37.

Mittwochvormittag, der sechzehnte Dezember


Erik sitzt neben Joona im Auto und bläst auf den Kaffee in seinem Pappbecher. Sie fahren an der Universität und dem Naturhistorischen Museum vorbei. Auf der anderen Straßenseite leuchten in der einsetzenden Dämmerung Gewächshäuser.

»Bist du dir bei dem Namen sicher? Eva Blau?«, fragt Joona.

»Ja.«

»Er steht in keinem Telefonbuch, in keinem Strafregister und keinem Waffenregister, es gibt weder eine Steuernummer beim Finanzamt noch einen Schufa-Eintrag, die Frau ist nirgendwo gemeldet und taucht in keiner Verkehrssünderkartei auf. Ich habe alle Namensregister der Bezirksregierungen, Landschaftsverbände, Kirchen, Sozialversicherung und Einwanderungsbehörde durchgehen lassen. Es gibt in Schweden keine Eva Blau, und es hat sie auch nie gegeben.«

»Aber ich hatte die Frau als Patientin«, beharrt Erik.

»Dann muss sie anders geheißen haben.«

»Ich weiß doch verdammt nochmal, wie meine …«

Er verstummt, weil etwas vorbeihuscht, eine Ahnung aufblitzt, dass sie vielleicht doch einen anderen Namen trug, aber sie ist gleich wieder weg.

»Was wolltest du sagen?«, fragt Joona.

»Ich werde meine Unterlagen durchsehen, vielleicht wurde sie auch nur Eva Blau genannt.«

Der weiße Winterhimmel ist tief und bedeckt, und es sieht aus, als könnte es jeden Moment anfangen zu schneien.

Erik trinkt einen Schluck Kaffee und schmeckt erst die Süße und dann den bitteren Nachgeschmack. Der Wagen biegt in eine Einfamilienhaussiedlung im Vorort Täby ab. Sie rollen langsam an den Häusern entlang, vorbei an erfrorenen Gärten mit kahlen Obstbäumen und kleinen abgedeckten Teichen, verglasten Wintergärten mit Rattanmöbeln, schneebedeckten Trampolinen, bunten Lichterketten in Zypressen, blauen Plastikschlitten und geparkten Autos.

»Wohin fahren wir eigentlich?«, fragt Erik plötzlich.

Kleine runde Schneeflocken fliegen durch die Luft, sammeln sich auf der Motorhaube und schlagen gegen die Scheibenwischer.

»Wir sind gleich da.«

»Wo?«

»Ich habe ein paar andere Personen mit dem Nachnamen Blau ausfindig machen können«, antwortet Joona lächelnd.

Er biegt in die Auffahrt zu einer freistehenden Garage und bremst, lässt den Motor jedoch im Leerlauf an. Mitten auf dem Rasen steht ein zwei Meter hoher Winnie Puh aus Plastik, bei dem die rote Farbe des Pullovers abgewetzt ist. Ansonsten sind in dem Garten keine Spielsachen zu sehen. Ein Weg aus unregelmäßig geformten Schieferplatten führt zu einem großen gelben Holzhaus hinauf.

»Hier wohnt Liselott Blau«, sagt Joona.

»Und wer ist das?«

»Keine Ahnung, aber vielleicht weiß sie etwas über Eva.«

Joona sieht Eriks zweifelnde Miene und sagt:

»Es ist der einzige Anhaltspunkt, den wir momentan haben.«

Erik schüttelt den Kopf.

»Das ist alles so lange her, und ich denke wirklich nie an diese Zeit, in der ich noch mit Hypnose gearbeitet habe.«

Eriks Blick begegnet Joonas eisgrauen Augen.

»Vielleicht hat es auch gar nichts mit Eva Blau zu tun«, sagt er.

»Hast du versucht, dich zu erinnern?«

»Ich denke schon«, antwortet Erik zögernd und betrachtet den Kaffeebecher.

»Gründlich?«

»Vielleicht nicht.«

»Weißt du, ob Eva Blau gefährlich war?«, fragt Joona.

Erik blickt aus dem Autofenster und sieht, dass jemand Winnie Puh mit einem Filzschreiber Reißzähne und bedrohliche Augenbrauen angemalt hat. Er trinkt einen Schluck Kaffee und erinnert sich plötzlich wieder an den Tag, an dem er den Namen Eva Blau zum ersten Mal gehört hat.

Jetzt fällt es ihm wieder ein.

Es war an einem Morgen um halb neun. Die Sonne stand auf den verstaubten Fenstern. Ich hatte nach meinem Nachtdienst im Büro geschlafen, denkt Erik.

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