21. Kapitel

Als erste Maßnahme teilte Conway von jeder Spezies einen Vertreter für den Kommunikationsraum ein. Im Informationsnetz hatte man wenigstens den Anschein von Ordnung wiederhergestellt, indem man neben allen Kommunikatoren und Intercomgeräten Monitore aufgestellt hatte, um die ETs an deren Benutzung zu hindern — falls das entsprechende Wesen keinen triftigen Grund oder zu hartnäckig und kräftig war. Das bedeutete, das terrestrische Personal konnte sich wieder über das Kommunikationsnetz untereinander verständigen, und da sich in der Zentrale ETs befanden, konnten in dringenden Fällen auch die Anrufe anderer Spezies beantwortet und an die richtige Adresse weitergeleitet werden. Conway verbrachte fast zwei Stunden damit, sich in ein harmonisches Verhältnis mit den ETs in der Kommunikationszentrale zu setzen und eine Liste mit synonymen Wörtern der verschiedenen Sprachen aufzustellen, die ihnen den gegenseitigen Austausch einfacher — sehr viel einfacher — Mitteilungen ermöglichte. Dabei halfen ihm zwei Sprachexperten des Monitorkorps, die ihm auch vorschlugen, diesen siebensprachigen „Stein von Rosette“ auf Band aufzunehmen und darüber hinaus noch weitere Bänder zu erstellen, die auf die jeweiligen Verhältnisse auf den Stationen angepaßt waren.

Wo immer Conway auch hinging, stets trotteten zusätzlich neben dem Pflegepersonal, das sich von Zeit zu Zeit auf den jeweiligen Stationen einfand, auch Prilicla, die Sprachexperten und ein Funktechniker des Monitorkorps hinter ihm her. Es war eine eindrucksvolle Prozession, aber Conway war im Moment nicht in der richtigen Stimmung, diese zu genießen.

Das terrestrische medizinische Personal stellte jetzt mehr als die Hälfte der gegenwärtigen Gesamtbelegschaft, doch die terrestrischen Verwundeten des Monitorkorps überwogen die ETs in einem Verhältnis von dreißig zu eins. Auf manchen Ebenen mußte sich eine einzige Schwester um eine ganze Station voller Monitore kümmern, wobei ihr ein paar Tralthanerinnen oder Kelgianerinnen zu helfen versuchten. In solchen Fällen bestand Conways Aufgabe lediglich darin, ein Minimum an Verständigung zwischen den terrestrischen und extraterrestrischen Schwestern herzustellen. Aber es gab auch andere Fälle, in denen zum Beispiel das Personal aus ELNTs und FGLIs bestand, die DBLF-, QCQL- und terrestrische Patienten zu versorgen hatten, oder aus Terrestriern, die sich um ELNTs zu kümmern hatten, oder auch aus den pflanzenähnlichen AACPs, die auf ein Sammelsurium aus praktisch allem aufpaßten.

Die einfachste Lösung wäre natürlich gewesen, die Patienten der Obhut des Pflegepersonals ihrer eigenen Spezies anzuvertrauen — ausgenommen dann, wenn die Patienten für eine Verlegung zu krank waren, wenn für ihren Transport kein Personal zur Verfügung stand oder keine Schwestern und Pfleger der betreffenden Spezies zur Verfügung standen. In solchen Fällen war Conways Aufgabe unendlich viel komplizierter.

Bei allen Spezies herrschte ein chronischer Personalmangel, und hinsichtlich der Anzahl der Ärzte war die Lage schier zum Verzweifeln. Conway setzte sich mit O’Mara in Verbindung.

