7. Kapitel

In dem für Chefärzte reservierten Abschnitt der Kantine entdeckte Conway durch einen glücklichen Zufall Dr. Mannon, der an einem ansonsten freien Tisch saß. Mannon war ein Terrestrier, der früher einmal Conways Vorgesetzter gewesen war und mittlerweile auf dem besten Weg war, demnächst den Rang eines Diagnostikers zu bekleiden. Gegenwärtig durfte er höchstens drei Schulungsbänder gleichzeitig im Gehirn gespeichert haben — das eines tralthanischen Spezialisten für Mikrochirurgie, und zwei, die von Chirurgen der LSVO- und MSVK-Spezies hergestellt worden waren —, aber trotzdem fielen seine Reaktionen recht menschlich aus. Im Augenblick stocherte er lustlos in einem Salat herum, wobei sein Blick gegen die Decke gerichtet war, um nicht sehen zu müssen, was er gerade aß. Conway setzte sich ihm gegenüber und blickte ihn verständnisvoll und fragend zugleich an.

„Ich mußte heute nachmittag zwei langwierige Eingriffe bei einem Tralthaner und einem LSVO vornehmen“, murmelte Mannon mürrisch. „Sie wissen ja, wie das ist — ich hab mich wieder mal zu sehr in deren Rolle versetzt. Wenn diese verdammten Tralthaner doch nur keine Vegetarier wären und sich diese LSVOs bloß nicht vor allem ekeln würden, was nicht gleich wie Vogelfutter aussieht. Sind Sie heute auch jemand anders?“

Conway schüttelte den Kopf. „Ich bin heute nur ich selbst. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir ein Steak bestelle?“

„Nein, aber bitte reden Sie einfach nicht mehr darüber.“

„Einverstanden.“

Conway wußte nur zu gut, welche Verwirrungen und seelische Störungen es bei einem auslösen konnte, wenn man in Gedanken doppelt zu sehen begann, besonders dann, wenn man sich ein Schulungsband und die damit zusammenhängende Persönlichkeit eines Extraterrestriers zu gewissenhaft ins Gehirn eingeprägt hatte. Erst vor drei Monaten hatte er sich hoffnungslos in eine Ärztin vom Planeten Melf IV verliebt, die zusammen mit anderen Spezialisten im Orbit Hospital zu Besuch gewesen war. Ein wahrhaft hoffnungsloser Fall also. Die Melfaner waren ELNTs — sechsbeinige, amphibische Wesen, die an Riesenkrabben erinnerten —, und während die eine Hälfte seines Verstands die ganze Geschichte für völlig lächerlich hielt, dachte die andere voller Verzückung an den hinreißend gemusterten Rückenpanzer, und er hätte am liebsten seine — nicht vorhandenen — Fühler nach dem Wesen ausgestreckt.

Physiologiebänder waren für ihren Benutzer sicherlich ein zweifelhaftes Vergnügen, aber ihre Anwendung war unverzichtbar, weil man von keinem der Ärzte erwarten konnte, sich in einem Hospital, in dem Wesen der verschiedenartigsten Spezies behandelt wurden, alle notwendigen physiologischen Daten der Patienten zu merken. Diese fast unvorstellbare Datenmenge, die für eine angemessene Behandlung erforderlich war, wurde mittels Schulungsbändern weitergegeben, die nichts anderes waren als die Aufzeichnung der Gehirnströme von medizinischen Kapazitäten der jeweils betreffenden Spezies. Wenn zum Beispiel ein terrestrischer Arzt einen kelgianischen Patienten medizinisch zu versorgen hatte, speicherte er bis zum Abschluß der Behandlung eins der DBLF-Schulungsbänder im Gehirn und ließ es anschließend wieder löschen. Chefärzte, zu deren Aufgabe auch die Weiterbildung des medizinischen Personals gehörte, mußten diese Bänder häufig über einen längeren Zeitraum im Kopf behalten, was alles andere als ein Vergnügen für sie war.

Sie konnten sich allenfalls damit trösten, daß es Diagnostikern noch schlechter erging als ihnen.

Diagnostiker bildeten die geistige Elite des Orbit Hospitals. Ein Diagnostiker war eines jener seltenen Wesen, deren Psyche und Verstand als ausreichend stabil erachtet wurde, permanent bis zu zehn Bänder gleichzeitig im Kopf gespeichert zu haben. Ihren mit Daten vollgestopften Hirnen oblag in erster Linie die Aufgabe, medizinische Grundlagenforschung zu leisten und neue Krankheiten bislang unbekannter Lebensformen zu diagnostizieren und zu behandeln.

