Die Räuberfalle


Kasperl und Seppel, Frau Schlotterbeck und Herr Dimpfelmoser hatten genug gesehen: Nun waren sie felsenfest überzeugt davon, dass Hotzenplotz nicht im Traum daran dachte sein Leben zu ändern.

„Friedliche Bürger brauchen kein Schießpulver", sagte Herr Dimpfelmoser. „Und was er mit seinen Messern und den Pistolen im Sinn hat, kann man sich an zwei Fingern ausrechnen. Es ist höchste Gefahr im Verzug! Morgen Vormittag werde ich alles schriftlich zu Protokoll nehmen – und am Nachmittag lege ich fest, welche weiteren Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen sind. Der Kerl soll sein blaues Wunder erleben!"

Er setzte den Helm auf, dann richtete er das Wort an die Witwe Schlotterbeck:

„Könnten Sie wohl die Güte haben und morgen früh, wenn es draußen hell wird, die Überwachung des Räubers fortsetzen? Das ist wichtig, damit er uns nicht durch die Lappen geht."

„Ihnen zuliebe", versprach ihm Frau Schlotterbeck, „werde ich mir den Wecker auf vier Uhr früh stellen."

Kasperl und Seppel waren nicht übermäßig begeistert davon, dass Herr Dimpfelmoser den nächsten Schritt gegen Hotzenplotz frühestens morgen Nachmittag unternehmen wollte. Der Räuber war schwer bewaffnet – was konnte er in der Zwischenzeit alles anstellen!

Während sie miteinander heimgingen, legten die beiden sich einen Plan zurecht, wie sie Hotzenplotz fangen wollten.

„Zweimal haben wir ihn auf eigene Faust geschnappt", sagte Kasperl. „Da schaffen wir's auch ein drittes Mal!"

Sie schlichen am anderen Morgen vor Tau und Tag von zu Hause weg: Kasperl mit einem Sack voll Sand auf dem Rücken, Seppel mit Großmutters Wäscheleine unter dem Arm.

Im Morgengrauen eilten sie durch den Wald, überquerten den Moosbach und huschten am Alten Steinkreuz vorbei. Kurz vor der Räuberhöhle machten sie Halt. Dort standen zwei mächtige alte Buchen neben dem Pfad, eine links, eine rechts davon: Dies war die Stelle, die sich für eine Räuberfalle am besten eignete.

„Fangen wir an!", sagte Kasperl.

Mit Seppels Hilfe erkletterte er die linke Buche und schwang sich auf einen Ast, der über den Pfad hinausragte. Vorsichtig rutschte er auf dem Ast entlang, bis der Fußweg genau unter ihm lag. Nun musste ihm Seppel das eine Ende von Großmutters Wäscheschnur zuwerfen.

„Hast du sie?"

„Danke schön", sagte Kasperl. „Ich lasse sie auf der anderen Seite wieder hinunter, damit du den Sack voll Sand daran festbinden kannst. Ist das klar?"

„Klar wie Zwetschgenmus."

Kasperl rutschte zurück und ließ sich am Stamm der Buche hinabgleiten.

„Fertig?"

„Moment", sagte Seppel. „Ich mache zur Sicherheit einen Extraknoten ... Wenn der nicht hält, will ich Mops heißen."

Sie zogen den Sack mit vereinten Kräften bis zu dem Ast empor. Das freie Ende der Wäscheleine schlangen sie um den Stamm der Buche, die auf der rechten Seite des Pfades stand. Den Rest spannte Kasperl als Stolperschnur über den Weg.

„Und du meinst, dass es klappen wird?", fragte Seppel. „Wer sagt uns denn überhaupt, dass Hotzenplotz hier entlangkommt?"

Kasperl war zuversichtlich.

„Es gibt keinen anderen Weg, der zu seiner Höhle führt."

„Und der Sack mit dem Sand? Ob er wirklich herunterfällt?"

„Das ließe sich ausprobieren."

„Ist gut", sagte Seppel. „Nehmen wir also an, dass Hotzenplotz hier vorbeikommt und dass er den Stolperstrick nicht entdeckt. Er stößt mit dem Fuß dagegen: ganz leicht nur, wie ich jetzt dagegenstoße – und dann?"

Seppels Befürchtungen waren grundlos gewesen.

Er hatte den Stolperstrick kaum mit dem großen Zeh berührt – da plumpste der Sandsack herunter. Er plumpste ihm auf den Hut, und Seppel verdrehte die Augen.

„Uff!"

Damit sank er in sich zusammen und sagte für eine Weile gar nichts mehr.

„Seppel!", beschwor ihn Kasperl. „Aufwachen, Seppel!" Er zupfte ihn an den Haaren, er rieb ihm die Ohren, er zwickte ihn in die Nase – vergebens. Da ließ eine raue Männerstimme sich hören:

„Den scheint's ja ganz schön erwischt zu haben, hö-höh!" Und als Kasperl erschrocken aufblickte, sah er – dem Räuber Hotzenplotz ins Gesicht.

„Seppel!", rief Kasperl. „Was hast du, um Himmels willen? Steh auf, Seppel!"

Seppel lag da wie vom Blitz getroffen, er gab keinen Laut von sich.




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