Kapitel 13

Eadulf hatte nicht gut geschlafen, und das Zwitschern der Vögel vor Sonnenaufgang ließ ihn schließlich den Gedanken an Schlaf ganz aufgeben. Er wusch sich das Gesicht in der Schüssel mit kaltem Wasser neben seinem Bett, und als er sich abtrocknete, spürte er, wie seine Entschlußkraft zurückkehrte. Er war einen ganzen Tag sich selbst überlassen geblieben, nachdem ihn der alte Coba in seine Burg gebracht hatte. Er konnte sich frei bewegen, doch nur innerhalb der Wälle, und es waren immer Wachposten in der Nähe, die ihm ganz knapp antworteten und es höflich ablehnten, auf seine Fragen näher einzugehen. Als er gebeten hatte, mit Coba sprechen zu dürfen, hörte er, daß der Fürst ihn nicht empfangen könne. Er war zwar gut verpflegt worden, aber es störte ihn, daß ihm niemand erklärte, was vor sich ging. Er wollte Bescheid wissen.

Warum hatte Coba ihm Zuflucht gewährt? Wußte Fidelma, wohin man ihn gebracht hatte und wie seine Stellung nach dem Gesetz war? Eadulf hatte zwar schon von diesem maighin digona gehört, war sich aber nicht sicher, ob er es richtig verstanden hatte, obgleich er wußte, daß die Einrichtung der Freistätte ein alter Brauch war. Coba hatte ihm gesagt, er sei nur mit der verhängten Strafe nicht einverstanden, weil sie nicht mit den Gesetzen der Fenechus übereinstimmte. Aber würde ein Mann sich wirklich gegen seinen König und die höchsten Autoritäten im Lande auflehnen und ihnen zum Trotz sogar einen Ausländer aus der Todeszelle befreien? Eadulf fühlte sich unsicher und mißtraute den Motiven des Fürsten.

Wie als Antwort auf seine Überlegungen gab es ein Geräusch vor seiner Tür, und sie wurde geöffnet. Eadulf warf das Handtuch auf das Bett und sah sich einem kleinen, drahtigen Mann mit spitzem Gesicht gegenüber, den er noch nie zuvor erblickt hatte.

»Ich hab gehört, du verstehst unsere Sprache, Angelsachse«, sagte der Mann knapp.

»Ich kenne sie«, gab Eadulf zu.

»Das ist gut.« Der Mann hielt es offensichtlich mit der Kürze. »Du kannst gehen.«

Eadulf stutzte und wußte nicht, ob er ihn richtig verstanden hatte. »Gehen?«

»Ich soll dir sagen, daß du frei bist und die Burg verlassen kannst. Wenn du zum Fluß hinuntergehst, findest du dort eine Nonne aus Cashel, die auf dich wartet.«

Eadulfs Herz schlug schneller, und seine Miene hellte sich auf. »Fidelma? Schwester Fidelma?«

»So heißt sie, hat man mir gesagt.«

Eadulf fühlte sich von einer Woge der Erleichterung und Freude erfaßt. »Dann hat sie meinen Freispruch erwirkt? Sie hat die Berufung gewonnen?«

Die Miene des Mannes mit dem spitzen Gesicht blieb unbewegt. Seine tiefliegenden Augen verrieten nichts.

»Ich habe nur den Auftrag, dir mitzuteilen, was ich dir schon gesagt habe. Mehr weiß ich nicht.«

»Dann, mein Freund, verlasse ich dich mit meinen Segenswünschen. Aber was ist mit dem Fürsten? Wie kann ich ihm für die Freundlichkeit danken, daß er mich hergebracht hat?«

»Der Fürst ist nicht hier. Es ist nicht nötig, ihm zu danken. Geh schnell und still. Deine Freundin wartet.«

Der Ton des Mannes blieb ausdruckslos. Er trat zur Seite und machte keine Miene, Eadulfs ausgestreckte Hand zu ergreifen.

Eadulf zuckte die Achseln und sah sich in dem Zimmer um. Er hatte nichts mitzunehmen. Alle seine Habseligkeiten befanden sich in der Abtei.

»Dann sag deinem Fürsten, daß ich ihm großen Dank schulde und dafür sorgen werde, ihn abzutragen.«

»Wie du meinst«, erwiderte der Mann mit dem Fuchsgesicht.

Eadulf verließ das Zimmer, und der Mann folgte ihm nach draußen. Die Burg lag anscheinend verlassen im kühlen weißen Licht der herbstlichen Morgendämmerung. Der Tau machte den Boden schlüpfrig und das Gehen in den Ledersandalen schwierig. Der Atem stand wie Rauch in der Luft, und er merkte, wie kalt es schon war.

»Kann mir jemand einen Mantel borgen?« fragte er freundlich. »Es ist kalt, und mein Mantel wurde in der Abtei beschlagnahmt.«

Sein Begleiter schien ungeduldig.