Im Hospital gab es das geflügelte Wort — das angeblich vom Chefpsychologen selbst stammte —, daß jeder geistig Zurechnungsfähige, der freiwillig Diagnostiker werden wollte, schon von vornherein verrückt sei mußte.

Mit einem Schulungsband wurden einem nämlich nicht nur die physiologischen Fakten einer Spezies ins Gehirn eingetrichtert, sondern auch die Persönlichkeit und das Gedächtnis des Wesens, das dieses Wissen besessen hatte. Praktisch setzten sich Diagnostiker freiwillig einer höchst drastischen Form multipler Schizophrenie aus, und da sämtliche Alienkomponenten, die in Ihren Hirnen herumgeisterten, in jeder Hinsicht unterschiedlich waren, wandten sie häufig nicht einmal dasselbe logische System an.

Conway unterbrach seine Gedanken und kehrte wieder in die Gegenwart zurück, als sich Mannon erneut zu Wort meldete.

„Das Komische an diesem faden Salatgeschmack ist, daß sich keins meiner beiden zweiten Ichs daran zu stören scheint. Ich meine, der Anblick des Salats macht dem einen schon ein wenig zu schaffen, aber nicht der Geschmack. Wohlgemerkt, dabei mag es dieses Zeug nicht einmal sonderlich gern, aber ihm wird eben nicht völlig schlecht davon. Gleichzeitig genießt mein anderes zweites Ich dieses Grünzeug mit geradezu glühender Leidenschaft. Ich würde so gern etwas anderes essen, aber mich selbst fragt ja keiner. Ach, wo wir gerade von glühender Leidenschaft reden, was ist eigentlich mit Ihnen und dieser Schwester Murchison?“

Mannon pflegte Gesprächsthemen mit einer solch atemberaubenden Geschwindigkeit zu wechseln, daß Conway manchmal glaubte, den Fahrtwind zu spüren.

„Falls es mir die Zeit erlaubt, werde ich sie heute abend noch treffen“, entgegnete er zurückhaltend. „Aber zu Ihrer Information: Wir sind lediglich gute Freunde.“

„Hahaha…“, schnaubte Mannon abfällig.

Conway unternahm nun seinerseits einen ähnlich abrupten Themawechsel, indem er Dr. Mannon von seiner bevorstehenden Aufgabe berichtete. Sein ehemaliger Vorgesetzter war zwar der netteste Mensch auf der Welt, aber er hatte die schreckliche Angewohnheit, Leute gerne aufzuziehen, und sei es zu den unmöglichsten Gelegenheiten. Jedenfalls gelang es Conway, daß der Name „Murchison“ bis zum Ende des Abendessens kein einziges Mal mehr erwähnt wurde.

Nachdem er und Mannon sich voneinander getrennt hatten, begab sich Conway zum nächsten Kommunikator und sprach kurz mit einigen der terrestrischen wie extraterrestrischen Ärzte, die den Unterricht für die neu eingetroffenen Medizinalassistenten übernehmen sollten. Als er schließlich auf die Uhr schaute, stellte er fest, daß er noch fast eine Stunde Zeit hatte, bevor er an Bord der Vespasian gehen mußte, und beim Durchqueren der Korridore legte er ein Tempo vor, das sich für einen Chefarzt eigentlich nicht geziemte.

Auf dem Schild über dem Eingang stand „Freizeitbereich der Spezies DBDG, DBLF, ELNT, GKNM & FGLI“. Conway ging hinein, tauschte rasch seinen weißen Arztkittel gegen eine Badehose und machte sich auf die Suche nach Schwester Murchison.

Die täuschend echt wirkende künstliche Beleuchtung und die wirklich geniale Landschaftsgestaltung des Freizeitbereichs, der immerhin eine ganze Ebene des Orbit Hospitals einnahm, vermittelten einem die Illusion unendlicher Weite. Das Endprodukt war jedenfalls ein kleiner, von Felsen eingerahmter Meeresstrand, der zur See hin offen war. Das Wasser erstreckte sich scheinbar bis zum Horizont, der unmerklich in ein Hitzeflimmern überging. Der Himmel war blau und wolkenlos — realistische Wolkeneffekte waren nur schwer nachzuahmen, hatte einst ein Wartungsingenieur Conway verraten. Das Wasser in der Bucht schimmerte türkisblau und plätscherte in sanften Wellen gegen den leicht ansteigenden Strand, dessen weißer Sand für die Füße fast zu heiß war. Lediglich die künstliche Sonne, die nach Conways Geschmack ein wenig zu rötlich ausgefallen war, und die extraterrestrischen Grünpflanzen, die den Strand und die Felsen umsäumten, raubten einem die Illusion, man würde sich in irgendeiner Südseebucht auf der Erde befinden.

