1 Der Löwe auf dem Hügel

Das Rad der Zeit dreht sich, und die Zeitalter kommen und gehen, hinterlassen Erinnerungen, die zu Legenden werden, verblassen zu bloßen Mythen und sind längst vergessen, wenn das Zeitalter wiederkehrt, das diese Legende einst gebar. In einem Zeitalter, von einigen das Dritte genannt, einem Zeitalter, das noch kommen wird und das schon lange vorbei ist, erhob sich ein Wind in den von bräunlich vertrocknetem Gestrüpp überzogenen Hügeln von Cairhien. Der Wind stand nicht am Anfang. Es gibt weder Anfang noch Ende, wenn sich das Rad der Zeit dreht. Aber es war ein Anfang.

Nach Westen wehte der Wind über verlassene Dörfer und Bauernhöfe hinweg, von denen viele nur noch aus verkohlten Balken und Trümmern bestanden. Der Krieg hatte Cairhien überzogen, Krieg und Bürgerkrieg, Invasion und Chaos, und selbst jetzt, da es vorüber war, soweit es tatsächlich vorüber war, zogen nur eine Handvoll zu ihrer Heimstatt zurück. Der Wind brachte keine Feuchtigkeit, und die Sonne bemühte sich, alles, was dem Land noch geblieben war, zu verbrennen. Wo die kleine Stadt Maerone dem größeren Aringill auf der anderen Seite des Erinin gegenüberlag, überquerte der Wind den Fluß und kam nach Andor. Beide Städte stöhnten unter der Backofenhitze, und falls in Aringill mehr Gebete um Regen ausgestoßen wurden, dann lag es an den Flüchtlingen aus Cairhien, die sich wie die Fische in der Transportkiste innerhalb der Stadtmauern zusammendrängten. Auch auf der anderen Seite des Flusses beteten sogar die um Maerone herum lagernden Soldaten, manchmal betrunken, manchmal fieberhaft, zum Schöpfer. Der Winter hätte normalerweise seine Fühler nach dem Land ausstrecken sollen, und der erste Schnee wäre in anderen Jahren längst vorüber gewesen, doch die Menschen, die nun statt dessen in der Gluthitze schwitzten, fürchteten vor allem den Grund, der an diesem chaotischen Wetter schuld sein mochte, wenn auch nur wenige wagten, diese Furcht in Worte zu kleiden.

Nach Westen wehte der Wind, spielte mit den von der Dürre geschrumpelten Blättern an den Bäumen und ließ kleine Wellen über die Oberflächen der wenigen Bäche laufen, die noch zwischen Rändern aus hartgebackenem Lehm dahinplätscherten. In Andor waren keine ausgebrannten Ruinen zu sehen, aber die Dorfbewohner blickten nervös zu der angeschwollenen Sonne auf, und die Bauern mieden den Blick auf Felder, die im Herbst keine Ernte hervorgebracht hatten. Nach Westen, bis der Wind über Caemlyn wehte und über dem Königlichen Palast im Herzen der von Ogiern erbauten Innenstadt zwei Flaggen zum Flattern brachte. Eine Flagge flatterte rot wie Blut, und eine von einer Schlangenlinie geteilte Scheibe, halb weiß und halb ebenso tiefschwarz wie das Weiß blendend, war darauf zu sehen. Die andere Flagge hob sich schneeweiß vom Himmel ab. Die Gestalt darauf, wie eine seltsame vierbeinige Schlange mit goldener Mähne, mit Augen wie die Sonne und roten und goldenen Schuppen, schien auf dem Wind zu reiten. Die Frage, welche von beiden Flaggen mehr Furcht ausloste, blieb wohl unentschieden. Manchmal regte sich in der gleichen Brust Hoffnung, in der andererseits ein Herz voll Angst schlug. Hoffnung auf Rettung und Furcht vor der Zerstörung, und beides entsprang der gleichen Quelle.

Viele behaupteten, Caemlyn sei die zweitschönste Stadt der Welt, und das waren nicht nur Andoraner. Bei denen kam es häufig sogar an erster Stelle, noch vor Tar Valon selbst. Hohe, runde Türme standen in Abständen innerhalb der großen, grauen Stadtmauer mit ihren silbern und weiß gemaserten Steinen, und im Innern erhoben sich noch höhere Türme. Weiße und goldene Kuppeln glänzten im Licht einer erbarmungslosen Sonne. Die Stadt erklomm mehrere Hügel auf dem Weg zu ihrem Herzen, der uralten Innenstadt, die von ihrer eigenen schimmernden Mauer umgeben war und die wiederum dem Himmel Türme und Kuppeln entgegenstreckte, purpurn und weiß und golden und mit glitzernden Mosaiken aus glasierten Ziegeln. So blickte sie auf die Neustadt hinab, die ein gutes Stück jünger als zweitausend Jahre war.

So, wie die Innenstadt das Herz Caemlyns darstellte, und nicht nur, weil sie im Zentrum lag, war der Königliche Palast das Herz der Innenstadt, ein märchenhaftes Gewirr von schneeweißen, schlanken Türmchen und goldenen Kuppeln und wie Spitzen durchbrochene Steinmetzarbeiten. Ein Herz, das im Schatten jener zwei Flaggen schlug.

Rand — nackter Oberkörper und geschmeidig auf den Fußballen federnd — war sich überhaupt nicht der Tatsache bewußt, daß er sich in einem weiß gefliesten Innenhof des Palastes befand, so wenig, wie er sich der Zuschauer unter den Arkaden am Rand des Hofes nicht bewußt war. Seine Haare klebten verschwitzt am Kopf, und Schweißperlen rannen ihm die Brust herunter. Die halb verheilte, runde Narbe an seiner Seite schmerzte höllisch, aber er weigerte sich, das zur Kenntnis zu nehmen. Gestalten wie jene auf der weißen Flagge wanden sich um seine Unterarme und glitzerten metallisch in Rot und Gold. Die Aiel bezeichneten sie als ›Drachen‹, und andere begannen nun ebenfalls, diese Bezeichnung zu benützen. Er war sich verschwommen der Reiher bewußt, die sauber und klar umrissen in seine beiden Handflächen eingebrannt waren, aber auch nur, weil er sie am langen Griff seines hölzernen Übungsschwertes reiben spürte.

Er war eins mit dem Schwert, glitt ohne nachzudenken aus einer Figur in die andere, und nur die Stiefelsohlen schabten leise über die hellen Fliesen. Der ›Löwe auf dem Hügel‹ wurde zum ›Bogen des Mondes‹ und dann zum ›Turm des Morgens‹. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden. Fünf schwitzende Männer mit nackten Oberkörpern umringten ihn, wichen vorsichtig aus, gingen die Fechtfiguren mit. Nur auf sie war seine ganze Aufmerksamkeit gerichtet. Männer mit harten Gesichtern und viel Selbstbewußtsein. Sie waren die besten, die er bisher hatte auftreiben können. Die besten, seit Lan ihn verließ. Ohne dabei zu denken, so, wie Lan es ihm beigebracht hatte. Er war eins mit dem Schwert, eins mit den fünf Männern.

