9 Zwei Waffenbrüder

Während sich im Salon Ludwigs XIV. diese bemerkenswerte Begegnung ereignete, zog Joséphine im Wissen, dass Bourrienne allein war, ihren Morgenmantel an, wischte sich die geröteten Augen, puderte sich das Gesicht dick mit Reispuder, schlüpfte in die türkischen Pantoffeln aus himmelblauem Samt mit Goldstickerei und stieg schnell die Treppe hinauf, die von ihrem Schlafzimmer in die Privatkapelle der Maria von Medici führte.

Vor der Tür des Kabinetts blieb sie stehen und presste beide Hände auf ihr Herz; mit ihren anmutigen Augen sah sie sich vorsichtig um, und als sie sich überzeugt hatte, dass Bourrienne tatsächlich ganz allein war, durchquerte sie mit lautlosen Trippelschritten das Kabinett und legte ihm die Hand auf die Schulter.

Der Sekretär drehte sich lächelnd um, denn an der leichten Berührung erkannte er, wem die Hand gehörte.

»Und?«, fragte Joséphine. »War er sehr zornig?«

»Nun«, sagte Bourrienne, »ich muss gestehen, dass es ein gewaltiger Gewittersturm war, nur ohne Regen. Aber mit Donner und Blitzen wurde nicht gespart.«

»Und«, fragte Joséphine ungeduldig, denn darauf richtete sich ihr ganzes Interesse, »wird er zahlen?«

»Ja.«

»Hat er Ihnen die sechshunderttausend Francs gegeben?«

»Das hat er«, sagte Bourrienne.

Joséphine klatschte in die Hände wie ein Kind, dem man eine Strafe erlässt.

»Aber in Zukunft«, fügte Bourrienne hinzu, »machen Sie um Himmels willen keine Schulden mehr oder wenigstens vernünftige Schulden.«

»Was verstehen Sie unter ›vernünftigen Schulden‹, Bourrienne?«, fragte Joséphine.

»Wie soll ich das wissen? Am besten wäre es, nie wieder welche zu machen.«

»Sie wissen, dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist, Bourrienne«, erwiderte Joséphine im Brustton der Überzeugung.

»Machen Sie Schulden von fünfzigtausend, von hunderttausend Francs.«

»Aber Bourrienne, wenn meine jetzigen Schulden bezahlt sind – und Sie haben durchblicken lassen, Sie könnten mit den sechshunderttausend Francs alle Schulden bezahlen -«

»Ja, was dann?«

»Ja, dann! Dann werden die Lieferanten mir wieder Kredit gewähren.«

»Und er?«

»Er?«

»Der Erste Konsul hat beteuert, es sei das letzte Mal gewesen, dass er für Ihre Schulden aufkommt.«

»Das hat er letztes Jahr auch gesagt, Bourrienne«, sagte Joséphine mit ihrem bezaubernden Lächeln.

Bourrienne sah sie entgeistert an. »Ich bin sprachlos«, sagte er, »Sie machen mir Angst. Zwei oder drei Jahre Frieden, und die paar armseligen Millionen, die wir aus Italien mitgebracht haben, werden dahin sein. In der Zwischenzeit will ich Ihnen wenigstens einen guten Rat geben, und zwar den, ein bisschen Zeit vergehen zu lassen, damit seine schlechte Laune sich verflüchtigen kann, bevor Sie ihm wieder unter die Augen treten.«

»Ach! Du lieber Himmel! Sie haben völlig recht – umso mehr, als ich heute Vormittag mit einer Landsmännin aus den Kolonien verabredet bin, einer Freundin meiner Familie, der Gräfin von Sourdis mit ihrer Tochter, und nichts wäre abscheulicher, als wenn er seinem Zorn freien Lauf ließe vor diesen Damen, die ich in der eleganten Welt kennengelernt habe und die zum ersten Mal in den Tuilerienpalast kommen.«

»Was gäben Sie dafür, wenn ich ihn hier festhielte, auch zum Mittagessen, und ihn erst zum Diner zu Ihnen ließe?«

»Was Sie nur wollen, Bourrienne.«

»Nun gut. Greifen Sie zu Feder und Papier, und schreiben Sie mit Ihrer hübschen kleinen Schrift...«

»Was?«

»Schreiben Sie!«

Joséphine setzte die Feder auf das Papier.

