Läufer tat einen Schritt nach der Schale, um sie aufzuheben. Doch da blieb er unvermittelt stehen. Ein neuer Gedanke schoß ihm durch den Kopf. Lange starrte er schweigend der fortgeflogenen Muschel nach, als habe er ein Gespenst gesehen.
Ein federnder Zweig, eine straff gespannte Faserschnur — und ein leichter, scharfer Gegenstand, der fortgeschnellt werden konntel Das war die Antwort auf eine wichtige Frage, die er sich seit langem stellte. Jetzt kannte er das Geheimnis der Kariben.
Oftmals hatte er Zweige zurückschnellen sehen, wenn er selbst oder ein anderer sie losließ, aber noch nie hatte er darüber gründlicher nachgedacht. Nun schien es, als sei auch in ihm etwas zurückgeschnellt. Er kniff die Lippen zusammen, suchte eine schärfere Muschelschale und begann eifrig noch mehr Zweige abzuschneiden.
In diesem Augenblick kam Sägefisch aus den Uferbüschen und trat zu ihm.
„Was machst du da, Junge?" fragte er. „Willst du einen Korb machen?"
Läufer sah von seiner Arbeit auf und begegnete dem Blick des Häuptlings.
„Ich denke mir gerade etwas aus, das wir wahrscheinlich dringender brauchen als alles andere", antwortete er ernst. „Aber ich weiß noch nicht genau, wie ich es machen muß, damit es brauchbar wird. Häuptling, würdest du mich nach der größeren Insel hinüberfahren und einige Zeit dort bleiben lassen — ganz allein?"
Sägefisch furchte die Stirn.
Wäre ihm irgendein anderer von den Burschen mit einem solchen Verlangen gekommen, dann hätte der Häuptling wohl mit einem Nein geantwortet. Jetzt, wo man soviel zu tun hatte, war nicht die rechte Zeit, jemanden zu beurlauben. Mußte man doch Lebensmittelvorräte beschaffen, Regendächer bauen, Fischfanggeräte herstellen und vieles andere mehr.
Ganz zu schweigen davon, daß man scharf Ausschau halten mußte, ob etwa Kriegskanus der Feinde nahten.
Aber andrerseits war Läufer kein Faulpelz, sondern ein geschickter und williger Junge. Es konnte ja sein, daß er wirklich etwas Wichtiges vorhatte. Wenigstens schien er es selbst zu glauben.
Der Häuptling nickte nachdenklich.
„Ja, ich gebe dir Urlaub, wenn du meinst, daß es irgendwie nützlich für uns sein kann. Worum handelt es sich?"
Läufer schaute über das weite Meer und zögerte mit der Antwort. Er wußte selbst nicht recht, woher er den Mut nahm, so mit dem Häuptling zu reden.
„Würdest du mir die Antwort ersparen, bis ich meiner Sache ganz sicher bin?" fragte er schließlich mit verhaltener Stimme.
Sägefisch sah ihn scharf an.
„Wie du willst", sagte er. „Ich verlasse mich auf dich, Junge l"
Früh am nächsten Morgen paddelte Läufer über den Sund nach der großen Insel hinüber.
Er hatte Feuer mitgenommen und einen kleinen Tontopf, eine Steinaxt, einige Schaber aus Sandstein und Muschelschalen, sein gesamtes Fischgerät und den Wurfspeer; dazu eine ganze Menge Stöcke, Stäbe und Holzstücke — Material für Speere und Harpunenschäfte.
Einiges hatte er von Sägefisch erhalten, manches andere selbst vom Festland mitgebracht; und drei lange, gerade Stücke feines schwarzes Palmenholz hatte er bei Habichtfeder gegen zwei seiner schönsten Halsbänder — eins aus Kaurischnecken und eins aus Krokodilzähnen eingetauscht.