Plötzlich rannte er vorwärts. Die ihn umgebenden Männer rannten schnell mit, um ihn in der Mitte zu behalten. Genau in dem Moment, als dieser Gleichschritt fast durcheinandergeriet, als zumindest zwei der fünf Männer dabei waren, die Reihe zu verlassen, wirbelte er mit einemmal herum und rannte in die entgegengesetzte Richtung. Sie versuchten noch, zu reagieren, aber es war zu spät. Mit einem lauten Krachen fing er den Schlag eines Übungsschwertes mit seiner eigenen Klinge ab — eigentlich nur ein verschnürtes Lattenbündel —, und gleichzeitig traf sein rechter Fuß den nächsten Mann in der Reihe, einen älteren mit ergrautem Haar, mit voller Wucht in den Bauch. Stöhnend krümmte sich der Mann. Schwert an Schwert zwang Rand sein Gegenüber mit der mehrfach gebrochenen Nase dazu, sich umzudrehen, wobei er dem zusammengekrümmten, japsenden Mann erneut einen Tritt versetzte, als sie sich um ihn herumdrängten. Grauhaar kippte nach Luft schnappend vornüber. Rands Gegner versuchte, zurückzutreten, um sein Schwert freizubekommen, aber dadurch bekam auch Rand seines frei. Er ließ es um das seines Gegenübers kreisen — ›Die Weinrebe umschlingt‹ — und hieb ihm dann die Spitze gegen die Brust, hart genug, um ihn umzuwerfen.

Herzschläge nur waren vergangen, so wenige, daß erst jetzt die anderen drei in den Nahkampf gehen konnten. Der erste, ein schneller, untersetzter kleiner Mann, strafte seine Körpermaße Lügen, da er mit einem Schrei über Krummnase hinwegsprang, als der zu Fall kam. Rands Übungsschwert schlug ihm gegen die Schienbeine, riß ihn beinahe herum, und dann noch einmal auf den Rücken. Dann krachte er auf die Steinfliesen nieder.

Damit waren nur zwei übrig, aber ausgerechnet die beiden besten, ein geschmeidiger, langer Kerl, dessen Schwert wie die Zunge einer Schlange hervorschoß, und ein schwerer Bursche mit kahlgeschorenem Kopf, der niemals einen Fehler machte. Sie sprangen augenblicklich auseinander, um Rand von zwei Seiten her angreifen zu können, aber er wartete den Angriff nicht ab. Blitzschnell fuhr er auf den Langen zu, denn er hatte nur wenige Augenblicke, bevor der andere um die Gestürzten herum war.

Der Hagere war nicht nur schnell, sondern auch gut. Rand hatte Gold ausgesetzt, um die besten zu bekommen, und sie waren gekommen. Er war groß für einen Andoraner, obwohl Rand ihn noch um eine Handbreit überragte, doch die Körpergröße hatte nicht viel mit dem Gebrauch des Schwerts zu tun. Manchmal gab die Kraft den Ausschlag. Rand stürmte frontal auf ihn los. Das lange Gesicht des Mannes spannte sich an, als er zurückwich. ›Der Keiler stürmt bergab‹ krachte einfach durch ›Die Seide zur Seite schieben‹, schmetterte den ›Dreizackigen Blitz‹ beiseite, und die verschnürten Latten trafen die Seite des Halses seines Gegners mit äußerster Härte. Er stürzte mit einem erstickten Aufstöhnen.

Augenblicklich warf sich Rand seitwärts zu Boden, ganz nach rechts, und wand sich auf den Steinfliesen geschmeidig herum auf die Knie. Seine Klinge fuhr hoch: ›Der Fluß unterspült das Ufer.‹ Der Mann mit dem Kahlkopf war nicht sehr schnell, aber irgendwie hatte er diese Figur erahnt. Im selben Moment, als Rands Klinge über die breiten Hüften des Mannes schnitt, krachte das Schwert des Burschen auf Rands Kopf nieder.

Einen Augenblick lang wankte Rand und sah nur schwarze Flecken, die vor seinen Augen tanzten. Er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden, und benützte das Übungsschwert als Stütze, damit er hochkam. Derweil beobachtete ihn der Mann mit dem kahlgeschorenen Kopf schwer atmend und mißtrauisch.

»Bezahlt ihn«, sagte Rand, und die Anspannung wich aus der Miene des Mannes. Das Mißtrauen war auch überflüssig gewesen. Als habe Rand nicht jedem Mann, der es schaffte, ihn zu treffen, einen zusätzlichen Tageslohn versprochen. Und sogar dreifache Bezahlung für den, der ihn im Kampf Mann gegen Mann besiegte. Auf diese Weise wollte er sichergehen, daß sich keiner zurückhielt, um dem Wiedergeborenen Drachen zu schmeicheln. Er fragte nie nach ihren Namen, und falls sie deshalb beleidigt waren, spornte sie das ja vielleicht zu noch besseren Leistungen an. Er brauchte Gegner, an denen er sich messen konnte. Sie mußten ja nicht gleich Freunde werden. Die Freunde, die er bereits hatte, würden eines Tages die Stunde verfluchen, in der sie ihn kennengelernt hatten, falls das nicht schon jetzt der Fall war. Die anderen rührten sich nun auch. Eigentlich sollte ein Mann, der ›getötet‹ worden war, an seinem Platz liegenbleiben, bis alle fertig waren, um genauso wie ein echter Leichnam für die anderen als Hindernis im Weg zu dienen, aber nun half der untersetzte Mann dem Grauhaarigen beim Aufstehen; dabei hatte er selbst Schwierigkeiten, auf den Beinen zu bleiben.

Der schlanke, lange Bursche drehte den Kopf probeweise hin und her und verzog dabei das Gesicht. Nun, für heute war die Kampfübung wohl beendet.

»Zahlt sie alle aus.«

Eine Welle des Beifalls und des Lobes durchlief die Reihen der Zuschauer unter den dünnen, kannelierten Säulen: Lords und Ladies in bunter Seide mit schweren, kunstvollen Stickereien und die Damen mit langen Zöpfen. Rand verzog das Gesicht und warf das Schwert weg. Dieser Haufen — das waren die Speichellecker Lord Gaebrils gewesen, als Königin Morgase, ihre Königin, nur noch wenig mehr als eine Gefangene in diesem Palast war. In ihrem eigenen Palast. Aber Rand brauchte sie. Im Augenblick jedenfalls. Wenn du den Dornbusch anfaßt, sticht er dich, dachte er. Zumindest hoffte er, daß dieser Gedanke von ihm selbst stammte.

Sulin, die weißhaarige Anführerin von Rands Eskorte aus Aiel-Töchtern des Speers, die Befehlshaberin aller Töchter des Speers auf dieser Seite des Rückgrats der Welt, zog eine in Tar Valon geprägte Goldmark aus der Gürteltasche und warf sie mit einer Grimasse hinüber, die die häßliche Narbe auf ihrer einen Wange noch verzerrte. Den Töchtern paßte es überhaupt nicht, wenn Rand mit einem Schwert arbeitete, auch nicht mit einem Übungsschwert. Sie lehnten, wie alle Aiel, Schwerter grundsätzlich ab.

