Kapitel 10

Warren, ganz in seinem Element, kaufte Black Fire für viertausendsechshundert Dollar. Bot für ihn, unterschrieb und zahlte.

Mit unvermindert guter Laune regelte er außerdem den sofortigen Abtransport des Pferdes aus Hialeah und die anschließende Beförderung per Luftfracht nach England.

«So was genießt er«, sagte Minty.

Seine gute Laune hielt sich auf dem ganzen Weg zurück nach Garden Island, und dort wurde alles noch mit ein paar Gläsern gefeiert.

«Sie haben sich ja ein echtes Stinktier zugelegt«, meinte er vergnügt,»aber für mich war es ein Spaß wie seit Jahren nicht mehr. Haben Sie das Gesicht von dem Typ gesehen, gegen den ich geboten habe? Der dachte, er kriegt ihn für tausend. «Er kicherte.»Bei viereinhalb ging ihm ganz schön die Klappe runter, und er hat gemerkt, daß ich immer weiter mache.«

Minty empfahl ihm, die Sache ruhig auszukosten, da er sich so schnell kein Pferd mehr kaufen werde, und Allie brachte mich zur Tür. Draußen standen wir noch eine Weile im Dunkeln, dicht beieinander.

«Das war der erste Tag. Bleiben noch drei«, sagte sie.

«Ohne Pferde«, versprach ich.

«Okay.«

«Und mit weniger Leuten.«

Eine Pause. Dann wieder:»Okay.«

Ich lächelte und gab ihr einen Gutenachtkuß und schob sie ins Haus zurück, ehe meine guten Vorsätze in gute altmodische Lust umschlugen. Nach ihr zu langen war der schnellste Weg, sie zu verlieren.

Sie schlug vor, zu den Florida Keys zu fahren, schwimmen zu gehen und ein Picknick zu machen. Wir fuhren mit dem Impala, einer Kühltasche voll Leckereien im Kofferraum und dem entflammten Wendekreis des Krebses vor uns am Horizont.

Der Highway nach Key West erstreckte sich Meile um

Meile über eine Kette von Dämmen und kleinen Inseln. Palmen, Sanddünen, glitzerndes Wasser und kärgliches Gras. Wenige Häuser. Sonnengebleichte Holzhütten,

Landungsstege, Fischerboote. Weiter Himmel, heiße Sonne, weites Meer. Außerdem Greyhoundbusse auf Rundfahrt und lärmende Familien in Kombiwagen, die Mama mit rosa Lockenwicklern im Haar.

Allie hatte sich von Warren den Weg zu einer winzigen Insel erklären lassen, wo er gern fischte, und als wir dort ankamen, bogen wir vom Highway auf eine staubige Nebenstraße ab, die kaum mehr als ein Feldweg war. Sie endete unvermittelt unter zwei windschiefen Palmen, und ein Trampelpfad führte über Dünen mit büscheligem Gras hinunter zum Meer. Wir nahmen die Picknicktasche mit und kamen unverhofft zu einer sandigen kleinen Mulde, von der aus weder der Wagen noch die Straße zu sehen waren.

«Das da«, Allie wies aufs Meer,»ist der Hawk Channel.«»Kann keine Falken sehen.«»Gibt ja auch keine Köche in der Cook Strait. «Sie zog das weiße Hemdkleid aus, das sie auf der Fahrt getragen hatte, und warf es in den Sand. Darunter trug sie einen hellblau-weißen Bikini und darunter warme, honigfarbene Haut.

Sie trug diese Haut ohne Umstände zum Meer, und ich zog Hemd und Hose aus und folgte ihr. Wir schwammen in dem befreienden halbwarmen Wasser, und es schien Luxus in Vollendung.

«Warum wohnt keiner auf diesen Inseln?«fragte ich.»Die meisten sind zu klein. Kein Süßwasser. Dafür Hurrikans. Hier ist es nicht immer so mild. Glühend heiß im Sommer und schreckliche Stürme.«

Der Wind in den Palmkronen sah aus, als könnte er kein Hälmchen krümmen. Wir planschten im flachen Wasser und gingen den schmalen Strand hinauf, um wieder in die warme kleine Mulde zu kommen, wobei Allie einen pausenlosen Vortrag über Schildkröten, Schwertfische, Frauenfische und Tarpune hielt. Schließlich gewann ich den Eindruck, als ob sie so viel redete, um zu verbergen, daß sie verlegen war.

