5

Es dauerte mehrere Sekunden, bis sich Hawkwoods Augen an das trübe Licht in dem großen, verräucherten Kellergewölbe gewöhnt hatten. Am hinteren Ende führte eine Holztreppe zu einer Ebene, die durch ein Geländer vom Schankraum getrennt war. An einer Wand erstreckte sich die aus leeren Fässern und blanken Brettern konstruierte Theke.

An groben Tischen saßen Männer und Frauen, andere standen, Flaschen oder Krüge in den Händen, am Tresen. Die Gäste waren ausnahmslos ärmlich gekleidet, ihre Gesichter vom Hunger ausgezehrt oder vom Alkohol verwüstet. In der Ecke hockte ein Fiedler, und ein paar Männer grölten betrunken unflätige Lieder.

Zwanzig Gäste oder mehr standen um den Hunde-Pit. Etwa ein halbes Dutzend stämmige Bullterrier, Muskelpakete, an die zwanzig Kilo schwer, mit vernarbten Körpern und kupierten Ohren, um dem Angreifer weniger Bissfläche zu bieten, zerrten an ihren Ketten. An Köderhunden mit teilweise geschorenem Fell lernten die Kampfhunde sich in besonders verwundbaren Körperteilen zu verbeißen. Neben dem Pit standen Fässer mit Mehl, das über kämpfende Hunde geschüttet wurde, um sie zu trennen. Das Mehl verstopfte ihre Nasen und zwang die Tiere, ihren Biss zu lockern, damit die Besitzer sie auseinander zerren konnten.

In dem Gewölbe stank es nach Fusel, Rauch, Tabak, Sägemehl, ungewaschenen Körpern, Erbrochenem und Urin.

Bei Hawkwoods Eintritt verstummten die Gespräche so abrupt, als würden alle Anwesenden gleichzeitig die Luft anhalten. In dem bedrohlich wirkenden Schweigen überlief es Hawkwood eiskalt.

Zwei Männer mit Holzknüppeln in der Hand postierten sich hinter Hawkwood und blockierten die Tür. Jenny ließ seinen Ärmel los. Mehrere Hunde spürten die durch Anwesenheit eines Fremden angespannte Atmosphäre, fletschten die Zähne und knurrten böse.

»Na, so was, wen haben wir denn hier? Der feine Herr hat sich wohl in der Tür geirrt, wie?«

Hawkwood rührte sich nicht.

»O Mann!«, sagte ein anderer. »Den kenn ich! Das ist ein verdammter Runner!«

Mehrere Männer sprangen auf, Stühle scharrten über den Boden. Ein Hund bellte, eine Frau schrie. Eine Messerklinge funkelte im Kerzenlicht. Hawkwood merkte, dass sich Jenny verdrückte, und dachte: Sie hat ihre Rolle gut gespielt und mich in eine Falle gelockt. Wie konnte ich nur so dumm sein! Ich hätte mich umziehen müssen, ehe ich sie begleitete. An meiner Kleidung bin ich hier sofort als Außenseiter zu erkennen.

Jemand räusperte sich laut und spuckte Hawkwood voller Hass direkt vor die Füße. Wie auf ein vereinbartes Signal gingen Männer mit gezückten Dolchen und Rasiermessern auf Hawkwood zu und umringten ihn. Hawkwood griff nach seinem Schlagstock.

»LASST IHN IN RUHE!«, dröhnte in dem Moment eine Stimme. Der untersetzte, muskulöse Mann mit der Figur eines Ringers hätte ohne weiteres gegen Figg oder Reuben Benbow boxen können. Eine Hand auf das Treppengeländer gestützt, in der anderen einen schweren Knüppel aus Schlehdorn, blickte er auf Hawkwood hinunter. Er verharrte ein paar Sekunden in dieser Pose, bis er plötzlich den Mund zu einem breiten Grinsen verzog und mit ausgebreiteten Armen rief:

»N’Abend, Cap’n! Willkommen in der Arche Noah!«

Die Narbe unter Hawkwoods Auge schimmerte weiß im fahlen Licht der Talgkerzen, und er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Die Gäste machten bereitwillig Platz, als der Mann die Treppe herunterging. Hawkwood spürte sofort den Stimmungswandel im Keller. Bosheit und Argwohn in den Gesichtern wichen Erstaunen und Neugier.

»Hallo, Nathaniel«, sagte Hawkwood. »Wie geht es dir?«

Noch immer breit grinsend, streckte Nathaniel Jago, Exsergeant in His Britannic Majesty’s 95. Rifles Regiment, die Hand aus. »Ich bin gesund und munter wie ein Fisch im Wasser, Sir. Und Sie sehen auch nicht übel aus.«

Hawkwood drückte, jetzt ebenfalls grinsend, Jagos schwielige Hand.

»Mein Gott, Sir. Fabelhaft, Sie zu sehen. Und das ist nicht gelogen.«

Aus den Augenwinkeln bemerkte Hawkwood, wie Jenny wieder neben ihm auftauchte. Das Mädchen schaute mit großen Augen zu den beiden Männern hoch.

