Sigeric bemühte sich, in dem Tumult, der auf diese Nachricht folgte, Ordnung zu schaffen, doch das Chaos verschlimmerte sich noch, als Garb von seinem Platz aufsprang und schrie: »Das Biest will fliehen! Aber so leicht entkommt er seiner Verantwortung nicht!« Mit mehreren seiner Krieger stürmte er aus der Kapelle und ließ Sigerics Rufe, er solle dableiben, unbeachtet. Hinter ihm liefen Mönche und Krieger aufgeregt durcheinander.
Eadulf spürte, wie verärgert Fidelma war. Sie konnte ihren Zorn über diese Wendung der Dinge kaum verbergen. Die Versammlung geriet gänzlich außer Kontrolle. Sigeric gab seine Bemühungen auf. Gefolgt von Fidelma und Eadulf, eilte er zu dem Mönch, der an der Tür der Kapelle stand.
»Was ist passiert?« rief ihn Sigeric laut an und versuchte sich durch den Lärm Gehör zu verschaffen. Der Mönch flatterte hilflos mit den Händen.
»Es ist nicht meine Schuld, Lord ...«
»Was ist geschehen?« donnerte Sigeric mit einer Stimme, die ringsum widerhallte.
»Ich wurde überlistet«, beklagte sich der Mönch in jammerndem Ton. »Ich dachte, Abt Cild wäre eingeschlafen, und nutzte die Gelegenheit, zum defaecato-rium zu gehen, aber als ich zurückkam, war er fort. Ich rannte zum Tor und sah ihn auf der Straße wegreiten.«
»Bei Thunors Wunden!« rief Sigeric. »Jetzt wird er schon ein ganzes Stück weit sein. In welche Richtung ist er geritten?«
»Auf Hob’s Mire zu.«
Sie stürmten hinaus auf den Haupthof der Abtei und sahen, wie eine Gruppe irischer Krieger mit Garb an der Spitze auf ihren Pferden aus dem Hof herausgaloppierten.
Sigeric wandte sich zu Werferth um, der an seiner Seite geblieben war.
»Setz ihnen nach«, befahl er. »Sorge dafür, daß sie dem Abt keinen Schaden zufügen, wenn sie ihn wieder einfangen.«
Gadra, der mit Bruder Laisre unbemerkt zu ihnen getreten war, sagte leise: »Mein Sohn wird Cild nichts tun. Er unterliegt den Beschränkungen des troscud. Jetzt ist es nicht erlaubt, den Abt zu verletzen. Schwester Fidelma, erklär dem Sachsen, daß es stimmt, was ich sage.«
»Gadra hat recht«, antwortete sie sofort. »Sobald das troscud verkündet ist, darf keine Seite der anderen einen Schaden zufügen, bis es zur Schiedsverhandlung kommt.«
Werferth war schon unterwegs und jagte zum Tor der Abtei hinaus, den anderen nach.
Fidelma schüttelte enttäuscht den Kopf.
»Das ist höchst ärgerlich«, murmelte sie.
Sigeric war derselben Meinung.
»Wenn ich mich recht erinnere, warst du im Begriff, einen der Brüder hier zu beschuldigen ...«
»Bruder Higbald, den Apotheker«, warf Eadulf aufgeregt ein. »Er war mit Lioba an einer Verschwörung beteiligt.«
Mit erschrockener Miene eilte Fidelma in die Kapelle zurück, und die anderen folgten ihr. Wie sie befürchtet hatte, war von Higbald nichts zu sehen, auch nicht von Beornwulf und einem halben Dutzend anderer junger Mönche. Sie stampfte mit dem Fuß auf und wandte sich rasch an Sigeric.
»Wie viele Krieger hast du noch hier, auf die du dich verlassen kannst?«
Sigeric war überrascht.
»Werferth ist gerade fort, hinter den Iren her. Ich habe noch drei Mann und den Kutscher, aber der ist kein Krieger. Was gibt es für eine Gefahr, gegen die du Krieger brauchst?«
Sie überhörte die Frage und wandte sich an Gadra.
»Und du? Wie viele Krieger hast du?«
»Zwei Mann, meine Leibwache. Die übrigen hat mein Sohn mitgenommen. Was beunruhigt dich, Schwester Fidelma?«
»Higbald«, erwiderte Fidelma. »Er wird uns alle beunruhigen. Er ist ein Krieger aus Mercia, und mindestens sechs der jungen Männer, die bei ihm waren, sind es auch, darunter Beornwulf.«
Sigeric war verwirrt.
»Das verstehe ich nicht. Was tun Krieger aus Mercia hier in dieser Abtei?«
Fidelma preßte kurz die Lippen zusammen.
»Das ist leicht zu erklären. Euer Nachbar, Wulfhere von Mercia, versucht, seinem Königreich wieder zu größerer Macht zu verhelfen. Er schickte Higbald mit einigen seiner Krieger her, weil er von den Zwistigkeiten zwischen Cild und Aldhere erfahren hatte. Hig-bald hatte den Auftrag, zu Gewalttaten anzustacheln und die Spannungen zu erhöhen, so daß König Eald-wulf mit Heeresmacht eingreifen muß .«
»Genau das hat er auch vor«, bestätigte Sigeric. »Deshalb wurde ich hergesandt, um Botulfs Wunsch zu entsprechen und Cild und Aldhere zu warnen, sie sollten ihre Gewalttaten einstellen, sonst würde Eald-wulf ihnen ein Ende setzen.«
»Higbald und seine Leute kamen in die Abtei unter dem Vorwand, sie wären Mönche. Es war eine gute Tarnung, und die Abtei eignete sich hervorragend als Basis, von der aus sie Unruhe verbreiten konnten. Da es eine alte Festung ist, konnten sie ihre Waffen in einem der ungenutzten Räume unter der Abtei verbergen. Es gibt dort verschiedene Räume und Gänge. Bo-tulf hatte das entdeckt, wurde aber von Higbald oder einem seiner Männer erschlagen, bevor er davon Nachricht geben konnte. Seine Leiche fand man draußen vor der Tür zur Krypta.«
Sigeric konnte ihr immer noch nicht ganz folgen.
»Meinst du, daß Botulf euch deshalb zur Abtei bestellt hat?«
»Seine Entdeckung der geheimen Waffenkammer Higbalds geschah zufällig«, erklärte Fidelma. »Er hatte Eadulf einfach wegen des troscud hergerufen.«
»Als du vorhin im Begriff warst, Higbald der Verschwörung mit Lioba zu beschuldigen, sollte deine Anklage darauf hinauslaufen?« fragte Sigeric.