„Wir haben nicht genügend Ärzte“, berichtete er. „Ich denke, man sollte den Schwestern bei der Diagnose und der Behandlung von Verwundeten mehr Ermessensspielraum geben. Sie sollten so handeln können, wie sie es für angemessen halten, ohne auf die Vollmacht eines Arztes warten zu müssen, der für eine lückenlose Überwachung sowieso viel zu beschäftigt ist. Denn es werden immer noch Verwundete eingeliefert, und ich sehe keine andere Möglichkeit, wie man.“

„Machen Sie ’s, Sie sind schließlich der Boß“, unterbrach ihn O’Mara schroff „Richtig“, erwiderte Conway gereizt. „Und noch etwas. Mir haben viele von den Ärzten angeboten, sich zusätzlich zu den für die gegenwärtigen Operationen gespeicherten Bändern noch zwei oder drei Bänder für Übersetzungszwecke einspielen zu lassen. Einige der Schwestern haben sich bereit erklärt, das gleiche zu tun.“ „Nein!“ widersprach O’Mara entschieden. „Ich hab schon einige von Ihren Freiwilligen hier oben gehabt, und keiner war dafür geeignet. Bei den Ärzten, die uns noch geblieben sind, handelt es sich entweder um völlig unerfahrene Medizinalassistenten oder um medizinische Offiziere des Monitorkorps sowie um ETs, die zusammen mit den Truppen von Freiwilligen gekommen sind. Von denen hat kein einziger Erfahrungen damit, mehrere Physiologiebändern gleichzeitig gespeichert zu haben. Die würden schon in der ersten Stunde für immer den Verstand verlieren.

Und was die Schwestern angeht“, fuhr O’Mara mit süffisantem Unterton fort, „so werden Sie inzwischen bemerkt haben, daß die weiblichen terrestrischen DBDGs eine höchst eigentümliche Denkweise haben. Eine ihrer geschlechtsspezifischen Eigenschaften ist ihre extrem ausgeprägte Eigenwilligkeit. Ganz egal, was die Schwestern Ihnen auch immer gesagt haben, terrestrische Frauen werden es keinem — ich wiederhole — keinem Alien gestatten, scheinbar von ihren Gehirnen Besitz zu ergreifen. Und falls so etwas tatsächlich einmal geschehen sollte, würde das ernsthafte geistige Schäden zur Folge haben. Also nochmals nein. Ende.“

Conway setzte seinen Rundgang fort. Allmählich war er mit den Nerven am Ende, und obwohl sich seine Technik zusehends verbesserte, war der Übersetzungsprozeß für ihn eine stetig zunehmende Belastung. Während der relativ ruhigen Zeiträume zwischen den Übersetzungen fühlte er sich, als ob in seinem Gehirn gleichzeitig sieben fremde Wesen mit ihm stritten und schrien, wobei seine eigene Stimme nur sehr selten die lauteste war. Denn seine Kehle war durch die Erzeugung von Lauten, für die sie nie geschaffen worden war, bereits ganz rauh, und darüber hinaus hatte Conway auch noch Hunger.

Allerdings hatten alle sieben fremden Wesen in ihm verschiedene Vorstellungen davon, wie dieser Hunger zu stillen war, und die sich auf geradezu ekelhafte Weise widersprachen. Da die Versorgung des Hospitals mit Speisen und Getränken genauso stark gelitten hatte wie alles andere, gab es keine reiche Auswahl mehr, aus der sich Conway neutrales Essen hätte herauspicken können, gegen das keiner der sieben Gäste in seinem Gehirn etwas einzuwenden gehabt hätte oder von dem zumindest keinem seiner Gäste völlig übel geworden wäre. So aber blieb ihm nur die Möglichkeit, die Sandwiches mit geschlossenen Augen zu vertilgen, um nicht zu sehen, womit sie belegt waren, und Wasser mit Traubenzucker zu trinken — denn gegen Wasser hatte keiner seiner Partner etwas einzuwenden.

Nach einer geraumen Zeit funktionierte die Organisation der Aufnahme und Behandlung der Verwundeten auf allen noch nutzbaren Ebenen wieder — sie ging zwar langsam vonstatten, aber immerhin funktionierte sie.