»Gut gemacht, Jen«, lobte Jago sie. »Da, das ist für dich, mein Schatz. Aber gib’s nicht auf einmal aus.«

Das Mädchen schloss schnell die Finger um die Münzen in seiner Hand. Sie grinste schelmisch und flitzte davon.

»Dafür kauft sie sich bestimmt Fusel«, beteuerte Jago mit einem traurigen Unterton in der Stimme. »Kommen Sie, Cap’n. Wir setzen uns mit einer Flasche in eine ruhige Ecke. Was darf’s denn sein? Gin? Rum? Oder was Besonderes? Ein Tröpfchen Brandy vielleicht?« Er zwinkerte verschwörerisch.

»Französischer, kein spanischer. Erst heute Morgen habe ich eine neue Lieferung bekommen. Stammt aus des Kaisers eigenen Kellereien, habe ich mir sagen lassen.«

»Französischer Cognac, Sergeant?«, meinte Hawkwood trocken. »Das will ich nicht gehört haben. Ich dachte, wir hätten Krieg.«

»Lass dir wegen politischer Differenzen nie dein Geschäft kaputtmachen. So lautet die erste Regel im Handel.«

Jago steckte den Knüppel in seinen Gürtel, holte unter dem Tresen eine Flasche und zwei Gläser hervor und ging die Treppe hinauf zu einem Tisch am hinteren Ende. Als Hawkwood ihm folgte, spürte er die Blicke aller Gäste in seinem Rücken.

»Achten Sie nicht auf die Gaffer«, riet ihm Jago, legte den Knüppel auf den Tisch und goss Cognac in beide Gläser. »Der Reiz des Neuen ist bald verflogen.«

Was Hawkwood jedoch bezweifelte, obwohl unten in der Schänke wieder Stimmengewirr zu hören war.

»Auf die alten Zeiten!« Jago hob sein Glas zum Toast.

Hawkwood prostete ihm zu, trank einen Schluck und spürte, wie der Cognac mild und wärmend durch seine Kehle rann. Er fragte sich, ob die Flasche wirklich aus den Kellereien des Kaisers stammte und auf welchen verschlungenen Wegen sie wohl in dieser Kaschemme in Londons berüchtigtstem Elendsviertel gelandet war.

Da flüsterte Jago: »Wie ich höre, hatten Sie viel zu tun.« Er hob sein Glas an die Lippen und lehnte sich zurück. »Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, seit Sie die Absteige der Witwe Gant dichtgemacht haben«, redete er weiter und grinste boshaft. Dann setzte er seine Unschuldsmiene auf und fügte hinzu: »Wurde aber auch höchste Zeit, so, wie das alte Miststück die armen Kleinen verdorben hat.« Jago schnalzte mit der Zunge und schüttelte, das geschehene Unrecht missbilligend, den Kopf.

Hawkwood wunderte sich über Jagos vorgetäuschte Empörung, denn dass die Witwe Gant aus dem Verkehr gezogen worden war, konnte für alle anderen Kriminellen im Viertel nur von Vorteil sein. Damit hatten Jago und seine Komplizen eine Konkurrentin weniger. Deshalb hatte wohl auch niemand die Witwe gewarnt, als Gesetzeshüter in der Nähe ihrer Diebeshöhle aufgetaucht waren. Offensichtlich galt die alte Regel vom Ehrenkodex unter Dieben nicht für die Bewohner von St. Giles.

Während Hawkwood seinen Exsergeanten nachdenklich musterte, fiel ihm auf, dass sich Jago in den Monaten seit ihrer letzten Begegnung bis auf das dünner gewordene Haar und ein Pfund mehr kaum verändert hatte. Als Überlebenskünstler war er jetzt offenbar im Zivilleben absolut in seinem Element.

Nathaniel Jago war als Sohn eines Landarbeiters in einem abgelegenen Dorf in den Sümpfen von Kent geboren und dort aufgewachsen, bis seine Eltern an Cholera gestorben waren. Danach hatte sich der Junge mehr schlecht als recht und nicht immer auf legale Weise durchs Leben geschlagen und sich als Schmied, Viehtreiber, Wilderer und Schmuggler versucht, bis die zufällige Begegnung mit einem Rekrutierungstrupp auf dem Jahrmarkt in Maidstone sein Leben für immer verändert hatte.

Die Aussicht auf eine schöne Uniform, ein Dach über dem Kopf, drei ordentliche Mahlzeiten am Tag und nicht zu vergessen die zwei Guineen Handgeld waren dem heimatlosen jungen Mann, der immer auf der Flucht vor den Zollbeamten war, wie ein Traum vorgekommen, der nun endlich in Erfüllung ging. Und so war Nathaniel Jago an einem warmen Nachmittag im Frühsommer in den Dienst des Königs getreten und in den Krieg gezogen. Übers flache Land in Flandern, durch die undurchdringlichen Dschungel der Westindischen Inseln, über die staubigen Ebenen Indiens war Jago marschiert und hatte überall auf der Welt gekämpft und seinem Land zunächst als einfacher Soldat, dann als Sergeant gute Dienste geleistet.

