28.

Billy saß im abgedunkelten Wohnzimmer und sah fern. Der Dick Van Dyke Show folgte Matlock, dann kam Die Familie Feuerstein und schließlich Drei Mädchen und drei Jungen. Die vertrauten Charaktere der Leute im Fernsehen hatten etwas Tröstliches. Sie waren ein beruhigendes Element in den vertrauten Irrungen und Wirrungen der Shows. Draußen mochte alles seltsamer und chaotischer sein, doch im Fernsehen waren Mike und Carol Brady immer noch gutmütige, verständnisvolle Eltern, die versuchten, einen Krieg der Geschlechter zu ersticken, der sich zwischen ihren Kindern zusammenbraute.

Es folgte ein Werbespot, und Billy stand auf, um sich etwas zu essen zu holen. Er hatte den größten Teil der letzten drei Tage vor dem Bildschirm geklebt, und obwohl er die Fernsehshows gerne sah, fühlte er sich langsam doch unruhig und einem Koller nahe. Auch hatte er irgendwie ein schlechtes Gewissen. Seine Eltern hatten ihn noch nie so viel fernsehen lassen wie jetzt, und nun hatte er das Gefühl, dass er etwas Falsches tat und seine Zeit nicht damit verschwenden sollte, vor der Glotze zu hocken.

Doch seine Eltern schien es nicht zu interessieren. Sie waren zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Sein Dad hatte nichts gesagt, als er vor ein paar Minuten durchs Haus ging; er schien nicht einmal gemerkt zu haben, dass Billy da war.

Billy machte sich ein Sandwich mit Erdnussbutter und Marmelade; dann ging er ins Wohnzimmer zurück und setzte sich in seinen Sessel vors Fernsehgerät. In den vergangenen Tagen hatte er versucht, eine andere Beschäftigung zu finden, war aber spektakulär gescheitert. Er hatte jeden angerufen, den er kannte, und gefragt, ob er Lust hatte, Fahrrad zu fahren oder zu schwimmen oder zum Fort zu gehen, aber entweder waren seine Freunde nicht zu Hause, oder sie wollten nicht mit ihm reden. Billy war allein zum Hügel oberhalb der Grabung gefahren, doch auch ohne den Abhang hinunterzufahren wusste er, dass die Archäologiestudenten fort waren und die Ausgrabung beendet war. So schnell er konnte, hatte Billy in die Pedale getreten und war wieder nach Hause gefahren. Der Hügel flößte ihm Furcht ein.

Er fragte sich, was Lane wohl machte.

Ihm fiel auf, dass er in letzter Zeit viel über Lane nachdachte und sich fragte, wie es zu dem Riss zwischen ihnen beiden gekommen war. Billy war bewusst, dass Freundschaften oft schnell und bitter endeten. Er erinnerte sich, wie er und Frank Freeman, sein bester Freund aus der vierten Klasse, sich nach einem belanglosen Streit getrennt hatten. Er und Frank waren Feinde geworden, hingen mit rivalisierenden Schülergruppen herum und ließen keine Gelegenheit aus, einander so tief wie möglich zu verletzen.

Und keiner wusste besser, wie man jemanden verletzen konnte, als ein Ex-Freund.

Doch Billy und Lane waren lange Zeit Kumpel gewesen, hatten kleine und größere Gefechte überstanden und waren trotzdem Freunde geblieben. Es war schwer zu glauben, dass so etwas passieren konnte.

Aber Lane hatte sich verändert.

Viele Leute hatten sich verändert.

Drei Mädchen und drei Jungen war zu Ende, und Billy schaltete auf den Sender aus Flagstaff, um sich Verliebt in eine Hexe anzuschauen.

Er aß sein restliches Sandwich und wischte sich die Hände an der Hose ab. Er hätte nie gedacht, dass es möglich wäre, aber zum ersten Mal in seinem Leben freute er sich auf das Ende des Sommers. Er konnte es kaum erwarten, dass die Schule wieder anfing.


Doug saß auf der Veranda und dachte über die Post nach. An diesem Morgen hatte er einen ganzen Packen Umschläge zurückerhalten, einige davon mit Schecks, die vor Wochen ausgestellt worden waren, und nun den Vermerk »Unzustellbar« trugen. Es war auch ein Brief an Trish dabei, geschrieben in blumiger Handschrift, nach Parfüm duftend, den er zerrissen und weggeworfen hatte, ohne ihn zu öffnen.