»Deine Gefährtin hat Kleidung für die Reise. Zögere nicht. Sie verliert sonst die Geduld.«

Sie hatten das Tor der Burg erreicht. Dort stand ein zweiter Mann auf Wache. Er schob die hölzernen Riegel zurück und stieß die Torflügel auf.

»Kann ich nicht irgend jemandem dafür danken, daß man mir hier Zuflucht gewährte?« Eadulf empfand es als ungehörig, die Burg auf diese Weise zu verlassen.

Sein Begleiter schien zu einer scharfen Erwiderung anzusetzen, doch dann zuckte ein eigenartiges Lächeln über sein leichenhaftes Gesicht.

»Du wirst ihm bald dafür danken können, Angelsachse.«

Das Tor war nun offen.

»Deine Freundin erwartet dich unten am Fluß«, wiederholte der Mann. »Du kannst jetzt gehen.«

Eadulf hielt ihn für einen ungehobelten Kerl, lächelte ihm aber dankbar zu und eilte durch das Tor hinaus. Vor ihm senkte sich der Weg von dem kleinen Hügel, auf dem die Burg stand, in Windungen hinab zu einem Wäldchen, durch das man das graue Band des Flusses in wenigen hundert Metern Entfernung schimmern sah.

Er blieb stehen und blickte zurück zu dem Mann am Tor.

»Geradeaus hinunter? Wartet Schwester Fidelma dort unten?«

»Da unten am Fluß«, gab der Mann zurück.

Eadulf schlug den mit Reif bedeckten Weg ein. Er war glatt, aber die Mitte des Weges war von den Hufen der Pferde in einen Morast verwandelt worden. Deshalb lief er an der schrägen Seite des Weges und wurde dadurch schneller, als er wollte. Gleich darauf trat das Unvermeidliche ein. Er glitt aus und fiel hin.

Das rettete ihm das Leben.

Als ihm die Beine wegrutschten und er hintenüberschlug, sausten zwei Pfeile an ihm vorbei. Einer bohrte sich mit hartem Laut in einen nahen Baum.

Einen Augenblick starrte Eadulf verblüfft auf die Pfeile. Dann rollte er sich auf die Seite und blickte zurück.

Der Mann mit dem spitzen Gesicht, der ihm gesagt hatte, er solle gehen, war dabei, einen neuen Pfeil auf die Sehne zu legen. Neben ihm stand der zweite Mann, der wie ein berufsmäßiger Bogenschütze aussah, denn er war schon bereit zum zweiten Schuß. Eadulf rollte sich wieder zur Seite, dann sprang er unbeholfen auf und stürzte sich ins Unterholz. Mit leisem Zischen flog der Pfeil an ihm vorbei.

Dann rannte er, rannte um sein Leben. Er überlegte nicht, wie und warum, er versuchte sich nichts zu erklären. Ein tierhafter Instinkt der Selbsterhaltung verdrängte alles Denken. Er stürmte durch den Wald, und in einem Winkel seines Hirns sprach er ein kleines Dankgebet dafür, daß der Wald zumeist aus immergrünen Bäumen und Sträuchern bestand, die ihn vor seinen Angreifern verbargen. Aber der Reif war nicht auf seiner Seite. Er wußte, daß er Spuren hinterließ, und betete, die Sonne möge aufgehen und den Reif wegtauen. Sonst mußte er ein Stück Boden finden, auf das kein Reif gefallen war.

Folglich schlug er die Richtung zum Fluß ein. Er wußte, daß in der Nähe von fließendem Wasser die Luft manchmal wärmer war. Würde Fidelma dort sein und auf ihn warten?

Er lachte spöttisch auf.

Natürlich nicht. Es war einfach eine List, um ihn zu töten. Aber warum? Plötzlich fiel ihm ein, daß diese Männer ja das Gesetz auf ihrer Seite hatten. Wie lautete die Bestimmung des maighin digona? Er hatte Schutz erhalten unter der Bedingung, daß er sich innerhalb der Grenzen des Landes des Schutzgewährenden aufhielt. Der Besitzer der Zufluchtsstätte durfte einen Flüchtling nicht entkommen lassen, sonst haftete er selbst für das ursprüngliche Vergehen.

Eadulf stöhnte entsetzt auf, während er durch das Buschwerk lief. Er war auf einen Trick hereingefallen. Man hatte ihm gesagt, er könne gehen, aber jetzt konnte er als ein Flüchtling niedergeschossen werden, der das Gesetz über die Freistätte gebrochen hatte. Er hatte ihnen die gesetzliche Möglichkeit gegeben, ihn zu töten, aber wer waren sie? War es eine List Cobas, der ihn töten wollte? Doch warum hatte er ihn dann vorher befreit? Es ergab keinen Sinn.

Er kam ans Flußufer, und wie er angenommen hatte, war die Luft hier am Wasser wärmer, und der Reif verschwand. Die blasse Sonne stieg am Himmel empor und würde den Reif bald aufsaugen. Er blieb stehen und lauschte: Er konnte seine Verfolger hören. Er eilte am Ufer entlang und suchte nach einem Versteck. Er wußte, daß die Verfolger gleich aus dem Wald hervorbrechen würden. Er durfte nicht länger am Ufer bleiben.