»Ich ermächtige Bourrienne, all meine Rechnungen aus dem Jahr 1800 zu begleichen und nach eigenem Ermessen die Rechnungsbeträge um die Hälfte oder sogar um zwei Drittel zu verringern.«

»Getan!«

»Datieren Sie es.«

»19. Februar 1801.«

»Und unterzeichnen Sie es.«

»Joséphine Bonaparte. Ist es so richtig?«

»Ausgezeichnet. Und jetzt gehen Sie, kleiden Sie sich an und empfangen Sie Ihre Freundin; der Erste Konsul wird Sie nicht stören.«

»Bourrienne, Sie sind wahrhaftig ein reizender Mensch.«

Und sie reichte ihm die Spitze ihrer Fingernägel zum Handkuss.

Bourrienne küsste ehrerbietig die dargebotenen Krallen und klingelte nach dem Bürodiener, der an der Schwelle des Kabinetts erschien.

»Landoire«, sagte Bourrienne, »sagen Sie dem Hausdiener, dass der Erste Konsul heute in seinem Kabinett zu Mittag speisen wird. Er soll den Beistelltisch und zwei Gedecke bringen lassen; wir werden ihn benachrichtigen, wenn aufgetragen werden soll.«

»Und wer wird mit dem Ersten Konsul speisen, Bourrienne?«, fragte Joséphine neugierig.

»Das muss Sie nicht kümmern, solange es jemand ist, der ihn in gute Laune versetzt.«

»Aber wer ist es?«

»Wäre Ihnen lieber, er speiste mit Ihnen zu Mittag?«

»O nein, Bourrienne, o nein!«, rief Joséphine. »Er soll speisen, mit wem er will, und sich erst zum Diner blicken lassen.«

Damit entschwand sie. Eine Gazewolke rauschte vorbei, und Bourrienne war allein.

Zehn Minuten darauf wurde die Tür des Paradeschlafzimmers geöffnet, und der Erste Konsul kam zurück.

Er trat zu Bourrienne und stemmte die Fäuste auf den Schreibtisch seines Sekretärs.

»Wohlan, Bourrienne«, sagte er, »jetzt habe ich den berühmten Georges mit eigenen Augen gesehen.«

»Und welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?«

»Er ist einer der alten Bretonen aus der niederbretonischen Bretagne«, sagte er, »aus dem gleichen Granit gehauen wie ihre Menhire und Dolmen, und ich müsste mich sehr täuschen, sollte ich nicht noch mit ihm zu tun haben. Er kennt keine Furcht und hat keine Wünsche. Solche Männer sind zum Fürchten, Bourrienne.«

»Zum Glück sind sie selten«, erwiderte sein Sekretär lachend. »Sie werden es am besten wissen, denn Sie haben genug Maulhelden und Windfahnen erlebt.«

»Apropos Windfahne, hast du Joséphine gesehen?«

»Kurz bevor Sie kamen.«

»Ist sie zufrieden?«

»Ein Stein von der Größe Montmartres ist ihr von der Seele genommen.«

»Warum hat sie nicht auf mich gewartet?«

»Sie hat sich vor einer Strafpredigt gefürchtet.«

»Bah! Sie weiß, dass ihr die nicht erspart bleibt.«

»Ja, aber wenn man bei Ihnen Zeit gewinnt, hat man Aussicht auf gute Laune. Außerdem erwartete sie um elf Uhr eine Dame aus ihrem Freundeskreis.«

»Wer ist es?«

»Eine Kreolin aus Martinique.«

»Und sie heißt?«

»Gräfin von Sourdis.«

»Und wer sind diese Sourdis? Kennt man den Namen?«

»Das fragen Sie mich?«

»Gewiss doch. Kannst du etwa nicht das französische Adelsbuch auswendig aufsagen?«

»Nun gut! Es ist eine Familie mit sowohl ausgesprochen klerikaler als auch militärischer Ausrichtung, die sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. An dem französischen Vorstoß nach Neapel war, wenn ich mich recht erinnere, ein Graf von Sourdis beteiligt, der in der Schlacht von Garigliano wahre Heldentaten vollbrachte.«