»Ich hoffte, Higbald dahin zu bringen, daß er die Verschwörung zugab«, räumte Fidelma ein. »Der Beweis ist wohl in seiner Flucht zu sehen. Als vor zwei Tagen mehrere von Aldheres Männern getötet wurden, brachte man Gegenstände bei den Leichen an, die zeigen sollten, daß Mönche der Abtei für die Tat verantwortlich wären. Higbald hatte auch mehrere Überfälle in der Umgebung verübt, bei denen er jedesmal Beweisstücke hinterließ, die entweder Cild und seine Leute oder Aldhere und seine Leute belasteten. Als seine letzte Handlung, die König Ealdwulf endgültig dazu veranlassen sollte, mit einer kleinen Streitmacht herzukommen und Aldhere anzugreifen, plante Hig-bald, Abt Cild und einige seiner Mönche umzubringen. Er lockte sie mit einer Botschaft zu einem Ort in der Nähe, wo er im Hinterhalt liegen wollte. Doch wie das Schicksal es wollte, glaubte Abt Cild den Geist seiner Frau über dem Moor zu sehen und flüchtete, bevor Higbald eintraf. Als dieser ankam, war Lioba bei ihm.«
»Woher weißt du das?« fragte Sigeric.
»Weil wir dort versteckt lagen und es beobachteten.«
»Und welchem Zweck dienten alle diese Mordtaten?«
»Sie sollten dafür sorgen, daß sich die Leute ständig gegenseitig an die Kehle gingen. Vor allem, wie ich schon sagte, sollten sie König Ealdwulf mit einer klei-nen Streitmacht hierher locken, die groß genug wäre, Aldhere anzugreifen, aber nicht ausreichend, um einem Angriff aus dem Hinterhalt standzuhalten, zu dem Wulfheres Hauptmacht aus Mercia anrücken würde. So wäre König Ealdwulf getötet worden, und Mercia hätte dieses Königreich geschluckt.«
»Das wirst du beweisen müssen«, meinte Sigeric ernst.
»Das werde ich. Doch jetzt holen Higbald und seine Männer ihre Waffen, und es könnte gefährlich für uns werden.«
Nun war Sigeric klar, weshalb sich Fidelma um die Anzahl der Krieger sorgte, auf die sie zählen konnten. Rasch schaute er Gadra an.
»Gadra, werden mir deine Männer helfen, diesen Platz gegen Higbald zu verteidigen?«
Der alte Fürst schüttelte den Kopf, als ihm Bruder Laisre die Frage übersetzt hatte. Seine Miene blieb unnachgiebig.
»Dieser Streit mit Mercia geht mich nichts an. Ich liege nur mit Abt Cild im Streit.«
Sigerics Gesicht zog sich in die Länge.
»Ich halte zu euch!« rief der Bauer Mul, der eine gefährlich aussehende Sichel schwang.
»Mich habt ihr nicht gefragt«, schaltete sich Aldhe-re ein, der in der Nähe stand. »Ich habe ein halbes Dutzend Männer bei mir. Wenn es Higbald war, der neulich Wiglaf und meine Männer umbrachte, habe ich eine Rechnung mit ihm offen, die mit Blut zu bezahlen ist.«
»Ich kann keine Geächteten einsetzen . «, wandte Sigeric ein.
»Jetzt ist nicht die Zeit für Spitzfindigkeiten, Sige-ric«, entgegnete Fidelma entschieden. »Wir müssen Higbald finden, bevor er uns findet.«
Der Alte zögerte einen Moment, dann zuckte er die Achseln. »Not bricht Eisen, wenn der Teufel dazu treibt«, murmelte er. »Wir durchsuchen die Abtei. Wo fangen wir an?«
»Mit der Kammer, in der sie ihre Waffen versteckt hatten«, schlug Eadulf sofort vor. »Sicher sind sie dorthin, um sich zu rüsten.«
Gadra und seine Gefolgsleute sowie die restlichen Mönche blieben in der Kapelle. Fidelma und Eadulf gingen voran zum Gästezimmer und durch den unterirdischen Gang. Ihnen war klar, daß es auch einen Zugang von der Krypta her geben mußte, doch möglicherweise hatte Higbald auf diesem direkten Weg einen Hinterhalt für sie gelegt. Vorsichtig bewegten sie sich durch die Gänge, und Sigeric und seine Männer und Aldhere mit einigen seiner Krieger folgten ihnen auf dem Fuße. Die Kammer war erleuchtet, aber leer. Offensichtlich waren Higbald und seine Leute dagewesen und hatten soviel Ausrüstung mitgenommen, wie sie brauchten. Einige Stücke lagen noch verstreut auf dem Boden. Eadulf wies Sigeric auf die Abzeichen aus Mercia hin.
»Gehen sie zurück, um die Abtei anzugreifen?« fragte Aldhere.
»Ich glaube nicht, jedenfalls noch nicht«, antwortete Fidelma. »Higbald hat nur etwa ein halbes Dutzend Männer, und er weiß wahrscheinlich nicht, auf wie viele wir zählen können. Ich meine, er wird sich zurückziehen und seine nächsten Schritte überlegen.«
Aldhere lachte grimmig.
»Dann werde ich ihn verfolgen. Er wird nicht weit kommen.«
Fidelma überraschte ihn damit, daß sie entschieden den Kopf schüttelte.
»Noch nicht, Aldhere. Damit könnte er rechnen und sich in den Hinterhalt legen. Nach dem, was ich gesehen habe, befinden sich unter seinen Männern gute Bogenschützen. Wiglaf hat das zu seinem Schaden erfahren. Wir müssen uns schützen, mehr nicht. Außerdem sind wir noch mitten dabei, die Geschichte der Geheimnisse in Aldreds Abtei zum Abschluß zu bringen. Wenn wir uns gegen einen Überraschungsangriff sichern, können wir die Verhandlung in der Kapelle fortsetzen.«
Der Geächtete zuckte lässig die Achseln.
»Wie du meinst, Schwester. Je eher diese Posse beendet wird, desto besser. Nach dem, was Sigeric schon gesagt hat, bringt sie für mich sowieso nichts Gutes. Ich gelte als schuldig, ganz gleich, wie das hier ausgeht.«
Sigeric reagierte nicht auf diese Spitze. Schweigend gingen sie zurück zum Haupthof der Abtei. Als sie ihn erreicht hatten, ritten gerade Garb und seine Männer mit Werferth zum Tor herein. Sie machten finstere Gesichter. Von Abt Cild war nichts zu sehen, nur ein lediges Pferd führten sie mit.
Garb wandte sich direkt an Fidelma.
»Der Abt ist tot«, sagte er tonlos.
Als Fidelma das übersetzte, gab Aldhere einen seltsamen Laut von sich, wie ein kurzes Bellen. Doch weiter sprach er nichts.
»Was ist geschehen?« fragte Sigeric drohend. »Hat einer deiner Leute Hand an ihn gelegt? Ich dachte, du hättest gesagt, so etwas dürfte nach eurem Gesetz nicht sein?«
»Meine Männer haben nicht Hand an ihn gelegt«, entgegnete Garb heftig.
Werferth war abgestiegen und bestätigte das.
»Lord Sigeric«, berichtete er, »wir ritten dem Abt nach, der dem Moorland hier in der Nähe zustrebte. Wir hatten keine Möglichkeit, ihn einzuholen. Er kam an das Moor, sprang vom Pferd und stürzte sich in einen Sumpf.« Er zuckte die Achseln. »Bis wir die Stelle erreichten, war er schon versunken. Wir konnten nichts mehr tun.«
Sigeric entrang sich ein langer, schwerer Seufzer.
