90 Der Hafen von Cadiz

Am 17. Oktober 1805, als der Kaiser bereits zwei Kanonen und acht Fahnen nach Paris hatte schicken lassen, die bei der Schlacht von Günzburg erobert worden waren, als er München betreten, Ulm belagert und die Schlacht von Elchingen geschlagen hatte, die Marschall Ney seinen Herzogstitel bescheren sollte – am Tag ebendieser Schlacht und am Vortag der Schlacht, nach der er dem Senat vierzig Fahnen schicken sollte, fuhr eine Slup unter amerikanischer Flagge in den Hafen von Cadiz ein, in dem die ganze Flotte Admiral Villeneuves lag.

Sobald sich die Slup im Hafen befand, erkundigte man sich danach, wo die Redoutable ankerte, und als man erfuhr, dass diese unterhalb der Festung vor Anker lag, wohin die Slup nicht gelangen konnte, ließ man ihre beste Jolle zu Wasser und setzte ihren Kapitän in die Jolle, der sich zur Redoutable rudern ließ.

Als er sich dem Kriegsschiff näherte, forderte der wachhabende Offizier ihn auf, sich zu erkennen zu geben. Er erwiderte, sein Schiff sei die Runner of New York und der Kapitän überbringe Kapitän Lucas Neuigkeiten aus Indien und Briefe des Gouverneurs der Île de France.

Sogleich wurde Kapitän Lucas benachrichtigt, trat an Deck und bedeutete dem Offizier in der Jolle, er möge an Bord kommen.

Dieser Offizier war niemand anders als René.

Unverzüglich kletterte er die Leiter hinauf und war an Deck.

Kapitän Lucas empfing ihn höflich, doch mit jener überlegenen Autorität, die insbesondere in der Marine Grundbestandteil der Etikette ist. Er fragte den Besucher, ob dieser unter vier Augen mit ihm zu sprechen wünsche, und als René bejahte, forderte er ihn auf, ihn in seinen Salon zu begleiten.

Kaum hatten die zwei Männer den Raum betreten und die Tür geschlossen, reichte René dem Kapitän das Schreiben des Gouverneurs.

Lucas überflog das Schreiben nur kurz.

»Mein Freund General Decaen«, sagte er zu René, »empfiehlt Sie mir in so warmen Worten, dass mir nichts anderes zu tun bleibt, als Sie zu fragen, welchen Gefallen ich Ihnen erweisen kann.«

»Kommandant, Sie werden in wenigen Tagen an einem großen Seegefecht teilnehmen; ich habe bisher nur kleine Gefechte miterlebt, und ich muss gestehen, dass ich nur zu gerne in einer großen europäischen Auseinandersetzung mitkämpfen würde, in der ich mir ein wenig Ruhm erwerben könnte, denn mein Name ist nur im Indischen Ozean bekannt.«

»Ja«, sagte Lucas, »das ist wahr, wir werden eine große Schlacht schlagen, und jeder Teilnehmer kann darauf vertrauen, sich dabei auszuzeichnen, ob er in ihr umkommt oder sie überlebt. Darf ich – nicht in offizieller Funktion, sondern im Rahmen einer freundschaftlichen Plauderei – einige Einzelheiten aus Ihrer Vergangenheit auf See erfahren?«

»Wie Sie sehen, Kommandant, ist meine Vergangenheit auf See keine zwei Jahre alt. Ich habe bei Surcouf gedient. Ich habe an dem berühmten Kampf teilgenommen, in dem er mit hundert Mann Besatzung und sechzehn Kanonen die Standard gekapert hat, die achtundvierzig Kanonen und vierhundertfünfzig Mann an Bord hatte; danach war ich Kapitän dieser kleinen Slup und habe eine Fahrt nach Birma unternommen; als ich zur Île de France zurückkam, hatte ich das Glück, Surcouf gegen zwei englische Schiffe zu Hilfe zu kommen und eines dieser beiden Schiffe einzunehmen, das mit sechzehn Kanonen und sechzig Mann Besatzung ausgestattet war, obwohl ich nur über achtzehn Leute verfügte.«

»Surcouf kenne ich gut«, sagte Lucas, »er ist einer unserer kühnsten Korsaren.«

»Hier habe ich ein Schreiben von ihm für den Fall, Ihnen zu begegnen.«

Und René reichte dem Kapitän der Redoutable den Brief, den Surcouf ihm mitgegeben hatte.

