29 Feuer und Geist

Nynaeve blieb im Schatten vor der Kleinen Burg stehen, rupfte sorgfältig ihr Gesicht ab und steckte das Taschentuch wieder in ihren Ärmel. Es nützte zwar nicht viel — der Schweiß brach sofort erneut aus —, aber sie wollte dort drinnen bestmöglich aussehen. Sie wollte kühl, ruhig und gefaßt wirken. Es bestand eine geringe Chance. Ihre Schläfen pochten, und ihr Magen fühlte sich schwach an. Sie hatte das Frühstück heute morgen nicht einmal angesehen. Es lag natürlich nur an der Hitze, aber sie wollte wieder in ihr Bett zurückkehren, sich einrollen und sterben. Zusätzlich beeinträchtigte sie noch ihre Wetterfühligkeit. Die glühende Sonne hätte von zornigen schwarzen Wolken und drohendem Gewitter verdeckt sein sollen.

Die Behüter an der Vorderseite der Burg wirkten auf den ersten Blick nicht wie Wächter, aber sie waren es. Sie erinnerten sie an Aiel, die sie im Stein von Tear gesehen hatte. Wahrscheinlich wirkten sie sogar im Schlaf wie Wölfe. Ein kahlköpfiger Mann mit kantigem Gesicht, der nicht größer als sie, aber fast genauso breit wie groß war, spazierte aus der Burg und die Straße hinab. Das Heft des Schwertes auf seinem Rücken ragte über seine Schulter hinaus. Sogar er — Jori, Morvrin zugeschworen — schaffte es.

Uno mit dem Haarknoten ging vorbei, führte sein Pferd durch die Menge und schien die Hitze trotz der Stahlscheiben und des Kettenpanzers, die ihn von den Schultern abwärts bedeckten, kaum zu bemerken. Er drehte sich im Sattel, um sie mit seinem gesunden Auge zu betrachten, und sie errötete. Birgitte hatte geplaudert. Jedes Mal, wenn der Mann sie sah, erwartete er offensichtlich, daß sie ihn um Pferde bitten würde. Und sie war fast bereit dazu. Sogar Elayne wußte nicht, ob sie etwas nützten. Nun, sie wußte es und würde es sagen, aber sie sollte nicht.

Uno ritt um eine Ecke außer Sicht, und Nynaeve seufzte. Sie versuchte gerade, sich ihr Vorhaben aus dem Kopf zu schlagen. Vielleicht war Myrelle dort. Sie errötete erneut, betrachtete stirnrunzelnd ihre faltige Hand — heute wäre der elfte Tag des Töpfeschrubbens, und neunundzwanzig würden noch folgen. Neunundzwanzig! Sie ging hinein.

In dem Raum, der zu der Zeit, als die Kleine Burg noch eine Gaststätte war, ein Aufenthaltsraum gewesen war, war es ein wenig kühler, was ihrem schmerzenden Kopf etwas Erleichterung verschaffte. Jedermann nannte den Raum jetzt ›den Aufenthaltsraum‹. Hier war keine Zeit für Ausbesserungen verschwendet worden. An der Feuerstelle fehlten Steine, und durch Löcher im Verputz war Lattenwerk zu sehen. Areina und Nicola fegten den Raum, zusammen mit einer weiteren Novizin, gerade aus, was den vom Alter aufgerauhten Boden aber kaum beeindruckte. Areina runzelte die Stirn, aber andererseits war sie niemals erfreut, wenn sie mit den Novizinnen zusammen Hausarbeiten erledigen mußte. Niemand konnte sich dem in Salidar entziehen. Am anderen Ende des Raumes sprach Romanda mit zwei schlanken, betagten Aes Sedai — ihre Gesichter waren vielleicht alterslos, aber ihr Haar war weiß —, eindeutig Neuankömmlinge, da sie noch ihre dünnen Staubmäntel trugen. Kein Zeichen von Myrelle. Nynaeve seufzte erleichtert auf. Die Frau traktierte Nynaeve bei jeder Gelegenheit. Aes Sedai saßen an Tischen, die schlecht zusammengestellt, aber sorgfältig in Reihen angeordnet waren, und gingen mit Behütern und Dienern Papiere durch oder erteilten ihnen Befehle, aber es waren weniger, als sie bei ihrem ersten Aufenthalt in diesem Raum gesehen hatte. Nur die Sitzenden und ihre Diener wohnten jetzt noch in den oberen Stockwerken. Alle anderen waren daraus vertrieben worden, um Platz für die Aes Sedai zu machen. Die Kleine Burg hatte Eigenschaften der Weißen Burg angenommen, vor allem die peinlich genaue Förmlichkeit. Als Nynaeve diesen Raum zum ersten Mal gesehen hatte, war er von Geschäftigkeit geprägt gewesen, von dem Anschein, daß etwas getan wurde. Also ein falscher Anschein. Jetzt schien alles verlangsamt, aber es war das Gefühl der Weißen Burg.