Vor sich erblickte er einige kleine Wacholderbüsche und daneben ein dichtes Gehölz von Stechpalmen, deren dicke, wachsglänzende grüne Blätter in schmalen, konischen Formen aufstrebten. Einige dieser Bäume zeigten mit ihren roten Beeren ihr weibliches Geschlecht an. Eadulf wußte, daß die scharfen Dornen der unteren Blätter, von der Natur zum Schutz des Baumes vor äsenden Tieren bestimmt, ihm weh tun würden, aber es war kein anderes Versteck in Sicht.

Jetzt konnte er hören, wie die beiden Männer, die seine Spur verfolgten, einander zuriefen. Sie waren dicht herangekommen. Eadulf verließ das Ufer und sprang in den Schutz der Wacholder, ließ sich fallen und schob sich in die unbequeme Deckung der Stechpalmen. Er legte sich flach auf den harten kalten Boden und spürte, wie sein Herz vor Anstrengung wild schlug. Aus dieser Lage konnte er ein kleines Stück des Ufers überblicken und sah, daß seine Verfolger dort anhielten.

»Gott verfluche diesen hinterlistigen Angelsachsen!« erklärte der Mann mit dem spitzen Gesicht.

Sein Gefährte schaute sich um. Seine Stimme klang verdrossen. »Er kann hier lang oder da lang gegangen sein, Gabran. Den Fluß rauf oder runter. Du mußt dich entscheiden.«

»Gott verderbe ihn!«

»Das ist keine Antwort. Ich verstehe sowieso nicht, warum wir warten mußten, bis er aus der Burg heraus war, ehe wir ihn abschossen. Warum konnte man ihn denn nicht umbringen, als er schlief?«

»Weil, mein lieber Freund Dau«, erklärte ihm der andere ironisch, »es so aussehen mußte, als ob er aus der Freistätte geflohen wäre, deshalb! Also mußten wir ihn in aller Stille aus Cobas Burg herausbringen, ehe die anderen wach wurden. Den Tod des Wachmanns, den ich erledigen mußte, wird man dem Angelsachsen zuschreiben. Noch ein Mord auf seiner Rechnung. Also, jetzt gehst du den Fluß rauf, und ich suche den Fluß runter. Mein Schiff ist da unten vertäut. Ich muß es noch vor dem Mittag hier raufbringen. Das alles gefällt mir nicht. Solange der Angelsachse lebt, ist er eine Gefahr für das ganze System. Es wäre das beste gewesen, wenn man ihn in der Abtei gehängt hätte.«

Der Mann mit dem spitzen Gesicht verließ seinen Gefährten und ging rasch am Ufer entlang, wobei er den Boden nach Eadulfs Spuren absuchte. Der andere blieb eine Weile stehen und musterte die Umgebung, dann schritt er langsam in die andere Richtung. Plötzlich blieb er stehen. Eadulf bewegte sich unruhig. Hatte der Mann die Stelle entdeckt, an der er vom Ufer weg zwischen die Wacholderbüsche gesprungen war?

Verzweifelt sah er sich nach einer Waffe um. In der Nähe lag ein weggeworfener Schwarzdornknüppel. Eadulf langte vorsichtig hin und holte ihn mit den Fingern heran. Dann packte er ihn fest und stand leise auf, wobei er die scharfen Blätter der Stechpalmen zu vermeiden suchte.

Der Krieger, der mit dem Namen Dau angeredet worden war, hielt seinen Bogen und einen Pfeil in der einen Hand und schaute sich um, als suche er Spuren.

In diesem Augenblick wurde es Eadulf klar, daß er keine Wahl hatte. Der Mann wollte ihn töten. Er wußte nicht, warum, aber das spielte auch keine Rolle. Er hatte die Aufgabe, sein eigenes Leben zu retten. Eadulf bewegte sich vorsichtig und versuchte sich an das zu erinnern, was er als Junge von seinem Vater auf der Jagd in seinem eigenen Land gelernt hatte, im Lande des Südvolks. Zentimeterweise schob er sich an den verflochtenen Zweigen vorbei um die Stechpalmen herum und durch die Wacholderbüsche von hinten an seinen Gegner heran. Bei jedem Schritt meinte er, der andere müsse ihn hören.

Der Bogenschütze blickte unschlüssig auf die Bäume und Sträucher, während Eadulf mit erhobenem Knüppel in beiden Fäusten an ihn heranschlich. Ein blitzschneller Schlag genügte, um ihn zu fällen. Mit einem kaum wahrnehmbaren Grunzen brach er zusammen. Einen Moment stand Eadulf über den Regungslosen gebeugt, bereit, noch einmal zuzuschlagen. Doch der rührte sich nicht mehr.