Der Mann mit dem kahlgeschorenen Schädel fing die Münze auf und beantwortete den mißbilligenden Blick aus Sulins blauen Augen mit einer vorsichtigen Verbeugung. Vor den Töchtern nahm sich jeder in acht. Mit ihren Jacken und Hosen und den weichen Schnürstiefeln, alles in Braun und Grautönen gehalten, hatten sie sich der kahlen Landschaft in der Aiel-Wüste perfekt angepaßt. Nun hatten einige damit begonnen, auch ein paar Grünschattierungen zu benützen, um sich besser in diesen Gebieten tarnen zu können, die sie ›Feuchtländer‹ nannten — trotz der augenblicklich herrschenden Trockenheit. Wenn man sie mit der Aiel-Wüste verglich, war es hier immer noch feucht. Bevor sie die Wüste verließen, hatten nur wenige Aiel jemals einen Wasserlauf erblickt, über den sie nicht mit einem Schritt hinwegsetzen konnten, und sie hatten blutige Fehden ausgetragen, bei denen es um Wasserlöcher von kaum mehr als zwei oder drei Schritt Durchmesser ging.

Genau wie die männlichen Aielkrieger, und genau wie die zwanzig anderen Töchter mit ihren blassen Augen, die noch im Hof standen, hatte sich auch Sulin das Haar ganz kurz geschnitten, bis auf einen kleinen Pferdeschwanz hinten im Nacken. Sie trug drei Kurzspeere und einen kleinen, runden Schild aus Stierleder in der linken Hand, und am Gürtel hing ein spitzes Messer mit langer, schwerer Klinge. Wie alle Aielkrieger bis hinunter zum Alter Jalanis, die gerade sechzehn war und noch Babyspeck im Gesicht zeigte, konnte Sulin sehr gut mit diesen Waffen umgehen und benützte sie, jedenfalls nach Ansicht der Menschen diesseits der Drachenmauer, schon bei der geringsten Provokation. Alle Töchter außer ihr beobachteten aufmerksam die gesamte Umgebung, jedes Fenster mit seinem durchbrochenen Steingitter davor, jeden weißschimmernden Balkon, jeden Schatten. Einige hatten kurze, krumme Hornbögen mit aufgelegten Pfeilen in der Hand, und die Köcher an ihren Hüften waren nur so mit Pfeilen gespickt. Die Far Dareis Mai, die Töchter des Speers, vertraten die Ehre ihres von der Weissagung angekündigten Car'a'carn, wenn auch manchmal auf etwas eigenartige Weise, und keine war unter ihnen, die nicht für Rand gestorben wäre, um sein Leben zu bewahren. Der Gedanke daran ließ ihm die Magensäure hochsteigen.

Sulin teilte mit verächtlicher Miene weitere Goldmünzen aus. Rand machte es Spaß, seine Schulden ausgerechnet mit Goldmünzen aus Tar Valon zu bezahlen. Der Kahlkopf bekam noch eine, genau wie jeder der anderen. Die Aiel konnten die meisten Feuchtländer genausowenig leiden wie deren Schwerter, und das betraf jeden, der nicht als Aiel geboren und aufgewachsen war. Die meisten Aiel hätten in dieser Hinsicht auch Rand — trotz seiner Abstammung von ihnen — nicht ausgenommen aber er trug eben diese Drachen um die Unterarme. Einer stand für den Clanhäuptling, der ihn durch seine Willensstärke und unter Einsatz seines Lebens verdient hatte, und zwei standen für den Car'a'carn, den Häuptling aller Häuptlinge, Ihn, Der Mit Der Morgendämmerung Kommt. Und die Töchter hatten ihre eigenen Gründe, warum sie bei ihm eine Ausnahme machten.

Die Männer sammelten ihre Übungsschwerter ein, nahmen ihre Hemden und Jacken und gingen unter Verbeugungen davon. »Morgen!« rief Rand ihnen nach. »Früh!« Tiefere Verbeugungen zeigten, daß sie den Befehl verstanden hatten.

Bevor noch die Männer mit ihren nackten Oberkörpern aus dem Hof waren, strömten die andoranischen Adligen unter den Arkaden hervor. Ein wahrer Regenbogen aus Seide umgab Rand. Geziert betupften sie ihre verschwitzten Gesichter mit spitzenbesetzten Tüchern. Das Getue verursachte ihm Sodbrennen. Benützt, was immer Ihr benützen müßt, oder laßt den Schatten über das Land kommen. Moiraine hatte das zu ihm gesagt Da zog er beinahe noch den ehrlichen Widerstand vieler aus Cairhien und aus Tear diesem Haufen vor. Fast hätte er über den eigenen Gedanken gelacht, das Verhalten der anderen im Vergleich ›ehrlich‹ zu nennen.

»Ihr wart wunderbar«, hauchte Arymilla und legte leicht eine Hand auf seinen Arm. »So schnell, so stark.« Ihre großen braunen Augen blickten noch schmelzender drein als sonst. Sie war offensichtlich töricht genug, zu glauben, so könne sie ihn beeinflussen. Ihr langes, grünes Kleid, mit silbernen Ranken bestickt, war nach andoranischer Auffassung tief ausgeschnitten, was bedeutete, daß es eine Andeutung von Busen zeigte. Sie war hübsch, aber bestimmt alt genug, um seine Mutter zu sein. Keine von ihnen war jünger und einige älter, doch sie alle stritten sich darum, Rand die Stiefel küssen zu dürfen.

»Das war prachtvoll gekämpft, mein Lord Drache.« Beinahe hätte Elenia Arymilla mit den Ellbogen zur Seite geschubst. Dieses Lächeln wirkte eigenartig auf dem Fuchsgesicht der Frau mit dem honigfarbenen Haar. Sie galt im allgemeinen als äußerst zänkisch. Natürlich nicht in Rands Gegenwart. »In der Geschichte Andors hat es noch nie einen Schwertkämpfer wie Euch gegeben. Selbst Souran Maravaile, Artur Falkenflügels größter General und der Ehemann Isharas, der ersten auf dem Löwenthron, nun, sogar er starb, als er nur vier Schwertkämpfern auf einmal gegenüberstand. Bezahlte Mörder, und das im dreiundzwanzigsten Jahr des Hundertjährigen Kriegs. Aber er hat alle vier getötet.« Elenia ließ selten eine Gelegenheit aus, mit ihren Kenntnissen der Geschichte Andors anzugeben, besonders wenn es um wenig bekannte Gebiete ging, wie beispielsweise den Krieg, der Falkenflügels Weltreich nach seinem Tod zerrissen hatte. Heute fügte sie aber wenigstens keine überflüssigen Rechtfertigungen für ihren Anspruch auf den Löwenthron hinzu.

»Nur am Ende hatte er ein bißchen Pech«, warf Jarid, Elenias Gatte, jovial ein. Er war ein kräftig gebauter Mann und für einen Andoraner ziemlich dunkelhäutig. Aufgestickte Schnörkel und goldene Keiler, das Wappen des Hauses Sarand, bedeckten die Manschetten und die langen Revers seines roten Kurzmantels, während auf Elenias farblich darauf abgestimmtem roten Kleid die Weißen Löwen von Andor an den langen Ärmeln und dem hohen Kragen zu sehen waren. Rand fragte sich, ob sie glaubte, daß er nicht wüßte, was diese Löwen bei ihr bedeuten sollten. Jarid war der Hochsitz seines Hauses, doch sie war diejenige mit Ehrgeiz und Energie.