Sie näherte sich einem der Tische — nicht dem nächststehenden — und vollführte einen Hofknicks. »Verzeiht, Aes Sedai, aber mir wurde gesagt, Siuan und Leane wären hier. Könnt Ihr mir sagen, wo ich sie finden kann?«

Brendas' Stift hielt mitten in der Luft inne, und sie schaute mit kühlen dunklen Augen auf. Nynaeve hatte sie erwählt, weil Brendas eine der wenigen Aes Sedai war, die sie niemals wegen Rand ins Verhör genommen hatte. Außerdem hatte Siuan Brendas einst, als sie die Amyrlin war, als jemanden erwählt, dem man vertrauen konnte. Das hatte nichts hiermit zu tun, aber Nynaeve suchte sich ihren Trost, wo sie konnte.

»Sie sind bei einigen der Sitzenden, Kind.« Brendas' Stimme war volltönend und genauso gefühllos wie ihr blasses Gesicht. Weiße zeigten selten Empfindungen, aber Brendas zeigte sie niemals.

Nynaeve unterdrückte ein verärgertes Seufzen. Wenn Sitzende sie über ihre Augen-und-Ohren berichten ließen, waren sie vielleicht noch stundenlang beschäftigt. Aber vielleicht nicht den Rest des Tages. Bis dahin wäre sie mit den Töpfen beschäftigt. »Danke, Aes Sedai.«

Brendas unterbrach ihren Hofknicks mit einer Geste.

»Hat Theodrin mit Euch gestern irgendwelche Fortschritte gemacht?«

»Nein, Aes Sedai.« Wenn ihre Stimme ein wenig angespannt klang, dann hatte sie Grund dazu. Theodrin hatte gesagt, sie wolle alles versuchen, und offensichtlich meinte sie das auch. Die gestrige Bemühung hatte Wein zum Entspannen beinhaltet, aber aus irgendeinem Grund hatte Nynaeve letztendlich mehr als nur wenige Schlucke getrunken. Sie glaubte nicht, daß sie jemals vergessen würde, wie man sie singend — singend! — zu ihrem Raum zurückgebracht hatte, oder sich daran jemals erinnern könnte, ohne rot zu werden. Brendas mußte es wissen. Jedermann mußte es wissen. Nynaeve hätte sich am liebsten verkrochen.

»Ich frage nur, weil Eure Studien zu leiden scheinen. Ich habe mehrere Schwestern bemerken hören, daß Ihr am Ende Eurer bemerkenswerten Heilung angelangt zu sein scheint. Vielleicht sind Eure zusätzlichen Hausarbeiten hinderlich —, aber Elayne offenbart jeden Tag etwas Neues, sogar wenn sie ihre Klassen unterrichtet oder an den Töpfen arbeitet. Viele Schwestern fragen sich, ob sie Euch nicht besser helfen könnten als Theodrin. Wenn wir uns abwechseln würden und Euch täglich leiten würden, könnte sich das vielleicht als hilfreicher erweisen als diese zwanglosen Treffen mit dieser Frau, die immerhin selbst kaum mehr als eine Aufgenommene ist.« Das alles wurde in gleichförmigem Tonfall und ohne den geringsten Vorwurf ausgesprochen, und doch errötete Nynaeve, als wäre sie angeschrien worden.

»Ich bin sicher, daß Theodrin den Hinweis jeden Tag finden wird, Aes Sedai«, erwiderte sie fast im Flüsterton. »Ich werde es noch stärker versuchen, Aes Sedai.« Sie vollführte eilig einen Hofknicks und wirbelte herum, bevor Brendas sie erneut aufhalten konnte. Mit dem Ergebnis, daß sie gegen eine der beiden weißhaarigen Neuankömmlinge prallte. Sie sahen einander ausreichend ähnlich, um wahrhaftig Schwestern sein zu können, waren fast Spiegelbilder voneinander, mit edel geformten Knochen und länglichen, aristokratischen Gesichtern.

Der Zusammenstoß war in Wahrheit eher ein Vorbeistreifen, und sie versuchte sich zu entschuldigen, aber die Aes Sedai fixierte sie mit einem Blick, der einem Falken zur Ehre gereicht hätte. »Achtet auf Euren Weg, Aufgenommene. Zu meiner Zeit hätte eine Aufgenommene, die fast eine Aes Sedai überrannte, noch weißeres Haar als meines bekommen, bevor sie auch nur die Böden zu Ende geschrubbt hätte.«

Die andere berührte ihren Arm. »Oh, laßt das Kind gehen, Vandene. Wir haben zu arbeiten.«

Vandene schickte ein heftiges Schnauben in Nynaeves Richtung, ließ sich aber hinausgeleiten.

Nynaeve wartete einen Moment, um sie gehen zu lassen, als sie Sheriam mit Myrelle, Morvrin und Beonin aus einem der Versammlungsräume kommen sah. Myrelle sah sie ebenfalls und wollte auf sie zugehen, aber bereits nach einem Schritt legten Sheriam und Morvrin jede eine Hand auf die Arme der Grünen Schwester und sprachen schnell und leise auf sie ein, wobei sie häufig zu Nynaeve schauten. Noch immer miteinander redend, durchquerten die vier Frauen den Raum und verschwanden durch eine andere Tür.