Und Hawkwood ebenfalls.

Gemeinsam hatten sie unter Nelsons Kommando in Kopenhagen dem Feind die Stirn geboten, waren mit Black Bob Crauford durch Nord- und Südamerika marschiert und hatten unter Moore in Spanien und Portugal gekämpft Jago hatte neben Hawkwood auf dem Festungswall von Montevideo gestanden und ihm vor Rolica und Vimieiro den Rücken gedeckt. Bei Talavera hatten beide mit Entsetzen mit ansehen müssen, wie die Coldstream Guards und des Königs Deutsche Legion dem Gegenangriff der Franzosen zum Opfer gefallen waren.

Im Karree von Blatchington und Shorncliffe war diese Freundschaft geschmiedet worden. Zehn lange Jahre hatte Jago an Hawkwoods Seite Scharmützel und Schlachten überstanden. Immer war er ihm ein treuer Verbündeter gewesen und hatte neben ihm in der sengenden Hitze der spanischen Hochebenen in der Feldküche gegessen und mit ihm zitternd vor Kälte unter einer Decke in den Bergen gelegen. Und Jago war aus Loyalität zu Hawkwood zum flüchtigen Rechtsbrecher geworden.

Denn als sich Hawkwood in den Bergen den Guerilleros angeschlossen hatte, war Jago aus seiner Einheit desertiert und ihm gefolgt. Hawkwood hatte vergeblich versucht, den Sergeant zur Rückkehr zu überreden. Jago hatte ihm einfach ins Gesicht gelacht.

»Dafür ist es jetzt zu spät, Sir«, hatte er erwidert. »Was erwartet mich denn dort? Mit Deserteuren macht die Armee kurzen Prozess. Ich werde entweder ausgepeitscht oder gehängt. Beides keine sehr erfreulichen Aussichten. Nein, ich bleibe lieber an Ihrer Seite, Sir, wenn’s recht ist. Außerdem brauchen Sie jemanden, der Ihnen den Rücken freihält.«

»Du bist ein verdammter Idiot, Nathaniel«, hatte Hawkwood gesagt. »Ist es das Risiko wert, hier in den Bergen zu sterben?«

»Ja, wenn wir ein paar Franzosen mitnehmen«, hatte Jago entgegnet und grinsend hinzugefügt: »Die Armee kommt gut ohne Jago aus. Sie hingegen … na, geben Sie’s doch zu, Cap’n. Sie würden mich vermissen.«

Diesen im Scherz dahingesagten Worten hatte Hawkwood nichts entgegenzusetzen gehabt, denn er wusste, dass ihm der Sergeant ebenso unersetzlich war wie sein Gewehr oder sein Degen. Er brauchte Jagos Unterstützung in seinem persönlichen Krieg gegen die Franzosen. Also hatte sich Hawkwood geschlagen gegeben. Seitdem hatten die beiden nie wieder über dieses Thema geredet.

Bis zu jenem Tag, an dem sich Hawkwood zur Rückkehr nach England entschlossen hatte.

Ende September – der erste Schnee war in den Bergen schon gefallen – hatte Hawkwood Jago seinen Entschluss am Lagerfeuer mitgeteilt und war erstaunt gewesen, als der Sergeant gleichmütig reagiert und nur eine Frage gestellt hatte: »Wann geht’s los?«

Es war ihnen gelungen, zwei Passagen auf einem Handelsschiff nach London zu ergattern. Vor der Küste von Kent war Jago an der Mündung des Medway im Morgengrauen von Bord gesprungen, weil Militärpolizisten regelmäßig ankommende Schiffe nach Deserteuren durchsuchten. Hawkwood hatte Jago ans Ufer schwimmen sehen und den Verlust seines treuen Freundes sehr bedauert.

Hawkwood hatte angenommen, dass der Sergeant in das ihm vertraute Gebiet der Sümpfe von Kent zurückkehren und dort wieder wie früher als Schmuggler ein neues Leben beginnen würde. Er hatte keine Angst, dass Jago je gefasst werden würde, dafür war der Sergeant zu gerissen. Er wusste aber auch, dass Jago mit ihm in Verbindung treten würde, sollte er es für nötig halten.

Und so war es auch gekommen. Hawkwood hatte nichts mehr von Jago gehört, bis er während seiner ersten Monate als Runner das Gerücht aufgeschnappt hatte, Sergeant Jago habe sich doch nicht in den Salzsümpfen niedergelassen, sondern sei den Verlockungen der Großstadt gefolgt.

Londons Unterwelt war eine verschworene Gemeinschaft, sodass Hawkwood nur hin und wieder Gerüchte aufschnappte: Ein Exsoldat im tiefsten Elendsviertel Anführer einer Bande Schläger, die er mit militärischer Präzision befehlige.