Lucas las jede Zeile mit größter Aufmerksamkeit.

»Monsieur«, sagte er zu René, »Sie müssen ein außergewöhnlicher Mensch sein, denn sonst würde Surcouf Sie nicht in den höchsten Tönen loben; er schreibt mir, Sie hätten von ihrem Prisenanteil von fünfhunderttausend Francs vierhunderttausend Francs Ihren Matrosen überlassen und hunderttausend den Armen der Île de France, was bedeutet, dass Sie von Haus aus sehr wohlhabend und für die Marine geboren sein müssen, da Sie, wie man mir mitteilt, Ihre Laufbahn als einfacher Korsar begonnen haben, um sich schneller hochzudienen als in der kaiserlichen Marine. Leider kann ich Ihnen an Bord der Redoutable nur die Stelle eines dritten Leutnants anbieten.«

»Das ist weit mehr, als ich zu hoffen gewagt hätte, Kommandant, und ich nehme dankbar an. Wann kann ich meinen Dienst antreten?«

»Sobald Sie wollen!«

»Sobald wie möglich, Kommandant: Es riecht verteufelt nach Pulver, und ich bin mir sicher, dass ich in spätestens drei bis vier Tagen die große Schlacht erleben werde, derentwegen ich aus der anderen Hemisphäre hergekommen bin. Mein Schiff ist zu klein, um Ihnen von Nutzen zu sein; ich kehre an Bord zurück, schicke das Schiff nach Frankreich und komme wieder.«

Lucas erhob sich und sagte mit einem wohlwollenden Lächeln: »Ich erwarte Sie, Leutnant.«

René schüttelte ihm voller Wärme beide Hände, sprang die Leiter hinunter und kehrte an Bord seiner Slup zurück.

Dort rief er François in seine Kajüte.

»François«, sagte er zu ihm, »ich bleibe hier; ich vertraue dir meine Slup an, die du nach Saint-Malo zurückbringen sollst. Ich gebe dir ein Portefeuille mit, das mein Testament enthält; wenn ich falle, wirst du in diesem Testament bedacht sein. Außerdem nimm diesen Beutel mit Edelsteinen mit; wenn ich falle, wirst du diesen Beutel Mademoiselle Claire de Sourdis überbringen; sie wohnt bei ihrer Mutter, der Gräfin von Sourdis, im Hôtel de Sourdis, das an den Quai und an die Rue de Beaune angrenzt.

In dem Beutel ist ein Brief, der die Herkunft der Edelsteine erklärt; aber öffne das Testament und überbringe den Beutel nur, wenn mein Tod dir stichhaltig bewiesen werden kann. In den Schiffspapieren habe ich deinen Namen als den des gegenwärtigen Besitzers eintragen lassen. Wache ein Jahr lang über das Schiff; in der Schublade meines Sekretärs wirst du zwölf Rollen Goldstücke zu jeweils tausend Francs finden, und drei davon sollen dir helfen, dieses Jahr zu überstehen. Falls die Engländer dich festhalten sollten, wirst du die amerikanische Nationalität deines Schiffs ins Feld führen, und wenn man dich fragen sollte, was aus mir geworden ist, wirst du antworten, ich sei unterwegs auf Nelsons Flotte gestoßen und auf einem seiner Schiffe an Bord gegangen. Adieu, mein lieber François, lass dich umarmen, lass mir meine Waffen holen und versuche, ohne Schiffbruch nach Saint-Malo zu gelangen. Sobald du dort ankommst, wirst du Madame Surcouf und der Familie Nachricht von Robert geben.«

»Das heißt«, sagte François, der sich mit seiner Pratze von Hand und mit dem Jackenzipfel die Augen wischte, »das heißt, dass Sie mich nicht gern genug haben, um mich mitzunehmen, obwohl ich Ihnen bis an das Ende der Welt und noch weiter gefolgt wäre. Oh, Himmelsapperlott! Es bricht mir das Herz, Sie zu verlassen!«

Und der Wackere begann zu schluchzen.