Nynaeve wartete, bis sie wieder vor der Kleinen Burg angelangt war, bevor sie einmal heftig an ihrem Zopf zog. Sie hatten sich gestern abend mit den Weisen Frauen getroffen. Es war nur zu leicht zu erraten, warum die anderen Myrelle daran gehindert hatten, mit ihr zu sprechen. Wäre Egwene im Herzen des Steins gewesen, sollte sie es nicht erfahren. Nynaeve al'Meara war in Ungnade gefallen. Nynaeve al'Meara schrubbte Töpfe wie eine Novizin, obwohl sie vielleicht schon eine Stufe höher als eine Aufgenommene stehen könnte. Nynaeve al'Meara gelangte mit Theodrin nirgendwohin, und alle ihre großartigen Entdeckungen waren unnütz. Nynaeve al'Meara würde niemals eine Aes Sedai werden. Sie hatte gewußt, daß es ein Fehler war, durch Elayne alles von Moghedien hereinzuschleusen. Sie hatte es gewußt!

Ihre Zunge wollte sich bei der Erinnerung an einen üblen Geschmack winden. Gekochter Katzenfarn und zerriebene Mavinsblätter. Ein Gegenmittel, das sie bei so manchem Kind angewandt hatte, das nicht aufhören wollte zu lügen. In Ordnung, sie war diejenige gewesen, die es selbst vorgeschlagen hatte, aber es war dennoch ein Fehler gewesen. Aes Sedai sprachen nicht mehr über ihre Neuerungen. Sie sprachen über ihr Fehlen. Aes Sedai, die niemals mehr als flüchtiges Interesse an ihrem Widerstand gezeigt hatten, waren jetzt in die Aufgabe eingebunden, ihn zu zerbrechen. Sie konnte nicht gewinnen. Es würde auf die eine oder andere Art darauf hinauslaufen, daß sie von Kopf bis Fuß und von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang von Aes Sedai geprüft würde.

Sie zog fester an ihrem Zopf, ausreichend fest, daß ihre Kopfhaut schmerzte, aber so, wie sich ihr Kopf anfühlte, nützte es in bezug auf ihr Temperament nichts. Ein Soldat mit dem flachen Helm eines Bogenschützen und einem gefütterten Wams verlangsamte seinen Schritt, um sie neugierig zu betrachten, aber sie sah ihn dermaßen feindselig an, daß er über seine eigenen Füße stolperte und schnell in der Menge verschwand. Warum mußte Elayne so starrsinnig sein?

Die Hände eines Mannes schlossen sich um ihre Schultern, und sie wirbelte herum, zu Äußerungen bereit, die ihm den Verstand rauben würden. Sie erstarben ihr auf der Zunge.

Thom Merrilin grinste sie durch seinen langen weißen Bart hindurch an, und die scharfen blauen Augen in dem knorrigen Gesicht blinzelten ihr zu. »So wie Ihr ausseht, Nynaeve, könnte man fast glauben, Ihr wärt zornig, aber ich weiß, daß Ihr ein solch freundliches Gemüt besitzt, daß die Menschen Euch stets um Rat fragen.«

Neben ihm stand Juilin Sandar, dieser hagere Bursche, der wie aus Holz geschnitzt wirkte und sich auf einen daumendicken Bambusstock lehnte. Juilin war Tairener, nicht Taraboner, aber er trug dennoch diese lächerliche, oben flache, kegelförmige rote Kappe, die jetzt noch beschädigter war als bei ihrem letzten Zusammentreffen. Er riß sie sich vom Kopf, als sie ihn ansah. Beide Männer waren staubbedeckt und von der Reise erschöpft, mit hageren Gesichtern, obwohl sie beide auch vorher nicht besonders fleischig gewesen waren. Sie wirkten, als hätten sie die letzten Wochen, seit sie Salidar verlassen hatten, in ihren Kleidern geschlafen, wenn sie nicht im Sattel gesessen hatten.

Bevor Nynaeve etwas sagen konnte, wurden sie von einem menschlichen Sturm überrannt. Elayne warf sich so heftig auf Thom, daß er stolperte. Er schob natürlich seine Hände unter ihre Arme, hob sie hoch und wirbelte sie, trotz seines leichten Hinkens, im Kreis herum wie ein Kind. Er lachte, als er sie wieder absetzte, und sie lachte ebenfalls. Sie griff aufwärts und zog ihn am Bart, und sie lachten noch lauter. Er betrachtete ihre Hände, die genauso runzlig waren wie Nynaeves, und fragte sie, in welche Schwierigkeiten sie geraten war, ohne daß er sie auf dem rechten Weg halten konnte, und sie erwiderte, daß sie niemanden brauchte, der ihr sagte, was sie tun sollte; nur brachte sie dies errötend und kichernd hervor und biß sich auf die Lippen.