Es erstaunte Hawkwood keineswegs, dass Jago durch seine militärischen Fähigkeiten und Erfahrungen jetzt zum Bandenführer aufgestiegen war und sich in Londons Unterwelt einen Namen gemacht hatte. Es hieß, der Sergeant habe seine Finger in jedem lukrativen Geschäft. Dazu gehörten angeblich Schutzgelderpressung, Diebstahl, Seeräuberei und Prostitution. Wie viel davon stimmte, hatte Hawkwood nie feststellen können, doch in jedem Gerücht steckt schließlich ein Körnchen Wahrheit. Jedenfalls war es Jago gelungen, sich seit seiner Ankunft im Elendsviertel eine einflussreiche Position aufzubauen. Ob er diesen Erfolg seinem Grips oder seiner Muskelkraft zu verdanken hatte, blieb dahingestellt, doch so, wie Hawkwood den Sergeant kannte, hatte er beides eingesetzt. Wie auch immer, jedenfalls war der Exsoldat jetzt in der Lage, Hawkwood manchmal genau die Informationen zuzuspielen, die er brauchte.

Über Monate hinweg hatten sich die beiden immer wieder gelegentlich getroffen, aber nur auf Jagos eigenem Terrain. Das sei nicht persönlich gemeint, hatte Jago gesagt, aber man wisse ja nie, ob so ein verdammter Militärpolizist plötzlich aus dem Nichts auftauche. »Sie wollen doch nicht, dass ich mit runtergelassenen Hosen geschnappt werde, oder, Sir?«, hatte er hinzugefügt.

Und so hatte sich allmählich eine Partnerschaft entwickelt, die aus dem Austausch von Tipps über kriminelle Machenschaften und Hinweisen über bevorstehende behördliche Maßnahmen bestand. Und beide Parteien hatten bisher davon profitiert.

Jetzt stellte Jago sein Glas auf den Tisch, beugte sich vor und sagte: »Cap’n, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Natürlich freue ich mich, Sie zu sehen, doch meine alten Knochen sagen mir, dass es sich nicht um einen rein freundschaftlichen Besuch Ihrerseits handelt. Dahinter steckt doch eine Absicht, oder? Möchten Sie dem alten Nathaniel sagen, worum es sich handelt?«

Plötzlich flackerte die Kerze in einem Luftzug, sodass Jagos Schatten an der Wand hin und her wanderte, einen formlosen Klecks bildete oder wie ein aus der Ecke springender buckeliger Kobold aussah.

In der Schänke herrschte jetzt große Aufregung, denn in dem mit Stroh bestreuten Pit wurden zwei Kampfhunde aufeinander gehetzt. Knurrend und zähnefletschend sprangen sie einander an die Gurgel und fetzten sich mit ihren scharfen Krallen das Fell vom Körper. Hawkwood wandte schnell den Kopf wieder ab und sagte: »Es geht um Informationen.«

»Kaufen oder verkaufen Sie?«, fragte Jago und hob spöttisch die Brauen.

Hawkwood verschwendete keine Zeit und kam sofort zur Sache. »Vor zwei Nächten wurde an der Straße nach Kent eine Kutsche überfallen. Dabei wurden zwei Männer getötet: der Wachmann und ein Passagier.«

»Und Sie denken, ich hätte etwas damit zu tun?«, erkundigte sich Jago stirnrunzelnd.

Hawkwood musterte seinen ehemaligen Sergeant eindringlich, ehe er antwortete: »Nein, aber ich nehme an, dieser Überfall hat eine gewisse Aufmerksamkeit erregt. Habe ich Recht?«

Jago neigte den Kopf zur Seite. »Könnte sein, dass ich was gehört habe.«

»Und was?«

Jago sah Hawkwood unverwandt an. »Wollen Sie die beiden vor den Richter bringen, Cap’n?«

»Die beiden?«, hakte Hawkwood schnell nach.

Jago trank einen Schluck Cognac und wischte sich dann den Mund ab. Hawkwood wusste, dass der Sergeant Zeit gewinnen und seine Chancen abwägen wollte.

»Es waren zwei Männer«, verriet er schließlich. »Ein alter und ein junger, wie ich gehört habe.«

»Was hast du sonst noch gehört?«

»Nicht viel«, entgegnete Jago und seufzte. »Außer, dass sie vor den Rotröcken fliehen mussten und nur ein paar wertlose Schmuckstücke erbeutet haben.« Kopfschüttelnd fügte er hinzu: »Der ganze Aufwand hat sich doch nicht gelohnt. Verdammte Amateure!«

»Der Passagier war ein Kurier der Admiralität«, sagte Hawkwood.

»Ach, tatsächlich?«, entgegnete Jago mit schmalen Augen.