Ich griff in meine Jackentasche und zog einen 20-Dollar-Schein hervor.

«Für den Bus nach Hause«, sagte ich und hielt ihn ihr hin.

Sie lachte ein wenig unsicher.»Ich habe noch den Zwanziger, den du mir aus England geschickt hast.«

«Hast du ihn bei dir?«

Sie schüttelte lächelnd den Kopf, nahm mir den Schein ab, faltete ihn und steckte ihn in das nasse Oberteil ihres Bikinis.

«Da ist er sicher«, sagte sie sachlich.»Wie wär's mit einem Wodka-Martini?«

Sie hatte Getränke, Eis und köstliches Essen mitgebracht. Die Sonne wanderte zwanzig, dreißig Grad am Himmel entlang, und ich ließ mich faul von ihr bescheinen, während Allie die Teller wegräumte und mit dem Besteck hantierte.

«Allie?«

«Mhm?«

«Warum nicht jetzt?«

Sie hörte mit dem geschäftigen Geklapper auf. Hockte sich auf die Fersen. Strich sich die Haare aus den Augen und sah mir schließlich ins Gesicht.

«Setz dich neben mich«, sagte ich und klopfte ohne Nachdruck mit der Handfläche auf den Sand.

Sie setzte sich. Es schien keinen Panikanfall bei ihr auszulösen.

«Du hast es doch schon gemacht«, sagte ich überredend, als Tatsachenfeststellung.

«Ja, aber…«

«Aber?«

«Es hat mir nicht richtig gefallen.«

«Warum?«

«Ich weiß nicht. Wahrscheinlich mochte ich den Jungen nicht genug.«

«Wieso hast du denn dann mit ihm geschlafen?«

«Das sagst du so einfach. Auf dem College, da mußte man das irgendwie. Es ging fast einen Sommer lang, vor drei Jahren. Seitdem habe ich nicht mehr. Ich hatte nicht direkt Angst davor, aber doch Angst, ich wäre vielleicht… unfair…«Sie brach ab.

«Du kannst jederzeit einen Bus nehmen«, sagte ich.

Sie lächelte und legte sich zögernd neben mich. Ich wußte, sie hätte mich nicht zu diesem versteckten Ort mitgenommen, wäre sie nicht wenigstens bereit gewesen, einen Versuch zu wagen. Aber nach dem, was sie erzählt hatte, war ihre Einwilligung mir nicht mehr genug. Machte es ihr keinen Spaß, konnte ich es auch nicht genießen.

Ich ging es langsam an, ließ ihr Zeit. Eine Berührung. Ein Kuß. Ein sanftes Streicheln über die Haut. Sie atmete gleichmäßig durch die Nase, vertrauensvoll, aber ohne Erregung.

«Ausziehen?«schlug ich vor.»Hier sieht uns keiner.«

«Okay.«

Sie hakte das Bikini-Top auf, faltete es über dem Geldschein und legte es neben sich auf den Sand. Gleich darauf den Slip. Dann schlang sie die Arme um ihre Knie und sah aufs Meer hinaus.

«Komm«, sagte ich lächelnd und legte meinen Slip zu ihrem.»Es ist zwar schlimmer als der Tod, aber so schlimm auch wieder nicht.«

Sie lachte ungezwungen und legte sich neben mich, und es schien, als hätte sie sich entschlossen, ihr Bestes zu tun, selbst wenn sie es unbefriedigend fand. Aber bald durchlief sie der erste unwillkürliche Schauer echter Lust, und danach war es nicht nur ganz in Ordnung, sondern ausgesprochen gut.

«O Gott«, sagte sie schließlich halb lachend, halb nach Luft schnappend.»Ich wußte ja nicht…«

«Was?«sagte ich und glitt träge an ihre Seite.

«Auf dem College… der war ungeschickt. Und zu schnell.«

Sie streckte die Hand aus, langte nach ihrem Bikini und zog den 2o-Dollar-Schein hervor.

Sie nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und schwenkte ihn in der Luft. Dann lachte sie und ließ ihn los, und der Wind wehte ihr Geld für die Heimfahrt über den Strand.

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