Aber der Platz im Orbit Hospital war relativ knapp, und man konnte es nun einmal nicht jeder einzelnen Spezies gerecht machen. Außerdem erwartete man von Wesen, die zusammen arbeiten mußten, daß sie auch ohne Probleme ihre Freizeit gemeinsam verbringen konnten.

Die bemerkenswerteste und dennoch völlig unsichtbare Besonderheit des Freizeitbereichs aber war, daß dort nur die halbe Erdanziehungskraft herrschte. Ein halbes Ge bedeutete, daß die Wesen, die eine höhere Gravitation gewöhnt waren und erschöpft hierherkamen, sich noch leichter erholen konnten, und diejenigen, die sich bereits frisch fühlten, hier geradezu quicklebendig wurden.

Conway stand jetzt mit den Füßen im Wasser. Eine kleine, steile Welle näherte sich ihm im Zeitlupentempo und brach sich an seinen Knien. Die Wellenaktivität in der Bucht wurde nicht etwa künstlich erzeugt, sondern hing in ihrem Ausmaß von der körperlichen Größe, der Anzahl und der Betriebsamkeit der Badenden ab.

Von einem der beiden Felsen ragten etliche Vorsprünge hervor, die durch verborgene Tunnel miteinander verbunden waren und den Gästen als Absprungschanze dienten. Conway kletterte auf den mit seinen mehr als fünfzehn Metern höchsten Felsvorsprung und hielt, von diesem Aussichtspunkt aus nach einem weiblichen DBDG-Wesen namens Murchison, bekleidet mit einem weißen Badeanzug, Ausschau.

Schwester Murchison war allerdings weder im Restaurant auf dem gegenüberliegenden Felsen, noch im seichten Wasser am Strand oder in dem dunkelgrünen Wasser unterhalb der Felsvorsprünge zu sehen. Der Strand selbst war mit großen, kleinen, lederigen, schuppigen und pelzigen Gestalten übersät, die zumeist lang ausgestreckt im Sand lagen. Aber Conway hatte auch aus dieser Entfernung keine Mühe, die Menschen von den anderen Badegästen zu unterscheiden, da Terrestrier die einzige intelligente Spezies in der galaktischen Föderation mit einem Nacktheitstabu waren. Also konnte er jedes Wesen, das irgendein Kleidungsstück trug — und sei es noch so knapp bemessen —, als Angehörigen der Gattung Mensch betrachten.

Plötzlich entdeckte er etwas Weißes, das teilweise von einem gelben und zwei grünen Stoffetzen verdeckt wurde. Das mußte Schwester Murchison sein, die wieder einmal von einigen Verehrern umgeben war. Er orientierte sich kurz und ging denselben Weg zurück, den er gerade gekommen war.

Als er sich der Gruppe schließlich näherte, zogen sich die beiden Monitore, die um Schwester Murchison herumstanden, und ein Medizinalassistent, der von Ebene siebenundachtzig stammte, nur äußerst widerwillig zurück.

„Hallo, tut mir leid, daß ich mich etwas verspätet hab“, sagte er mit einer Stimme, die zu seinem eigenen Entsetzen vor Aufregung viel zu hoch klang.

Schwester Murchison beschattete ihre Augen mit der Hand und schaute zu ihm auf. „Ich bin auch gerade erst gekommen“, erwiderte sie lächelnd. „Warum legen Sie sich nicht einfach neben mich?“

Conway ließ sich in den Sand fallen, stützte sich aber auf einem Ellbogen ab, um Schwester Murchison sehen zu können.