Nynaeve atmete tief durch. Manchmal benahmen sich die beiden entschieden zu sehr wie Vater und Tochter. Manchmal schien Elayne zu glauben, daß sie ungefähr zehn Jahre alt war, und Thom ebenfalls. »Ich dachte, du hättest heute morgen Novizinnenunterricht, Elayne.«

Die andere Frau warf ihr einen Seitenblick zu, sammelte sich in dem verspäteten Versuch, Würde zu zeigen, und beschäftigte sich dann mit ihrem Gewand. »Ich habe Calindin gebeten, den Unterricht zu übernehmen«, sagte sie beiläufig. »Ich dachte, ich könnte dir Gesellschaft leisten. Und ich bin froh, daß ich es getan habe«, fügte sie mit einem für Thom gedachten Grinsen hinzu. »Jetzt kannst du uns alles berichten, was du in Amidicia erfahren hast.«

Nynaeve schnaubte. Ihr Gesellschaft leisten, also wirklich! Sie erinnerte sich nicht an alles, was gestern geschehen war, aber sie wußte genau, daß Elayne gelacht hatte, als sie sich ausgezogen und zu Bett gegangen war, noch bevor die Sonne unterging. Und sie war sicher, sich an die Frau zu erinnern, die gefragt hatte, ob sie einen Eimer Wasser haben wolle, um ihren Kopf zu kühlen.

Thom bemerkte nichts. Die meisten Männer waren blind, obwohl er sonst ausreichend scharfsinnig war. »Wir werden uns beeilen müssen«, sagte er. »Jetzt, wo Sheriam uns ausgefragt hat, will sie, daß wir einigen Sitzenden persönlich berichten. Glücklicherweise ist es nicht sehr viel. Es sind nicht einmal genug Weißmäntel am Eldar, um eine Maus von der Überquerung abzuhalten, die sich einen Tag vorher mit Pauken und Trompeten ankündigt. Bis auf eine starke Streitmacht an der Grenze nach Tarabon und den Männern, die er im Norden zur Verfügung hat, um den Propheten aufzuhalten, scheint Niall auch noch die letzten Weißmäntel um Amadicia zu versammeln, und Ailron zieht seine Soldaten ebenfalls ein. Das Gerede von Salidar hat schon angefangen, bevor wir aufgebrochen sind, aber wenn Niall auch nur einen zweiten Gedanken an den Ort verschwendet hat, konnte ich nirgendwo einen Hinweis darauf entdecken.«

»Tarabon«, murmelte Juilin und betrachtete seine Kappe. »Ein schreckliches Land für jemanden, der nicht auf sich aufpassen kann — das haben wir zumindest gehört.«

Nynaeve war sich nicht sicher, wer von den beiden besser darin war, sich nichts anmerken zu lassen, aber sie zweifelte nicht daran, daß beide so gut lügen konnten, daß sogar ein Händler grün vor Neid würde. Und gerade jetzt war sie überzeugt, daß sie etwas verbargen.

Elayne erkannte noch mehr. Sie ergriff Thoms Rockaufschlag und blickte zu ihm hoch. »Du hast etwas über meine Mutter erfahren«, sagte sie ruhig; es war keine Frage.

Thom zupfte an seinem Bart. »Es gibt in jeder Straße Amadicias hundert Gerüchte, Kind, und eines ist wilder als das andere.« Sein knorriges, ledriges Gesicht war die pure Unschuld und Offenheit, aber der Mann war seit dem Tag seiner Geburt niemals unschuldig gewesen. »Es heißt, die gesamte Weiße Burg halte sich hier in Salidar auf, und zehntausend Behüter stünden bereit, den Eldar zu überqueren. Es heißt, Aes Sedai hätten Tanchico erobert, und Rand habe Flügel, die er benutzt, um nachts herumzufliegen...«

»Thom?« sagte Elayne.

Er schnaubte und sah Juilin und Nynaeve an, als sei es ihr Fehler. »Kind, es ist nur ein Gerücht, das genauso verrückt ist wie jedes andere Gerücht, das wir gehört haben. Ich konnte keine Bestätigung finden, und glaube mir, ich habe es versucht. Ich wollte es nicht erwähnen. Es weckt nur deinen Schmerz. Laß es gut sein, Kind.«

»Thom.« Weitaus bestimmter. Juilin regte sich unbehaglich und wirkte, als wünschte er, woanders zu sein, während Thom einfach nur grimmig aussah.

»Nun, wenn du es unbedingt wissen willst. Alle in Amadicia scheinen zu glauben, deine Mutter befände sich in der Festung des Lichts und wolle ein Heer von Weißmänteln nach Andor zurückführen.«

Elayne schüttelte den Kopf und lachte leise. »Oh, Thom, glaubst du, ich würde mir wegen so etwas Sorgen machen? Mutter würde niemals zu den Weißmänteln gehen. Ich könnte mir vielleicht wünschen, sie hätte es getan. Ich könnte mir vielleicht wünschen, sie wäre am Leben, um es zu tun, obwohl es alles in Frage stellen würde, was sie mich jemals gelehrt hat — fremde Soldaten nach Andor führen, und noch dazu Weißmäntel! Aber wenn Wünsche Flügel hätten...« Sie lächelte traurig, aber es war eine gedämpfte Traurigkeit. »Ich habe genug getrauert, Thom. Mutter ist tot, und ich muß mein Bestes tun, mich ihrer würdig zu erweisen. Sie hätte niemals auf lächerliche Gerüchte gehört und auch keine Tränen darüber vergossen.«

»Kind«, sagte er unbeholfen.