»Das habt Ihr ausgesprochen gut gemacht, mein Lord Drache«, stellte Karind ganz ohne Umschweife fest. Ihr schimmerndes graues Kleid, genauso streng geschnitten wie ihr Gesicht, aber voll silberner Stränge an Ärmeln und Rocksaum, paßte fast perfekt zu den Strähnen in ihrem dunklen Haar. »Ihr seid bestimmt der beste Schwertkämpfer der Welt.« Trotz ihrer bewundernden Worte wirkte der Blick der stämmigen Frau wie ein Hammerschlag. Hätte sie ein Gehirn besessen, das ihrer Härte entsprach, hätte sie ausgesprochen gefährlich werden können.

Naean war eine schlanke und auf ihre blasse Art durchaus schöne Frau mit großen, blauen Augen und ganzen Wogen schimmernd schwarzen Haares, doch das verächtliche Grinsen, das sie den fünf Männern bei ihrem Abgang hinterherschickte, war auf ihrem Gesicht festgefroren. »Ich vermute, sie haben das vorher schon geplant, damit einer von ihnen es schafft, Euch zu treffen. Sie werden die Sonderbezahlung unter sich aufteilen.« Im Gegensatz zu Elenia erwähnte die in Blau gekleidete Frau mit den silbernen dreifachen Schlüsseln des Hauses Arawn auf den langen Ärmeln ihren eigenen Anspruch auf den Thron nicht, jedenfalls nicht dort, wo Rand es hören konnte. Sie gab vor, mit ihrem Rang als Hochsitz eines uralten Hauses zufrieden zu sein, wie eine Löwin, die so tut, als sei sie ein Hauskätzchen.

»Kann ich immer damit rechnen, daß meine Feinde nicht auch zusammenarbeiten?« fragte er ruhig. Naeans Mund bewegte sich lautlos vor Überraschung. Sie war wohl kaum dumm, doch sie schien zu glauben, jeder, der ihr widersprach, sollte sich auf den Rücken legen und alle viere in die Luft strecken, sobald sie ihm die Meinung sagte, und wenn sie doch nicht so reagierten, nahm sie es wohl als persönliche Beleidigung.

Eine der Töchter des Speers, Enaila, ignorierte die Adligen und reichte Rand ein dickes, langes, weißes Handtuch, um sich den Schweiß abzuwischen. Sie war ein feuriger Rotschopf, klein für eine Aielfrau, und es stieß ihr sauer auf, daß sogar ein paar dieser Feuchtländerfrauen größer waren als sie. Die Mehrzahl der Töchter konnte den meisten Männern im Hof geradewegs in die Augen sehen. Die Andoraner taten zwar ihr Bestes, sie zu ignorieren, doch ihr betontes Wegblicken machte diesen Versuch zu einem kompletten Fehlschlag. Enaila schritt davon, als sei sie unsichtbar.

Das Schweigen dauerte nur ein paar Augenblicke länger. »Mein Lord Drache ist weise«, sagte Lord Lir mit einer knappen Verbeugung und einem leichten Stirnrunzeln. Der Hochsitz des Hauses Anshar war schlank wie eine Schwertklinge und genauso stark und biegsam. Er trug eine gelbe Jacke mit Goldlitzen, wirkte aber insgesamt zu verbindlich und aalglatt. Nichts bis auf gelegentliches Stirnrunzeln bewegte je diese Oberfläche, und das wirkte auch noch unbewußt. Aber er war wohl kaum der einzige, der Rand eigenartig berührt anblickte. Sie alle sahen den Wiedergeborenen Drachen in ihrer Mitte manchmal staunend und ungläubig an. »Feinde werden immer früher oder später zusammenarbeiten. Man muß sie rechtzeitig erkennen, bevor sie eine Gelegenheit dazu finden.«

Weitere Lobpreisungen für Rands Weisheit erklangen von Lord Henren, klobig, kahlköpfig und mit harten Augen, und von Lady Carlys mit ihren grauen Locken, dem offenen Blick und dem hinterhältigen Verstand, von der molligen, ewig kichernden Daerilla, von Elegar mit den schmalen Lippen und den allgegenwärtigen Anzeichen von Nervosität, und beinahe einem Dutzend anderer, die zunächst den Mund gehalten hatten, während die Mächtigeren sprachen.

Die niederen Lords und Ladies schwiegen jedoch sofort, als Elenia wieder den Mund öffnete. »Es ist immer schwierig, seine Gegner als solche zu erkennen, bevor sie sich selbst zu erkennen geben. Dann ist es oftmals zu spät.« Ihr Mann nickte weise dazu.

»Ich sage immer«, verkündete Naean lauthals, »wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Damit bin ich bisher gut gefahren. Diejenigen, die sich zurückhalten, warten vielleicht nur darauf, daß Ihr ihnen den Rücken zuwendet, damit sie mit dem Dolch zustoßen können.«

Das war auch nicht gerade das erstemal, daß sie versuchten, ihre eigenen Positionen zu stärken, indem sie Mißtrauen gegen andere ausstreuten, gegen alle Lords und Ladies, die sich nicht an ihre Seiten stellten, aber Rand hätte sie gern dazu gebracht, damit aufzuhören, allerdings ohne ihnen das ins Gesicht sagen zu müssen. Ihre Versuche, das Spiel der Häuser zu spielen, wirkten ziemlich unbeholfen, wenn man es mit den raffinierten Manövern der Adligen Cairhiens oder selbst derer aus Tear verglich, und außerdem recht ärgerlich, aber zu diesem Zeitpunkt wollte er sie noch nicht auf ein paar falsche Gedanken bringen. Überraschenderweise erhielt er Hilfe von dem weißhaarigen Lord Nasin, dem Hochsitz des Hauses Caeren.

»Ein neuer Jearom«, sagte der Mann, ein unterwürfiges Lächeln auf den Zügen, das bei diesem hageren, schmalen Gesicht unbeholfen wirkte. Frustrierte Blicke trafen ihn, sogar von einigen der niedrigeren Adligen, bevor sie sich schnell wieder beherrschten. Nasin war im Kopf ein wenig verwirrt, seit all den Ereignissen um Rands Ankunft in Caemlyn. Statt der Sterne und dem Schwert seines Hauses waren seine hellblauen Revers völlig unpassend mit Blumen, Mondperlen und Liebesknoten besetzt, und manchmal trug er sogar eine Blume im schütteren Haar wie ein Junge vom Land, der auf Brautschau geht. Allerdings war das Haus Caeren selbst für Jarid oder Naean zu mächtig, um ihn einfach zur Seite zu schieben. Nasins Kopf nickte auf einem mageren Hals. »Euer Umgang mit der Klinge ist sensationell, mein Lord Drache. Ihr seid ein neuer Jearom.«

»Warum?« Das Wort peitschte über den Hof und ließ die andoranischen Gesichter erstarren.