»Vergib mir, denn ich habe gesündigt«, murmelte er und bekreuzigte sich. Er kniete sich bei dem Bewußtlosen hin, zog ihm die Lederstiefel aus und warf sie mit dem Bogen und dem Köcher samt den Pfeilen in den Fluß. Das Jagdmesser steckte er in den eigenen Gürtel. Er nahm ihm auch den Schaffellmantel ab, denn den würde er selbst brauchen, sobald er das offene Gelände erreichte. Wenn der Bogenschütze wieder zu sich käme, würde er eine Weile nicht an Verfolgung denken, nicht ohne Stiefel, Mantel und Waffen. Eadulf blickte zum Himmel auf und versuchte sich an die Worte aus dem ersten Brief des Johannes zu erinnern: »So wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht.« Er hoffte, die himmlischen Mächte würden seine Taten verstehen.

Dann erhob er sich, warf sich den schweren Mantel um die Schultern und marschierte auf die Berge zu. Er wußte nicht recht, wohin er sich wenden sollte. Bevor er sich für ein endgültiges Ziel entschied, wollte er aber eine hinreichende Entfernung zwischen sich und die Burg von Cam Eolaing legen. Ihm war natürlich klar, daß Fidelma nichts mit diesem seltsamen Plan zu seiner Ermordung zu tun hatte. Es wäre wahrscheinlich eine Zeitverschwendung, jetzt nach ihr zu suchen. Vielleicht war es das beste, wenn er sich nach Osten zur Küste wandte und versuchte, ein Schiff zu finden, das ihn nach Wessex oder in ein anderes der angelsächsischen Königreiche brachte? Nun, darüber konnte er noch lange nachdenken. Erst brauchte er eine Unterkunft und Verpflegung, bevor er Entschlüsse fassen konnte.

Fidelma blickte auf, als es an der Tür klopfte. Es war Lassar, die Gastwirtin. Sie sah müde und nervös aus.

»Der Brehon, Bischof Forbassach, ist wieder da. Er möchte dich sprechen.«

Fidelma hatte sich gerade angekleidet und wollte zum Frühstück in den Hauptraum hinuntergehen.

»Nun gut. Ich komme sofort«, erklärte sie.

Unten am Kamin, von Lassar bedient, saß nicht nur der Brehon von Laigin, Bischof Forbassach, sondern auch der alte, weißhaarige Coba, der bo-aire von Cam Eolaing. Sie bemühte sich, ihr Erstaunen über sein Erscheinen an diesem Morgen im Gasthaus zu verbergen. Dann bemerkte sie noch einen dritten Mann am Kamin, einen gestrengen alten Herrn mit hagerem Gesicht und vorspringender Nase. Er trug reiche Mönchskleidung und ein verziertes goldenes Kruzifix an einer Kette um den Hals. Er begrüßte Fidelma kühl und unfreundlich.

»Abt Noe.« Fidelma neigte den Kopf. »Ich dachte noch gestern abend daran, ob ich dich während meines Aufenthalts in Fearna wohl sehen würde.«

»Ich hatte leider eine unaufschiebbare Verabredung, Fidelma.«

»Gewiß«, erwiderte sie trocken und wandte sich an Forbassach. »Willst du mein Zimmer wieder nach Bruder Eadulf absuchen? Ich kann dir versichern, daß er nicht dort ist.«

Bischof Forbassach räusperte sich verlegen.

»Ich bin im Gegenteil gekommen, um mich bei dir zu entschuldigen, Schwester Fidelma.«

»Entschuldigen?« Ihr Ton war ungläubig.

»Ich fürchte, ich habe neulich nachts voreilig falsche Schlüsse gezogen. Jetzt weiß ich, daß du nicht dem Angelsachsen zur Flucht verholfen hast.«

»Wirklich?« Fidelma wußte nicht, ob sie das lustig oder bedenklich finden sollte.

»Ich muß gestehen, daß ich es war, der diese Flucht ermöglichte, Schwester Fidelma.«

Fidelma fuhr herum zu Coba, der das langsam und mit gewissem Bedauern ausgesprochen hatte.

»Warum solltest du Bruder Eadulf helfen?« fragte sie erstaunt.

»Ich bin heute morgen von Cam Eolaing hergekommen, um meine Tat zu bekennen. Ich traf Abt Noe, der in die Abtei zurückgekehrt war, in einer Unterredung mit Bischof Forbassach. Wir besprachen den Fall und kamen mit, um Forbassach in seiner Entschuldigung bei dir zu unterstützen.«

Fidelma hob hilflos die Arme. »Das verstehe ich nicht.«

»Ach, es war alles ganz einfach. Du weißt schon, was ich von der Bestrafung nach den Bußgesetzen halte. Ich konnte nicht dabeistehen und zusehen, wie eine weitere dieser Strafen vollzogen würde, wenn ich behaupte, daß sie den Grundlagen unseres Rechtssystems widersprechen.«

»Ich teile deine Besorgnisse«, erklärte Fidelma. »Aber wie kamst du dazu, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen und Eadulf zur Flucht zu verhelfen?«

»Wenn ich falsch gehandelt habe, werde ich dafür bestraft.«

Bischof Forbassach sah ihn finster an. »Du wirst Schadenersatz für diese Tat leisten müssen, Coba, und deinen Sühnepreis verlieren. Du kannst auch keine richterlichen Befugnisse in diesem Königreich mehr ausüben.«

Fidelma wollte endlich wissen, ob ihre Vermutung, daß Coba Eadulf Schutz gewährt hatte, richtig war.