»Dann starb Abt Cild durch eigene Hand?«
»Er ist im Sumpf untergegangen, Lord. Kein anderer Mensch hat mit seinem Tod etwas zu tun.«
»Genau so, wie Gelgeis ihr Ende fand«, sagte Garb. »Er ist ihr in den tückischen Morast des Moorlandes gefolgt.«
»Hob’s Mire. Ein gerechtes Ende. Ein gerechtes Ende.« Das war die traurige Stimme des dominus Bruder Willibrod, der unbemerkt zu ihnen getreten war.
»Ein viel zu leichtes Ende für einen Mörder«, erwiderte Garb. »Ich werde es meinem Vater berichten.«
Er drehte sich um und schritt in die Kapelle, von seinen Gefährten gefolgt.
Fidelma wandte sich an Werferth.
»Bist du sicher, daß Cild im Moor sein Ende gefunden hat? Besteht keine Möglichkeit, daß er aus diesem Sumpf entkommen ist?«
Der Krieger sah Sigeric unsicher an, als warte er auf Erlaubnis, ihr zu antworten. Dann sagte er: »Das kann ich beschwören. Ich habe es gesehen. Man konnte nichts mehr tun. Ich sah, wie er in den Sumpf sprang, und als der Ausländer und ich die Stelle erreichten, kamen nur noch Blasen an die Oberfläche.«
»Nun gut«, sagte Sigeric. »Du bist ein guter Spurenleser, Werferth. Die Männer bleiben hier, doch sieh du zu, ob du die Spuren von einem halben Dutzend Reitern verfolgen kannst, die vor kurzem von hier aufgebrochen sind. Du müßtest die Spur an der Rückseite der Abtei aufnehmen können. Es sind Krieger aus Mercia. Higbald führt sie an. Ich möchte wissen, wo sie sind oder in welche Richtung sie sich bewegen. Sei aber äußerst vorsichtig. Sie könnten im Hinterhalt liegen oder einen Angriff auf die Abtei planen.«
Wenn Werferth von diesem Befehl überrascht war, dann zeigte er es nicht. Er ging sofort zu seinem Pferd und ritt durch das Tor der Abtei hinaus.
Aldhere stand mit einem gezwungenen Lächeln daneben. Er schien sich von der Nachricht vom Selbstmord seines Bruders schnell erholt zu haben.
»Also hat Cild ein gerechtes Ende gefunden, wie?
In diesem Fall besteht keine Notwendigkeit für mich und meine Männer, noch länger zu bleiben.«
Fidelma sah ihn kühl an. »Im Gegenteil, wie ich schon sagte, es ist sehr notwendig. Wir müssen noch das Geheimnis lüften. Bitte komm mit zurück in die Kapelle.«
Er zuckte die Achseln, widersprach aber nicht.
Fidelma, Eadulf und Sigeric folgten ihm langsam.
»Endet mit Cilds Tod auch Gadras Drohung mit dem troscud?« fragte Eadulf.
»Nein. Aber die Wahrheit muß ans Licht, auch wenn sie ihm nicht gefällt«, antwortete Fidelma rätselhaft.
Sie betraten die Kapelle und nahmen wieder ihre Plätze ein. Unter den Versammelten herrschte eine Unruhe, die es vorher nicht gegeben hatte. Gadra und seine Gefolgsleute redeten untereinander.
»Gadra!« rief Fidelma, und das Murmeln hörte auf. »Du hast gehört, daß Abt Cild sich selbst das Leben genommen hat, indem er sich in seinem Wahn in den Sumpf stürzte. Sagst du nun das troscud ab?«
Gadra stand auf. »Ich begrüße das zwar als das gerechte und wohlverdiente Ende eines unedlen und bösen Lebens, aber das gibt mir nicht meine Tochter zurück. Ich sagte bereits, wenn Cild mir nicht den Sühnepreis für sie zahlen kann, dann ist seine Familie, in diesem Falle die Abtei, dazu verpflichtet. Das troscud gebe ich nicht auf, bis ich für den Verlust meiner Tochter entschädigt bin.«
Fidelma seufzte leise.
»Du bist ein strenger Mann, Gadra.«
»Ich bin Gadra von den Ui Briüin, Fürst von Maigh Eo!« erwiderte er mit Würde.
»So sei es denn.« Fidelma hielt inne. »Ich sagte zu Anfang, daß ich den Fall Schritt für Schritt aufrollen würde. Lord Sigeric, gehst du uns bitte voran in die Krypta, wo der Leichnam des von Abt Cild erstochenen Mädchens aufgebahrt ist?«
Der Alte erhob sich mit ratloser Miene. Er hatte längst die Hoffnung aufgegeben, Fidelmas Beweisführung vorausschauen zu können.
»Gadra und Garb - ich möchte, daß ihr beide mit uns kommt. Auch dich, Bruder Willibrod, und dich, Bruder Redwald, brauche ich dabei. Ihr alle habt Gelgeis und das Mädchen namens Lioba gekannt.«
Eadulf hatte darauf zu achten, daß während ihrer Abwesenheit niemand die Kapelle verließ.
In düsterer Prozession wanderten sie die kurze Treppe hinunter in die Krypta. Auf einem Steintisch lag der Leichnam des Mädchens für die Beisetzung aufgebahrt.
Gadra und Garb stutzten überrascht, als sie das rote Haar und die schlanke, bleiche Gestalt der Toten sahen.
»Beim ...«, setzte Gadra an und trat rasch vor, doch dann seufzte er und schüttelte den Kopf. »Es besteht eine oberflächliche Ähnlichkeit, Fidelma, doch du irrst dich, wenn du glaubst, das wäre meine Tochter. Ich weiß nicht, wer dieses arme Mädchen war, aber ich weiß, daß es nicht Gelgeis ist.«
Auf Fidelmas unerbittliches Drängen hin trat Bruder Redwald heran, beugte sich vor und lief rot an.
»Nun?« forschte sie. »Was hast du zu sagen?«
Der junge Mann schaute ängstlich drein.
»Im Schatten hätte ich geschworen ... Sie sieht ihr so ähnlich. Vielleicht habe ich mir die Ähnlichkeit eingebildet, als sie sich im Zimmer über dich beugte.«
»Aber dies ist nicht Gelgeis, so wie du sie in Erinnerung hast?«
Der junge Mann schüttelte den Kopf.
Fidelma wandte sich zu Bruder Willibrod um.
»Doch du kannst bestätigen, daß es Lioba ist, nicht wahr?«
Bruder Willibrod bemühte sich nach Kräften, seine Miene zu beherrschen und das Zittern seiner Lippen zu unterdrücken. Er nickte. Dann stieß er einen langen Seufzer aus.
»Das ist Lioba. Es war nie eine Frage, daß es Gelgeis sein könnte. Ich habe Lioba geliebt. Jetzt laß uns von hier fortgehen, und ich sage dir alles, was du wissen willst.«
Als sie in die Kapelle zurückgekehrt waren, übernahm Fidelma die Erklärung.
»Die Tote ist nicht Gelgeis, sondern ein Mädchen aus dieser Gegend namens Lioba, das eine oberflächliche Ähnlichkeit mit Gelgeis besitzt«, verkündete sie. Sie wandte sich an Bruder Willibrod. »Bestätigst du das?«
Er stand mit gesenktem Kopf da, während sich alle wieder auf ihre Plätze setzten.