Davram Bashere war gewiß kein Andoraner, bei seinen schrägstehenden, fast schwarzen Augen, der großen Hakennase und dem langen, graugemaserten Schnurrbart, dessen Enden sich wie zwei Hörner an den Mundwinkeln nach unten krümmten. Er war schlank und nur wenig größer als Enaila, trug eine kurze, graue Jacke, die an Manschetten und Revers mit Silber bestickt war, und dazu bauschige Hosen, die er in die an den Knien umgeschlagenen Stiefel gesteckt hatte. Als die Andoraner sich aufgestellt hatten, um dem Kampf beizuwohnen, hatte der Generalfeldmarschall von Saldaea sich einen vergoldeten Stuhl in den Hof schleppenlassen und sich daraufgelümmelt, das eine Bein über die Lehne gelegt und das Schwert mit seinem langen, aus Hohlringen geformten Heft so zurechtgerückt, daß er es bequem erreichen konnte. Auf seinem dunklen Gesicht glänzte Schweiß, doch den beachtete er genausowenig wie die Andoraner.

»Was meint Ihr damit?« fragte Rand.

»All dieses Üben mit dem Schwert«, sagte Bashere leichthin. »Und mit fünf Gegnern? Keiner übt gegen fünf Mann gleichzeitig. Es ist töricht. Früher oder später spritzt bei einem solchen Gewirr mal Euer Gehirn auf den Boden, sogar beim Einsatz von Übungsschwertern, und das alles völlig umsonst.«

Rands Kinn schob sich trotzig vor. »Jearom hat einst sogar zehn besiegt.«

Bashere verlagerte sein Gewicht im Sessel und lachte. »Glaubt Ihr, daß Ihr lange genug am Leben bleibt, um es dem größten Schwertkämpfer der Geschichte gleichzutun?« Zorniges Gemurmel erhob sich von den Andoranern — vorgetäuschte Empörung, dessen war Rand sicher —, aber Bashere ignorierte das. »Letzten Endes seid ihr, wer Ihr nun mal seid.« Plötzlich bewegte er sich so blitzschnell wie eine losgelassene Sprungfeder, und der Dolch, den er mit der ersten Bewegung gezogen hatte, fuhr auf Rands Herz zu.

Rand rührte keinen Muskel. Statt dessen ergriff er Saidin, die männliche Hälfte der Wahren Quelle, und er mußte dabei genausowenig nachdenken wie beim Atmen. Saidin strömte in ihn und mit ihm die Verderbnis des Dunklen Königs, eine Lawine aus verdorbenem Eis, ein Strom stinkenden, geschmolzenen Metalls. Es versuchte, ihn zu erdrücken, ihn wegzuspülen, und er ritt auf dieser Welle wie ein Mann, der auf dem Gipfel eines zusammenbrechenden Berges balanciert. Er lenkte die Macht, einen einfachen Strang aus Luft, der den Dolch umschloß und ihn eine Armlänge von seiner Brust entfernt festhielt. Leere umgab ihn, und er schwebte mittendrin im Nichts, wo jeder Gedanke und jedes Gefühl aus der Ferne zu kommen schien.

»Stirb!« schrie Jarid, und er zog sein Schwert, als er auf Bashere zurannte. Lir und Henren und Elegar und alle anderen andoranischen Lords hatten das Schwert in der Hand, sogar Nasin, obwohl es wirkte, als falle es ihm gleich aus der Hand. Die Töchter hatten sich die Schufas um die Köpfe gewickelt, und schwarze Schleier verdeckten die Gesichter bis hinauf zu den blauen oder grünen Augen, während sie ihre Speere mit den gefährlichen, langen Spitzen hoben. Die Aiel verschleierten sich immer, bevor sie töteten.

»Halt!« schrie Rand, und alle erstarrten, wo sie waren. Die Andoraner rissen verwirrt die Augen auf und die Töchter blieben einfach auf Zehenspitzen stehen. Bashere hatte sich überhaupt nicht mehr gerührt, nachdem er sich zunächst auf den Sessel zurückgesetzt hatte und wieder das Bein über die Lehne baumeln ließ.

Rand pflückte den Dolch mit dem Horngriff mit einer Hand aus der Luft und ließ die Wahre Quelle fahren. Trotz der Fäule, die ihm den Magen umdrehte, der Verderbnis, die letzten Endes die Männer zerstörte, die mit der Macht umgehen konnten, fiel ihm das Loslassen schwer. Mit der Hilfe Saidins sah er schärfer und hörte besser. Es war ein Paradoxon, das er nicht verstand, aber wenn er im scheinbar endlosen Nichts schwebte, gegen körperliche Wahrnehmungen und Gefühle weitgehend abgeschirmt, waren all seine Sinne geschärft. Hinterher hatte er das Gefühl, nur noch ein halber Mensch zu sein. Und während etwas von der süßen Verderbnis zurückblieb, verflog der erhebende Glanz Saidins nun wieder. Dieser tödliche Glanz, der ihn umbrächte, wenn er in seinem Ankämpfen dagegen auch nur eine Handbreit zurückwich.

Er drehte den Dolch in seinen Händen um und ging langsam auf Bashere zu. »Wäre ich nur einen Hauch langsamer gewesen«, sagte er mit sanfter Stimme, »dann wäre ich jetzt tot. Ich könnte Euch auf dem Fleck töten, und kein Gesetz Anders oder irgendeines anderen Landes würde mich schuldig sprechen.« Ihm wurde bewußt, daß er drauf und dran war, genau das zu tun. Kalte Wut hatte Saidin ersetzt. Die paar Wochen, die sie sich erst kannten, hatten dem nichts entgegenzustellen.

Die schräg stehenden Augen des Mannes aus Saldaea blickten so gelassen drein, als sitze er gemütlich bei sich zu Hause. »Das würde meiner Frau nicht passen. Ihr paßt ihr auch nicht, davon abgesehen. Wahrscheinlich würde Deira einfach die Führung übernehmen und wieder nach Taim suchen. Sie hält nichts von meinem Versprechen, Euch zu folgen.«

Rand schüttelte leicht den Kopf. Sein Zorn war zum Teil durch die Gelassenheit des Mannes verraucht. Und durch seine Worte. Es hatte ihn überrascht, zu erfahren, daß unter den neuntausend Berittenen, die Bashere aus Saldaea mitgebracht hatte, alle Adligen ihre Frauen dabei hatten, genau wie die meisten der übrigen Offiziere. Rand begriff wohl nicht, wie ein Mann seine Frau so in Gefahr bringen konnte, aber in Saldaea war das Tradition. Es gab nur eine Ausnahme, und das waren Kriegszüge in die Große Fäule.

Er mied jeden Blick in Richtung der Töchter. Sie waren von Kopf bis Fuß Soldaten, aber sie waren eben auch Frauen. Und er hatte versprochen, sie nicht von Gefahren und selbst vom Tod fernzuhalten. Allerdings hatte er nicht versprochen, bei solchen Gedanken nicht innerlich zusammenzuzucken. Es zerriß ihn beinahe, doch er hielt seine Versprechen. Er tat, was sein mußte, obwohl er sich selbst deswegen haßte.