Nynaeve fragte sich, was er wegen Morgases Tod empfand, wenn er überhaupt etwas empfand. Es war schwer zu glauben. Er war einst Morgases Geliebter gewesen, als sie jung und Elayne noch kaum mehr als ein Baby gewesen war. Damals hatte er sicherlich noch nicht so ausgesehen, als habe man ihn zu lange zum Trocknen in der Sonne gelassen. Nynaeve wußte kaum mehr darüber, wie und warum es geendet hatte, als daß er mit einem Haftbefehl im Nacken aus Caemlyn geflüchtet war. Nicht das Zeichen der Liebe, von dem Geschichten erzählen. Im Moment schien er eindeutig nur darum besorgt, ob Elayne die Wahrheit sagte oder ihren Schmerz verbarg. Er tätschelte ihre Schulter und strich ihr übers Haar. Hätte Nynaeve sich nicht gewünscht, daß sie einander anfauchten wie normale Menschen, hätte sie es als hübsches Bild empfunden.

Ein Räuspern zerstörte das Bild. »Meister Merrilin?« sagte Tabitha und vollführte schnell einen Hofknicks. »Meister Sandar? Sheriam Sedai sagt, die Sitzenden seien bereit, Euch zu empfangen. Sie sagt, Ihr solltet die Kleine Burg nicht verlassen.«

»Also ist das die Kleine Burg?« fragte Thom trocken, während er das ehemalige Gasthaus betrachtete. »Elayne, sie können uns nicht ewig festhalten. Wenn wir fertig sind, können wir miteinander reden ... über was auch immer du willst.« Er bedeutete Tabitha voranzugehen und ging wieder hinein, deutlich hinkend, wie er es stets tat, wenn er müde war. Juilin straffte die Schultern und folgte ihm, als ginge es zum Galgen. Er war immerhin Tairener.

Nynaeve und Elayne standen da und sahen einander kaum an.

Schließlich sagte Nynaeve: »Ich war nicht...« Und Elayne sagte im gleichen Moment: »Ich sollte nicht...« Sie brachen auch im gleichen Moment ab, und es vergingen einige Momente, in denen sie sich mit geröteten Gesichtern mit ihren Röcken beschäftigten.

»Es ist zu heiß, um hier stehen zu bleiben«, sagte Nynaeve schließlich.

Es war unwahrscheinlich, daß die Sitzenden, die gerade Siuans und Leanes Berichten zuhörten, innehalten würden, um Thoms und Juilins Berichten zu lauschen. Sie teilten solche Dinge untereinander auf. Also blieb nur Logain, so sehr sie auch wünschte, es wäre anders. Sie würden nichts erfahren. Aber es war immer noch besser, als Daumen zu drehen, bis ein Dutzend Aes Sedai mit einem Stundenplan für sie aufkreuzten.

Sie blickte seufzend die Straße hinab. Elayne erweckte den Eindruck, als sei sie eingeladen. Das verhalf Nynaeve zu dem Zorn, den sie brauchen würde. Sie erkannte jäh, daß Elaynes Handgelenke bloß waren.

»Wo ist das Armband?« fragte sie leise. Niemand auf der Straße würde sie verstehen, wenn sie sie hörten, aber einmal aufgegebene Vorsicht konnte verhängnisvoll sein. »Wo ist Marigan?«

»Das Armband befindet sich in meiner Tasche, Nynaeve.« Elayne trat beiseite, um einen hochrädrigen Wagen vorbeizulassen, und ging dann hinter dem Wagen wieder zu Nynaeve. »Marigan kümmert sich zusammen mit ungefähr zwanzig anderen Frauen um unsere Wäsche. Und stöhnt jedes Mal, wenn sie sich rührt. Sie sagte etwas in der Meinung, daß Birgitte es nicht hören würde, und Birgitte... Ich mußte das Ding abnehmen, Nynaeve. Birgitte hatte das Recht dazu —und es schmerzte. Ich habe Marigan gesagt sie solle erklären, sie sei eine Treppe hinuntergefallen.«