»Ich habe mich schon gefragt, warum Sie derart an diesem Überfall interessiert sind. Mal ehrlich, wenn nur der Begleiter des Kutschers getötet worden wäre, säßen wir dann auch hier und würden uns darüber unterhalten?«

»Mord ist Mord«, dozierte Hawkwood. »Es spielt keine Rolle, ob das Opfer ein Prinz oder Bettler war. Mord ist etwas anderes als der Diebstahl eines Brotlaibs.«

»Erklären Sie das mal dem Richter«, knurrte Jago. »Unsereins wird doch für beides gehängt.«

Hawkwood schüttelte den Kopf. »Ich würde nie einen Mann festnehmen, der einen Laib Brot für seine Familie stiehlt.«

»Wenn das so ist«, murmelte Jago, »dann sind Sie aber in der Minderheit.« Er musterte Hawkwood durchdringend. »Wissen Sie, Cap’n, mir fällt auf, dass dies zu einer verdammten Gewohnheit wird.«

»Was?«

»Dass Sie zu mir kommen und mich um einen Gefallen bitten, weil wir früher Waffengefährten waren. So geht das nicht.«

»Hast du nicht gesagt, es sei dir stets eine Freude, mich zu empfangen?«, entgegnete Hawkwood lächelnd.

»O Mann!«, konterte Jago schlagfertig. »Eins muss man Ihnen lassen: Ihren Humor haben Sie nicht verloren.«

»Ich leugne ja nicht, dass es mir leichter fällt, dich um einen Gefallen zu bitten, weil wir uns schon so lange kennen. Man nimmt, was man kriegt.«

»Und im Augenblick haben Sie nur mich«, folgerte Jago.

Hawkwood lächelte wieder und erzählte dann, dass Lomax und seine Patrouille die Spur der flüchtenden Straßenräuber verloren hatten.

»Diese blöden Kavalleristen«, erwiderte Jago. »Was haben Sie denn erwartet? Die finden nicht einmal ihre eigenen Ärsche, auf denen sie sitzen.«

Hätte Jago Lomax’ bis zur Unkenntlichkeit verstümmeltes Gesicht gesehen, dachte Hawkwood, wäre ihm diese üble Bemerkung wohl im Hals stecken geblieben.

»Ich bin kein Denunziant, Cap’n.«

»Das weiß ich«, wisperte Hawkwood.

»Es bleibt also bei unserer gewohnten Vereinbarung: Eine Hand wäscht die andere?«, seufzte Jago theatralisch und lenkte ein: »Na gut, abgemacht. Was soll ich tun?«

»Halt einfach Augen und Ohren offen, und lass mich wissen, ob jemand versucht, die Beute zu verhökern.«

»Mehr nicht?«, hakte Jago argwöhnisch nach.

»Mehr nicht«, bestätigte Hawkwood.

»Ihnen ist schon klar, dass ich durch den Umgang mit Ihnen meinen Ruf riskiere?«

»Du wirst es überleben«, sagte Hawkwood.

Aus dem Pit drang ein markerschütterndes Heulen, gefolgt vom Aufstöhnen der Zuschauer.

»Blutrünstige Arschlöcher«, schnaubte Jago verächtlich und beobachtete, wie der besiegte, aus mehreren Wunden blutende Kampfhund laut keuchend von seinem enttäuschten Besitzer aus dem Pit gezerrt wurde.

Dann merkte Hawkwood, dass Jago den Blick zu einem der Nebentische schweifen ließ. Einer der dort sitzenden Männer, ein stämmiger Kerl mit rasiertem Schädel und einem Gesicht voller Pockennarben, erregte seine Aufmerksamkeit. Der Mann starrte Jago mit unverhohlener Feindseligkeit an. Zu seinen Füßen lag ein riesiger, scheckiger, bösartig dreinblickender Hund. Die breite Schnauze auf den Pfoten, schien er zu dösen, hob jedoch plötzlich seinen mächtigen Schädel und bleckte die rasiermesserscharfen Zähne.

»Hast du mir was zu sagen, Tom Scully?«, forderte ihn Jago heraus. »Wenn ja, dann spuck’s aus. Bringen wir’s hinter uns.«

Der mächtige Kerl warf sich in die Brust, ignorierte die ängstlichen Blicke seiner Kumpane und platzte heraus: »Du befindest dich in schlechter Gesellschaft, Jago.«

»Tatsächlich?«, entgegnete Jago. »Was ihr denkt, kümmert mich einen Scheißdreck.«

Finster deutete Tom Scully mit dem Kinn auf Hawkwood. »Wir alle haben gehört, dass Dick Brewer den Kerl erkannt hat. Er ist das Gesetz. Er ist ein verdammter Runner, ein Rattenfänger! Wir wundern uns, wie es kommt, dass du mit ihm eine Flasche leerst. So, wie ich das sehe, geht ihr etwas zu vertraut miteinander um.«