Ihm wurde bewusst, dass der Gang zum Briefkasten ihm wirklich Angst machte. So sehr er es auch zu verbergen und zu leugnen versuchte, er war nervös, wenn er die Auffahrt entlangging, und er achtete aufmerksam auf die Büsche und Bäume am Weg zum Briefkasten, denn ihm war klar, dass man sie als Versteck benutzen konnte.

Doug dachte daran, den Briefkasten an eine Stelle gleich neben der Tür zu versetzen, so wie die Briefkästen in der Stadt, aber diese Idee verwarf er gleich wieder. Er wollte nicht, dass der Postbote bis ans Haus kam, so nahe an Trish und Billy heran. Doug dachte auch daran, den Briefkasten ganz abzumontieren. Wenn sie keinen Briefkasten hatten, konnten sie auch keine Post bekommen. Aber das war nicht nur feige, es war verrückt. Warum zum Teufel sollte er sich vor der Post verstecken? Das Problem würde nicht verschwinden, wenn er es ignorierte oder ihm auszuweichen versuchte.

Trish fuhr in die Auffahrt. Doug blickte weg und schaute zu den Bäumen. Er hörte das gedämpfte Knarren, als die Handbremse angezogen wurde, das Schlagen der Wagentür, gefolgt von Trishs Schritten auf den Holzdielen der Veranda. »Ich bin wieder da«, verkündete sie.

Als er nicht reagierte, ging sie zu ihm. »Ich sagte, ich bin wieder da.«

Doug blickte zu ihr hoch. »Willst du eine Medaille?«

Trishs Miene wechselte von Wut über Kränkung zu Gleichgültigkeit. Doug bekam ein schlechtes Gewissen und sah weg. Er wusste nicht, warum er so gemein zu ihr war. Sie versuchte doch nur, freundlich zu sein. Doch ihre gute Laute und der Versuch, so zu tun, als wäre alles in Ordnung, machte ihn schier verrückt - so sehr, dass er sie verletzen wollte.

In letzter Zeit war er oft wütend auf sie gewesen, auch wenn er selbst nicht wusste, warum das so war.

»Heute Abend gibt's Fisch«, sagte Trish. »Gegrillte Forellen. Ich überlasse es dir, den Grill aufzubauen.«

»Hast du Holzkohle und Grillanzünder mitgebracht? Die sind alle.«

Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Na, dann brate ich sie eben in der Pfanne.«

Doug stand auf. »Nein. Ich kaufe Kohle. Ich will sowieso eine Weile vom Haus weg.«

Trish legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ist alles in Ordnung, Doug?«

Überrascht starrte er auf ihre Hand. Es war Tage her, dass sie sich berührt hatten. Er blickte ihr in die Augen, und seine Stimme wurde sanft. Doug spürte, wie sich ein Teil seiner Feindseligkeit und Anspannung verflüchtigte. Er wusste, dass Trish sich sehr bemühte, nicht mit ihm zu streiten. »Ja«, sagte er. »Es geht mir gut.«

»Okay.« Sie öffnete die Gittertür. »Du könntest auch tanken. Der Tank ist fast leer.«

»Ja.«

Während er von der Veranda und über den Kies zum Bronco ging, hörte er, wie der Fernseher ausgeschaltet wurde und Trish mit Billy sprach. Der Klang ihrer Stimme - nicht wütend, sondern besorgt - war auf vertraute Weise tröstlich, wie die Stimme eines alten Freundes, die er für eine Weile nicht gehört hatte, und plötzlich fühlte er sich besser.

Der Tank des Bronco war tatsächlich fast leer, wie die Anzeige zeigte, und so hielt er als Erstes beim Circle K und tankte.

Dann fuhr er zu Howards Haus.

Doug hielt direkt vor dem niedrigen Bungalow, der nun eindeutig verlassen aussah. Der Rasen war braun; selbst das Unkraut war vertrocknet und tot. Nebenan ging gerade ein Mann zu seinem Pick-up, und Doug stieg rasch aus und winkte ihm zu. »He«, rief er.