»Was ist mit Bruder Eadulf geschehen?«

Coba sah Abt Noe unsicher an.

»Es wäre klug, wenn du Schwester Fidelma alles erzählst«, riet ihm der Abt barsch.

»Nun, da ich gegen diese Art von Bestrafung bin, beschloß ich, dem Angelsachsen Zuflucht zu gewähren - das maighin digona meiner Burg ...«

»Zufluchtgewährung schließt aber nicht die Hilfe zur Flucht aus Einkerkerung ein«, murrte Forbassach.

»Innerhalb meiner Burg gilt trotzdem das Recht der Freistätte«, hielt Coba dagegen.

Fidelma erwog den Streitfall.

»Das stimmt. Im allgemeinen findet zwar die Person, die eine Freistätte sucht, den Ort des maighin digona von sich aus, ehe sie um Schutz bittet. Doch das Recht der Freistätte gilt, sobald sie das Gebiet des Fürsten erreicht, der bereit ist, es zu gewähren. Bestätigst du meine Vermutung, daß Bruder Eadulf zur Zeit den Schutz deiner Burg als Freistätte genießt?«

Sie empfand Zuversicht bei dem Gedanken, daß Eadulf in Cobas Burg sicher aufgehoben sei und dort bleiben könne, bis Barran einträfe. Cobas düstere Miene ließ ihre Hoffnungen aber wieder sinken.

»Ich hatte den Angelsachsen über die Bedingungen der Freistätte unterrichtet. Ich dachte, er hätte sie verstanden.«

»Die Bedingungen lauten, daß er im Bereich der Festung zu bleiben hat und keinen weiteren Fluchtversuch unternehmen darf«, erklärte Bischof Forbassach pedantisch, denn Fidelma waren diese Einschränkungen natürlich bekannt. »Versucht er zu fliehen, hat der Besitzer der Freistätte das Recht, ihn niederzumachen, um sein Entkommen zu verhindern.«

Das Blut in Fidelmas Adern schien zu erstarren. »Was willst du damit sagen?«

»Als ich heute morgen aufstand, war der Angelsachse nicht in seinem Zimmer zu finden«, stellte Coba ruhig fest. »Das Tor der Burg stand offen, und er war fort. Einer meiner Männer lag neben dem Tor. Er war tot, von hinten erschlagen worden. Ich stelle nachts nur zwei Wachposten auf, denn die Burg von Cam Eolaing ist noch nie angegriffen worden. Der andere Wachposten, Dau, wurde später bewußtlos am Fluß gefunden. Man hatte ihm den Mantel, die Stiefel und die Waffen abgenommen. Als er wieder zu sich kam, berichtete er meinen Leuten, daß er den Angelsachsen verfolgt hatte und ihn wieder einfangen wollte. Am Flußufer wurde er von hinten niedergeschlagen. Es ist klar, daß der Angelsachse versucht, in das offene Land zu fliehen.«

Bischof Forbassach nickte ungeduldig. Er hatte die Geschichte schon vorher von Coba gehört.

»Es war töricht von Coba, zu glauben, der Angelsachse besitze auch nur eine Spur von Moral und würde sich an die Regeln der Freistätte halten. Er wird nach Osten zum Meer und dann zu Schiff in sein Land gelangen wollen.«

Er wandte sich an Fidelma und wurde wieder verlegen.

»Ich möchte dir sagen, wie leid es mir tut, daß ich glaubte, du wärst an seiner ersten Flucht beteiligt. Ich möchte es ebenso gegenüber deinem Bruder, dem König von Cashel, klarstellen, daß ich mich für jede Kränkung bei dir entschuldigt habe. Ich möchte dich aber auch wissen lassen, daß der Angelsachse sich jetzt selbst die Schlinge um den Hals gelegt hat.«

Fidelma war in Gedanken und hatte nur den Schluß des Satzes erfaßt.

»Wie?«

»Es ist doch klar, daß er aus Cam Eolaing geflohen ist, weil er schuldig ist.«

»Das hast du auch gesagt, als du behauptet hast, er wäre aus der Abtei entflohen. Das war nicht an dem. Jetzt könnte es ebenfalls anders sein.«

»Warum sollte er aus der Sicherheit der Freistätte in Cam Eolaing entfliehen, wenn er nicht schuldig wäre? Er hätte unbegrenzte Zeit dort bleiben können.«

»Er hätte dort bleiben können, solange man ihm Schutz gewährte, nicht unbegrenzt«, verbesserte sie ihn pedantisch.