»Mehrere Mitglieder der Abtei kannten Lioba. Sie war die Tochter eines Bauern oben in den Bergen hinter der Abtei, und ihre Mutter war eine Sklavin, die bei einem Überfall an der Küste von Eireann gefangengenommen wurde.«
»Sprach sie beide Sprachen?« erkundigte sich Eadulf.
»Irisch ebenso wie Sächsisch?«
Bruder Willibrod nickte.
»Und du warst ihr Liebhaber? Du hast das Gebot des Zölibats, das Abt Cild durchsetzen wollte, mißachtet?«
Wieder senkte der dominus den Kopf und nickte.
»Wie oft kam Lioba in die Abtei?« setzte Eadulf auf ein Zeichen Fidelmas hin die Befragung fort.
»In die Abtei?« Bruder Willibrod zuckte die Achseln. »Ab und zu. Nicht oft. Doch ich traf mich mit ihr in der Hütte ihres Vaters, ein Stück weit von hier im Wald.«
»Denk über diese Frage gut nach, Bruder Willi-brod«, ermahnte ihn Eadulf. »Beantworte sie mit dem Verstand und nicht mit dem Gefühl, denn ich weiß, du hattest starke Gefühle für das arme Mädchen.«
Willibrods Augen funkelten einen Moment.
»Die hatte ich«, murmelte er.
»Worüber hast du mit Lioba gesprochen? Interessierte sie sich für das, was in der Abtei geschah? Interessierte sie sich noch für jemanden hier?«
»Was willst du damit sagen?« schrie Bruder Willi-brod in plötzlich ausbrechendem Zorn.
»Was ich sagen will«, antwortete Eadulf ruhig, »ist, daß manche Leute meinten, Lioba habe ihre Gunst nicht nur den Brüdern, sondern auch Aldheres Männern verkauft.«
»Das ist eine Lüge! Eine Lüge!« schrie der dominus erbost. »Sie liebte mich. Es stimmt, ich machte ihr kleine Geschenke. Sie stand allein da. Sie mußte sich irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienen, aber du unterstellst, sie wäre eine ... Sie wäre eine ...« Seine Stimme versagte, er schluchzte empört.
Eadulf ließ sich nicht beirren.
»Komm, Bruder Willibrod. Stimmt es nicht, daß Lioba dir viele Fragen nach den Vorgängen in der Abtei stellte?«
Als er keine Antwort erhielt, wandte sich Eadulf plötzlich an Aldhere.
»Du hast anscheinend ein ganz anderes Bild von Lioba als Bruder Willibrod. Könntest du uns das wohl erklären?«
Aldhere stand zögernd auf.
»Es stimmt, daß das Mädchen anscheinend davon lebte, daß sie meine Männer besuchte«, sagte er.
Bruder Willibrod hob beide Fäuste zur Stirn und stieß einen wehen Schrei aus. Er sank auf seinem Sitz zusammen und verfiel in anhaltendes, untröstliches Schluchzen.
»Fiel es dir auf, daß Lioba gern Fragen an deine Männer richtete?«
Aldheres Miene gab die Antwort darauf.
Nun wandte sich Fidelma dem jungen, blassen Bruder Redwald zu.
»Du hast Abt Cild gesagt, daß du, als du in das Zimmer kamst, in dem ich krank lag, die Gestalt von Gelgeis erblicktest, die sich über mich beugte. Du schwurst, daß du sie erkannt hättest, weil sie dich gepflegt hatte, als du krank warst. War diese Gestalt in Wirklichkeit das Mädchen Lioba?«
Bruder Redwald stand auf und schaute sich unsicher um. Er war verlegen.
»Ich habe mich geirrt, als ich heute morgen dachte, Lioba wäre Gelgeis«, sagte er zögernd.
»Denk über das nach, was ich dich gefragt habe«, drängte ihn Fidelma.
»Ich gebe jetzt zu, daß die Person, die ich gesehen habe, Lioba gewesen sein muß«, erklärte der junge Mann. »Damals war ich sicher, es wäre Gelgeis. Doch es war Abend, und das Zimmer war dunkel. Ich muß mich getäuscht haben.«
Sigeric lehnte sich zurück und rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Fassen wir einmal zusammen. Was haben wir festgestellt? Dieses Mädchen, das eine oberflächliche Ähnlichkeit mit Gelgeis, der Frau des Abts, hat, wurde zu verschiedenen Zeiten in der Abtei gesehen. Abt Cild verlor mehr und mehr den Verstand und glaubte, er werde von einem Geist verfolgt. In seinem Wahn hat er das Mädchen getötet?«
Aldhere rief fröhlich dazwischen: »Aber da nun Cild tot ist und die Abtei diesen fremden Fürsten bezahlen muß, damit es nicht zum Krieg kommt, hat die Geschichte doch damit ein Ende. Was gibt es denn noch zu klären?«
»Zum Beispiel die üblen Taten Higbalds«, antwortete Sigeric. »Wir haben gehört, daß er Gewalttaten und Blutvergießen in diesem Land hervorrufen wollte.«
»Er war für viele Morde verantwortlich, die man Abt Cild zur Last legte«, stimmte ihm Fidelma zu.
»Was?« Gadras Sohn fuhr auf. Er hatte gerade erst von seinem Vater erfahren, was sich während seiner Abwesenheit zugetragen hatte. »Du willst doch wohl nicht sagen, daß es dieser Higbald und nicht Cild war, der meine Schwester Gelgeis ermordete?«
Fidelma schüttelte traurig den Kopf.
»Das behaupte ich nicht, Garb. Cild war für mehrere Tode verantwortlich, wie etwa den von Bruder Pol und mancher anderer Brüder und sogar Schwestern, die der Regel Columbans folgten. Zuerst vermutete ich, Cild habe auch den Tod Bruder Botulfs auf dem Gewissen. Botulf wußte von Gadras beabsichtigtem troscud. Er war der Verbindungsmann, nachdem Bruder Pol getötet worden war, und wußte daher, wann Garb in die Abtei kommen würde, kannte den Tag und die Stunde, wann er das troscud verkünden wurde. Deshalb hatte er die Botschaft an Bruder Eadulf nach Canterbury gesandt und ihn gebeten, noch vor diesem Zeitpunkt in der Abtei zu sein.«
»Er hatte gehofft, ich könnte ihn und die Abtei über die Gesetze des troscud aufklären«, fügte Eadulf unnötigerweise hinzu.
»Doch es war nicht die bevorstehende Verkündung des troscud und auch nicht Botulfs Verbindung zu Garb, die zu seinem Tod führten«, fuhr Fidelma fort.
»Botulf hatte den Verdacht gefaßt, daß Higbald nicht das war, was er zu sein vorgab. An dem Abend, bevor wir in der Abtei eintrafen, entdeckte Botulf den Ort, an dem Higbald und seine Männer ihre Waffen versteckt hielten. Er wurde dabei von Higbald oder einem seiner Männer überrascht und erschlagen, und seine Leiche wurde in den Hof vor der Kapelle geschafft.«
»Woher weißt du das?« fragte Sigeric. »Hast du einen Zeugen dafür?«
»Nein«, erwiderte Fidelma. »Aber es gibt zwei Beweisstücke. Erstens fand Eadulf ein Schriftstück von Botulfs eigener Hand.«
Sie winkte ihm, es vorzuzeigen.
