Kasperl und Seppel schlugen dem Oberwachtmeister vor, ihm die zweite Uniform aus der Wohnung zu holen – doch leider stellte es sich heraus, dass Herr Dimpfelmoser die zweite Uniform gestern früh in die Reinigungsanstalt gebracht hatte; und dort war ihm gesagt worden, er bekomme sie frühestens nächsten Mittwoch zurück, vielleicht auch erst Donnerstag oder Freitag.
„Schön", sagte Kasperl, „es muss ja nicht ausgerechnet die Uniform sein. Sie haben gewiss noch andere Anzüge."
„Eben nicht!", stöhnte der Herr Oberwachtmeister und gestand ihnen, dass er keinen anderen Anzug im Schrank habe, nicht einmal eine einzelne Hose. „Denn", sagte er, „wie ihr wisst, bin ich immer im Dienst und im Dienst trägt man Uniform."
Da war guter Rat teuer.
„Wissen Sie was?", meinte Kasperl nach einigem Grübeln. „Wir bringen Sie erst mal zu uns nach Hause, dort sind Sie am besten aufgehoben. Großmutter hat gewiss nichts dagegen – oder?"
Großmutter war mit allem einverstanden.
Kasperl und Seppel liehen sich bei der Gemüsefrau an der Ecke den Handwagen und ein leeres Gurkenfass. Es war nicht ganz einfach, Herrn Dimpfelmoser dazu zu bringen, dass er ins Fass stieg und sich darin nach Hause befördern ließ.
„Bin ich vielleicht eine saure Gurke?", schimpfte er. „Amtspersonen haben in einem solchen Fass nichts verloren!"
Zuletzt stieg er aber doch hinein, was wäre ihm denn auch anderes übrig geblieben? Kasperl und Seppel hoben den hölzernen Deckel aufs Gurkenfass, spannten sich vor den Handwagen und wollten losfahren.
„Wartet!", rief Großmutter. „Nicht so rasch, erst muss ich das Spritzenhaus abschließen! Hotzenplotz bringt es fertig und stiehlt uns auch noch das Feuerwehrauto, wenn wir nicht aufpassen!"
„Aber er hat doch den anderen Schlüssel – den von Herrn Dimpfelmoser! Damit kann er sowieso ins Spritzenhaus!"
„Trotzdem!", erwiderte Großmutter. „Ordnung muss sein, da hilft alles nichts!"
Kasperl und Seppel warteten, bis sie das Spritzenhaus zugesperrt hatte. Dann setzten sie sich mit dem Handwagen in Bewegung. Großmutter lief hinterdrein und schob. Die Leute, denen sie unterwegs begegneten, mussten den Eindruck haben, die drei hätten auf dem Gemüsemarkt ein Fass Gurken gekauft und schafften es nun nach Hause. Wären sie nahe genug herangekommen, so hätten sie freilich gehört, dass im Gurkenfass jemand saß, der unaufhörlich mit dumpfer Stimme vor sich hin schimpfte:
„O verflucht, ist das eine Luft hier drin! Ich werde mein
Lebtag nach sauren Gurken stinken, fürchte ich. Und so eng ist es hier! Ich bin nur noch ein einziger blauer Fleck. Au, meine Nase! O weh, meine linke Schulter! Ihr glaubt wohl, ich habe Gummiknochen und einen Wattekopf?"
Je länger die Fahrt dauerte, desto weniger wohl fühlte sich der Herr Oberwachtmeister im Gurkenfass; und je weniger wohl er sich fühlte, desto lauter schimpfte er.
Ein paarmal versuchte Großmutter ihm gut zuzureden.
„Still doch, Herr Oberwachtmeister, still doch! Was sollen die Leute denken?"
Als dies alles nichts half, stimmten Kasperl und Seppel ein Lied an:
„Hotte hotte hüh,
Klöße in der Brüh!
Willst du mit der Kutsche fahren,
darfst du nicht an Butter sparen,
spät und in der Frü-hü-hüüüh:
Hotte hotte hüh!"
Großmutter sang aus voller Kehle mit und es gelang ihnen, wenn auch mit einiger Mühe, Herrn Dimpfelmoser zu übertönen.