»Ich verlasse dich«, fuhr René unbeirrt fort, »weil ich dich für meinen einzigen Freund halte, weil du der einzige Mensch bist, auf den ich mich verlassen kann, weil dieses Portefeuille eine halbe Million enthält und der Beutel Edelsteine im Wert von mehr als dreihunderttausend Francs und weil ich in dem Wissen, dass diese Gegenstände dir anvertraut sind, so unbesorgt sein kann, als wären sie in meinen Händen. Lass uns einander die Hand drücken, wie es wackeren Leuten geziemt. Lass uns einander lieben, wie es wackeren Herzen geziemt. Laß uns einander umarmen als gute Freunde!... Du wirst mich an Bord der Redoutable bringen, und du wirst der Letzte sein, von dem ich Abschied nehme.«

François musste einsehen, dass an Renés Entschluss nicht zu rütteln war. René ergriff seine Waffen, die nurmehr aus seinem Stutzen, einem zweiläufigen Gewehr und seiner Enteraxt bestanden; dann ließ er die Mannschaft an Deck antreten, verkündete ihr, was er zu tun beabsichtigte, und forderte die Männer auf, ihren Kameraden François als Anführer anzuerkennen.

Ungeheuchelter Kummer war das Ergebnis seiner Ansprache; doch René bot ihnen an, zu gleichen Bedingungen, das heißt zu normalem Sold, ein Jahr lang in Saint-Malo an Bord der Runner of New York zu bleiben; und so bestieg er unter lautstarken Treuebezeigungen in Begleitung von François und sechs Ruderern die Jolle.

Zehn Minuten später war er bei Kapitän Lucas.

In Gegenwart des Kapitäns nahm er Abschied von François.

Eine der größten Empfehlungen eines Menschen sind die liebevollen Gefühle, die seine Untergebenen ihm entgegenbringen. Und da René von seinen Leuten vergöttert wurde, vermittelten François’ Tränen und der Kummer der anderen Matrosen dem Kapitän ein anschauliches Bild von der Beliebtheit seines dritten Leutnants bei seiner früheren Mannschaft. Und beim Abschied nahm Kapitän Lucas eine schöne Meerschaumpfeife von der Wand und schenkte sie François.

François, der nicht wusste, wie er seine Dankbarkeit ausdrücken sollte, schluchzte noch heftiger und ging, ohne ein Wort herausgebracht zu haben.

»Diese Art zu zeigen, welche Meinung man von anderen hat, gefällt mir nicht übel«, sagte Lucas. »Sie müssen ein guter Junge sein, wenn man Sie so liebt. Setzen wir uns und plaudern wir.«

Und zur Einladung setzte er sich als Erster und begutachtete Renés Waffen.

»Zu meinem Bedauern«, sagte René, »habe ich meine Waffen unter meinen Freunden auf der Île de France verteilt, sonst hätte ich Ihnen ein Geschenk machen können, das Ihrer würdig wäre, doch nun besitze ich nichts mehr als diese drei Dinge, wählen Sie...«

»Es heißt, Sie seien ein ausgezeichneter Schütze«, sagte Lucas. »Behalten Sie die Gewehre, ich nehme die Axt, der ich beim nächsten Kampf Ehre zu machen gedenke.«

»Apropos«, sagte René, »wenn die Frage nicht zu indiskret ist: Wann wird das sein?«

»Meiner Treu«, sagte Lucas, »lange kann es nicht mehr dauern. Der Kaiser hat Villeneuve anweisen lassen, mit der vereinigten spanischen und französischen Flotte in See zu stechen, Kurs auf Cartagena zu halten, um dort den Konteradmiral Salcedo aufzunehmen, und von Cartagena nach Neapel zu fahren, um die Truppen an Land abzusetzen, die sich der Armee des Generals Saint-Cyr anschließen sollen. ›Wir wünschen‹, hat der Kaiser hinzugefügt, ›dass Sie überall, wo Sie auf einen zahlenmäßig überlegenen Gegner treffen, unverzüglich angreifen. Führen Sie eine Entscheidung herbei; Sie werden wissen, dass Voraussetzung für den Erfolg dieser Operationen Ihr umgehender Aufbruch von Cadiz ist. Wir rechnen darauf, dass Sie alles tun werden, um umgehend in Aktion zu treten, und wir legen Ihnen in diesem wichtigen Unterfangen größtmögliche Kühnheit und größte Tatkraft ans Herz.‹ Der Kaiser war Villeneuve gegenüber denkbar offen, denn der Admiral zählt in seinen Augen zu jenen, denen man die Sporen geben muss und nicht Zügel anlegen. Gleichzeitig hat er angeordnet, dass Vizeadmiral Rosily aus Paris abreiste und in Cadiz, falls er dort die Flotte vorfände, das Kommando über die vereinigte Flotte übernähme, die Admiralsflagge am Großmast der Bucentaure setzte und Admiral Villeneuve nach Frankreich zurückschickte, wo dieser sich für seine Kampagne würde rechtfertigen müssen.«