»Mit wem ich trinke, geht nur mich etwas an«, knurrte Jago. »Merkt euch das.«

»Nicht, wenn er uns die Gendarmen auf den Hals hetzt.«

»Das wird nicht passieren.«

»Wer sagt das?«

»Ich.«

»Du?«

»Ja, Scully. Ich. Zweifelst du etwa an meinen Worten?«

Da merkte Scully, dass er zu weit gegangen war und von seinen Kumpeln im Stich gelassen wurde. Er leckte sich nervös die blutleeren Lippen. Dann lenkte er ein: »Ich will damit nur andeuten, dass es nicht richtig ist.«

»Du findest es nicht richtig?«, empörte sich Jago und verdrehte die Augen. »Herrgott, Scully! Vieles ist nicht richtig. Es ist nicht richtig, dass Menschen auf den Straßen sterben. Und es kotzt mich an, dass du hier rumjammerst wie ein verdammtes Fischweib. Wenn dir nichts Besseres einfällt, solltest du lieber die Klappe halten, sonst setzen wir unsere Unterhaltung in diesem beschissenen Hunde-Pit fort. Hast du mich verstanden?«

Angespanntes Schweigen.

»Ich warte«, sagte Jago schließlich.

Obwohl Scullys Unterkiefer zuckte und seine Augen böse funkelten, murmelte er: »Ich habe verstanden.«

»Gut«, erwiderte Jago und starrte Scullys Kumpel herausfordernd an. »Hat sonst noch jemand etwas auf dem Herzen? Nein? Na, da bin ich aber froh.«

Er drehte sich zu Hawkwood um und murmelte finster: »Blöde Arschlöcher«, und hob sein Glas. »Wo waren wir stehen geblieben?«

»Wer ist das?«, erkundigte sich Hawkwood.

»Scully?« Jago spuckte den Namen förmlich aus und stellte den Krug wieder auf den Tisch. »Nichts als eine miese Kielquappe. Achten Sie nicht auf ihn.«

»Ein Seemann?«

»Ja. Und ausgerechnet er redet von schlechter Gesellschaft. Darüber könnte Scully ein Buch schreiben. Wenn der Bastard überhaupt schreiben kann«, fügte Jago mit grimmigem Humor hinzu.

»Was weißt du über ihn?«

Jago starrte kurz in seinen Becher, blickte dann auf und zuckte abweisend mit den Schultern. »Er war bei der Marine. Behauptet, als Captain der Kanoniere auf der Inflexible gedient zu haben.« Jago verzog verächtlich die Lippen. »Er war einer von Parkers Schlägern.«

»Parker?«

»Ja, genau der. Delegates of the Whole Fleet at the Nore schimpften sich diese Großmäuler. Ich würde sie anders nennen.«

Da begriff Hawkwood, wovon Jago sprach. »Du meinst die Meuterer?«

Jago nickte. »Es heißt, er sei einer der Rädelsführer gewesen.«

Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass Jago, der Deserteur, einen Meuterer in ein derart schlechtes Licht rückte. Hawkwood wusste jedoch, dass für Jago zwischen beiden ein himmelweiter Unterschied bestand.

»Und wie ist es ihm gelungen, durch das Netz zu schlüpfen?«, fragte Hawkwood.

»Na, die Geschichte wird Ihnen gefallen«, sagte Jago. »Ich habe Ihnen doch erzählt, dass er Kanonier auf der Inflexible war.«

Hawkwood nickte.

»Es war die Mannschaft der Inflexible, die sich als Letzte ergeben wollte – bis auf etwa ein Dutzend Männer, einschließlich Scully, die weiterkämpfen wollten. Die anderen hatten jedoch die Nase voll und haben Scully und seine Kumpane unter Deck eingesperrt. Und während die Besatzung auf die Kapitulation gewartet hat, ist es Scully und seinen Männern gelungen, durch ein Kanonenloch zu klettern und mit Beibooten zu fliehen.«

Jago schilderte, dass die Flüchtigen es bis nach Faversham geschafft, dort eine Schaluppe gestohlen hatten und nach Calais gesegelt waren, um zu den Franzosen überzulaufen.

»Die dachten, sie würden mit offenen Armen in Empfang genommen«, fuhr Jago fort und lehnte sich zurück. »Blöde Scheißkerle! Gleich nach der Landung haben die Franzosen sie ins Gefängnis gesteckt. Wahrscheinlich sollten sie gegen unsere Kriegsgefangenen eingetauscht werden.«

»Ist es so gekommen?«

»Nee. Irgendwann wurden sie freigelassen. Die meisten haben dann auf französischen Kaperschiffen angeheuert.«

»Scully auch?«

»Behauptet er jedenfalls. Angeblich war er acht Jahre Freibeuter, ehe er vor Martinique von Bord gesprungen und sich auf den Heimweg gemacht hat. Dann ist er ins Schmugglergeschäft eingestiegen. Er stammt aus meiner Gegend, aus Sheerness, und kennt die Küste, alle Landeplätze und Verstecke vor dem Zoll wie seine Westentasche. Eins muss ich ihm aber lassen«, fügte Jago hinzu. »Es gibt wohl nicht viele Kerle, denen durch einen Sprung ins Wasser zweimal die Flucht gelungen ist.«

»Jetzt ist er aber weit weg von zu Hause«, sagte Hawkwood.

