei still!«

Dart blickte ihn ungerührt an und wirkte nicht eingeschüchtert. Ivans Sohn Forsyth, dachte ich, hatte am wenigsten auf mein Erscheinen reagiert. Das heißt, er nahm es weniger persönlich als die anderen, und wie sich nach und nach herausstellte, interessierte ich ihn als Hannahs bedauernswerter Stiefbruder kein bißchen, sondern lediglich als unbekannte Größe in Sachen Geschäftsbeteiligung.

Er war jung und schmächtig, hatte ein schmales Kinn, dunkle, stechende Augen und wurde von den anderen praktisch übergangen. Während der ganzen Sitzung fragte ihn nie jemand nach seiner Meinung, und wenn er sie trotzdem äußerte, fiel ihm Ivan, sein Vater, regelmäßig ins Wort. Forsyth selbst fand diese Behandlung anscheinend normal, und vielleicht kannte er es ja auch nicht anders.

Conrad fügte sich mürrisch in das Unvermeidliche und sagte mit schwerer Stimme:»Kommen wir zum Zweck der Versammlung. Ich habe sie einberufen.«

«Ich habe sie einberufen«, korrigierte seine Tante spitz.»Das ganze Gezänk ist absurd. Die Sache ist doch die, daß auf der Bahn hier seit fast neunzig Jahren Rennen veranstaltet werden und daß es so auch weitergeht, und damit hat es sich. Das Gekabbel muß aufhören.«

«Die Rennbahn geht doch vor die Hunde«, widersprach Rebecca gereizt.»Ihr habt ja keine Ahnung, worauf es in der heutigen Zeit ankommt. Tut mir leid, wenn dich das aufregt, Tante Marjorie, aber du und Großvater, ihr seid auf dem Stand von gestern klebengeblieben. Die Bahn braucht neue Tribünen und ein ganz neues Gesicht, und was sie weiß Gott nicht brauchen kann, ist ein konfuser alter Colonel als Verwalter und ein rückständiger Vereinssekretär, der Manschetten vorm Bahnarzt hat.«

«Der Arzt steht über ihm«, bemerkte Dart.

«Du hältst den Mund«, verlangte seine Schwester.»Du hast nie den Mumm gehabt, ein Rennen zu reiten. Ich bin schon auf den meisten englischen Bahnen gestartet, und die, die meinen Namen trägt, ist hoffnungslos veraltet, damit mache ich mich nur lächerlich, und das stinkt mir. Wenn ihr das nicht einseht, bin ich dafür, daß wir sie auf der Stelle an den Meistbietenden verhökern.«

«Rebecca!«Conrads Tadel klang müde, als hätte er die Ansichten seiner Tochter schon zu oft gehört.»Wir brauchen neue Tribünen. Da sind wir uns wohl alle einig. Ich habe auch schon Entwürfe in Auftrag gegeben.«

«Dazu hattest du kein Recht«, belehrte ihn Marjorie.»Hinausgeworfenes Geld. Die alte Tribüne ist stabil gebaut und erfüllt ihren Zweck vollkommen. Wir brauchen keine neue Tribüne. Ich bin absolut dagegen.«

Keith sagte schadenfroh:»Conrad läßt seit Wochen schon so einen Architekten hier herumspazieren. Seinen Architekten. Von uns ist ja keiner gefragt worden, und ich bin grundsätzlich gegen neue Tribünen.«

«Ha!«rief Rebecca aus.»Und weißt du auch, wo sich hier die Rennreiterinnen umziehen müssen? In einem schrankgroßen Kabuff auf dem Damenklo. Erbärmlich.«

«Kleine Ursache, große Wirkung«, murmelte Dart.

«Was soll das heißen?«wollte Rebecca wissen.

«Daß die Rennbahn«, erklärte ihr Bruder träge,»womöglich dem Feminismus zum Opfer fällt.«

Da sie nicht genau wußte, was er meinte, ignorierte sie ihn, statt ihm aufs Dach zu steigen.