»Es bleibt die Tatsache, daß er geflohen ist. Nun kann er ohne weiteres gejagt und getötet werden. Je-der kann ihn töten, und das mit Zustimmung des Gesetzes.«

In diesem Moment betrat Mel den Raum. Er wollte sich entschuldigen und zurückziehen, doch Bischof Forbassach winkte ihm ärgerlich, zu bleiben.

»Vielleicht brauche ich dich, Mel. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Königs.«

Unterdessen hatte sich Fidelma müde auf einen Stuhl sinken lassen, als sie merkte, daß Forbassach recht hatte. Ein verurteilter Mörder, der die Regeln des maighin digona brach und aus der Freistätte floh, konnte als bereits Toter behandelt werden. Sie biß die Zähne zusammen, um ihre momentane Furcht zu überwinden.

Bischof Forbassach ging zur Tür. »Ich muß die Krieger des Königs alarmieren. Komm mit, Mel.«

»Warte!«

Der Brehon drehte sich bei Fidelmas Zuruf um.

»Da du gerade hier bist, möchte ich eine Klage gegen Gabran einreichen. Er und seine Leute haben mich gestern abend überfallen.«

»Der Flußschiffer?« Bischof Forbassach schien verwirrt. »Was hat das mit der Angelegenheit zu tun, die wir besprochen haben?«

»Vielleicht nichts, vielleicht auch sehr viel.«

»Gabran stammt aus meinem Fürstentum Cam Eo-laing«, schaltete sich Coba ein. »Was hat er getan?«

»Gestern abend kehrte ich mit einem meiner Begleiter nach Fearna zurück. Gabran und einige seiner Leute griffen uns mit Schwertern an.«

Schweigen trat ein.

»Gabran?« Cobas Stimme klang hohl. »Woher weißt du, daß es Gabran war? Die Nacht war dunkel.«

Fidelma warf ihm einen scharfen Blick zu.

»Du vergißt, daß auch in einer dunklen Nacht der Mond am Himmel steht, und manchmal haben selbst dichte Wolken ein Einsehen.«

»Aber warum sollte er dich überfallen?«

»Das ist meine Frage. Weißt du mehr über sein Privatleben, seine Verbindungen und seine Auffassungen?«

Coba machte eine gleichgültige Geste.

»Er wohnt außerhalb der Siedlung, im Osten, auf der anderen Seite des Flusses. Ich glaube nicht, daß er noch andere Verbindungen hat als die durch seinen Handel. Soviel ich weiß, lebt er allein. Er hat keine Frau.«

Bischof Forbassach hatte das Gespräch mit mißtrauischer Miene verfolgt.

»Bist du dir da sicher, Schwester?« schaltete sich nun Abt Noe ein. »Gabran treibt schon seit langer Zeit Handel mit der Abtei und gilt als äußerst vertrauenswürdig.«

»Ich bin sicher, daß es Gabran war, der uns überfallen hat«, erklärte Fidelma.

»Wo fand dieser Überfall statt, sagst du?« fragte Bischof Forbassach.

Fidelma sah ihm fest in die Augen.

»Wir waren auf dem Rückweg von einem Ort, den du wohl gut kennst. Wir kehrten von einer Hütte in einer Siedlung namens Raheen zurück. Der Überfall erfolgte auf der Straße etwas oberhalb Cam Eolaing. Mein Begleiter Enda und ich hatten Glück, daß wir lebend davonkamen.«

Forbassachs Reaktion auf die Nennung des Namens Raheen entsprach Fidelmas Erwartungen. Das Gesicht des Brehons wurde blaß, und es dauerte einige Zeit, bis er die Sprache wiederfand.

»Oft machen Räuber die Straßen um Fearna herum unsicher und greifen sorglose Reisende an«, erklärte er nervös.

»Es war Gabran«, wiederholte Fidelma.

Coba rieb sich nachdenklich das Kinn.

»Ich hätte gedacht, Gabran verdient genug mit seinem Schiff. Er befördert oft Waren den Fluß hinauf und hinunter bis Loch Garman im Süden und bringt Ladung zu den seegehenden Schiffen, die nach Britannien und Gallien segeln.«

»Was für Fracht lädt er gewöhnlich?« erkundigte sich Fidelma.

»Was tut das zur Sache?« erwiderte Bischof Forbas-sach ungeduldig. »Reden wir jetzt von Gabran und seinem Handel oder von der Flucht des Angelsachsen?«

»Im Augenblick würde ich gern wissen, warum Gabran mich überfallen hat.«

Trotz seines Auftretens wirkte der Brehon besorgt. Er wußte, daß ein Angriff auf eine dalaigh, noch dazu die Schwester eines Königs, ernste Folgen nach sich ziehen konnte. Das war genau der Grund, weshalb er gekommen war, um sich bei Fidelma für sein früheres Verhalten zu entschuldigen.