»Die der Ritter Bayard so vollendet verlor.«

»Was halten Sie von dem Ritter ohne Furcht und Tadel?«

»Dass er seinen Namen verdient hat und gestorben ist, wie zu sterben der Wunsch jedes Soldaten sein sollte; aber ich habe keine hohe Meinung von all diesen tapferen Schwertfechtern: Als Generäle waren sie nichts wert. Franz I. war bei Pavia ein Dummkopf und bei Marignan ein Zauderer. Aber kehren wir zu den Sourdis zurück.«

»Gut. Unter Heinrich IV. gibt es eine Äbtissin von Sourdis, in deren Armen Gabrielle stirbt; sie war Parteigängerin der d’Estrées. Außerdem gibt es einen Grafen von Sourdis, Regimentsoberst unter Ludwig XV., der in der leichten Kavallerie bei Fontenoy große Tapferkeit bewiesen hat. Danach verliere ich sie in Frankreich aus den Augen; wahrscheinlich sind sie nach Amerika ausgewandert. In Paris haben sie das alte Stadtpalais Sourdis hinterlassen, das im Marais zwischen der Rue d’Orléans und der Rue d’Anjou liegt, und die Sackgasse Sourdis, die von der Rue des Fossés-Saint-Germain-l’Auxerrois abgeht. Wenn ich mich nicht täusche, hat unsere Gräfin von Sourdis, die, nebenbei gesagt, sehr reich ist, vor Kurzem das schöne Stadtpalais am Quai Voltaire als Wohnsitz erworben, das man von der Rue Bourbon aus betritt und das Sie aus den Fenstern des Pavillon Marsan sehen können.«

»Bravo! Solche Antworten lasse ich mir gefallen. Diese Sourdis scheinen mir nach Madames Faubourg Saint-Germain zu tendieren.«

»Aber nicht allzusehr. Sie sind sehr eng mit Doktor Cabanis verwandt, der, wie Sie wissen, unsere politischen Ansichten teilt. Er ist sogar Taufpate des jungen Fräuleins.«

»Aha! Das rückt die Sache in ein etwas besseres Licht. Diese ganzen Witwen von Stande aus dem Faubourg Saint-Germain sind ein schlechter Umgang für Joséphine.«

In diesem Augenblick drehte er sich um und erblickte den Tisch. »Habe ich gesagt, dass ich hier zu Mittag speisen will?«, fragte er gebieterisch.

»Nein«, erwiderte Bourrienne, »ich dachte mir nur, es wäre heute besser so.«

»Und wer erweist mir die Ehre, mit mir zu speisen?«

»Jemand, den ich eingeladen habe.«

»Angesichts der Laune, in der ich mich vorhin befand, hätten Sie sich ziemlich sicher sein müssen, dass dieser Jemand mir nicht ungelegen kommt.«

»Ich war mir dessen völlig sicher.«

»Und wer ist es?«

»Jemand, der von sehr weit her kommt und gerade ankam, als Sie im Salon Georges empfingen.«

»Ich hatte keine andere Audienz als die mit Georges.«

»Der betreffende Jemand ist ohne Audienz gekommen.«

»Sie wissen, dass ich niemanden ohne Anmeldung empfange.«

»Diesen Jemand werden Sie empfangen.«

Bourrienne stand auf, trat an den Schreibtisch der Offiziere und sagte nur die vier Worte: »Der Erste Konsul ist da.«

Bei diesen Worten sprang ein junger Mann mit einem Satz in das Kabinett des Ersten Konsuls; kaum fünf- oder sechsundzwanzig Jahre alt, trug er die Dienstuniform eines Generals.

»Junot!«, rief Bonaparte voller Freude. »Zum Henker, Bourrienne, du hattest recht, dass der hier keine Anmeldung braucht, um empfangen zu werden! Her mit dir, Junot!«

Und als der junge General Bonapartes Hand ergreifen wollte, um sie zu küssen, breitete der Erste Konsul die Arme aus und drückte ihn an sein Herz.


Unter den jungen Offizieren, die ihm ihren Aufstieg verdankten, schätzte Bonaparte Junot ganz besonders. Kennengelernt hatten sie sich bei der Belagerung von Toulon.

