21. KAPITEL Donnerstag, 26. Mai 2005

Per-Gunnar Gerdin verschlief gerade den Vormittag, als Kommissar Göran Aronsson auf den Hof von Klockaregård einbog und zu seiner Verblüffung Allan Emmanuel Karlsson auf der großen Holzveranda auf einer Hollywoodschaukel entdeckte.

Benny, die Schöne Frau und Buster waren gerade mit der Wasserversorgung für Sonjas neuen Stall in der Scheune beschäftigt. Julius hatte sich einen Bart stehen lassen und so die Erlaubnis der Gruppe bekommen, Bosse zum Lebensmitteleinkauf nach Falköping zu begleiten. Allan war weggenickt und wachte erst auf, als der Kommissar sich bemerkbar machte.

»Allan Karlsson, vermute ich?«, sagte Aronsson.

Allan schlug die Augen auf und meinte, das vermute er ebenfalls. Hingegen habe er keine Ahnung, wer da gerade mit ihm spreche. Ob der Besuch ihm in dieser Frage wohl Klarheit verschaffen wolle?

Das wollte der Kommissar sofort. Er sagte, er heiße Aronsson, sei Polizeikommissar und suche Herrn Karlsson schon seit einer ganzen Weile. Gegen Herrn Karlsson sei nämlich Haftbefehl erlassen aufgrund des Verdachts, Leute umgebracht zu haben. Gegen seine Freunde, die Herren Jonsson und Ljungberg sowie Frau Björklund, übrigens auch. Ob er zufällig wisse, wo diese sich gerade aufhielten.

Allan ließ sich Zeit mit der Antwort. Er müsse kurz seine Gedanken sammeln, erklärte er, er sei ja eben erst aufgewacht, dafür habe der Kommissar hoffentlich Verständnis. Schließlich plaudere man nicht einfach irgendwas über seine Freunde aus, ohne vorher gut nachzudenken, ob ihm der Herr Kommissar da nicht zustimme.

Aronsson antwortete, er könne ihm nur den Rat geben, jetzt sehr zügig alles zu erzählen, was er wusste. Eile habe der Kommissar aber trotzdem nicht.

Das gefiel Allan, und er forderte den Mann auf, sich zu ihm auf die Hollywoodschaukel zu setzen. Dann wollte Allan ihm auch einen Kaffee aus der Küche besorgen.

»Nehmen Sie Zucker in den Kaffee? Oder Milch?«

Eigentlich gehörte Aronsson nicht zu den Leuten, die gefasste Verbrecher einfach so davonspazieren ließen, und sei es nur in die Küche nebenan. Aber dieses Exemplar flößte ihm irgendwie so eine Ruhe ein. Außerdem konnte Aronsson von der Hollywoodschaukel aus gut in die Küche blicken und beobachten, was Allan da drinnen trieb. Also nahm er das Angebot an.

»Milch bitte. Keinen Zucker«, bat er und setzte sich.

Der soeben gefasste Allan bosselte in der Küche herum (»Möchten Sie vielleicht noch ein Stück Gebäck dazu?«), während Kommissar Aronsson ihm von der Veranda zusah. Er begriff nicht, wie ihm die Situation schon wieder so weit hatte entgleiten können. Zunächst hatte er aus der Ferne einen älteren Mann auf einer Veranda sitzen sehen und gedacht, dass das vielleicht der Vater von Bo Ljungberg war, der ihn sicher zu seinem Sohn führen konnte. Und dann hätte sich garantiert bestätigt, dass die gesuchten Personen nicht in der Nähe waren und die ganze Fahrt nach Västergötland vergebliche Liebesmüh gewesen war.

Doch als er nah genug an die Veranda gekommen war, stellte sich heraus, dass der alte Mann auf der Hollywoodschaukel Allan Karlsson in Person war. Der Weitschuss war ein Volltreffer gewesen!

Im Gespräch mit dem alten Mann war er ruhig und professionell aufgetreten. Wenn man es denn professionell nennen wollte, dass der mutmaßliche Dreifachmörder gerade in die Küche gegangen war, um Kaffee zu kochen. Im Grunde saß Aronsson auf der Veranda und kam sich doch wieder vor wie ein Amateur. Der hundertjährige Allan Karlsson sah nicht sonderlich gefährlich aus, doch was sollte Aronsson tun, wenn die drei anderen Verdächtigen auch auftauchten, vielleicht sogar in Gesellschaft von Bo Ljungberg, der wegen Strafvereitelung verhaftet werden sollte?

»Mit Milch und ohne Zucker sagten Sie, oder?«, rief Allan aus der Küche. »In meinem Alter wird man langsam etwas vergesslich.«

Aronsson wiederholte seinen Wunsch nach Milch im Kaffee und griff dann zum Handy, um Verstärkung von den Kollegen in Falköping anzufordern. Am besten gleich zwei Autos.

Doch sein Handy kam ihm zuvor. Es klingelte, bevor er wählen konnte. Als Aronsson sich meldete, war Staatsanwalt Ranelid in der Leitung – und der hatte ihm eine sensationelle Mitteilung zu machen.

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