Der Mann warf ihm einen kurzen Blick zu und eilte ins Haus.

Doug blieb stehen. Die ganze verdammte Stadt verhielt sich so nervös wie ein Eichhörnchen, wenn die Katze kommt. Er überlegte, ob er bei Howards Nachbarn auf der anderen Seite klopfen und sie fragen sollte, ob sie den Chef des Postamts gesehen hatten. Doch er hatte das Gefühl, dass er von ihnen nicht viel Hilfsbereitschaft erwarten durfte. Oder von sonst jemandem im Viertel.

Ihm fiel auf, dass inzwischen auch mehrere andere Rasenflächen ungepflegt aussahen.

Obwohl Doug wusste, dass er wahrscheinlich keine Antwort bekommen würde, ging er Howards Auffahrt hinauf und klopfte an die Tür. Hämmerte gegen die Tür. Brüllte, dass Howard herauskommen sollte. Doch seine Bitten wurden nicht erhört. Wieder inspizierte er den Vordereingang, den Hintereingang, die Fenster, aber wieder war alles fest verschlossen. Hinter den ursprünglichen Vorhängen schien ein dunklerer, dickerer Stoff aufgehängt worden zu sein, weil jetzt überhaupt nichts mehr im Haus zu erkennen war, nicht einmal ein Schatten.

Doug fragte sich, ob er die Polizei anrufen sollte. Howards Haus zeigte eindeutige Zeichen der Vernachlässigung, und da niemand außer John Smith behaupten konnte, Howard in den letzten Wochen gesehen zu haben, gab es für Doug gute Gründe, ins Haus des Postchefs einzudringen und zu sehen, ob es ihm gut ging.

Aber Doug wusste, dass es nicht viel Sinn hatte, die Polizei zu rufen. Er hatte ihnen das letzte Mal dieselbe Geschichte erzählt, und sie hatten sich einen Dreck darum gekümmert. Sie würden nicht einmal versuchen, in Howards Haus einzudringen, es sei denn, sie sahen den Postboten mit Howards blutigem Kopf in der Hand hinter der Tür herumlaufen.

Doug seufzte. Wenn es etwas gab, was er an Arizona hasste, dann war es der beinahe fanatische Respekt vor Land und Grundbesitz. Hier herrschte noch die Mentalität des alten Westens, eine verschrobene Weltsicht, in der Eigentum wichtiger war als der Mensch. Er erinnerte sich, wie er und Billy einmal nach Deer Valley gewandert waren. Sie waren durch ein ausgetrocknetes Bachbett gelaufen und seinem Verlauf gefolgt, als sie in den Wäldern auf eine Hütte stießen. Sie machten auf der Stelle kehrt, als sie auch schon die Stimme eines Jungen rufen hörten: »Eindringlinge, Pa!« Etwa eine Minute später vernahmen sie das donnernde Echo eines Schrotflintenschusses. Doug war sich vorgekommen, als wäre er in einen verdammten Film geraten. Der Knall wiederholte sich nicht, doch Billy und er waren tief gebückt den Rest des Weges zum Wagen zurückgelaufen. Als sie der Polizei berichteten, was passiert war, hatte der Sergeant am Schalter nur gelächelt und ihnen gesagt, dass sie nicht unbefugt fremdes Eigentum hätten betreten sollen - als ob der Tod eine faire Bestrafung für jemanden wäre, der unwissentlich das Land eines anderen betrat.

Trotzdem stieg Doug wieder in den Bronco und fuhr zur Polizeiwache. Es konnte nicht schaden, es zu versuchen. Der Chief war zum Glück nicht da, Mike aber leider auch nicht, und es endete damit, dass Doug seine Geschichte einer jungen Angestellten erzählte, die seine Aussage aufschrieb und versprach, sie persönlich dem zuständigen Lieutenant zu geben. Doug war nett zu ihr, kooperativ, lächelte sie an, dankte ihr für ihre Hilfe und verließ die Wache, wohl wissend, dass sie nichts unternehmen würden.

Zum Teufel, vielleicht sollte er dort einbrechen und die Sache selbst in die Hand nehmen.

Nein. Der Chief würde ihn festnehmen und ins Gefängnis stecken lassen.