Bonaparte hatte damals die Batterie von Sansculotten befehligt. Er verlangte jemanden mit schöner Handschrift. Junot trat vor und stellte sich vor.

»Setz dich da drüben hin«, sagte Bonaparte und deutete auf die Schulterwehr der Batterie, »und schreibe, was ich dir diktiere.«

Junot gehorchte. Als er den Brief beendete, explodierte eine von den Engländern geworfene Bombe zehn Fuß von ihm entfernt und hüllte ihn in Staub.

»Schon gut«, sagte Junot lachend, »das kommt uns zupass, auf diese Weise sparen wir uns den Streusand für die Tinte.«

Diese Worte entschieden sein Schicksal.

»Willst du bei mir bleiben?«, fragte ihn Bonaparte. »Ich sorge für dich.«

»Mit Vergnügen«, erwiderte Junot.

Beide hatten einander instinktiv erkannt.

Als Bonaparte zum General ernannt wurde, beförderte er Junot zu seinem Aide de Camp.

Als Bonaparte aus dem Dienst entlassen war, hatten die zwei jungen Männer ihr trauriges Los geteilt und von den zwei-, dreihundert Francs gelebt, die Junot monatlich von seiner Familie erhielt.

Nach dem 13. Vendémiaire hatte Bonaparte zwei weitere Aides de Camp, Muiron und Marmont, doch Junot blieb sein Liebling.

In der Funktion eines Generals nahm Junot an dem Äyptenfeldzug teil. Damals musste er sich zu seinem großen Bedauern von Bonaparte trennen. Bei der Schlacht von Foli tat er sich durch wahren Heldenmut hervor, und mit einem einzigen Pistolenschuss tötete er den Anführer der gegnerischen Armee. Als Bonaparte Ägypten verließ, schrieb er ihm:


Ich verlasse Ägypten, mein lieber Junot, und kann Dich nicht mitnehmen, weil Du uns nicht rechtzeitig erreichen würdest, bevor wir in See stechen. Ich hinterlasse Kléber jedoch die Ordre, Dich im Lauf des Monats Oktober nachzuschicken. Wo und in welcher Position ich mich auch befinden werde – verlasse Dich darauf, dass ich Dir die herzliche Freundschaft, die ich für Dich empfinde, handfest beweisen werde.

Mit freundschaftlichem Gruß, Dein

BONAPARTE

Bei der Rückkehr auf einem heruntergekommenen Transportschiff war Junot den Engländern in die Hände gefallen, und seitdem hatte Bonaparte nichts von ihm gehört.

»Ach! Da bist du endlich!«, rief der Erste Konsul, der seine Freude über Junots unverhofftes Erscheinen kaum bezähmen konnte. »Du warst also so dumm, dich von den Engländern gefangen nehmen zu lassen! Aber wie konntest du auch fünf Monate vertrödeln, statt so schnell wie möglich aufzubrechen, wie ich es dir geraten hatte?«

»Zum Henker! Weil Kléber mich festgehalten hat. Sie machen sich keine Vorstellung von seinen unermüdlichen Schikanen.«

»Vermutlich wollte er verhindern, dass ich mich mit zu vielen Freunden umgebe. Ich wusste schon immer, dass er mich nicht mag, aber ich habe ihm nicht zugetraut, dass er seine Feindseligkeit auf so elende Weise offenbart. Kennst du seinen Brief an das Direktorium? Nun, jedenfalls«, fügte Bonaparte mit frommem Augenaufschlag hinzu, »hat sein tragisches Ende all das aufgewogen, und Frankreich und ich haben in ihm einen großen Verlust zu beklagen. Ein unersetzlicher Verlust aber ist der Verlust von Desaix, mein Freund, ach! Desaix! Ein Unglück, wie es Nationen heimsuchen kann.«

Bonaparte wanderte eine Weile wortlos, ganz in seinen Schmerz versunken, auf und ab, um dann brüsk vor Junot stehen zu bleiben. »Und jetzt, was willst du jetzt tun? Ich habe dir gesagt, dass ich dir meine Freundschaft beweisen werde, wenn ich mich dazu in der Lage befinde. Was für Pläne hast du? Willst du wieder dienen?«