Eadulf hielt das Papier hoch, das er in der Zelle seines Freundes gefunden hatte. Es war in einer Buchtasche verborgen gewesen.
»Ich bin sicher, Bruder Willibrod erinnert sich daran, daß ich die Buchtasche durchsuchte«, sagte er. »Und er wird auch die Handschrift Bruder Botulfs erkennen.«
»Mit seinen verschlüsselten Aufzeichnungen verrät uns Botulf mehreres«, erklärte Fidelma. »In dem letzten Text, einem Zitat aus den Sprüchen Salomos, berichtet er, daß Bretta’s Sohn wahnsinnig wird. Es war Cild, den er meinte. Überdies deutet er an, daß er auf Eadulfs Ankunft wartet.«
Eadulf übergab Sigeric die Papiere.
Sigeric las das Latein so flüssig, daß Fidelma überrascht war. Sie hatte nicht gedacht, daß ein Heide diese Sprache so gut beherrschte.
»So Gott will, wird mein Freund bald hier sein.« Sigeric runzelte die Stirn. »Das bezieht sich auf Eadulf?«
Eadulf nickte. Sigeric fuhr fort: »Steht nicht geschrieben, daß Gnade die Stütze der Gerechtigkeit ist? So ist es nicht bei dem Mann aus Mercia. Wir werden vernichtet vom Volk . « Sigeric stockte. »Wie hängt das mit unserem Fall zusammen?«
»Eadulf und ich standen auch vor einem Rätsel, weil die Aufzeichnung verschlüsselt ist«, antwortete Fidelma. »Wir dachten, es hieße >Volk aus dem Moorlands Das konnten doch nur Aldheres Geächtete sein? Aber das meinte Botulf nicht. Wir hatten ihn falsch verstanden. Er schrieb: >Wir werden vernichtet von dem Volk aus der Mark.< Aus dem Grenzland - und wer ist das?«
Sigeric hob die Augenbrauen.
»Nicht Moor, sondern Mark, und das bedeutet Mercia«, sagte er langsam.
»Allerdings«, erwiderte Fidelma lächelnd. »Was schreibt er, Eadulf?«
»Es steht geschrieben, daß Gnade die Stütze der Gerechtigkeit ist, aber nicht bei Higbald, einem Mann aus Mercia.«
»Davor hatte Botulf angedeutet, daß der äußere Anschein nicht den Tatsachen entsprach, daß Higbald ebensowenig ein Mönch war wie Aldhere ein Heiliger.«
»Wenn Higbald gefangen wird, dann wird er danach genau befragt werden«, sagte Sigeric. »Aber du erwähntest noch weitere Beweise?«
Fidelma nickte.
»Ich sagte, daß Botulf in der unterirdischen Kammer erschlagen wurde, in der Higbald und seine Männer ihre Waffen aufbewahrten. Es gibt eine Spur von Blutflecken, die von dort zur Krypta führt. Dort entdeckten Eadulf und ich auch Botulfs Tasche. Sie war von seinem Gürtel abgerissen worden, als er getötet wurde oder als man seine Leiche dorthin brachte, wo sie später gefunden wurde.«
»Also ist Higbalds Verschwörung aufgedeckt, aber sie hat nichts mit dem Streit zwischen Abt Cild und seinem Bruder Aldhere zu tun?« fragte Sigeric.
»Nur insofern, als er sie gegeneinander ausspielen konnte«, bestätigte Fidelma.
Gadra hatte sich erhoben und verriet seine Ungeduld.
»All das berührt mich nicht. Noch einmal fordere ich die Leute dieser Abtei auf, mich für den Mord an meiner Tochter zu entschädigen - getötet durch die Hand ihres Abts. Ohne diese Genugtuung beginnt das troscud zur vorgesehenen Zeit, und für alles, was daraus entsteht, ist jeder der hier Anwesenden verantwortlich.«
Er wandte sich zur Tür. Garb und seine Gefolgsleute schickten sich an, mit ihm fortzugehen.
»Warte, Gadra von Maigh Eo!« rief Fidelma.
Ihr scharfer Befehlston veranlaßte den alten Fürsten, sich mit finsterer Miene umzudrehen.
»Ich wollte dies vermeiden, Gadra, aber deine Hartnäckigkeit zwingt mich, so zu handeln.«
Fidelmas Worte fesselten die Aufmerksamkeit der Iren. Erwartungsvoll drehten sie sich zu ihr um.
»Du hattest recht, Gadra, als du sagtest, deine Tochter Gelgeis habe einen Fehler begangen, als sie Maigh Eo mit Cild verließ. Sie sah diesen Fehler bald selbst ein, und wie du sagtest, schrieb sie es dir auch. Sie war jung, lebte in einem fremden Land, und ihr Ehemann behandelte sie schlecht. Das alles wußtest du.«
»Ich bin froh, daß du darin meinem Wort glaubst, Fidelma«, erwiderte Gadra ernst, doch sichtlich ohne eine Ahnung, worauf Fidelma hinauswollte.
»Es hieß, Gelgeis sei in Hob’s Mire umgekommen, wo Cild sich jetzt selbst das Leben genommen hat. Cild war wahrscheinlich von Kindheit an geistig gestört. Das, so sagte ich, können wir auf das Wort seines Bruders Aldhere hin annehmen.«
Der Geächtete lächelte mit schmalem Mund und deutete eine spöttische Verbeugung in ihre Richtung an.
»Wie ich ebenfalls schon sagte, wurde eine Frau in der Abtei beobachtet. Sie ähnelte Gelgeis. Ihre Erscheinung verfolgte Abt Cild. Dann gab es das Schlachtopfer einer schwarzen Katze auf dem Hochaltar, das ihn auch an ein Ereignis in seiner irren Jugend erinnerte. Dieser Geist verfolgte ihn, bis er ihn völlig in den Wahnsinn trieb, mit dem Ergebnis, daß er Lioba tötete und sich dann das Leben nahm.«
»Wir haben gehört, daß Lioba in der Abtei umging«, bestätigte Sigeric. »Also bestand dieser Geist aus Fleisch und Blut?«
»Allerdings. Das angebliche Gespenst haben mehrere Zeugen gesehen, auch ich. Als ich gestern vormittag mit Eadulf und Mul im Moor war, fand ich Beweise dafür, wie eine dieser Erscheinungen zustande gebracht wurde, und Spuren davon, wie sie in ein gespenstisches Licht getaucht wurde.«
»Welchen Zweck verfolgten diese falschen Geistererscheinungen?« wollte Gadra wissen.
»Genau den, den sie auch erreichten: Cild in den Wahnsinn zu treiben.«
»Warum?«
»Als Racheakt für die Grausamkeiten, die er begangen hatte.«
Sigeric beugte sich vor.
»Lioba spielte diese Rolle? Aber welche Grausamkeiten hatte er ihr denn zugefügt?« fragte er.