Da die Patienten nunmehr behandelt werden konnten, bestand Conways nächste Aufgabe darin, für den Weitertransport der ständig eintreffenden Verwundeten zu sorgen, die bereits die Zugänge zu den Luftschleusen versperrten. Wie ihm berichtet wurde, hatte man zur vorläufigen Unterbringung der Patienten sogar schon Drucktragbahren an den Außenwänden verankern müssen.

Aber Prilicla hatte Einwände vorzubringen.

Ein paar Minuten lang versuchte Conway, den Grund dafür herauszufinden. Einer von Priliclas Einwänden lautete, daß Conway zu müde sei, woraufhin Conway konterte, alle im Hospital wären müde, wobei er und Prilicla selbst sicherlich nicht die Ausnahme bildeten. Die restlichen Einwände waren für Conways Sprachkenntnisse jedoch entweder zu scharfsinnig oder zu schwer zu verstehen. Deshalb ließ Conway sie einfach außer acht und begab sich zur nächsten Schleuse.

Draußen herrschten ähnliche Probleme wie im Innern des Hospitals. Der größte Nachteil war, daß Conways Anzugfunk die Übersetzung erheblich erschwerte. Aber dafür konnte er sich hier sehr viel schneller bewegen; denn die Traktorstrahlentechniker, die die um das Hospital treibenden Trümmer und Wrackteile beseitigten, beförderten ihn und seine sieben Gehirnpartner in Sekundenschnelle von einem Punkt zum anderen.

Allerdings mußte er bald feststellen, daß der melfanische Teil seines Gehirns, der schon von der Schwerelosigkeit im Hospital äußerst beunruhigt war, draußen im All erst recht furchtbare Angst bekam. Denn bei dem melfanischen ELNT, von dem das Physiologieband stammte, handelte es sich um eine amphibienartige, krabbenähnliche Lebensform, die in erster Linie unter Wasser lebte und überhaupt keine Erfahrung mit dem Aufenthalt im freien Raum hatte. Conway mußte aber nicht nur gegen die Panik ankämpfen, die von seinem ganzen achtteiligen Gehirn Besitz zu ergreifen drohte, sondern auch gegen die Angst, die er und seine sieben Partner vor der draußen tobenden Schlacht empfanden.

O’Mara hatte ihm zwar erzählt, daß der Angriff schwächer geworden sei, aber Conway konnte sich nichts Grausameres vorstellen als das, was er hier zu sehen bekam.

Die gegnerischen Schiffe setzten keine Raketen gegeneinander ein — dazu lagen Angreifer und Verteidiger in einem schier unentwirrbaren Knäuel viel zu dicht beieinander. Ihre Konturen zeichneten sich wie kleine, schnell dahinschießende Spielzeugmodelle so scharf ab, daß Conway glaubte, nur die Hand ausstrecken zu müssen, um sich eins der Schiffe zu schnappen; dabei führten sie einen wilden, chaotischen Tanz auf. Einzeln oder in Gruppen machten sie einen Ausfall, wirbelten herum, führten verzweifelte Ausweichmanöver durch, brachen aus der Formation aus, formierten sich neu und gingen wieder zum Angriff über. Es war ein nicht enden wollendes, erbittertes und beinahe hypnotisierendes Schauspiel, das natürlich ohne die geringsten Geräusche ablief. Alle abgeschossenen Raketen waren auf das Hospital gerichtet, ein Ziel, das zum Verfehlen viel zu groß war, und die Einschläge waren im Raum eher zu spüren als zu hören.