Seufzend warf er den Dolch beiseite. »Eure Frage?« sagte er in höflichem Ton. »Warum?«

»Weil Ihr seid, wer Ihr seid«, sagte Bashere schlicht. »Weil ihr — und auch diese Männer, die Ihr um Euch versammelt, denke ich — seid, was Ihr seid.« Rand hörte, wie sich hinter ihm die Andoraner nervös bewegten. Sie konnten ihr Entsetzen über seine Amnestie nie verbergen. »Das, was Ihr mit dem Dolch gemacht habt, könnt Ihr immer vollbringen«, fuhr Bashere fort, hob sein Bein von der Lehne, stellte den Fuß auf den Boden und beugte sich eindringlich vor. »Und jeder gedungene Mörder, der Euch ans Leben will, muß erst einmal an Euren Aiel vorbei. Und auch an meinen Reitern, was das betrifft. Pah! Falls trotzdem irgend etwas an Euch herankommt, kann es nicht menschlich sein.« Er spreizte die Hände und lehnte sich wieder zurück. »Also, wenn Ihr mit dem Schwert üben wollt, dann tut es ruhig. Ein Mann muß sich ausarbeiten und entspannen. Aber laßt Euch dabei nicht den Schädel spalten. Zuviel hängt von Euch ab, und ich sehe keine Aes Sedai in der Nähe, die Euch heilen könnte.« Sein Schnurrbart verbarg das plötzliche Grinsen fast. »Außerdem — wenn Ihr sterbt, glaube ich nicht, daß unsere andoranischen Freunde ihren warmherzigen Empfang für mich und meine Männer noch aufrechterhalten werden.«

Die Andoraner hatten die Schwerter weggesteckt, aber ihre Blicke ruhten haßerfüllt auf Bashere. Das hatte nichts damit zu tun, daß er Rand beinahe getötet hätte. Gewöhnlich zeigten sie in Basheres Gegenwart keine Gefühlsanwandlungen, obwohl er ja ein ausländischer General war, der mit einem ausländischen Heer auf dem Boden Andors stand. Der Wiedergeborene Drache wollte, daß sich Bashere hier befand, und dieser Haufen hätte selbst einen Myrddraal angelächelt, wäre es der Wunsch des Wiedergeborenen Drachen gewesen. Doch falls sich Rand gegen ihn stellen sollte... Dann wäre es nicht nötig, die wahren Gefühle zu verbergen. Sie waren Geier, die bereit gewesen waren, Morgase zu zerfleischen, bevor sie starb, und sie würden auch Bashere zerreißen, wenn sich die Gelegenheit ergab. Und Rand. Er konnte es kaum erwarten, sie endlich loszuwerden.

Der einzige Weg, zu leben, ist der Tod. Der Gedanke schlich sich plötzlich in seinen Kopf ein. Das hatte man ihm einst gesagt, und zwar auf eine Art, daß er daran glauben mußte, doch der Gedanke stammte nicht von ihm selbst. Ich muß sterben. Ich verdiene nichts anderes als den Tod. Er wandte sich von Bashere ab und preßte beide Hände an den Kopf.

Bashere war im Handumdrehen aus seinem Sessel und packte Rands Schulter, die allerdings für ihn einen Kopf zu hoch lag. »Was ist los? Hat dieser Schlag wirklich Eurem Kopf geschadet?«

»Mir geht es gut.« Rand nahm die Hände herunter. Er hatte keinen Schmerz dabei empfunden, nur den Schreck, die Gedanken eines anderen Mannes im Kopf zu haben. Bashere war nicht der einzige, der zusah. Die meisten der Töchter beobachteten ihn genauso aufmerksam wie den Hof, besonders Enaila und die blonde Somara, die größte unter ihnen. Diese beiden würden ihm wahrscheinlich irgendeinen Kräutertee bringen, sobald ihr Dienst beendet war, und dann würden sie bei ihm aufpassen, bis er ihn getrunken hatte. Elenia und Naean und die anderen Andoraner atmeten schwer, hatten die Hände in die Rocke und Jacken verkrampft und musterten Rand mit der offenen Angst von Menschen, die fürchteten, die ersten Anzeichen des Wahnsinns bei ihm zu bemerken. »Mir geht's gut«, versicherte er dem Hof. Nur die Töchter entspannten sich daraufhin, wenngleich das für Enaila und Somara nur bedingt gelten konnte.

Den Aiel war der ›Wiedergeborene Drache‹ gleich; für sie war Rand der Car'a'carn, von dem geweissagt worden war, daß er sie einen und dereinst vernichten werde. Sie nahmen das gelassen hin, obwohl auch sie sich natürlich Sorgen machten, und seinen Umgang mit der Macht und alles, was diese Fähigkeit mit sich brachte, nahmen sie genauso selbstverständlich hin. Die anderen — die Feuchtländer, dachte er mit trockenem Humor — nannten ihn den Wiedergeborenen Drachen und dachten überhaupt nicht darüber nach, was das wirklich bedeutete. Sie glaubten, er sei der wiedergeborene Lews Therin Telamon, der Drache, der das Loch im Gefängnis des Dunklen Königs versiegelt und den Schattenkrieg vor dreitausend Jahren oder mehr beendet hatte. Und er hatte auch das Zeitalter der Legenden beendet, als der letzte Gegenangriff des Dunklen Königs Saidin befleckt hatte, was dazu führte, daß jeder Mann, der die Macht lenkte, im Lauf der Zeit wahnsinnig wurde, beginnend bei Lews Therin selbst und seinen Hundert Gefährten. Sie nannten Rand den Wiedergeborenen Drachen und hatten keine Ahnung davon, daß ein kleiner Teil Lews Therin Telamons sich in seinem Kopf befand und immer noch so wahnsinnig war wie an dem Tag, an dem die Zeit des Wahns und die Zerstörung der Welt angebrochen war, genauso wahnsinnig wie alle diese männlichen Aes Sedai, die das Antlitz der Welt so verändert hatten, daß sie nicht mehr wiederzuerkennen war. Es hatte ganz langsam begonnen, doch je mehr Rand in bezug auf die Eine Macht lernte, je stärker er im Umgang mit Saidin wurde, desto stärker machte sich Lews Therin in ihm bemerkbar und desto härter mußte Rand darum kämpfen, sich nicht von den Gedanken eines toten Mannes beherrschen zu lassen. Das war einer der Gründe, warum er diese Schwertübungen so genoß: Die Abwesenheit aller Gedanken war wie eine Barriere, um sich zu schützen, um er selbst zu bleiben.

»Wir müssen eine Aes Sedai auftreiben«, knurrte Bashere. »Falls an diesen Gerüchten etwas dran ist... Das Licht soll mir die Augen ausbrennen, aber ich wünschte, wir hätten die eine niemals laufenlassen.«

Eine ganze Menge Menschen war aus Caemlyn geflohen in den Tagen, nachdem Rand und die Aiel die Stadt eingenommen hatten. Der Palast selbst war über Nacht plötzlich menschenleer. Es gab Leute, die Rand nur zu gern aufgespürt hätte, Menschen, die ihm einst geholfen hatten, aber sie waren alle verschwunden. Immer noch schlüpften manche heimlich fort. Eine, die in jenen ersten Tagen geflohen war, war eine junge Aes Sedai gewesen, jung genug jedenfalls, daß ihr Gesicht noch nicht die typische Alterslosigkeit der Aes Sedai aufwies. Basheres Männer hatten von ihr berichtet, als sie sie in einer Schenke aufspürten, doch als sie erfuhr, wer Rand war, lief sie schreiend davon. Sie schrie wirklich. Er erfuhr niemals ihren Namen oder ihre Ajah. Den Gerüchten zufolge befand sich noch eine andere in der Stadt, aber in Caemlyn kursierten mittlerweile Hunderte solcher Gerüchte, Tausende vielleicht, und jedes unwahrscheinlicher als das vorige. Es war gewiß unwahrscheinlich, daß eines davon sie zu einer Aes Sedai führte. Patrouillen der Aiel hatten mehrere gesichtet, die an Caemlyn vorbeizogen, und alle hatten es offensichtlich eilig, ihr Ziel zu erreichen. Keine hatte die Absicht gehabt, eine Stadt zu betreten, die vom Wiedergeborenen Drachen besetzt worden war.