Die Krankenschwester besaß physiologische Merkmale, die es den männlichen Mitarbeitern des terrestrischen Personals anscheinend unmöglich machten, sie aus neutraler, — medizinischer Distanz zu betrachten. Zudem hatte die künstliche, aber mit UV-Strahlen angereicherte Sonne ihrem Körper eine betörende Bräune verliehen, die durch den aufregenden Kontrast zum weißen Badeanzug noch verstärkt wurde. Ihre dunkelbraunen Haare wehten störrisch in der künstlichen Brise, ihre Augen waren wieder geschlossen und ihre Lippen leicht geöffnet. Sie atmete tief und gleichmäßig, wie ein Mensch, der sich entspannte oder schlief, und was dabei mit ihrem Badeanzug angestellt wurde, verfehlte auch bei Conway nicht seine Wirkung. Hätte sie telepathische Fähigkeiten, schoß Conway plötzlich durch den Kopf, würde sie wahrscheinlich sofort aufspringen und um ihr Leben rennen.

Sie öffnete nur ein Auge und sagte schnippisch: „Sie sehen gerade wie jemand aus, der am liebsten einen Urschrei von sich geben würde und sich mit beiden Fäusten auf seine frisch rasierte Männerbrust klopfen möchte.“

„Meine Brust ist nicht rasiert, sie ist von Natur aus unbehaart“, protestierte Conway lächelnd. „Aber ich möchte mich wenigstens einen Moment mal ernsthaft mit Ihnen unterhalten, und zwar möglichst allein. Ich meine.“

„Mir ist es egal, ob Ihre Brust behaart ist oder nicht“, besänftigte sie ihn. „Machen Sie sich deshalb also bloß keine Gedanken.“

„Das tue ich auch nicht“, antwortete er ungeduldig und fuhr beharrlich fort: „Hier geht es doch wirklich zu wie im Zirkus, könnten wir nicht. Oje! Vorsicht! Massenansturm!“

Er fuhr plötzlich mit der linken Hand zu ihr hinüber und hielt ihr die Augen damit zu, seine eigenen preßte er gleichzeitig fest zusammen.

Nur wenige Meter entfernt stampften zwei Tralthaner mit ihren insgesamt zwölf elefantenartigen Beinen an ihnen vorbei und durchpflügten die seichten Stellen am Strand, wobei sie in einem Umkreis von fast fünfzig Metern die Umliegenden mit Sand und aufspritzendem Wasser besprühten. Da die Gravitation nur ein halbes Ge betrug, konnten die normalerweise langsamen und behäbigen FGLIs hier wie junge Lämmer herumhüpfen, und zudem blieben der aufgewirbelte Sand und das Wasser eine ganze Weile länger in der Luft. Erst als Conway sich völlig sicher war, daß kein Körnchen und kein Tröpfchen mehr in der Luft war, nahm er behutsam seine Hand von Schwester Murchisons Augen, allerdings nicht ganz.

Nur zögernd und ein wenig unbeholfen strich er mit der Hand über ihre zarte Wange, bis ihr Kinn in seiner Handfläche lag. Dann fuhr er ihr sanft mit den Fingern durch das leicht gelockte Haar und streichelte sie hinter dem Ohr. Er spürte, wie sie sich zunächst etwas versteifte, sich dann aber wieder langsam entspannte.

„Ehm. jetzt wissen Sie, was ich meine“, sagte er mit trockenem Mund. „Es sei denn, Sie haben Spaß daran, daß Ihnen weiterhin tonnenschwere Monster Sand und Wasser ins Gesicht sprühen.“

„Wir sind doch später noch allein, wenn Sie mich nach Hause bringen“,

antwortete sie lachend.

„Sicher, aber was passiert dann? Bestimmt dasselbe wie beim letztenmal!“ reagierte Conway sauer. „Wir schleichen uns auf Zehenspitzen an ihre Zimmertür heran, um bloß nicht Ihre Mitbewohnerin zu wecken, die wieder einmal Frühschicht hat, und dann dröhnt plötzlich diese verdammte Roboterstimme los.“ Conway begann mit Zornesröte im Gesicht eine automatische Stimme nachzuahmen und fuhr quäkend fort: „. soweit ich feststellen kann, sind Sie zwei Wesen der Klassifikation DBDG und verschiedenen Geschlechts. Weiterhin ist mir aufgefallen, daß Sie bereits seit zwei Minuten und achtundvierzig Sekunden eng nebeneinanderstehen. Unter diesen Umständen muß ich Sie bei allem Respekt auf den Paragraphen dreiundzwanzig, Absatz drei der Hausordnung für DBDG-Schwesternquartiere hinweisen, der sich auf die Beherbergung von männlichen Gästen bezieht und.“