Zwischen den Schiffen stießen Traktor- und Pressorstrahlen wie massive, unsichtbare Finger hervor und brachten das als Ziel dienende Schiff zum Stillstand oder lenkten es von seiner Flugbahn ab, um einen Pulsatorstrahl darauf richten zu können. Manchmal flogen drei oder mehr Schiffe auf ein einziges Ziel zu und zerrissen es mit ihren Pulsatorstrahlen innerhalb weniger Sekunden. Hin und wieder zerstörte ein gut gezielter Pulsatorstrahl das künstliche Gravitationssystem Sekundenbruchteile bevor die Steuerung des Schiffsantriebs außer Kraft gesetzt wurde. Dann wurde die Besatzung von der hohen Beschleunigung an die Wände geklatscht,

während das Schiff selbst trudelnd und hilflos durch das Kampfgebiet schoß, bis jemand einen zweiten Pulsatorstrahl darauf richtete oder es von einem Traktorstrahlentechniker an der Außenwand des Orbit Hospitals zur Suche nach Überlebenden zur Station gezogen wurde.

Denn das Schiffswrack konnte man gebrauchen, ob es nun Überlebende an Bord gab oder nicht.

Die ehemals glatte und glänzende Außenwand des Orbit Hospitals war inzwischen nur noch eine Masse aus tiefen, gezackten Kratern und eingedellter Metallverkleidung. Da einige Raketen oder Torpedos zweioder sogar dreimal an derselben Stelle einschlugen — auf diese Weise war schon der Übersetzungscomputer zerstört worden —, wurden die Krater provisorisch mit Wrackteilen verstopft, damit die Raketen nicht tiefer im Innern des Hospitals explodieren konnten. Bei der Auswahl der zu diesem Zweck verwendeten Trümmer waren die Traktorstrahlentechniker nicht wählerisch.

Conway stand gerade auf dem Sockel eines Traktorstrahlenprojektors, als eins der Schiffswracks herangezogen wurde. Er beobachtete, wie das Rettungsteam aus dem Schutz der Luftschleuse herausgeschossen kam, das Wrack vorsichtig umkreiste und schließlich an Bord ging. Ungefähr zehn Minuten später kam das Team wieder aus dem Wrack heraus und zog. irgend etwas hinter sich her.

„Doktor“, sagte der für diesen Abschnitt verantwortliche Offizier, „ich glaube, ich hab Mist gebaut. Meine Männer sagen, das Wesen, das sie aus dem Wrack gezogen haben, wäre ihnen vollkommen unbekannt. Sie sollten mal einen Blick darauf werfen. Tut mir leid, aber ein Wrack ist wie das andere. Ich glaube nicht, daß es eins von unseren ist.“

In sieben Teilen von Conways Gehirn befanden sich Persönlichkeiten, deren Erinnerungen keinerlei Informationen über Krieg enthielten, und sie glaubten auch nicht, daß das etwas ausmachte. Conway war mit seinem Abscheu gegen diesen Krieg und seiner Meinung in der Minderheit, obwohl er auch nicht glaubte, daß der Mangel an Informationen über Krieg eine Rolle spielte. Allerdings wußte er, daß weder der Sergeant noch er selbst Zeit für eine moralische Debatte hatten. Conway warf einen kurzen Blick auf das Lebewesen und sagte dann: „Bringen Sie den Alien herein. Ebene zweiundvierzig, Station sieben.“

Seit der Speicherung der Bänder war Conway gezwungen gewesen, hilflos mit ansehen zu müssen, wie Patienten von müden und abgespannten Wesen operiert wurden, die zwar die besten Absichten, nicht aber die notwendigen Fähigkeiten besaßen — obwohl der Zustand der Verwundeten wenigstens einen voll qualifizierten Chefarzt für die Operation erfordert hätte. Diese Wesen hatten ihre Arbeit so gut sie konnten erledigt, weil sonst niemand da war. Häufig hatte Conway eingreifen wollen, sich dann aber selbst vor Augen gehalten, daß er schließlich an das große Ganze denken mußte — auch Prilicla und die Gefolgsleute in seinem Kopf hatten ihn unentwegt daran erinnert. Denn zu jenem Zeitpunkt war die Neuorganisierung des Hospitals noch viel wichtiger als irgendein Patient gewesen. Doch jetzt merkte Conway, daß seine Funktion als Organisator an Bedeutung verlor und er wieder als Arzt fungieren konnte.