Und indem er ihn verstohlen beobachtete, sagte er mit gespielter Leutseligkeit: »Würde es dir gefallen, zur Rheinarmee abkommandiert zu werden?«

Röte färbte Junots Wangen. »Wollen Sie mich schon loswerden?«, fragte er, fuhr aber nach einem Augenblick fort: »Wenn Sie es befehlen, werde ich hingehen und General Moreau zeigen, dass die Offiziere der Italienarmee ihr Handwerk in Ägypten nicht verlernt haben.«

»Schon gut!«, sagte der Erste Konsul lachend. »Nicht so stürmisch, mein Freund! Seien Sie unbesorgt, Monsieur Junot, Sie werden mich nicht verlassen; General Moreau schätze ich sehr, doch nicht so sehr, dass ich ihm meine besten Freunde zum Geschenk machen würde«, und in ernsthafterem Ton und mit leicht gerunzelter Stirn fuhr er fort: »Junot, ich werde dich zum Kommandanten von Paris ernennen. Das ist ein Vertrauensposten, ganz besonders zum gegenwärtigen Zeitpunkt, und eine bessere Wahl könnte ich nicht treffen. Aber« – er sah sich um, als befürchte er, man könne ihn belauschen – »du musst gut überlegen, bevor du ja sagst; wir müssen dich um zehn Jahre älter machen, denn der Kommandant von Paris muss mir treu ergeben sein und zugleich von höchster Vorsicht und größter Aufmerksamkeit für alles, was meine Sicherheit betrifft.«

»Oh, mein General«, rief Junot, »in dieser Hinsicht -«

»Halt den Mund oder sprich leiser«, sagte Bonaparte. »Wie gesagt, es geht um meine Sicherheit. Gefahren lauern allerorten. Wäre ich noch General Bonaparte, der sich in Paris mehr oder weniger durchschlägt, vor oder sogar nach dem 13. Vendémiaire, dann wäre mir nicht bange und ich könnte ihnen die Stirn bieten, denn dann wäre mein Leben meine Angelegenheit und so viel wert, wie ich befände, also nicht allzu viel. Aber jetzt bin ich nicht länger mein eigener Herr. Das kann ich nur einem Freund anvertrauen, Junot: Mein Schicksal wurde mir enthüllt, und es ist eng verbunden mit dem einer großen Nation; aus diesem Grund ist mein Leben in Gefahr. Den Mächten, die Frankreich besetzen und unter sich aufteilen wollen, bin ich bei ihrem Vorhaben im Weg.«

Nachdenklich verharrte er für einen Augenblick und fuhr sich dann mit der Hand über die Stirn, als wolle er einen unwillkommenen Gedanken verscheuchen. Mit der geistigen Beweglichkeit, die ihn zwanzig verschiedene Dinge gleichzeitig angehen ließ, sagte er dann unvermittelt: »Ich ernenne dich also zum Kommandanten von Paris; aber dafür musst du heiraten, das erfordert nicht nur die Würde des Amtes, das du ausfüllen wirst, es ist auch in deinem eigenen Interesse. Apropos – achte darauf, unbedingt eine vermögende Frau zu finden.«

»Ja, aber gefallen soll sie mir auch. Was tun? Erbinnen sind samt und sonders so hässlich wie die Sünde.«

»Nun, dann mach dich heute noch an die Arbeit, denn von heute an wirst du Kommandant von Paris sein. Suche dir ein passendes Haus, nicht zu weit vom Tuilerienpalast entfernt, damit ich dich rufen lassen kann, wenn ich dich brauche; sieh dich um und triff deine Wahl unter den Damen aus Joséphines und Hortenses Umgebung. Ich würde dir Hortense geben, aber sie scheint in Duroc verliebt zu sein, und ich will ihrer Neigung keinen Zwang antun.«

»Es ist serviert für den Ersten Konsul!«, sagte der Diener und brachte das Tablett.

»Setzen wir uns zu Tisch«, sagte Bonaparte. »Möge in acht Tagen das Haus gefunden und die Frau ausgewählt sein!«

»General«, sagte Junot, »mit den acht Tagen für das Haus bin ich einverstanden, aber für die Frau will ich fünfzehn Tage haben.«

»Gewährt«, sagte Bonaparte.


Загрузка...