Nynaeve schnaubte, aber es war nicht ernst. Sie hatte das Armband in letzter Zeit nicht oft getragen. Nicht weil sie nichts abgeben konnte, was sie als ihr Eigentum betrachtete. Sie war sich noch immer nicht im klaren, ob Moghedien nicht zumindest etwas vom Heilen verstand, auch wenn sie es selbst nicht erkannte — niemand konnte so blind sein —, und da war der Trick, wie man das Lenken der Macht eines Mannes erkennen konnte, den sie, wie Moghedien ständig behauptete, fast beherrschten. Die Wahrheit war, daß sie fürchtete, sie könnte weitaus Schlimmeres tun, als Birgitte es getan hatte, wenn sie über das notwendige Maß hinaus Kontakt zu der Frau hätte. Vielleicht war es die Art, wie allem Zufriedenheit zugrunde zu liegen schien, wenn Moghedien unter dem zurückhallenden Schmerz stöhnte, wenn Nynaeve versuchte, diese Aufdeckung zu beherrschen. Vielleicht war es die Erinnerung daran, wie ängstlich sie gewesen war, allein mit der Frau und ohne das Armband. Vielleicht war es der zunehmende Widerwille davor, eine der Verlorenen vor dem Urteil zu bewahren. Vielleicht war es aber auch alles zusammen. Sie wußte nur, daß sie sich jetzt zwingen mußte, das Armband anzulegen, und daß sie, wann immer sie Moghediens Gesicht sah, mit ihren Fäusten darauf einschlagen wollte.

»Ich hätte nicht lachen sollen«, sagte Elayne. »Es tut mir leid, daß ich es getan habe.«

Nynaeve blieb so unvermittelt stehen, daß ein Reiter sein Pferd verreißen mußte, um sie nicht umzureiten. Er schrie etwas, bevor die Menge ihn davontrug, aber der Schreck dämpfte seine Worte bis zur Unhörbarkeit. Sie war nicht über die Entschuldigung erschrocken. Sie war über das erschrocken, was sie sagen mußte. Das Richtige sagen. Die Wahrheit.

Unfähig, Elayne anzusehen, ging sie weiter. »Du hattest alles Recht zu lachen. Ich...« Sie schluckte schwer. »Ich habe mich vollkommen zur Närrin gemacht.« Das hatte sie. Nur wenige Schlucke, hatte Theodrin gesagt, einen Becher. Aber sie hatte den Krug geleert. Wenn man versagte, sollte man einen besseren Grund dafür haben als den, etwas nicht gekonnt zu haben. »Du hättest nach diesem Eimer schicken und meinen Kopf solange hineintauchen sollen, bis ich Die Große Jagd nach dem Horn fehlerlos hersagen konnte.« Sie wagte einen Blick aus den Augenwinkeln. Kleine rote Flecke waren noch immer auf Elaynes Wangen zu sehen. Also war die Rede von einem Eimer gewesen.

»Das könnte jedem passieren«, sagte die andere Frau schlicht.

Nynaeve spürte, wie sie ebenfalls errötete. Als es Elayne passiert war, hatte sie die Frau untergetaucht, um den Wein fortzuspülen. »Du hättest tun sollen, was auch immer nötig gewesen wäre, um mich zu ernüchtern.«

Es war so ziemlich der seltsamste Streit, an den Nynaeve sich jemals erinnern konnte, darauf zu beharren, daß sie eine vollkommene Närrin gewesen war und die Strafe verdiente, während Elayne für sie eine Entschuldigung nach der anderen ersann. Nynaeve verstand nicht, warum es so wohltuend wirkte, solchermaßen alle Schuld auf sich zu nehmen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, das jemals zuvor getan zu haben, nicht ohne soviel wie möglich zu verbergen. Sie wurde fast wütend auf Elayne, weil sie ihr nicht zustimmte, daß sie eine kindische Närrin gewesen war. Der Streit dauerte an, bis sie das kleine strohgedeckte Haus am Rande des Dorfes erreichten, wo Logain festgehalten wurde.

»Wenn du nicht damit aufhörst«, sagte Elayne schließlich, »schwöre ich, daß ich sofort nach einem Eimer Wasser schicken werde.«

Nynaeve öffnete den Mund und schloß ihn dann wieder. Das ging selbst in diesem neugefundenen Hochgefühl, zugegeben zu haben, daß sie sich geirrt hatte, zu weit. Sie konnte Logain nicht gegenübertreten, wenn sie sich so gut fühlte. Es wäre ohnehin sinnlos —ohne Moghedien und das Armband, das anzulegen sie sich entschieden zu gut fühlte. Sie betrachtete die beiden Behüter, die neben der Tür mit dem Steinsturz Wache standen. Sie waren nicht nahe genug, daß sie sie hätten hören können, aber sie sprach dennoch leise. »Elayne, gehen wir. Heute abend.« Da Thom und Juilin in Salidar waren, brauchten sie Uno nicht zu bitten, Pferde auf zu treiben. »Nicht nach Caemlyn, wenn du nicht willst. Nach Ebou Dar. Merilille wird diese Schale niemals finden, und Sheriam wird sie uns niemals suchen lassen. Was sagst du? Heute abend?«

»Nein, Nynaeve. Wie können wir Rand nützen, wenn sie uns als Flüchtige ansehen? Du hast es versprochen, Nynaeve. Du hast es versprochen, wenn wir etwas fänden.«

»Ich habe es versprochen, wenn wir etwas fänden, was wir verwenden könnten. Aber wir haben nur dies gefunden!« Nynaeve hielt der anderen Frau ihre runzligen Hände unter die Nase.