Der aus dem Wrack geborgene Verwundete gehörte einer dem Orbit Hospital unbekannten Spezies an. O’Mara besaß bestimmt kein Band mit Informationen über die Physiologie des Verletzten, und da die Translatoren ausgefallen waren, würde der Patient zu keiner Zusammenarbeit in der Lage sein, selbst wenn er das Bewußtsein wiedererlangte. Conway mußte sich einfach dieses Patienten annehmen, und nichts und niemand würde ihn davon abbringen.

Station sieben lag neben der Abteilung, in der ein kelgianischer Militärarzt und Schwester Murchison an einer bunten Mischung aus FGLIs, QCQLs und terrestrischen Patienten wahre Wunder vollbracht hatten. Deshalb bat Conway beide um ihre Mithilfe. Er klassifizierte den Neuankömmling als TRLH, wobei ihm die Tatsache half, daß der Raumanzug des Patienten sowohl transparent als auch elastisch war. Wäre der Anzug nicht so elastisch gewesen, hätte das Wesen zwar weniger schwere Verletzungen davongetragen, doch wäre er bestimmt zerplatzt, wenn er nicht der auf ihn einwirkenden Kraft nachgegeben hätte.

Conway bohrte ein kleines Loch in den Anzug, entnahm eine Probe der Innenatmosphäre und versiegelte ihn wieder. Dann steckte er die Probe in den Analysator.

„Und ich hab immer gedacht, die Atmosphäre der QCQLs wäre schon schlimm“, sagte Murchison, als ihr Conway das Ergebnis zeigte. „Aber immerhin können wir sie reproduzieren. Ich nehme an, ich soll einen Atmosphäreaustausch vornehmen, richtig?“

„Ja, bitte“, antwortete Conway.

Sie stiegen in ihre Operationsanzüge, die aus dem üblichen leichten Stoff bestanden. Nur die Arme und Hände steckten in dünnen, enganliegenden Gummihüllen, die wie eine zweite Haut anlagen. Die Luft auf der Station wurde durch die Atmosphäre des Patienten ersetzt, und Conway schnitt zusammen mit Murchison und dem Kelgianer den Anzug des Verwundeten auf.

Der TRLH hatte einen dünnen Panzer, der den Rücken bedeckte und sich erst nach unten und dann zum Schutz des mittleren Bereichs der Körperunterseite nach innen wölbte. An den unbedeckten Abschnitten befanden sich vier dicke Beine mit je einem Gelenk, sowie ein großer, jedoch nur mit einer dünnen Schädeldecke versehener Kopf. An diesem Kopf saßen vier Greiforgane, zwei zur Zeit tiefliegende, sonst aber ausstreckbare Augen und zwei Mundöffnungen. Aus einer dieser Mundöffnungen lief Blut. Das Lebewesen mußte gegen mehrere vorstehende Metallteile geschleudert worden sein, denn sein Panzer war an sechs Stellen gebrochen und an einer davon fast völlig zertrümmert, wobei die Bruchstücke stark eingedrückt waren. An dieser Stelle verlor der Patient viel Blut. Conway erfaßte die inneren Verletzungen mit dem Röntgenscanner und signalisierte ein paar Minuten später, daß er bereit war anzufangen.

Eigentlich war er gar nicht bereit, aber andernfalls wäre der Patient verblutet.