»Neulich abends, als Eadulf und ich beobachteten, wie Abt Cild mit Bruder Willibrod und anderen am Moor wartete - ihr erinnert euch, daß Higbald sie dort hinbestellt hatte, weil er sie töten und Aldhere die Schuld zuschieben wollte, so, wie er Wiglaf und seine Männer tötete und die Schuld auf Abt Cild schob -, während wir also dort zuschauten, erschien das Bild von Gelgeis zu Pferde auf dem Moor ...«
»Das stimmt, das stimmt«, rief Bruder Willibrod. »Aber das war kein gewöhnlicher Mensch! Sie glühte! Es war ein Geist!«
»Das war es nicht. Wie gesagt, am nächsten Morgen gingen wir zu der Stelle und fanden den Beweis, daß eine lebendige Frau dort zu Pferde gehalten hatte. Sie hatte sich mit einem besonderen Ton eingerieben, der glüht und nahes Licht zurückwirft ... Das Licht, das das ignis fatuus liefert.«
»Worauf willst du jetzt hinaus, Fidelma?« fragte Si-geric.
»Kurz nachdem diese Erscheinung Abt Cild in die Flucht geschlagen hatte, tauchten Higbald und seine Männer auf - und Lioba war bei ihnen. Diese Erscheinung war also nicht Lioba gewesen. Bruder Redwald hat recht, wenn er erklärt, Lioba habe nur eine oberflächliche Ähnlichkeit mit Gélgeis - und daß er sich absolut sicher sei, daß es Gélgeis war, die er sah, wie sie sich über mich beugte, als ich im Fieber lag.«
Langes Schweigen trat ein.
Fidelma wandte sich an Gadra. »Du siehst, Gélgeis ist nicht in Hob’s Mire umgekommen. Sie lebt und wollte sich an Cild rächen - und geholfen hat ihr bei dieser Rache der Mann, der ihr Trost bot in ihrem Elend und bei dem sie lebt.«
Gadra schüttelte den Kopf, als könne er das alles nicht begreifen, was sie sagte.
»Das verstehe ich nicht.«
Fidelma wandte sich an Aldhere. »Sag mal, Aldhere, hat Botulf jemals mit dir über Gélgeis’ Schwester Mel-la gesprochen? Hat er dir die Nachricht gebracht, die Gélgeis erfuhr, kurz bevor sie die Abtei verließ an dem Abend, als sie verschwand?«
»Nachricht?« Aldhere war verwirrt.
»Hat Botulf dir erzählt, daß Mella von einem säch-sischen Sklavenhändler entführt worden und umgekommen war?«
»Nein, warum sollte ...?« Plötzlich schloß er den Mund.
Fidelma wandte sich an die Frau neben ihm.
»Würdest du jetzt bitte den Schleier ablegen, Gelgeis?«
Die Fränkin Bertha erhob sich langsam. Dann zog sie den Schleier beiseite, zusammen mit einer flachsblonden Perücke, und zeigte ein kleines blasses Gesicht und rotes Haar. Sie lächelte Fidelma an, aber mit einem haßerfüllten Lächeln, und verneigte sich vor ihr.
Es dauerte eine Weile, bis sich der Aufruhr legte.
Danach nahm Gelgeis das Wort, sie sprach langsam und kühl.
»Du bist sehr schlau, Fidelma von Cashel. Wie kamst du dahinter?«
»Ich schöpfte Verdacht, als Bruder Eadulf die Narbe am Arm der Frau bemerkte, die sich Bertha nannte, und als Garb uns erzählte, Bruder Pol habe die Narbe am Arm von Gelgeis gesehen, die Cilds Peitsche hinterlassen hatte. Wenn Bertha und Gelgeis ein und dieselbe Person waren, dann formte sich daraus ein Bild. War es deine Absicht, Cild in den Wahnsinn zu treiben, als du anfingst, als dein eigener Geist zu erscheinen?«
»Ich habe Cild nicht in den Wahnsinn getrieben -er war schon wahnsinnig, als ich ihn heiratete, nur merkte ich es nicht. Er war auf das Geld und die Stellung aus, die ihm, wie er glaubte, die Heirat mit mir verschaffen würde. Ihm war nicht klar, daß ihm nach unserem Recht keine solchen Vorrechte zufielen wie nach sächsischem Recht. Als er das begriff, zeigte er seine wahre böse Natur. Er hat mich nie geliebt. Seine Geisteskrankheit verstärkte sich. Es ist eine gerechte Strafe, daß er sich nun selbst das Leben genommen hat. Meine Befriedigung darüber ist nur ein kleiner Teil dessen, was man mir schuldet. Mein Leben war ein einziges Elend. Schließlich schrieb ich an meinen Vater und berichtete ihm, wie unglücklich ich war.«
Gadra hatte sich plötzlich wieder gesetzt. Er war blaß und verstört. Gelgeis sah den schockierten alten Mann ohne Mitleid an.
»Ich verlangte sehnlichst danach, daß mein Vater kommen und mich aus meiner Not erlösen würde. Während ich tatkräftige Hilfe brauchte, kam lediglich eine Botschaft über Bruder Pol zurück, und die bestand aus einem Vortrag über Pflicht, Gehorsam, das Recht und die Rituale der Gesetze. Das ist genau das, was er jetzt mit seinem dummen troscud verfolgt. Was nützt das alles? Ein Ritual, um die Wirklichkeit zu verschleiern. Das Ritual kennt kein Gefühl.
Jeden Tag betete ich darum, daß mein Vater in die Abtei geritten käme und mich wegholte aus dem Schmerz, zu dem mein Leben geworden war. Ja, ich hatte mich entschieden, mit Cild zu gehen. Doch mußte ich für immer unter einer falschen Entscheidung leiden? In meinem eigenen Land hätte ich mich von ihm gesetzlich scheiden lassen können. Ist das nicht so, dalaigh?«
Fidelma neigte den Kopf.
»Nach unserem Recht ist die Scheidung aus vielen Gründen erlaubt. Es gibt mehrere Anlässe zur Scheidung und elf Umstände, die jedem Partner eine Trennung ohne Strafe gestatten.«
Gelgeis lachte freudlos.
»Aber hier in diesem Land haben Frauen kein Recht auf Scheidung. Doch mein Vater redete mir immer noch von Gehorsam gegenüber Gesetz und Ritual. Jetzt kommt er her mit seinem Gesetz und seinem Ritual und hat kein Gefühl für mich.«
Vielleicht hörte Fidelma als einzige die einsame Klage eines verirrten Kindes aus den kalten Worten der jungen Frau heraus.
»Und dann bist du Aldhere begegnet?« fragte sie.