»Führst du Klage gegen diesen Gabran wegen Angriffs auf deine Person, Schwester Fidelma?« wollte er wissen.

»Ja.«

»Dann ordne ich an, daß er wegen dieser Beschuldigung festzunehmen ist. Hast du das gehört, Mel?«

Der Befehlshaber der Wache nickte nachdenklich.

»Wir beide werden uns gleich von hier aus auf die Suche nach Gabran machen«, verkündete Forbassach. »Zugleich werden wir nach dem Angelsachsen forschen. Die Suche nach diesem Übeltäter muß an erster Stelle stehen. Diesbezüglich muß ich dich warnen, Fidelma von Cashel, daß auch du dich in Gefahr befindest, wenn du ihm geholfen hast, sich der Gerechtigkeit dieses Landes zu entziehen.«

In Fidelmas Augen blitzte es auf.

»Ich kenne das Gesetz, Forbassach! Ich habe Bruder Eadulf nicht zur Flucht verholfen und ihm keine Freistätte geboten. In der Zwischenzeit werde ich weiter die Geheimnisse untersuchen, die diesen Fall umgeben . Geheimnisse, die mich unter anderem auf die Straße nach Raheen geführt haben.«

Coba entgingen sowohl die Schärfe ihres Tons als auch die Blässe in Bischof Forbassachs Gesicht.

»Ich bedaure, daß der Angelsachse mich getäuscht hat und entflohen ist«, sagte er, »aber ich bedaure es nicht, daß ich mich bemüht habe, seine Hinrichtung nach den Bußgesetzen zu verhindern. Er sollte nach den einheimischen Gesetzen unseres Landes bestraft werden.«

Bischof Forbassach hatte etwas von seiner früheren Haltung wiedergewonnen und sah den bo-aire finster an.

»Du bist im Rat des Königs von Laigin in der Minderheit, Coba. Du hast deine Meinung kundgetan, als der König und ich entschieden haben, daß die von Äbtissin Fainder geforderten Strafen anzuwenden sind. Damit hätte es sein Bewenden haben sollen.«

»Damit konnte es nicht sein Bewenden haben«, entgegnete Coba erregt. »Die Entscheidung hätte aufgeschoben werden müssen bis zum nächsten großen Fest in Tara, wo sie der Versammlung zur Prüfung der Gesetze der fünf Königreiche vorzulegen war. Die Entscheidung hätte den Königen, Rechtsgelehrten und Laien aller fünf Königreiche überlassen werden müssen, so wie jedes wichtige Gesetz ihnen vorgelegt und besprochen wird, bevor es in Kraft tritt.«

Abt Noe griff schlichtend ein. »Liebe Brüder in Christo, beruhigt euch. Es nützt niemandem, Zeit mit Debatten zu verschwenden. Habt ihr nicht beide viel zu tun? Wenn ihr nicht, so habe ich es jedenfalls.«

Bischof Forbassach setzte eine grollende Miene auf und stieß ein kurzes Abschiedswort hervor, dann eilte er hinaus, gefolgt von dem Krieger Mel, der Fidelma gerade noch einen entschuldigenden Blick zuwerfen konnte.

Coba schaute Fidelma traurig an.

»Ich dachte, ich tue das Rechte, Schwester Fidelma.« Es klang verlegen.

»Bist du sicher, daß Bruder Eadulf die Einschränkungen des maighin digona kannte?« fragte sie. »Er hat zwar geraume Zeit in unserem Land verbracht, aber er ist doch Ausländer, und manchmal verwirren ihn unsere Bräuche.«

Coba schüttelte mitfühlend den Kopf.

»Damit kann ich mir sein Handeln nicht erklären, Schwester«, erwiderte er. »Als wir gestern in meiner Burg ankamen, habe ich ihm ausführlich dargelegt, welche Folgen es hätte, wenn er sie verließe. Ich beachtete die Regeln sorgfältig und schickte gestern abend noch einen Boten zur Abtei, der die Äbtissin darüber informierte, was ich getan hatte.«

»Die Äbtissin wußte gestern abend, daß Eadulf in deine Burg gebracht worden war?« unterbrach ihn Abt Noe.

»Ich sagte doch schon«, wiederholte Coba, »daß ich die Vorschriften des Gesetzes ganz sorgfältig befolgte. Ich bin sicher, daß der Angelsachse sie verstanden hat. Ich wünschte nur, ich könnte dir in dieser Sache einen besseren Trost bieten, Schwester.«

Abt Noe murmelte: »Ignorantia legis neminem excusat. «

Coba sah ihn an. »Aber Unkenntnis des Gesetzes kann doch bei einem Ausländer als mildernder Umstand geltend gemacht werden?«

»Es sieht Eadulf nicht ähnlich, so etwas zu tun«, sagte Fidelma leise, fast zu sich selbst.

Abt Noes Miene blieb hart.