Die Anordnung der inneren Organe unterschied sich von allem, was Conway bisher kennengelernt hatte, und auch von allem, das seine sieben Gehirnteilhaber aus ihrer Erfahrung kannten. Vom QCQL erhielt Conway jedoch Hinweise, die Rückschlüsse auf den Metabolismus zuließen, da der QCQL selbst ein Wesen war, das solch eine hochkorrosive Atmosphäre atmete. Der Melfaner gab ihm Informationen über die möglichen Untersuchungsmethoden des beschädigten Panzers. Und der FGLI, der DBLF, der GLNO und der AACP steuerten ihre Erfahrungen bei. Diese waren allerdings nicht immer hilfreich — zu Beginn einer jeden neuen Operationsphase schrien sie ihm buchstäblich die Warnung zu, bloß vorsichtig zu sein, und zwar so laut, daß Conway sekundenlang mit zitternden Händen dastand und unfähig war weiterzuarbeiten. Er bohrte jetzt tief in den gespeicherten Erinnerungen seiner sieben Gäste herum, denn bisher hatte er ja nur nach Sprachkenntnissen gesucht, doch nun sprudelte alles auf einmal hervor.

Die persönlichen Alpträume und Neurosen der Individuen, die ausgelöst wurden, weil sie mit den im Gehirn benachbarten gleichartigen Alpträumen der anderen Aliens so unentwirrbar vermischt waren. Sie alle steigerten sich und wurden von Minute zu Minute schlimmer. Schließlich besaßen die Wesen, von denen die Bänder stammten, überhaupt keine Erfahrungen mit Hospitalen für ETs und waren an Standpunkte anderer Aliens nicht gewöhnt. Es wäre am einfachsten, sagte sich Conway, sich ständig vor Augen zu halten, daß diese Wesen keine einzelnen Persönlichkeiten, sondern lediglich eine Ansammlung verschiedenster Alienkenntnisse darstellten. Aber er war entsetzlich müde und benommen und verlor langsam die Kontrolle über die sich in seinem Kopf abspielenden Vorgänge, und stetig quollen die Erinnerungen in einem dunklen, angeschwollenen Strom hervor, belanglose, unanständige und intime Erinnerungen, die sich hauptsächlich um Sex drehten — und der war nun bei Aliens wahrhaftig fremdartig, und zwar so fremdartig, daß Conway am liebsten geschrien hätte. Er merkte auf einmal, daß er sich nach vorn gebeugt hatte und schwitzte, als würde er ein großes Gewicht auf dem Rücken tragen.

Er spürte, wie Murchison seinen Arm packte. „Was ist los, Doktor?“ fragte sie besorgt. „Kann ich Ihnen helfen?“

Conway schüttelte nur den Kopf, weil er eine Sekunde lang nicht wußte, wie er in seiner eigenen Sprache Wörter bilden sollte. Er blickte Murchison ganze zehn Sekunden lang an, und als er sich wieder dem Patienten zuwandte, hatte er ein Bild von ihr vor Augen, wie er sie sah, und nicht wie sie ein Tralthaner, Melfaner oder Kelgianer wahrnahm. Die Besorgnis in Murchisons Augen hatte nur ihm allein gegolten. Manchmal hatte Conway seine eigenen intimen Gedanken über Murchison gehabt, aber es waren immer für ihn normale, menschliche Gedanken gewesen. Jetzt klammerte er sich fest daran, und eine Zeitlang hatte er sich wieder unter Kontrolle — jedenfalls lange genug, um die Operation des Patienten abzuschließen.

Gleich darauf spaltete sich sein Gehirn plötzlich wieder in sieben Teile auf, und Conway fiel in die tiefsten und dunkelsten Abgründe von sieben verschiedenen Höllen. Er spürte nicht, daß sich seine Glieder versteiften, beugten oder verdrehten, als hätte irgend etwas Fremdes von jedem einzelnen seiner Glieder gesondert Besitz ergriffen. Er merkte auch nicht, daß ihn Murchison nach draußen schleppte und festhielt, während der so zerbrechliche Prilicla unter Einsatz seines Lebens ihm eine Spritze injizierte, die ihn bewußtlos werden ließ.

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