Die Entschlossenheit schwand aus Elaynes Gesicht und ihrer Stimme. Sie schürzte die Lippen und schaute zu Boden. »Nynaeve, du weißt, daß ich Birgitte gesagt habe, wir würden bleiben. Nun, anscheinend hat sie Uno angewiesen, daß er dir unter keinen Umständen ein Pferd geben sollte, es sei denn, sie befähle es. Sie sagte ihm, du hättest vor davonzulaufen. Ich habe es erst herausgefunden, als es bereits zu spät war.« Sie hob verärgert den Kopf. »Wenn es das bedeutet, einen Behüter zu haben, weiß ich nicht, warum irgend jemand einen haben wollte.«

Nynaeve hatte das Gefühl, als würden ihre Augen vor Empörung bersten. Das war also der Grund, warum er sie angestarrt hatte. Das Hochgefühl schwand in einem Ansturm von — nun, zum Teil Zorn, zum Teil Erniedrigung. Der Mann wußte. Er dachte, daß sie... Warte. Sie sah Elayne einen Moment stirnrunzelnd an, beschloß dann aber, die Frage, die ihr gerade in den Sinn gekommen war, nicht zu stellen. Hatte Birgitte Uno gegenüber nur Nynaeves Namen erwähnt, oder war Elayne vielleicht auch betroffen? Elayne hatte für sich eine recht annehmbare Familie gefunden: in Thom, einem nachsichtigen Vater, der sie alles lehren wollte, was er wußte, und Birgitte, einer älteren Schwester, die ihre Aufgabe darin sah, die Jüngere davon abzuhalten, sich beim Reiten von Pferden, mit denen sie noch nicht umgehen konnte, den Hals zu brechen.

»In diesem Fall«, sagte sie tonlos, »sollten wir herausfinden, was ich von Logain erfahren kann.«

Es war ein kleines Haus mit nur zwei Räumen, aber hinter den dicken Steinmauern war es recht kühl. Logain saß in Hemdsärmeln mit einer Pfeife am Fenster und las in einem Buch. Die Aes Sedai kümmerten sich gut um ihn. Die Stühle und Tische waren genauso gut wie alles in Salidar — nichts Kunstvolles, aber gut gearbeitet, obwohl nichts zusammenpaßte —, und ein rotgoldener Webteppich bedeckte den größten Teil eines Bodens, der so sauber geschrubbt war, daß Nynaeve bezweifelte, daß er das selbst bewerkstelligt hatte.

Er legte das Buch zur Seite, als sie eintraten, und schien nicht im geringsten verärgert darüber, daß sie nicht angeklopft hatten. Er erhob sich gemächlich, klopfte seine Pfeife aus, legte sich seinen Umhang um und verbeugte sich erst dann. »Es tut gut, Euch nach so langer Zeit wiederzusehen. Ich dachte schon, Ihr hättet mich vergessen. Möchtet Ihr etwas Wein? Die Aes Sedai versorgen mich nur knapp, aber was sie mir zukommen lassen, ist wirklich nicht schlecht.«

Der angebotene Wein hätte genügt — Nynaeve konnte kaum ein Stöhnen unterdrücken —, wenn sie noch mehr Anlaß gebraucht hätte. Wenn sie an Uno dachte, genügte die Tatsache, daß er ein Mann war. Es war nicht nötig, ihren Zorn aus der Kleinen Burg zu ziehen. Daran zu denken, trug jedoch seinen Teil dazu bei. Die Wahre Quelle war plötzlich da, eine unbemerkte Wärme, gerade eben außer Sicht. Sie öffnete sich, und Saidar überflutete sie. Wenn sie zuvor ein Hochgefühl empfunden hatte, dann war das jetzige Gefühl nur als jenseits der Verzückung zu beschreiben. Sie ergab sich ihm tatsächlich, verdammt sei Theodrin!

»Setzt Euch«, befahl sie ihm kalt. »Ich will kein Geplauder von Euch hören. Antwortet, wenn Ihr gefragt werdet, aber haltet ansonsten den Mund.«

Logain zuckte nur die Achseln und fügte sich sanft wie ein Hündchen. Nein, nicht sanft. Dieses Lächeln war die pure Überheblichkeit. Diese erwuchs teilweise aus seinen Empfindungen gegenüber den Aes Sedai, dessen war sich Nynaeve sicher, und teilweise... Er beobachtete, wie sich Elayne einen Stuhl nahm und ihre Röcke mit geübter Sorgfalt richtete. Auch wenn Nynaeve nicht bemerkt hätte, wohin er schaute, hätte sie gewußt, daß es eine Frau war. Es war keine Belustigung und keine Lüsternheit daran, sondern nur... Nynaeve wußte nicht, was, nur daß er sie genauso ansah, und ihr wurde plötzlich sehr deutlich bewußt, daß sie eine Frau und er ein Mann war. Vielleicht kam das nur daher, daß er gut aussah und breite Schultern hatte, aber sie dachte im stillen anders darüber. Natürlich war es nicht das.