»Könnte ich denn einer Aes Sedai trauen?« fragte Rand. »Es waren nur Kopfschmerzen. So hart ist mein Kopf nun auch wieder nicht, daß er nicht schmerzen würde, wenn einer draufhaut.«

Bashere schnaubte laut genug, daß sogar sein dichter Schnurrbart zitterte. »Wie hart Euer Schädel auch sein mag, früher oder später müßt Ihr Euch einer Aes Sedai anvertrauen. Ohne sie bringt Ihr nie alle Länder hinter Euch, ohne sie erobern zu müssen. Die Menschen suchen nach solchen Beispielen. Und wenn Ihr dem Hörensagen nach noch so viele der Prophezeiungen erfüllt, werden doch viele darauf warten, daß die Aes Sedai Euch ihren Stempel aufdrücken.«

»Ich werde den Kampf so oder so nicht meiden können, und das wißt Ihr auch«, sagte Rand. »Die Weißmäntel werden mich in Amadicia sicher nicht gerade willkommen heißen, selbst wenn Ailron zustimmt, und Sammael wird Illian auch nicht ohne Kampf aufgeben.« Sammael und Demandred undMoghedien und... Grob stieß er diesen Gedanken aus seinem Bewußtsein. Das war nicht leicht. Solche trüben Gedanken kamen ohne Vorwarnung, und es war nie leicht, mit den Zweifeln fertigzuwerden.

Ein dumpfer Schlag ließ ihn nach hinten blicken. Arymilla lag zusammengebrochen auf den Steinfliesen. Karind kniete neben ihr, zog ihr den Rock über die Knöchel herunter und massierte ihre Handgelenke. Elegar wankte, als wolle er im nächsten Moment Arymilla Gesellschaft leisten, und weder Nasin noch Elenia schienen sich in besserem Zustand zu befinden. Die meisten der übrigen sahen aus, als müßten sie sich gleich übergeben. Die Erwähnung der Verlorenen konnte eine solche Wirkung auslösen, vor allem, seit Rand ihnen gesagt hatte, daß Lord Gaebril in Wirklichkeit Rahvin gewesen sei. Er war nicht sicher, wieviel von alledem sie glaubten, doch auch nur diese Möglichkeit zu erwägen, ließ den meisten die Knie schlottern. Ihr Entsetzen war der Grund dafür daß sie noch am Leben waren. Hätte Rand den Eindruck gewonnen, sie hätten ihm freiwillig und bewußt gedient... Nein, dachte er. Hätten sie Bescheid gewußt, wären sie allesamt Schattenfreunde, dann würdest du sie trotzdem benützen. Manchmal war ihm sein eigenes Verhalten so zuwider, daß er fast den Tod herbeisehnte.

Zumindest aber sagte er die Wahrheit. Die Aes Sedai bemühten sich alle, geheimzuhalten, daß sich die Verlorenen in Freiheit befanden, weil sie fürchteten, das Wissen um diese Tatsache werde noch mehr Chaos und Panik auslösen. Rand dagegen bemühte sich, die Wahrheit zu verbreiten. Vielleicht würde sie die Menschen in Panik versetzen, doch sie hatten Zeit genug, darüber hinwegzukommen. Wenn es nach den Aes Sedai ginge, würden diese Erkenntnis und die darauf folgende Panik so spät eintreten, daß sie keine Zeit mehr hatten, sich davon zu erholen. Außerdem hatten die Menschen ein Recht darauf, zu erfahren, wem sie gegenüberstanden.

»Illian wird sich nicht lange halten«, sagte Bashere. Rands Kopf fuhr zu ihm herum, doch Bashere war ein viel zu erfahrener alter Hase, um zu sprechen, wo andere lauschen konnten. Er lenkte einfach das Gespräch von dem Thema der Verlorenen weg. Falls allerdings die Verlorenen oder sonst jemand Davram Bashere nervös machten, hatte Rand noch nichts davon bemerkt. »Illian wird aufplatzen wie eina Nuß unter dem Hammer.«

»Ihr habt mit Mat einen guten Plan ausgearbeitet.« Die zugrundeliegende Idee stammte von Rand, aber Mat und Bashere hatten die tausend Einzelheiten ausgearbeitet, die den Plan erst durchführbar machten. Mat hatte noch mehr beigetragen als Bashere.

»Ein interessanter junger Mann, dieser Mat Cauthon«, dachte Bashere laut nach. »Ich freue mich darauf, wieder mit ihm zu sprechen. Er hat niemals erwähnt, bei wem er studiert hat. Agelmar Jagad? Wie ich hörte, wart Ihr beide in Schienar.« Rand erwiderte nichts. Mats Geheimnisse gehörten nur ihm, und Rand war selbst nicht einmal sicher, was mit Mat wirklich geschehen war. Bashere hielt den Kopf ein wenig schief und kratzte sich mit einem Finger am Schnurrbart. »Er ist eigentlich zu jung, um überhaupt schon studiert zu haben. Nicht älter als Ihr selbst. Hat er irgendwo eine Bibliothek aufgestöbert? Ich hätte gern die Bücher gesehen, die er gelesen hat.«

»Da müßt Ihr ihn selbst fragen«, sagte Rand. »Ich weiß es nicht.« Er glaubte schon, daß Mat irgendwann und irgendwo einmal ein Buch gelesen hatte, im allgemeinen aber interessierte sich Mat nicht sehr für Bücher.

Bashere nickte bloß. Wenn Rand über etwas nicht sprechen wollte, bohrte Bashere für gewöhnlich nicht weiter. Für gewöhnlich. »Wenn Ihr das nächstemal nach Cairhien marschiert, warum bringt Ihr dann nicht diese Grüne Schwester mit, die sich dort aufhält? Egwene Sedai? Ich habe gehört, wie die Aiel sich über sie unterhielten. Sie sagen, sie stamme auch aus Eurem Heimatdorf. Ihr könnt Ihr doch vertrauen, oder?«

»Egwene hat andere Pflichten«, lachte Rand. Eine Grüne Schwester. Wenn Bashere wüßte...

Somara tauchte an Rands Seite auf. Sie hatte sein Leinenhemd und die Jacke über dem Arm, feiner roter Wollstoff, der im andoranischen Stil geschnitten war, mit Drachen an den langen Revers und Lorbeerblättern an Ärmeln und Aufschlägen. Sie war sogar für eine Aielfrau ausgesprochen groß; kaum eine Handbreit kleiner als er selbst. Wie die anderen Töchter hatte auch sie den Schleier wieder abgenommen, aber die graubraune Schufa verbarg noch immer den größten Teil ihres Gesichts. »Der Car'a'carn wird sich eine Erkältung holen«, murmelte sie.