Schwester Murchison erstickte fast vor unterdrücktem Lachen und stammelte: „Tut mir leid, das muß wirklich furchtbar frustrierend für Sie gewesen sein.“

Conway stellte verdrossen fest, daß ihr scheinbar bedauernder Gesichtsausdruck durch das vorangegangene unterdrückte Lachen leider verdorben wurde. Er rückte ein Stück näher zu ihr heran, umfaßte behutsam ihre Schulter und sagte: „Das war es wirklich und ist es auch immer noch. Ich will mit Ihnen reden, und ich werde leider keine Zeit haben, Sie heute abend zu Ihrer Unterkunft zu bringen. Aber ich möchte mich nicht hier mit Ihnen unterhalten, weil Sie immer ins Wasser verschwinden, sobald ich Sie in die Enge getrieben hab. Verstehen Sie mich bitte richtig, ich möchte Sie wirklich in die Enge treiben, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ich muß Ihnen einfach einige ernste Fragen stellen. Unser rein freundschaftliches Verhältnis bringt mich nämlich allmählich um und.“

Die hübsche Schwester schüttelte nachdenklich den Kopf, nahm seine Hand von ihrer Schulter, drückte sie und sagte schließlich etwas verwirrt: „Kommen Sie, lassen Sie uns schwimmen gehen.“

Als Conway sie kurz darauf ins Wasser scheuchte, fragte er sich, ob sie vielleicht nicht doch ein wenig telepathisch veranlagt war; jedenfalls legte sie ein Tempo vor, als würde sie tatsächlich um ihr Leben rennen.

Bei den hier herrschenden Gravitationsverhältnissen war das Baden ein fast berauschendes Erlebnis. Die Wellen waren hoch und steil, und der kleinste Wasserspritzer schien sekundenlang in der Luft zu schweben, wobei jeder einzelne Tropfen rot und gelb in der Sonne schillerte. So konnte der schlecht ausgeführte Hechtsprung eines Wesens, das einer besonders schwergewichtigen Spezies angehörte, wirklich atemberaubende Effekte erzielen — insbesondere FGLIs neigten mit ihren massiven Körpern immer wieder zu unglaublichen Bauchklatschern.

Conway kraulte gerade wie aufgedreht am Rande eines gewaltigen Wellenbergs, der von einem Tralthaner verursacht worden war, hinter Schwester Murchison her, als ein knackendes Geräusch das Einschalten der Lautsprecher auf den Felsen signalisierte.

„Doktor Conway, bitte melden Sie sich zur Einschiffung in Schleuse sechzehn. Doktor Conway, bitte.!“ dröhnte es über die Bucht hinweg.

Als sie kurz darauf den Strand hinaufgingen, sagte Schwester Murchison in einem für sie ungewohnt ernsten Ton: „Ich hab gar nicht gewußt, daß Sie heute abreisen müssen. Ich ziehe mich rasch um und werde Sie zum Schiff begleiten.“

Im Vorraum der Schleuse sechzehn wurde Conway bereits von einem Mitglied des Monitorkorps erwartet. Als der Monitor sah, daß Conway in weiblicher Begleitung war, sagte er nur: „Wir legen in fünfzehn Minuten ab, Sir“ und zog sich dann diskret zurück.

Conway und Schwester Murchison blieben neben dem Tunnelgang stehen, durch den der Weg zur Schleuse führte. Sie sah ihm in die Augen, aber ihr Gesicht verriet keine besondere Regung, es war einfach nur schön und sehr begehrenswert. Conway erzählte ihr noch immer von der Wichtigkeit der vor ihm liegenden Aufgabe, obwohl er eigentlich über etwas ganz anderes reden wollte. Zu allem Überfluß sprach er viel zu hastig und zerfahren. Als er jedoch den Monitor durch den Schleusentunnel zurückkommen hörte, zog er Schwester Murchison an sich heran und küßte sie stürmisch.

Er vermochte nicht einmal zu sagen, ob sie seinen Kuß erwidert hatte, er war viel zu überstürzt und ungestüm vorgegangen.

„Ich werde etwa drei Monate fort sein“, sagte er mit einem Unterton, der erklärend und entschuldigend zugleich klingen sollte. Dann schloß er mit gekünstelter Leichtigkeit: „Und spätestens ab morgen früh werde ich es kein bißchen bereuen, was ich eben getan hab.“

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