»Ja, ich traf Aldhere, und uns einte der gemeinsame Haß auf Cild. Ich ging mit ihm weg und blieb bei ihm in der Verkleidung einer mißhandelten Sklavin aus dem Frankenland, was meinen Schleier und meinen Akzent erklärte. Es gelang uns, die Leute zu überzeugen, Gelgeis wäre in Hob’s Mire umgekommen. Erst als wir vor kurzem von Wiglaf hörten, sein Vetter Bo-tulf mache sich Sorgen, weil Cild immer irrer wurde, beschlossen wir, dem nachzuhelfen und das Biest leiden zu lassen.«
»Wußte Botulf, daß du nicht tot bist?«
Aldhere schaltete sich ein. »Wie ich schon sagte, war Botulf seit langem mein Freund. Er wußte, daß Gelgeis unglücklich war. Er wußte auch, daß sie bei mir ihr Glück gefunden und deswegen Cild verlassen hatte. Botulf kannte unser Geheimnis und bewahrte es bis zu seinem Tode.«
»Von Wiglaf erfuhr ich von den geheimen Gängen unter der Abtei«, fuhr Gelgeis fort, »und benutzte sie für meine Auftritte als Geist.«
»War es deren Zweck, Cild so weit in den Wahnsinn zu treiben, daß er sich das Leben nahm?« fragte Fidelma nach.
»Meine Absicht war es, mich an ihm zu rächen«, antwortete Gelgeis einfach.
»Er hegte doch sicher noch Liebe für dich? Er wäre nicht so erschüttert und verstört worden von der Erscheinung seiner toten Frau, wenn er nichts mehr für sie empfunden hätte«, fragte Eadulf zweifelnd.
Gelgeis lachte. Es klang keineswegs lustig.
»Er empfand nichts als Furcht und Schuld und glaubte in seinem Wahnsinn, daß die Geister aus der Unterwelt Rache an ihm nähmen.«
»Hat Botulf das gebilligt?« fragte Eadulf ungläubig.
Gelgeis schüttelte den Kopf. »Dein Freund Botulf war ein anständiger Mensch, was Aldhere dir bestätigen wird. Nein, er wußte nicht einmal etwas von meinem Plan, mich zu rächen. Doch er verriet mich nicht -nicht einmal an meinen Bruder Garb, als der mit diesem lächerlichen Plan eines troscud hier auftauchte.«
»Lächerlich? Wir sind hergekommen und haben uns für dich in Gefahr begeben, und du hast nicht einmal daran gedacht, uns, deine Familie, wissen zu lassen, daß du noch lebst!« tobte Garb und starrte seine Schwester zornig an.
Gelgeis schüttelte mit spöttischem Lächeln den Kopf.
»Meine Familie kümmerte sich nicht um mich, bis ich tot war, und dann auch nur, weil er« - damit wies sie auf ihren Vater - »sein Ritual vollziehen wollte.«
Aldhere erhob sich und nahm Gelgeis’ Hand. Seine Männer standen ebenfalls auf und scharten sich um ihn.
»Wie Gelgeis schon sagte, du bist eine kluge Frau, Fidelma. Ich bin mir immer noch nicht sicher, woher du das alles weißt. Es kann doch nicht nur deswegen sein, weil Bertha und Gelgeis dieselbe Narbe hatten?«
Fidelma lächelte ihm zu. »Du hast einen Fehler gemacht. Du erwähntest, daß du von Mellas Tod wußtest. Du sagtest, Gelgeis hätte dir davon erzählt. Aber die Nachricht von Mellas Tod kam erst, nachdem Gelgeis in Hob’s Mire versunken sein sollte. Entweder sprachst du mit den Toten, oder Gelgeis war noch am Leben. Wenn sie noch lebte und Lioba nicht Gelgeis war, dann war es leicht, nachdem Eadulf die Narbe erwähnt hatte, sich auszurechnen, wer sie sein mußte.«
Aldhere sah sie einen Moment nachdenklich an, schließlich lächelte er dünn.
»Da weder Gelgeis noch ich an dem Blutvergießen beteiligt waren, das hier stattgefunden hat, werden wir uns jetzt verabschieden.«
»Wo wollt ihr denn hin?« fragte Eadulf erstaunt. Er konnte nicht anders, er mochte den Geächteten.
Aldhere grinste. »Zurück ins Moorland, heiliger ge-refa, wohin denn sonst? Dort werden wir bleiben, bis König Ealdwulf es sich anders überlegt oder bis er uns braucht. Wenn die Heere Wulfheres von Mercia über die Grenze marschieren, wird uns König Ealdwulf brauchen. Ich war Than von Bretta’s Ham, und ich werde es wieder sein. Richte ihm das von mir aus, Lord Sigeric.«
Sigeric wollte etwas sagen, zögerte und winkte ihm dann verabschiedend zu.
»Einen Moment, Gelgeis!« Fidelmas Stimme zwang sie zum Stehenbleiben, und die junge Frau drehte sich finster um. »Eine letzte Frage möchte ich dir noch stellen, bevor ihr geht. Als du neulich abend deine geisterhafte Erscheinung vor Cild in Hob’s Mire vorführtest, woher wußtest du, daß Cild und einige der Brüder dort sein und dich sehen würden?«
Gelgeis kicherte, diesmal wirklich belustigt.
»Sag mir nicht, daß die große dalaigh nicht allwissend ist?« Sie lächelte spöttisch. »Heißt es nicht, daß ein gelehrter Mensch auch ein halbes Wort versteht?«
»Es heißt aber auch, wer seine Unwissenheit eingesteht, der gewinnt an Weisheit.«
»Viele Ereignisse sind nicht geplant. Ich war auf dem Weg zur Abtei, um Cild wieder einmal zu erscheinen. Als ich das Moor durchquerte, bemerkte ich eine Gruppe von Reitern bei den Bäumen. Ich nutzte die Gelegenheit, ohne zu wissen, daß Cild dabei war. Als ich sah, daß die Reiter zur Abtei zurückkehrten und zwei Gestalten durch das Moor auf mich zu kamen, meinte ich, für diesen Abend sei es genug der Erscheinungen. Deshalb ritt ich nach Hause.«
»Also war es ein reiner Zufall?«
»Unser Schicksal wird mehr vom Zufall bestimmt als von sorgfältiger Planung.«
Fidelma verneigte sich vor der jungen Frau.
»Du bist weise geworden, Gelgeis. Mögest du Frieden und Zufriedenheit finden.«
Es herrschte Schweigen, während Aldhere und Gelgeis mit Aldheres Männern die Kapelle verließen. Gelgeis warf ihrem Vater und ihrem Bruder nicht einen Blick zu.
Als sie fort waren, wandte sich Eadulf leise an Fidelma .
»Ich kann immer noch nicht entscheiden, ob Gelgeis einen guten oder einen schlechten Charakter besitzt.«
Fidelma lächelte. »Wie du dich erinnern wirst, konnten das die anderen auch nicht. Manche in der Abtei fanden sie freundlich und liebenswert, während andere sie nicht mochten. Tatsache ist, daß kein Mensch ganz gut oder ganz schlecht ist, sondern für verschiedene Leuten beide Eigenschaften gleichzeitig aufweisen kann. Ich neige zu der Auffassung, daß ihre schlechten Eigenschaften durch die Umstände hervorgebracht wurden.«
Sie blickte hinüber zu Gelgeis’ Familie. Sie konnte sich eines gewissen Mitleids nicht erwehren, als sie sie dort blaß und zusammengesunken sitzen sah. Bruder Laisre tätschelte dem alten Fürsten den Arm.