Er bezweifelte das. Die Aiel fanden diese Hitze wohl nicht außergewöhnlich, aber mittlerweile strömte ihm von allein der Schweiß aus allen Poren, genau wie vorher beim Üben mit dem Schwert. Trotzdem zog er sich das Hemd über den Kopf und steckte es in die Hose, wenn er auch die Bändel nicht zuschnürte. Dann schlüpfte er in die Jacke. Er glaubte nicht, daß Somara tatsächlich versuchen würde, ihn anzuziehen wie ein kleines Kind, jedenfalls nicht vor den anderen, aber so vermied er wenigstens die üblichen Predigten von ihr und Enaila und wahrscheinlich noch ein paar anderen. Außerdem würden sie ihn so nicht wieder mit Kräutertee traktieren.

Für die meisten Aiel war er der Car'a'carn, also auch für die Töchter. In der Öffentlichkeit jedenfalls. Wenn er jedoch mit diesen Frauen allein war, die Ehe und Herd aufgegeben hatten, um für den Speer zu leben, wurde die Sache etwas kompliziert Er dachte schon, daß er diesen Zustand beenden könne — möglicherweise —, aber er war es ihnen schuldig, all das Bemuttern zu ertragen. Schließlich waren einige bereits für ihn gestorben, und weitere würden für ihn sterben. Dieses Recht hatte er ihnen zugestanden, möge das Licht ihn dafür verbrennen! Wenn er sie also um seinetwillen sterben ließ, mußte er sich wohl oder übel auch von ihnen bemuttern lassen. Sein frisches Hemd war im Nu schweißnaß, und an der Jacke zeigten sich schon dunkle Flecken.

»Ihr braucht die Aes Sedai, al'Thor.« Rand hoffte, daß Bashere wenigstens halb so hartnäckig sei, wenn es zum Kampf käme. Dieser Ruf hing ihm jedenfalls an, aber er kannte eben nur den Ruf und das, was er in diesen wenigen Wochen beobachtet hatte. »Ihr könnt Euch nicht leisten, sie zum Gegner zu haben, und wenn sie nicht wenigstens glauben, Euch in gewissem Maße steuern zu können, kann es leicht dazu kommen. Die Aes Sedai sind schwer zu durchschauen; niemand weiß, was sie tun werden und warum.«

»Was ist, wenn ich Euch sage, daß Hunderte von Aes Sedai bereit sind, mich zu unterstützen?« Rand war sich der lauschenden Andoraner bewußt; er mußte vorsichtig sein und durfte nicht zuviel sagen. Nicht, daß er selbst viel wußte. Was ihm bekannt war, konnte auch auf Übertreibung und bloßer Hoffnung beruhen. Er bezweifelte auf jeden Fall die ›hunderte‹, was Egwene auch andeuten mochte.

Basheres Augen verengten sich. »Falls eine Abordnung von der Burg eingetroffen wäre, wüßte ich es, also...« Seine Stimme wurde leise, und er flüsterte: »Die Spaltung? Hat sich die Burg wirklich gespalten?« Es klang, als könne er die eigenen Worte kaum glauben. Jedermann wußte, daß man Siuan Sanche vom Amyrlin-Sitz gestoßen und einer Dämpfung unterzogen hatte. Den Gerüchten nach war sie hingerichtet worden. Doch eine Spaltung in der Burg war für die meisten Menschen bloße Mutmaßung, und nur wenige glaubten tatsächlich daran. Nichts hatte der weißen Burg bisher etwas anhaben können. Dreitausend Jahre lang hatte sie wie ein Monolith über den gekrönten Häuptern gethront. Aber der Mann aus Saldaea gehörte zu jenen, die für alle Möglichkeiten ein offenes Ohr hatten. Er fuhr im Flüsterton fort und trat näher an Rand heran, damit die Andoraner auch wirklich nichts verstehen konnten: »Das müssen dann die Rebellen sein, die bereit sind, Euch zu unterstützen. Mit ihnen könnt Ihr durchaus bessere Bedingungen aushandeln, denn sie brauchen Euch, genau wie Ihr sie braucht, vielleicht sogar noch mehr. Doch Rebellen, auch wenn sie Aes Sedai sind, haben politisch nicht das Gewicht der Weißen Burg, vor allem, was die Kronen betrifft. Gewöhnliche Menschen sehen da vielleicht keinen Unterschied, aber Könige und Königinnen schon.«

»Sie sind trotzdem Aes Sedai«, sagte Rand genauso leise, »wer auch immer dahinter stecken mag.« Und was auch immer sie sein mögen, dachte er sarkastisch. Aes Sedai... Diener des Ganzen ... der Saal der Diener ist zerschmettert... für immer zerbrochen ... zerbrochen ... llyena, meine Liebste... Gewaltsam unterdrückte er Lews Therins Gedanken. Manchmal waren sie ihm ja auch eine echte Hilfe und versorgten ihn mit Informationen, die er benötigte, aber sie wurden so überwältigend stark. Falls er wirklich eine Aes Sedai hier hätte — eine Gelbe, denn die verstanden am meisten vom Heilen —könnte sie vielleicht... Es hatte eine Aes Sedai gegeben, der er vertraute, wenn auch erst kurz vor ihrem Tod, und Moiraine hatte ihm noch einen Rat in bezug auf die Aes Sedai gegeben, in bezug auf jede andere Frau, die Stola und Ring trug. »Ich werde niemals einer Aes Sedai vertrauen«, krächzte er ganz leise. »Ich werde sie benutzen, weil ich sie brauche, aber ob Burg oder Rebellen, so weiß ich doch genau, daß sie versuchen werden, mich zu benutzen, weil das eben ihre Art ist. Ich werde ihnen niemals trauen, Bashere.«

Der Mann aus Saldaea nickte bedächtig. »Dann benutzt sie, wenn Ihr könnt. Aber bedenkt eines: Niemand widersteht ihnen lange. Irgendwann geht jeder den Weg, den die Aes Sedai vorschreiben.« Plötzlich lachte er kurz auf. »Artur Falkenflügel war der letzte, soweit ich weiß. Das Licht senge meine Augen, aber vielleicht seid Ihr der zweite.«

Das Schaben von Stiefelsohlen kündete von einem Neuankömmling im Hof. Es war einer von Basheres Männern, ein breitschultriger junger Kerl mit einem spitzen Nasenrücken, einen Kopf größer als sein General, und mit einem prachtvollen schwarzen Vollbart unter dem gezwirbelten Schnurrbart. Sein Gang ließ darauf schließen, daß er eher daran gewöhnt war, einen Sattel unter sich zu haben als die eigenen Beine, aber er schob geschmeidig sein Schwert zur Seite, als er sich verbeugte. Die Verbeugung galt eher Bashere als Rand. Bashere mochte ja dem Wiedergeborenen Drachen folgen, aber Tumad, so hieß er wohl, Tumad Ahzkan, war Basheres Gefolgsmann. Enaila und drei weitere Töchter beobachteten den Mann sehr aufmerksam, denn sie mißtrauten jedem Feuchtländer, der in die Nähe ihres Car'a'carn kam.

»Da ist ein Mann am Tor, der herein will«, sagte Tumad leicht verunsichert. »Er sagt... Es ist Mazrim Taim, mein Lord Bashere.«

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