«Wir sollten sofort verkaufen«, rief Keith, der noch immer umherlief.»Der Markt ist gut. Swindon wächst und gedeiht. Das Industriegebiet reicht schon bis ans Rennbahngelände heran. Verkaufen, sage ich. Ich habe auch schon bei einer Baugesellschaft vorgefühlt. Sie wollen sich die Sache mal ansehen und drüber nachdenken — «

«Du hast was?« hakte Conrad ein.»Und das hast du mit keinem abgesprochen. Wie kann man denn auf die Tour was verkaufen wollen? Du hast doch von Geschäftsgebaren keine Ahnung.«

Keith sagte beleidigt:»Ich weiß, daß man eine Ware, die verkauft werden soll, anbieten muß.«

«Nein«, sagte Conrad rundheraus, als wäre das Thema damit erledigt.»Wir verkaufen nicht.«

Keiths Ärger wuchs.»Für dich ist das ja gut und schön. Du erbst den Löwenanteil von Vaters Reinnachlaß. Das ist ungerecht. Es war schon immer ungerecht, daß der älteste Sohn beinah alles bekommt. Vater war hoffnungslos altmodisch. Du brauchst vielleicht kein Geld, aber wir werden alle nicht jünger, und ich bin dafür, uns die Moneten jetzt zu holen.«

«Später«, sagte Hannah eindringlich.»Nicht gleich. Verkaufen wir, wenn das Land knapper wird.«

Conrad bemerkte mit schwerer Stimme:»Deine Tochter, Keith, befürchtet, daß du dein Geld verschwendest, wenn du es dir jetzt holst, und daß sie dann nichts mehr erbt.«

Ein Schuß ins Schwarze, und man sah Hannah an, wie es sie ärgerte, daß ihre an sich verständlichen Motive so einfach offengelegt wurden.

«Und du, Ivan?«erkundigte sich seine Tante.»Immer noch zu allem unentschlossen?«

Ivan reagierte kaum auf den Kalauer, falls er ihn überhaupt als solchen wahrnahm. Er nickte betont bedächtig.»Abwarten und Teetrinken«, sagte er.»Das ist das Beste.«

«Warten, bis die Gelegenheit verpaßt ist«, erwiderte Rebecca schneidend.»So meinst du das doch, ja?«

«Warum bist du immer so bissig, Rebecca?«wehrte er sich.

«Geduld hat noch keinem geschadet.«

«Untätigkeit«, berichtigte sie ihn.»Keine Entscheidung zu treffen ist genauso schlimm wie die falsche zu treffen.«

«Quatsch«, sagte Ivan.

Forsyth setzte sich:»Haben wir schon an die Kapitalgewinnsteuer gedacht…«, aber Ivan unterbrach:»Es ist doch klar, daß wir die Entscheidung zurückstellen sollten, bis — «

«Bis der weiße Flieder wieder blüht«, sagte Rebecca.

«Rebecca!«wurde sie prompt von ihrer Großtante ermahnt.

«So, und jetzt laßt es mal genug sein, denn die einzige, die hier im Augenblick Entscheidungen treffen kann, bin ich, und ich habe den Eindruck, daß sich keiner von euch darüber im klaren ist.«

Ihren Gesichtern war anzusehen, daß sie es weder wußten noch hören wollten.

«Tante«, sagte Conrad,»du hast gerade mal zehn Anteile. Da kannst du keine einseitigen Entscheidungen treffen.«

«Und ob ich das kann«, trumpfte sie auf.»Was seid ihr bloß für Ignoranten. Ihr haltet euch für große Geschäftsmänner — ah, und Geschäftsfrauen, Rebecca —, aber keinem von euch scheint klar zu sein, daß in einer Firma Entscheidungen stets vom Vorstand, nicht von den Anteilseignern getroffen werden, und ich…«:, sie schaute sich um und genoß die ungeteilte Aufmerksamkeit der Runde,»ich bin gegenwärtig das einzige amtierende Vorstandsmitglied. Ich treffe die Entscheidungen.«

Damit brachte sie die Versammlung fast völlig zum Schweigen.

In die Stille hinein lachte Dart. Alle anderen blickten finster, vorwiegend auf ihn, denn es war ungefährlicher, das Haupt über den Enkel sohn zu schütteln, als sich mit dem Drachen anzulegen.