»Hoho!«, sagte René. »Das ist starker Tobak.«

Lucas fuhr fort: »Der Kriegsrat hat sich bei Admiral Villeneuve versammelt; die Admiräle und Divisionskommandeure, die Konteradmiräle Dumanoir und Magon, die Kapitäne Cosmao, Maistral, Devillegris und Prigny vertreten das französische Geschwader; sie werden über den Zustand jedes einzelnen Schiffs und zu ihren Hoffnungen und Befürchtungen befragt.«

Beim Reden war Lucas auf- und abgegangen; unvermittelt blieb er vor René stehen. »Kennen Sie die Worte des Kaisers?«, fragte er.

»Nein, mein Kommandant, ich weiß von nichts, denn seit zwei Jahren habe ich keinen Fuß nach Frankreich gesetzt.«

»Er sagte: ›Die Engländer werden recht kleinlaut sein, wenn es in Frankreich zwei oder drei Admiräle gibt, die den Tod suchen.‹ Und ohne Admiräle zu sein«, fuhr Lucas fort, »können wir Seiner Majestät doch in wenigen Tagen beweisen, dass es in Ermangelung von Admirälen, die den Tod suchen, immerhin Kapitäne gibt, die den Tod nicht scheuen

An dieser Stelle waren Lucas und René in ihrem Gespräch angelangt, als ein Offizier eintrat.

»Kapitän«, sagte er zu Lucas, »es wird signalisiert, dass alle Kapitäne sich an Bord des Admiralsschiffs zu begeben haben.«

»Sehr gut, lassen Sie die Jolle klarmachen«, erwiderte Lucas.

Als die Jolle bereit war, stieg er hinunter, und ebenso wie die Jollen der fünf oder sechs anderen Kapitäne, die nicht an der Sitzung des Kriegsrats teilgenommen hatten, fuhr sie zu der Bucentaure.

René ließ sich unterdessen die Unterkunft des dritten Leutnants zeigen, dessen Stelle er einnehmen sollte. Es war eine hübsche Kajüte, größer und bequemer als seine Kapitänskajüte an Bord der Runner of New York.

Kaum hatte er seine Koffer untergebracht, kehrte Kommandant Lucas an Bord zurück. René wollte ihn nicht aufsuchen, ohne gerufen worden zu sein, doch nach dem Gespräch, das sie geführt hatten, zweifelte er nicht daran, dass der Kapitän ihm die Ehre einer zweiten Unterhaltung erweisen würde.

Er täuschte sich nicht: Fünf Minuten nach seiner Rückkehr ließ der Kapitän ihn rufen.

René wartete ehrerbietig, dass sein Vorgesetzter das Wort an ihn richtete.

»Wohlan!«, sagte Lucas. »Die Schlacht wird morgen oder übermorgen stattfinden. Der Admiral hat geantwortet: ›Wenn der Wind es erlaubt, werde ich schon morgen aufbrechen.‹ Im selben Moment wurde ihm die Nachricht überbracht, dass Nelson sechs seiner Schiffe Kurs auf Gibraltar hat nehmen lassen; daraufhin hat Admiral Villeneuve Admiral Gravina zu sich gebeten, und nach kurzer Beratung mit Gravina hat er alle Kapitäne rufen lassen, die bei der Beratung nicht zugegen gewesen waren, und ihnen Ordre erteilt, Segel zu setzen. Das war das Signal, dem ich Folge geleistet habe.«

»Werden Sie mir eine bestimmte Aufgabe zuteilen?«, fragte René.