»Sind wir das nicht alle?«, murmelte Jago und ließ seinen Blick durch den Keller schweifen. Ihm entging nichts. »Tatsächlich ist Scully – wir nennen ihn auch Ahle – einer der besten leichten Reiter auf dem Fluss.«

Es gab zwei Arten von Reitern. Schwere Reiter begingen ihre Beutezüge im hellen Tageslicht, während die leichten Reiter den Schutz der Dunkelheit vorzogen. Die Jagdgründe dieser Banden waren am Fluss ankernde Schiffe. Sie nutzten Ebbe und Flut und das Mondlicht, spähten geeignete Frachtkähne und Leichter aus, kappten die Taue und ließen die Schiffe stromabwärts treiben und an einem geeigneten Landeplatz stranden. Dort entluden sie die Fracht und übergaben sie Hehlern zur Verteilung und zum Verkauf. Für Männer mit starken Nerven und den richtigen Verbindungen war das ein gutes Geschäft.

»Warum hat er den Spitznamen ›Ahle‹?«, fragte Hawkwood.

»Wegen seiner Art, mit Leuten umzugehen, die ihm in die Quere kommen. Er verpasst ihnen ein Merkmal, er zeichnet sie. Ja, so könnte man es nennen …«

Hawkwood wartete.

»Die meisten Männer tragen ihren Streit mit den Fäusten oder einer Klinge aus«, fuhr Jago fort und deutete auf den Nebentisch. »Scully jedoch benutzt eine Ahle. Das ist eine schreckliche Waffe, wenn sie in die falschen Hände gerät.«

Dieser Erklärung hätte es nicht bedurft, denn Hawkwood kannte alle Arten von Waffen, mit denen Gewalttäter ihren Mitmenschen – egal, ob Männern, Frauen oder Kindern – schwere Körperverletzungen zufügten. Der Seemann Scully war nur ein weiteres Strandgut, das die Flut in die Elendsviertel der Hauptstadt geschwemmt hatte: Entwurzelte, brutale Typen, die für ihre Zwecke vor keiner Methode der Einschüchterung zurückschreckten.

»Scully hasst jede Form von Autorität«, erklärte Jago weiter. Er hatte sichtlich Gefallen an diesem Thema gefunden. »Wie es heißt, wollte er alle Offiziere der Inflexible an der nächsten Rahnocke baumeln lassen. Seltsamerweise hat ausgerechnet Parker ihn daran gehindert. Angeblich hat er jedoch einen Offizier des französischen Kaperschiffs, auf dem er angeheuert hatte, getötet, ehe er über Bord gesprungen ist. Erst hat er dem armen Kerl den Schädel eingeschlagen und dann mit der Ahle die Hände durchbohrt.«

Jago leerte sein Glas und stellte es auf den Tisch. »Soll ich noch mal nachschenken?«

Hawkwood schüttelte den Kopf. »Es wird Zeit aufzubrechen. Ich will deine Gastfreundschaft nicht überstrapazieren.«

»Ohne Begleitung lasse ich Sie nicht gehen«, warnte Jago. »Draußen ist es schon dunkel. Da ist es gefährlich, durch die Gassen zu irren. Schließlich weiß man nie, wer einem begegnet. Und ich würde meines Lebens nicht mehr froh, sollte Ihnen was zustoßen«, fügte der Exsergeant augenzwinkernd hinzu.

Dann trat Jago ans Geländer und winkte jemandem in der Schänke unten zu. Aus dem Zuschauerkreis am Hunde-Pit löste sich eine kleine Gestalt und stieg die Treppe hoch. Erst bei näherem Hinsehen erkannte Hawkwood, dass es sich dabei nicht um Jenny, sondern um einen kleinen, zaundürren Wuschelkopf handelte, der ihm bekannt vorkam. Tatsächlich war es der Junge, der Major Lawrence so geschickt die Taschenuhr geklaut hatte. Irgendwo zwischen Witwe Gants Absteige und der Bridewell-Besserungsanstalt war Tooler, dem Taschendieb, wohl die Flucht gelungen.

Tooler grinste Hawkwood frech an, tippte sich mit den Fingern an die Schläfen, als würde er salutieren, und sah dann Jago erwartungsvoll an.

Ich werde mir Constable Rafferty vorknöpfen und ein ernstes Wort mit ihm reden, dachte Hawkwood grimmig.

Jago legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Du bringst ihn sicher nach Hause, Tooler. Den ganzen Weg, hörst du? Ich will nicht, dass du plötzlich verschwindest und er Räubern und anderen Taugenichtsen in die Hände fällt. Kapiert?«

Tooler nickte gehorsam.