»Deiner Meinung nach, Schwester, sieht es dem Angelsachsen auch nicht ähnlich, eine junge Novizin vergewaltigt und ermordet zu haben. Vielleicht kennst du diesen Angelsachsen doch nicht so gut, wie du gern glauben möchtest?«

Fidelma hob den Kopf und schaute ihrem alten Widersacher in die Augen.

»Vielleicht ist daran etwas Wahres«, gab sie zu. »Aber wenn nichts Wahres daran ist, wie ich meine, dann gehen an diesem Ort merkwürdige Dinge vor sich. Ich habe vor, diese Angelegenheit in allen Einzelheiten aufzuklären.«

Der Abt lächelte humorlos.

»Das Leben ist wirklich seltsam, Schwester. Es ist der Kessel Gottes, in den wir geworfen werden, um unsere Seelen zu prüfen. Ignis aurum probat, miseria fortes viros

»Das Feuer prüft das Gold, das Unglück die Starken«, wiederholte Fidelma leise. »In diesen Worten Senecas steckt viel Weisheit.«

Abt Noe stand plötzlich auf und trat Fidelma gegenüber. Mit bewegter Miene sah er sie an.

»Wir sind schon früher aneinandergeraten, Fidelma von Cashel«, sagte er leise.

»So war es«, stimmte sie ihm zu.

»Von der Schuld oder Unschuld deines angelsächsischen Freundes ganz abgesehen, sollst du wissen, daß mir die Kirche in diesem Lande am Herzen liegt und ich nicht will, daß sie Schaden nimmt. Äbtissin Fain-der kann ihr Eintreten für die Bußgesetze manchmal übertreiben. Sie ist eine Eiferin, wenn du so willst. Ich sage das, obgleich sie eine entfernte Kusine von mir ist.«

Diese Feststellung ließ Fidelma überrascht aufblicken.

»Äbtissin Fainder ist deine Kusine?«

»Natürlich, aus diesem Grunde ist sie ja auch geeignet, die Abtei zu leiten. Sie betrachtet jedenfalls alles unter dem Gesichtspunkt richtig oder falsch, weiß oder schwarz, ohne Verständnis für die feinen Schattierungen von Grau. Du und ich, wir beide wissen, daß das Leben nicht nur aus diesen beiden Extremen besteht.«

Fidelma sah ihn stirnrunzelnd an.

»Ich weiß nicht genau, was du damit meinst, Pater Abt. Wenn ich mich recht erinnere, warst du nie ein Anhänger der römischen Kirche.«

Der Abt mit dem schmalen Gesicht seufzte und neigte den Kopf.

»Ein Mensch kann durch Argumente überzeugt werden«, gestand er. »Ich habe viele Jahre über diese Dinge nachgedacht. Ich habe die Debatten in Whitby sehr genau verfolgt. Ich glaube, daß Christus die Schlüssel des Himmels an Petrus übergab und daß Petrus die Kirche in Rom aufbaute, wo er auch den Märtyrertod starb. Daraus mache ich kein Hehl. Was ich meine, ist, daß Menschen verschiedene Wege wählen, um zu ihrem Ziel zu kommen. Manchmal müssen die Menschen durch Argumente überzeugt werden und nicht durch Befehle. Ich wurde dadurch überzeugt, daß ich jahrelang alles erwogen habe. Andere sollten denselben Weg gehen und nicht durch Anordnungen gezwungen werden, sich zu ändern. Leider bin ich nur eine einzelne Stimme im Rat.«

Er verließ das Gasthaus ohne ein weiteres Wort.

Coba sah etwas verwirrt aus, dann schaute er Fidelma an.

»Ich muß zu meiner Burg zurück. Ich habe die Suche nach dem Angelsachsen in die Wege geleitet. Es tut mir leid um deinen Freund, Schwester. Ich habe versucht zu helfen, aber damit alles nur schlimmer gemacht. Es gibt ein altes Sprichwort, daß man sich von einem vom Unglück verfolgten Menschen fernhalten sollte. Vielleicht wäre es gut, wenn wir das beachteten. Es tut mir wirklich leid, daß alles so gekommen ist.«

Als er gegangen war, vernahm Fidelma ein leises Hüsteln hinter sich.

Dego und Enda waren auch heruntergekommen.

»Habt ihr alles gehört?« fragte sie.

»Nicht alles«, gestand Dego, »aber genug, um zu wissen, daß der alte Coba Bruder Eadulf Zuflucht gewährte und er jetzt aus der Freistätte geflohen ist. Das ist nicht gut.«

»Nein, das ist es nicht«, antwortete Fidelma ernst.

»Was ist mit Gabran?« wollte Enda wissen. »Was wurde von ihm gesagt?«

Fidelma wiederholte rasch das Wesentliche über den Flußschiffer.

Das Frühstück wurde zum größten Teil schweigend eingenommen. Es war niemand weiter im Gasthaus, jedenfalls kam niemand sonst zum Frühstück herunter, solange sie da waren.

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