Die prächtige alte Dame nahm vier zusammengefaltete Bogen Papier aus einer teuren Lederhandtasche und schüttelte sie mit einer fast theatralischen Gebärde auseinander.

«Das ist ein Brief von den Stratton-Park-Anwälten«, sagte sie und setzte eine Lesebrille auf.»Die Einleitung erspare ich euch. Der Kern der Sache ist folgender. «Sie hielt inne, warf einen Blick auf ihre aufmerksamen, beunruhigten Zuhörer und las dann aus dem Brief vor.»Da zwei Vorstandsmitglieder genügen, war es völlig korrekt, daß der bisherige Vorstand nur aus Ihnen selbst und Lord Stratton bestand und daß er als Inhaber der weitaus meisten Anteile sämtliche Entscheidungen allein traf. Sollten Sie nach seinem Tod nun die Bildung eines neuen Vorstands mit mehr Mitgliedern erwägen, so können, aber müssen diese nicht zugleich Angehörige der Familie Stratton sein; auch außenstehende Personen, ob Anteilseigner oder nicht, sind wählbar. Wir empfehlen Ihnen daher, eine außerordentliche Hauptversammlung zur Wahl des neuen, erweiterten Vorstands der Stratton Park Rennbahn GmbH einzuberufen, und werden Ihnen dabei gern in jeder Beziehung behilflich sein.«

Marjorie Binsham blickte auf.»Die Anwälte waren bereit, die heutige Versammlung durchzuführen. Ich sagte ihnen, damit käme ich schon allein zurecht. Als einziges noch amtierendes Vorstandsmitglied stelle ich den Antrag, neue Mitglieder in den Vorstand zu wählen, und als Vorstandsmitglied unterstütze ich ebendiesen Antrag, und obwohl dies vielleicht nicht ganz das korrekte Verfahren ist, wird es seinen Zweck erfüllen.«

«Tante…«:, protestierte Conrad halbherzig.

«Da du, Conrad, jetzt das nominelle Oberhaupt der Familie bist, schlage ich vor, daß du sofort auch Vorstandsmitglied wirst. «Sie schaute auf den Brief.»Hier steht, daß ein Kandidat als gewählt gilt, wenn er mindestens fünfzig Prozent der bei einer Hauptversammlung abgegebenen Stimmen erhält. Bei uns hat jeder Anteil eine Stimme. Diesem Brief zufolge macht das, wenn ich und alle Erben der Familiengesellschaft anwesend sind, fünfundachtzig Stimmen — meine zehn und die fünfundsiebzig, die jetzt auf euch entfallen. «Sie schwieg und blickte den Tisch hinunter zu meinem Platz.»Mit Mr. Morris haben wir zwar nicht gerechnet, aber da er hier ist, kann er acht Stimmen abgeben.«

«Nein!«sagte Keith wütend.»Dazu hat er kein Recht.«

Marjorie Binsham blieb fest.»Er hat acht Stimmen. Die darf er abgeben. Daran kannst du nichts ändern.«

Ihre Entscheidung überraschte mich ebenso, wie sie die anderen verblüffte. Ich war zum Teil aus Neugierde hierhergekommen, vielleicht auch mit dem Hintergedanken, sie ein wenig zu ärgern, aber bestimmt nicht in der Absicht, sie derart aus dem Gleichgewicht zu bringen.

«Das ist doch unerhört«, schrie Hannah und sprang unwillkürlich auf wie ihr noch immer hin und her gehender Vater.

«Das laß ich mir nicht bieten!«

«Laut unseren Anwälten«, fuhr ihre Großtante fort, ohne den Ausbruch zu beachten,»hat, wenn er erst einmal gewählt ist, der Vorstand über die Zukunft der Rennbahn zu entscheiden.«

«Wählt mich in den Vorstand«, verlangte Rebecca.

«Du brauchst siebenundvierzig Stimmen«, murmelte Dart, der ein wenig gerechnet hatte.»Jeder Kandidat braucht mindestens siebenundvierzig Stimmen.«

«Ich schlage vor, daß wir als erstes Conrad wählen«, hakte Marjorie nach.»Meine zehn Stimmen hat er. «Sie schaute sich um, ob jemand wagte, ihr die Stirn zu bieten.