»Und dann kommst du schnurstracks wieder hierher. Trödle nicht rum, und steck deine klebrigen Finger nirgends rein, wo sie nicht hingehören, zum Beispiel in die Taschen anderer Leute. Kapiert?«

Hawkwood merkte, dass Jago sich in dieser gönnerhaften Pose gefiel, weil er sich in übertriebenen Ermahnungen erging. An seiner Stelle hätte ich diese Situation wohl auch ausgenutzt, dachte er sich.

»Passen Sie auf sich auf, Cap’n«, sagte Jago und streckte die Hand aus.

»Und du auf dich, Nathaniel«, entgegnete Hawkwood und drückte fest Jagos Hand. Dieser Händedruck drückte die nach wie vor innige gegenseitige Freundschaft aus und besiegelte auch Jagos stillschweigendes Versprechen, irgendwelche Informationen über den Raubüberfall auf die Kutsche, die ihm zu Ohren kommen sollten, an den Captain weiterzuleiten.

Jago sah Hawkwood und dem Jungen nach, als die beiden sich durch die Menge in der Schänke drängten. Und kaum war der hochgewachsene Runner aus der Tür, entspannte sich die Atmosphäre im Keller merklich.

Jetzt erhoben sich zwei der Männer am Nebentisch.

»Bleib, wo du bist, Asa Hawkins«, knurrte Jago warnend.

»Und du auch, Will Sparrow. Mir schwant, dass ihr Böses im Schilde führt, Jungs. Habe ich Recht, Ahle? Vielleicht wollen deine Jungs meinem Freund irgendwo auflauern?«

»Nein, wir gehen nur pinkeln, Jago«, wimmerte Hawkins.

»Und Sparrow soll ihn wohl dabei halten und hinterher ausschütteln, wie? Setzt euch. Eine Weile könnt ihr bestimmt noch warten. Und was ist mit dir, Ahle? Verspürst du auch ein dringendes Bedürfnis?«

»Du hältst dich wohl für verdammt schlau, was, Jago?«, stieß Scully mit wildem Blick hervor. »Dieser Scheißkerl ist ein Runner. Er hat hier nichts verloren. Weißt du eigentlich, wie viele von uns er schon hopsgenommen hat?«

»Kann ich nicht auf Anhieb sagen«, entgegnete Jago. »Aber jeder, der blöd genug ist, sich erwischen zu lassen, hat es wohl verdient. Willst du deshalb diese Idioten hinter ihm herschicken? Damit sie ihm eine Abreibung verpassen? Die Drecksarbeit überlässt du wohl lieber anderen, wie? Vielleicht hätte ich deine Speichellecker nicht zurückhalten sollen. Ihnen wäre eine heilsame Lehre erteilt worden.«

»Wir wären schon mit ihm fertig geworden«, prahlte Sparrow, der schmächtigere von beiden. »Mit links.«

Jago betrachtete Sparrow mitleidig. »Dass ich nicht lache! Ihr hättet keine Chance gehabt. Glaubt mir, ich habe euch einen Gefallen getan.«

»Zwei gegen einen, pah!«, höhnte Scully.

Jago versteifte sich. »Ja, aber lass dir was über diesen einen erzählen, Ahle. Er war Soldat, ein Offizier im 95. Rifles Regiment. Von denen hast du doch schon gehört, oder? Das härteste Regiment der ganzen verdammten Armee. Er hat mehr Männer getötet als du Halbe Bier geschluckt hast. Und er war der beste Offizier, unter dem ich je gedient habe. Hast du die Narbe unter seinem Auge gesehen? Die hat er vom Säbel eines französischen Husars. Der Hieb hat eigentlich mir gegolten, aber er ist dazwischengegangen. Das allein macht ihn zu einem Mann, der du nie sein wirst, Ahle. Solange er sich also unter diesem Dach aufhält, steht er unter meinem Schutz. Hast du das kapiert, Ahle? Und jeder hier, der anders darüber denkt, kriegt’s mit mir zu tun!« Jago umfasste mit der rechten Hand seinen Knüppel aus Schlehdornholz. »Ist das klar?«

Die Männer am Tisch rutschten unruhig auf ihren Stühlen herum. Alle, bis auf Scully, dessen Augen schwarz und hart wie Stein wurden. Der kahle Schädel und das pockennarbige Gesicht verliehen ihm ein furchterregendes Aussehen. Er schnellte so abrupt hoch, dass sein Stuhl auf den Boden krachte. Durch die plötzliche Bewegung und den Lärm aufgeschreckt, sprang der scheckige Hund auf und knurrte bösartig. Scully löste die lederne Hundeleine vom Tischbein.

»Eines Tages, Jago, werden wir unter vier Augen ausmachen, wer der König im Schloss ist.« Dann riss Scully hart an der Leine, wandte sich ab und ging zu dem Hunde-Pit in der Schänke hinunter.

Jago sah ihm nach und murmelte: »Jederzeit, Ahle. Jederzeit.«

Загрузка...