Er fuhr zu Bayless, um die Holzkohle und den flüssigen Grillanzünder zu kaufen. Ihm war bewusst, dass Trish sich wahrscheinlich schon Sorgen machte. Er war in die Stadt gefahren, um eben schnell etwas zu kaufen, und war nun schon seit über einer Stunde weg.

Rasch betrat er den Laden, ging direkt zu dem Gang, in dem sich die Grillsachen befanden, und nahm, was er brauchte.

Während Doug in der Schlange an der Kasse wartete, entdeckte er ein leeres Drahtgestell, in dem sonst die Zeitungen lagen. Das Gestell sah traurig und verloren aus, und er fragte sich, was wohl aus den frivolen Glückskeksen in Ben Stockleys Schreibtischschublade geworden war. Vor seinem inneren Auge konnte er den Herausgeber noch hinter seinem Schreibtisch sitzen sehen, aber dieses Bild verblasste nach und nach und wurde durch das Bild der von Kugeln durchlöcherten Leiche ersetzt, das er im Fernsehen gesehen hatte. Was war mit Stockley passiert? Doug hatte einen Kloß im Hals und zwang sich, von dem Gestell wegzublicken und sich die Sonderangebote anzusehen, die danebenlagen.

Die Stadt war nun seit fast einem halben Monat ohne Zeitung. Der Weekly war im Grunde ein Ein-Mann-Unternehmen gewesen, und mit Stockleys Tod hatte das Blatt abrupt sein Erscheinen eingestellt. Doch Doug hatte keinen Zweifel, dass die Zeitung am Ende wieder auf die Beine kommen würde, sobald alles geklärt war. Es gab ein paar Teilzeit-Journalisten, die wahrscheinlich die Herausgeberpflichten übernehmen konnten, und die Sekretärin wusste ziemlich gut, wie der geschäftliche Teil des Unternehmens lief. Aber im Augenblick war die Presse lahmgelegt. Doug konnte nicht anders, als zu glauben, dass dies genau die Situation war, die der Postbote wollte. Kein unabhängiges Medium zur Verbreitung von Informationen. Keine offizielle Möglichkeit zu erfahren, was passierte.

Doch natürlich verbreiteten sich Neuigkeiten noch immer über inoffizielle Kanäle, und das ziemlich gut. Dadurch, dass er in den vergangenen Minuten mehrere voneinander unabhängige Gespräche mitgehört hatte, wusste er zum Beispiel, dass einige weitere Hunde ermordet worden waren; diesmal nicht vergiftet, sondern geköpft, und die abgetrennten Köpfe waren gestohlen worden.

In diesem Augenblick sah er, dass Giselle Brennan den Laden betrat.

Sie entdeckte ihn im selben Augenblick und winkte. »Hi, Mister Albin.« Sie ging durch das Drehkreuz und um die Kasse herum zu ihm.

Doug sah sofort, dass sie keinen BH trug. Ihre Brustwarzen waren durch das dünne Material ihres eng anliegenden T-Shirts zu erkennen. Ihre großen Brüste wippten, als sie auf ihn zukam. Sie war nun volljährig, dass wusste er. Eine Erwachsene, eine Frau, aber innerlich sah er sie immer noch als jungen Teenager, und er hatte ein merkwürdiges Gefühl, als er sie in einem so offensichtlich sexuellen Licht sah. Irgendwie beunruhigte es ihn, störte ihn sogar. Sie kam näher, und er lächelte misstrauisch. »Hi«, sagte er. »Wie geht's?« Er rückte mit der Schlange weiter vor.

»Ich habe einen Job gefunden.«

»Tatsächlich?«, sagte Doug. Er legte seine Ware auf das schwarze Fließband an der Kasse und schob automatisch einen Trennstab aus Gummi dahinter. »Wo denn?«

Giselle grinste breit. »Im Postamt. Können Sie das glauben?«

Das Glückwunschlächeln auf seinem Gesicht erstarrte. Ja, das konnte er glauben. »Ich wusste gar nicht, dass die Leute einstellen«, sagte er vorsichtig.