«Okay«, sagte Ivan,»Conrad, du hast meine einundzwanzig.«

«Ich darf wohl auch für mich selber stimmen«, sagte Conrad.»Und ich habe einundzwanzig. Das macht, äh, zweiundfünfzig.«

«Gewählt«, sagte Marjorie und nickte.»Von jetzt an kannst du die Versammlung leiten.«

Conrad gewann gleich wieder an Selbstvertrauen und warf sich buchstäblich in die Brust, um seine neue Rolle auszufüllen. Er sagte freundlich:»Dann sollten wir auch dafür stimmen, daß Marjorie im Vorstand bleibt. Nur recht und billig.«

Niemand stellte sich quer. Die Ehrenwerte Mrs. Binsham sah aus, als hätte sie jeden Abweichler zum Frühstück verspeist.

«Ich gehöre auch in den Vorstand«, machte Keith geltend.»Und auch ich habe einundzwanzig Stimmen. Die gebe ich mir.«

Conrad räusperte sich.»Ich schlage Keith als Vorstandsmitglied vor.«

Forsyth sagte schnell:»Das gibt doch nur Ärger.«

Conrad, der es nicht hörte oder aber geflissentlich überhörte, eilte weiter im Text.»Die einundzwanzig von Keith also und die von mir. Zweiundvierzig. Tante?«

Marjorie schüttelte den Kopf. Keith machte mit ausgestreckten Händen drei rasche Schritte auf sie zu, als wollte er sie angreifen. Sie verzog keine Miene und wich nicht zurück. Sie starrte ihn an, bis er wegschaute.

Kühl sagte sie:»Das ist genau der Grund, weshalb ich nicht für dich stimme, Keith. Du konntest dich noch nie beherrschen, und du hast nichts dazugelernt. Seht euch anderweitig um. Fragt Mr. Morris.«

Eine boshafte alte Dame, merkte ich. Keith bekam einen knallroten Kopf. Dart grinste.

Keith ging zu Ivan und stellte sich hinter ihn.»Bruder«, sagte er im Befehlston,»ich brauche deine einundzwanzig Stimmen.«

«Aber hör mal«, zauderte Ivan,»Tante Marjorie hat doch recht. Du würdest dich ständig mit Conrad anlegen. Es kämen überhaupt keine brauchbaren Beschlüsse zustande.«

«Du lehnst mich ab?« Keith konnte es kaum glauben.»Das wirst du bereuen, damit du’s weißt. Das wird dir leid tun.«

Das Gewalttätige in ihm war selbst für seine Tochter Hannah zu nah an die Oberfläche gekommen, die sich wieder auf ihren Platz hatte fallen lassen und jetzt unbehaglich sagte:»Pa, laß ihn doch. Du kannst meine drei Stimmen haben. Beruhige dich.«

«Das wären fünfundvierzig«, sagte Conrad.»Du brauchst noch zwei, Keith.«»Rebecca hat drei«, sagte Keith.

Rebecca schüttelte den Kopf.

«Also Forsyth«, sagte Keith wütend, zumindest aber nicht bettelnd.

Forsyth schaute auf seine Finger.

«Dart?« Keith bebte vor Zorn.

Dart warf einen Blick auf seinen schwitzenden Onkel und hatte Erbarmen mit ihm.

«Na schön«, meinte er, als ob nichts dabei wäre.»Meine drei.«

Ohne sonderliche Regung sagte Conrad in der Ruhe nach dem Sturm:»Keith ist gewählt.«

«Und der Fairneß halber«, sagte Dart,»schlage ich auch noch Ivan vor.«

«Wir brauchen keinen Vierervorstand«, sagte Keith.

«Da ich für dich gestimmt habe«, erklärte ihm Dart,»könntest du im Gegenzug so nett sein und für Ivan stimmen. Schließlich hat er einundzwanzig Anteile, genau wie du, und damit auch das gleiche Recht, Entscheidungen zu treffen. Also, Vater«, wandte er sich an Conrad,»ich schlage Ivan vor.«

Conrad bedachte den Vorschlag seines Sohnes und zuckte die Achseln — nicht aus Mißbilligung, nahm ich an, sondern weil er keine allzu hohe Meinung von der Intelligenz seines Bruders hatte.