Sie räusperte sich und wob Fäden Saidar in ihn, Luft und Wasser, Feuer und Erde und Geist. Alle Elemente des Heilens, aber jetzt benutzt, um einzudringen. Es hätte geholfen, Hand an ihn zu legen, aber sie konnte sich nicht dazu bringen. Es war schlimm genug, ihn mit der Macht zu berühren. Er war gesund wie ein Bulle und fast genauso stark. Ihm fehlte nicht das geringste — bis auf die Öffnung.

Es war keine wirkliche Öffnung, sondern mehr ein Gefühl, daß das, was andauernd wirkte, nicht andauernd war, daß das, was glatt und gerade schien, in Wahrheit um eine Leere verlief. Sie kannte dieses Gefühl von früher, als sie geglaubt hatte, sie könnte vielleicht wirklich etwas erfahren. Es verursachte ihr noch immer eine Gänsehaut.

Er sah sie angespannt an. Sie erinnerte sich nicht, näher getreten zu sein. Sein Gesicht war zu einer Maske schamloser Verachtung erstarrt. Sie war vielleicht keine Aes Sedai, aber sie kam dem sehr nahe.

»Wie kannst du alles das gleichzeitig tun?« fragte Elayne. »Ich könnte nicht der Hälfte davon auf einmal nachgehen.«

»Still«, murmelte Nynaeve. Sie überspielte die Anstrengung, die es sie kostete, und nahm Logains Kopf grob in die Hände. Ja. Mit Körperkontakt war es besser, die Eindrücke deutlicher.

Sie richtete den vollen Strom Saidars an die Stelle, wo die Öffnung hätte sein sollen — und war fast überrascht eine Leere vorzufinden. Natürlich, sie glaubte immer noch nicht, etwas zu erfahren. Männer unterschieden sich bezüglich der Macht genauso stark von Frauen wie körperlich, vielleicht sogar noch mehr. Sie könnte genausogut einen Felsen betrachten, um etwas über Fische herauszufinden. Es war schwer, ihre Gedanken auf diese Tätigkeit zu konzentrieren, obwohl sie sich bewußt war, daß sie nur Gefühle durchlebte und Zeit totschlug.

Was wird Myrelle sagen? Würde sie eine Nachricht von Egwene zurückhalten? Diese Leere, die so gering war, daß sie sie leicht überqueren konnte, wurde unermeßlich, als sie die Stränge hineinfließen ließ, ausreichend unermeßlich, sie alle zu verschlingen. Wenn ich nur mit Egwene sprechen könnte. Ich wette, daß sie mir helfen würde, Elayne davon zu überzeugen, daß wir hier alles in unserer Macht Stehende getan haben, wenn sie erst wüßte, daß die Burg eine Abordnung zu Rand geschickt hat und die Aes Sedai hier nur herumsitzen. Eine unermeßliche Leere. Nichts. Was war mit dem, was sie in Siuan und Leane gefunden hatte, das Gefühl von etwas Abgeschnittenem? Sie war sich sicher, daß es real gewesen war, wie schwach auch immer es gewesen sein mochte. Männer und Frauen unterschieden sich vielleicht, aber vielleicht... Es muß mir irgendwie gelingen, mit ihr zu sprechen. Sie wird erkennen, daß es für Rand besser wäre, wenn wir dort wären. Elayne wird zuhören. Elayne glaubt, daß Egwene Rand besser kennt als irgend jemand sonst. Da war es. Etwas Abgeschnittenes. Nur ein Eindruck, aber derselbe wie in Siuan und Leane. Also, wie finde ich sie? Wenn sie nur wieder in unseren Träumen auftauchen würde. Ich wette, ich kann sie dazu überreden, sich uns anzuschließen. Wir drei würden weitaus besser mit Rand zurechtkommen. Zusammen könnten wir ihm

sagen, was wir in Tel'aran'rhiod erfahren haben, ihn davon abhalten, bei den Aes Sedai irgendeinen törichten Fehler zu begehen. Sie wird es erkennen. Etwas über dieses Abgeschnittene... Wenn es mit Feuer und Geist überbrückt wurde, dann...

Die leichte Erweiterung von Logains Augen zeigte ihr, was sie getan hatte. Der Atem gefror in ihrer Kehle. Sie wich so hastig vor ihm zurück, daß sie über ihren Rock stolperte.

»Nynaeve«, sagte Elayne und setzte sich auf. »Was ist...?«

Ein Herzschlag, und Nynaeve hatte alles Saidar, das sie aufnehmen konnte, in einen Schild umgewandelt. »Geh und suche Sheriam«, sagte sie drängend. »Niemand anderen als Sheriam. Sage ihr...« Sie atmete tief und scheinbar zum ersten Mal seit Stunden durch. Ihr Herz begann zu rasen. »Sage ihr, daß ich Logain geheilt habe.«

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