»Und nun, Gadra von Maigh Eo«, fragte Fidelma, »wirst du in Frieden abziehen und auf dieses troscud verzichten? Denk daran, daß ich dir diese Enthüllung ersparen wollte. Nur dein blindes Bestehen ...« Sie hielt inne, zog eine Schulter hoch und ließ sie wieder sinken.
Es war Garb, der für seinen Vater antwortete.
»Das troscud ist aufgegeben, Schwester. Wenn es keine Ursache gibt, kann es auch keine Wirkung geben. Wir kehren nach Maigh Eo zurück.«
Sie verließen gerade die Kapelle, als Werferth, der Befehlshaber von Sigerics Leibwache, hereinkam und sich bei Sigeric meldete. »Ich bin den Spuren dieses Higbald aus Mercia und seiner Männer gefolgt, Lord Sigeric. Sie führen geradewegs in die Richtung auf Mercia. Sie sind auf der Flucht von hier.«
Sigeric seufzte resigniert.
»Anscheinend können wir nicht einmal Higbald für seine Verbrechen bestrafen? Eins verstehe ich an dieser traurigen Geschichte immer noch nicht. Warum wollte Higbald euch beide in eine Falle locken? Cild hatte euch der Hexerei beschuldigt. Warum wollte er euch nicht einfach durch Cild mit einem Fehlurteil beseitigen lassen? Warum machte er sich all die Mühe?«
»Vergiß nicht, daß Higbald im Auftrage von Mercia hier war, um ein Höchstmaß an Zwist und Gewalt zu erzeugen«, erklärte Eadulf. »Im nachhinein habe ich begriffen, daß damals, als ich Cild nachritt, um dabeizusein, wenn er Aldhere erreichte - an dem Vormittag, als Cild so tat, als wolle er seinen Bruder jagen -, daß ich selbst nur knapp dem Tod durch Higbalds Hand entging.«
Sigeric war verblüfft, und selbst Fidelma hörte interessiert zu.
»Erinnerst du dich, daß Garb uns erzählte, wie Higbald mir aus der Abtei gefolgt sei?« fuhr Eadulf fort. »Hätten Garb und seine Männer Higbald nicht abgefangen, so glaube ich, hätte Higbald mich töten und die Tat auf Aldhere schieben wollen. Sein Hauptziel war es, Uneinigkeit, Verdacht und Zwietracht zu säen. Garb rettete mir wahrscheinlich das Leben. Aus demselben Grunde ersann er den komplizierten Plan, Fidelma und mich zur Flucht zu veranlassen. Hätte Cild Fidelma wegen Hexerei hinrichten lassen, wäre das zwar eine irrsinnige Tat gewesen, aber man hätte behaupten können, sie sei nach dem Gesetz geschehen. Würden wir aber außerhalb der Abtei ermordet, dann gäbe es diesen Vorwand nicht. Weiteres Mißtrauen und größere Beunruhigung würden daraus entstehen. Als was für ein vollendeter Lügner hat sich Higbald herausgestellt!«
»Nun ja, vielleicht begegnet uns dieser Higbald noch einmal«, seufzte Sigeric. »Wenn Mercia uns wirklich angreift, werden hoffentlich unsere Schwertarme stärker sein als ihre Intrigen.« Der Alte schaute sich in der Kapelle um. Von den Versammelten waren nur noch ein Dutzend Mönche übrig, mit Bruder Wil-librod an der Spitze. Er war bedrückt und hatte rote Augen, ein trauriger Anführer. Der Oberhofmeister winkte ihn heran.
»Der Gestank des Bösen lastet noch auf dieser Abtei, Bruder Willibrod«, erklärte Sigeric. »Ich will hier niemandem eine Schuld zuweisen, aber ich werde hierüber dem Bischof König Ealdwulfs Bericht erstatten, der die Verantwortung für diesen Ort übernehmen muß. Wotan sei Dank, daß ich kein Christ bin und euch keine Vorwürfe machen muß. Warum erhielten König Eald-wulf oder sein Bischof keine Kunde vom Verhalten eures Abtes?«
Als Bruder Willibrod den Mund öffnete, winkte Si-geric mit erhobener Hand ab.
»Nein, ich will nichts hören. Spar dir deine Ausreden für den Bischof deines Glaubens. Ich werde lediglich berichten, was ich vorgefunden habe. Inzwischen bleibst du hier und übernimmst die Leitung der Brüder, bis du von deinem Bischof hörst. Es wird deine Aufgabe sein, die Abtei in Ordnung zu bringen.«
Er erhob sich und kam mit ausgestreckter Hand auf Fidelma zu.
»Ich habe viel gelernt in den letzten Stunden, Fidelma von Cashel. Ich entschuldige mich für meine kulturelle Unwissenheit. Ich bedaure sie. Möge dein Gott mit dir sein auf allen deinen Reisen. Auch mit dir, Bruder Eadulf. Du hast eine Gefährtin, deren Weisheit ihrer Schönheit gleichkommt.«
Der Alte gab Werferth ein Zeichen, ihn zu begleiten, wandte sich um und verließ die Kapelle.
Willibrod begann, seinen Brüdern Anweisungen zu geben, und währenddessen gingen Fidelma und Eadulf gemeinsam hinaus auf den Hof und traten in den fahlen Sonnenschein des winterlichen Spätnachmittags. In einer Stunde würde es dunkel. Der Bauer Mul erwartete sie.
»Na«, sagte er und lächelte unsicher, »ich nehme an, ihr wollt beide nicht noch eine Nacht an diesem üblen Ort verbringen? In meinem Bauernhaus gibt es immer ein warmes Bett. Ein warmes Bett, guten süßen Apfelwein und eine gesunde Mahlzeit.«
Fidelma wechselte einen raschen Blick mit Eadulf und nickte.
Mul grinste breit. »Wenn das so ist, dann hole ich schon mal eure Ponys. Ich glaube nicht, daß deine Landsleute sie wiederhaben wollen, Schwester. Sie haben sich alle ganz eilig auf den Weg nach Tunstall gemacht. Ich bin gleich wieder da.«
Fidelma setzte sich auf eine Steinbank im Hof und schaute auf die bedrückenden dunklen Mauern der Abtei ringsum.
»Eine traurige Geschichte, Eadulf. Wirklich traurig.«
»Kommst du dann mit nach Seaxmund’s Ham?« fragte Eadulf plötzlich. »Du hast noch nicht den Ort gesehen, an dem ich geboren wurde. Nicht, daß es da viel zu sehen gäbe. Der arme Botulf ist nicht mehr, und er war mein Jugendfreund. Es gibt dort niemanden mehr, den ich als meinen Verwandten bezeichnen würde. Trotzdem würde ich den Ort gern aufsuchen, da ich ihm nun schon so nahe bin.«
Fidelma lächelte ihn sanft an.
»Ja, Eadulf, da wir so nahe sind, weigere ich mich nicht, mit dir zu gehen«, sagte sie ruhig. »Es ist schließlich dein Geburtsort.«
»Und danach, wie dann weiter?« fragte er zögernd.
»Danach?« Fidelmas Mundwinkel umspielte eine Andeutung ihres alten Humors. »Danach möchte ich in das Königreich meines Bruders zurückkehren. Mein Baby soll in Cashel geboren werden.«