«Also gut. Jemand dagegen?«

Alle schüttelten die Köpfe, Marjorie eingeschlossen.

«Mr. Morris?«fragte Conrad steif.

«Ich stimme für ihn.«

«Einstimmig gewählt«, sagte Conrad überrascht.»Sonst noch Kandidaten?«

Rebecca sagte:»Vier ist eine ungünstige Zahl. Es sollten fünf sein. Noch jemand von der jüngeren Generation.«

Sie schlug sich wieder selber vor. Niemand, nicht einmal Dart, ging darauf ein. Rebeccas schmales Gesicht war auf seine Art so gemein wie das von Keith. Keiner von den vier Enkeln gedachte einem anderen Macht zu verleihen. Die drei älteren Brüder wollten nichts von ihrer Macht abgeben. In einer Atmosphäre unterschwelliger Gehässigkeit und Bosheit wurden die drei Söhne des alten Lords und ihre langlebige Tante als neuer Vorstand eingesetzt.

Sie einigten sich ohne Schwierigkeiten auf Conrad als Vorstandsvorsitzenden (»Steuerwann«, vermerkte Rebecca.»Sei nicht albern«, sagte Keith), aber Marjorie hatte noch einen Schuß in petto.

«In dem Anwaltsbrief steht auch«, verkündete sie,»daß die Anteilseigner ein Vorstandsmitglied, mit dem sie unzufrieden sind, auf einer dazu einberufenen Versammlung abwählen können. Sie brauchen dafür einundfünfzig Prozent der Stimmen. «Sie starrte Keith aus kleinen, runden Augen an.»Sollten wir uns einmal von jemand trennen müssen, der sich als für den Vorstand ungeeignet erweist, werde ich Sorge tragen, daß Mr. Morris mit seinen acht Stimmen ausdrücklich zu der betreffenden Versammlung eingeladen wird.«

Hannah war ebenso vor den Kopf gestoßen wie Keith, aber der wirkte nicht nur erbost, sondern geradezu baff, als hätte er die schroff ablehnende Haltung seiner Tante nie für möglich gehalten. Mir wiederum war es nicht in den Sinn gekommen, daß sie statt meiner Hinrichtung meine Anwesenheit fordern könnte. Ich gewann den Eindruck, als wäre Marjorie jedes Mittel recht, um ihre Ziele zu erreichen: eine durch und durch praktisch eingestellte Frau.

Dart sagte scheinheilig:»Steht in unserer Geschäftsordnung nicht irgendwo, daß die Vorstandssitzungen allen zugänglich sind? Ich meine, daß alle Anteilseigner teilnehmen dürfen?«

«Unsinn«, sagte Keith.

Forsyth sagte:»Teilnehmen, aber nicht mitreden. Nur, wenn man sie darum ersucht.«

Ivans Stimme übertönte die seines Sohnes:»Wir müssen uns die Bestimmungen wohl noch mal ansehen.«

«Hab ich schon«, sagte Forsyth. Niemand beachtete ihn.

«Bis jetzt hat das nie eine Rolle gespielt«, bemerkte Conrad.

«Die einzigen Anteilseigner außer Vater und Tante Marjorie waren Mr. Morris — und vor ihm natürlich Madeline — und, äh… Mrs. Perdita Faulds.«

«Und wer ist Mrs. Perdita Faulds?«fragte Rebecca scharf. Niemand antwortete. Wenn sie es wußten, wollten sie es nicht sagen.

«Wissen Sie, wer Mrs. Perdita Faulds ist?«wandte Dart sich an mich.

Ich schüttelte den Kopf.»Nein.«

«Im Notfall finden wir sie schon«, erklärte Marjorie und ließ es unheildrohend klingen.»Hoffen wir, daß es auch so geht. «Ihr böser Blick strich warnend über Keith hin.»Wenn wir ein Vorstandsmitglied entfernen müssen, finden wir sie.«

Auf der kurzen Liste der Anteilseigner, die Roger mir gezeigt hatte, war als Adresse von Mrs. Faulds nur eine Anwaltsfirma angegeben. Nachrichten für die Dame wurden sicher routinemäßig weitergeleitet, aber sie selbst ausfindig zu machen konnte schon kniffliger sein. Vielleicht ein Fall für einen professionellen Spürhund. Den Marjorie wohl ohne Zögern engagieren würde, wenn es ihr in den Kram paßte.