»Es ist nur befristet. Ich glaube, ihre Sortiermaschine ist kaputtgegangen, und sie haben jemanden gesucht, der die Post von Hand sortiert.«

Doug rückte weiter vor. »Wer hat Sie denn eingestellt? Howard?«

»Nein, Mister Crowell war krank. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum sie jemanden zusätzlich brauchen. Mister Smith hat mich eingestellt.«

Doug zwang sich zu lächeln. »Was halten Sie von Mister Smith?«

Für eine Sekunde verdunkelte sich Giselles Gesicht, und er dachte, sie würde irgendetwas Negatives über John Smith sagen; stattdessen zuckte sie die Schultern. »Ich weiß nicht.«

Der Mann vor Doug bezahlte seine Lebensmittel. Doug legte seine Hand auf Giselles Schulter. Sie wich nicht zurück. »Ich weiß nicht, ob Sie da arbeiten sollten«, sagte er ernst.

Giselle lachte. »Meine Mom hat dasselbe gesagt. Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird mir schon nichts passieren.«

»Passen Sie gut auf sich auf«, warnte Doug sie.

Sie lächelte und machte einen Schritt zurück. »Na klar.« Sie winkte ihm zu, während sie zur Tiefkühlabteilung ging. »Bis dann.«

Doug sah ihr nach, sah ihre engen Jeans, deren Stoff sich auf provokante Weise zwischen ihren Hinterbacken zusammenzog.

»Zwei fünfundachtzig.«

»Was?« Doug drehte sich um und blickte den Kassierer an.

Der junge Mann lächelte vielsagend. »Zwei fünfundachtzig.«

Doug holte seine Brieftasche heraus.


Im Bett kuschelte Trish sich in dieser Nacht an ihn, legte einen Arm über seine Brust und drückte ihn an sich, wie sie es schon eine ganze Weile nicht mehr getan hatte. Das Abendessen war gut und - wichtiger noch - gesund gewesen. Forelle mit Reis und Spargel. Trish hatte wieder zu ihrem ernährungsbewussten Selbst gefunden, und aus irgendeinem Grund machte ihn das optimistischer, weniger sorgenvoll. Alles andere mochte zur Hölle fahren, aber wenigstens ihnen beiden würde es gut gehen.

Ihr Kopf rutschte unter seine Achselhöhle, und sie blickte in sein Gesicht hinauf. »Liebst du mich noch?«, fragte sie.

»Was für eine Frage ist das denn?«

»Liebst du mich noch?« Ihre Stimme war ruhig; es lag eine Ernsthaftigkeit darin, von der er nicht recht wusste, wie er damit umgehen sollte.

»Natürlich liebe ich dich.«

»Du sagst es gar nicht mehr.«

»Ich hätte nicht gedacht, dass ich es sagen muss.« Er lächelte. »He, wir sind jetzt seit fünfzehn Jahren verheiratet. Warum sonst sollte ich freiwillig durch diese Hölle gehen?«

»Sei ernst.«

»Hör mal, wenn ich dich nicht lieben würde, wäre ich nicht hier.«

»So einfach ist das nicht. Außerdem würde ich es gerne von Zeit zu Zeit hören.«

»Michelle«, sagte er. »Dieser Brief. Darum geht es eigentlich, nicht wahr?«

Sie sagte nichts, hielt ihn nur noch fester. Er küsste sie auf den Kopf.

»Ich habe Angst«, sagte sie schließlich.

»Ich auch.«

»Aber ich habe Angst um uns. Um unsere Beziehung. Ich meine, ich habe manchmal das Gefühl, dass du etwas von mir fernhältst, dass du Angst hast, mit mir zu reden. Oder dass du nicht mit mir reden willst.«

»Das stimmt nicht«, widersprach er.

»Du weißt, dass es stimmt.«

Einen Augenblick lang schwiegen sie. »Du hast recht«, sagte Doug. »Wir haben uns voneinander entfernt. Ich weiß auch nicht warum. Ich würde ja gerne diesem Postboten an allem die Schuld geben, aber ich weiß, dass das nicht alles erklärt. Es ist auch mein eigener Fehler.«

»Es ist unser Fehler«, entgegnete Trish.

Und sie hielten einander fest, kuschelten sich noch dichter zusammen. Doug hatte das Gefühl, dass sie die Katastrophe abgewendet hatten, auf die sie zugetrieben waren, und dass sie erfolgreich die Pläne des Postboten durchkreuzt hatten.

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