»Wissen Sie«, sagte Lucas, »Sie kennen weder mein Schiff noch meine Männer. Machen Sie sich erst einmal mit ihnen vertraut. Sie haben den Ruf eines guten Schützen; suchen Sie sich einen hochgelegenen Standpunkt, von dem aus Sie das Deck des Schiffs, das wir angreifen werden, gut im Blick haben. Schießen Sie so viele goldene Epauletten ab, wie Sie können, und wenn es ans Entern geht, folgen Sie einfach Ihrer Eingebung. Ich behalte Ihre Axt, die mir gut zupasskommt. Ich habe angeordnet, dass mein Entersäbel in Ihre Kajüte gebracht wird. Er ist zu groß für mich«, fügte Lucas hinzu und lachte über seine geringe Körpergröße, »aber er ist genau das Richtige für Sie.«

Die Männer verabschiedeten sich voneinander, und René zog sich in seine Kajüte zurück.

Dort fand er einen herrlichen Damaszenersäbel aus Tunis mit breiter, gebogener Klinge vor, aus jenem gehärteten Stahl geschmiedet, der erlaubt, mit einer bestimmten Bewegung des Handgelenks einen indischen Schal in der Luft zu zerschneiden.

Im Augenblick des Aufbruchs musste man jedoch feststellen, dass in den zweieinhalb Monaten Aufenthalt im Hafen von Cadiz nicht wenige Männer Geschmack am Desertieren gefunden hatten; insbesondere die Spanier hatten fast ein Zehntel ihrer Besatzung eingebüßt.

Den ganzen Tag suchte man in den Straßen von Cadiz möglichst vieler Deserteure habhaft zu werden, doch viele waren schon auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Um sieben Uhr morgens am 19. Oktober setzten sich die vereinigten Seestreitkräfte in Bewegung.

Nelson erfuhr davon; er befand sich zu diesem Zeitpunkt mit dem Großteil der englischen Flotte ungefähr sechzehn Meilen in westnordwestlicher Richtung von Cadiz entfernt.

Er wusste, dass Villeneuve ihm entfliehen konnte, wenn er vor den Engländern in die Meerenge gelangte, und deshalb hielt er Kurs darauf, um Villeneuve die Durchfahrt zu versperren.

Doch die Ausfahrt aus dem Hafen von Cadiz ist nicht einfach. Sechs Jahre vor Admiral Villeneuve hatte Admiral Bruix drei Tage gebraucht, um den Hafen zu verlassen.

Windstille und Gegenströmung vereitelten den Aufbruch der Armee, und im Verlauf des 19. Oktobers gelang es nur acht bis zehn Schiffen, aufs offene Meer hinauszukommen.

Am Tag darauf ermöglichte leichter Südostwind dem Geschwader die Ausfahrt; das schöne Wetter war über Nacht dichter Bewölkung gewichen, und man rechnete mit stürmischen Winden aus südwestlicher Richtung; hielt die Brise lange genug an, konnte sie die vereinigte Flotte bis zum Kap von Trafalgar und in günstige Winde führen; wenn der Sturm dann erst ausbrach und von Osten nach Südwesten blies, käme er Villeneuve gerade recht.

Um zehn Uhr morgens hatten die letzten französischen und spanischen Schiffe den Hafen von Cadiz verlassen. Die englische Flotte befand sich wenige Meilen vom Kap von Spartel entfernt und bewachte die Einfahrt in die Meerenge.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Villeneuve den Entschluss gefasst, nicht mehr zurückzuweichen, und schrieb als letzte Depesche an Marineminister Decrès: »Das ganze Geschwader ist ausgelaufen... Der Wind bläst aus Südsüdwest; ich glaube jedoch, dass er nicht lange anhalten wird. Man hat mir achtzehn Segel signalisiert. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass Sie als Nächstes von den Einwohnern von Cadiz hören werden... Ich habe in dieser Sache, wertester Herr, nichts zum Ratgeber genommen als den glühenden Wunsch, den Absichten Seiner Majestät nachzukommen und alles zu tun, was in meiner Macht steht, um den Verdruss auszuräumen, den die Geschehnisse der letzten Kampagne Seiner Majestät eingeflößt haben. Sollte dieser Feldzug gelingen, wird es mich schwer ankommen, nicht zu glauben, dass es so vorherbestimmt war und dass alles von der Vorsehung zum größten Nutzen und Frommen Seiner Majestät eingerichtet war.«


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