Und da Marjorie überzeugt war, daß die geheimnisvolle Mrs. Faulds in ihrem Sinn stimmen würde, mußte zumindest Marjorie auch wissen, wer Mrs. Faulds war. Mich ging es eigentlich nichts an, dachte ich.

Conrad als Leiter der Versammlung nahm ostentativ die Zügel in die Hand und sagte:»So, da wir nun einen Vorstand haben, können wir vielleicht schon ein paar klare Entscheidungen treffen. Das müssen wir sogar. Kommenden Montag findet hier wieder eine Rennveranstaltung statt, und wir können nicht verlangen, daß Marjorie ewig für alles verantwortlich zeichnet. Vater hat viele Sachen gemacht, von denen wir keine Ahnung haben. Wir müssen einfach sehr schnell lernen.«

«Als erstes gehören der Colonel und der blöde Oliver an die Luft gesetzt«, sagte Rebecca.

Conrad warf seiner Tochter nur einen Blick zu und wandte sich an die anderen.»Der Colonel und Oliver sind zur Zeit die einzigen, die den Laden in Gang halten können. Wir sind auf ihre Erfahrung angewiesen, ja wären aufgeschmissen ohne sie, und ich gedenke sie weiterhin in allen Sachfragen zu Rate zu ziehen.«

Rebecca schmollte. Marjories Mißbilligung entwickelte kräftige Ausleger in ihre Richtung, wie eine wuchernde Erdbeere.

«Ich stelle den Antrag«, sagte Ivan überraschend,»daß wir den Rennbetrieb weiterführen wie bisher, mit Roger und Oliver in unveränderter Funktion.«

«Unterstützt«, sagte Marjorie knapp.

Keith blickte finster. Conrad ignorierte ihn und notierte etwas auf einem vor ihm liegenden Block.»Der erste Beschluß des Vorstands lautet, vorläufig unverändert weiterzumachen. «Er schürzte die Lippen.»Vielleicht wäre es gut, wenn wir eine protokollführende Schreibkraft hätten.«

«Sie könnten Rogers Sekretärin nehmen«, schlug ich vor.

«Nein!«Rebecca stürzte sich darauf.»Alles, was wir sagen, ginge sofort an den verdammten Roger weiter. Und Sie hat keiner nach Ihrer Meinung gefragt. Sie sind ein Außenstehender.«

Dart deklamierte feierlich:»O hätten wir die Gabe, uns mit den Augen anderer zu sehen, wir ließen ab von manchen Tölpeleien und verblasenen Ideen.«

«Was?« fragte Rebecca.

«Robert Burns«, sagte Dart.»>An eine Lause.«:

Ich unterdrückte jeden Ansatz eines Lachens. Sonst war offenbar niemand belustigt.

Ich sagte freundlich zu Rebecca:»Sie könnten den Umkleideraum für die Reiterinnen verlegen.«

«Ach ja?«Sie war sarkastisch.»Wohin denn?«

«Das zeige ich Ihnen. Und«, ich wandte mich an Conrad,»Sie könnten den Umsatz in den Bars verdoppeln.«

«Ei der Daus«, ulkte Dart,»was haben wir denn jetzt?«

Ich fragte Conrad:»Liegen schon Detailpläne für die neuen Tribünen vor?«

«Wir bauen keine neue Tribüne!«Marjorie war eisern.

«Wir müssen«, sagte Conrad.»Wir verkaufen das Land«, beharrte Keith.

Ivan zauderte.

«Neue Tribünen«, sagte Rebecca.»Neue Geschäftsleitung. Alles neu. Oder verkaufen.«

«Verkaufen, aber später«, wiederholte Hannah starrsinnig.

«Genau«, nickte Forsyth.

«Nicht solang ich lebe«, sagte Marjorie.

Загрузка...