Fuenfte Scene.

Ferdinand von Walter stuerzt erschrocken und ausser Athem ins Zimmer. Die Vorigen.

Ferdinand. War mein Vater da?

Luise (faehrt mit Schrecken auf). Sein Vater! Allmaechtiger Gott!

Frau (zugleich; schlaegt die Haende zusammen). Der Praesident! Es ist aus mit uns!

Miller (zugleich; lacht voller Bosheit). Gottlob! Gottlob! da haben wir ja die Bescherung!

Ferdinand (eilt auf Luisen zu und drueckt sie stark in die Arme). Mein bist du, und waerfen Hoell' und Himmel sich zwischen uns!

Luise. Mein Tod ist gewiss-Rede weiter-Du sprachst einen schrecklichen Namen aus-Dein Vater?

Ferdinand. Nichts. Nichts. Es ist ueberstanden. Ich hab' dich ja wieder. Du hast mich ja wieder. O, lass mich Athem schoepfen an dieser Brust! Es war eine schreckliche Stunde.

Luise. Welche? Du toedtest mich?

Ferdinand (tritt zurueck und schaut sie bedeutend an). Eine Stunde, Luise, wo zwischen mein Herz und dich eine fremde Gewalt sich warf-wo meine Liebe vor meinem Gewissen erblasste-wo meine Luise aufhoerte, ihrem Ferdinand Alles zu sein-Luise (sinkt mit verhuelltem Gesicht auf den Sessel nieder).

Ferdinand (geht schnell auf sie zu, bleibt sprachlos mit starrem Blick vor ihr stehen, dann verlaesst er sie ploetzlich, in grosser Bewegung). Nein! Nimmermehr! Unmoeglich, Lady! Zu viel verlangt! Ich kann dir diese Unschuld nicht opfern-Nein, beim unendlichen Gott! ich kann meinen Eid nicht verletzen, der mich laut wie des Himmels Donner aus diesem brechenden Auge mahnt-Lady, blick hieher-hieher, du Rabenvater-Ich soll diesen Engel wuergen! Die Hoelle soll ich in diesen himmlischen Busen schuetten? (Mit Entschluss auf sie zueilend.) Ich will sie fuehren vor des Weltrichters Thron, und ob meine Liebe Verbrechen ist, soll der Ewige sagen. (Er fasst sie bei der Hand und hebt sie vom Sessel.) Fasse Muth, meine Theuerste!-Du hast gewonnen! Als Sieger komm' ich aus dem gefaehrlichsten Kampf zurueck.

Luise. Nein! Nein! Verhehle mir nichts. Sprich es aus, das entsetzliche Urtheil. Deinen Vater nanntest du? Du nanntest die Lady?-Schauer des Todes ergreifen mich-Man sagt, sie wird heirathen.

Ferdinand (stuerzt betaeubt zu Luisens Fuessen nieder). Mich, Unglueckselige!

Luise (nach einer Pause, mit stillem bebenden Ton und schrecklicher Ruhe). Nun-was erschreck' ich denn? Der alte Mann dort hat mir's ja oft gesagt-ich hab' es ihm nie glauben wollen. (Pause, dann wirft sie sich Millern laut weinend in die Arme.). Vater, hier ist deine Tochter wieder-Verzeihung, Vater!-Dein Kind kann ja nicht dafuer, dass dieser Traum so schoen war, und-so fuerchterlich jetzt das Erwachen-Miller. Luise! Luise!-O Gott, sie ist von sich-Meine Tochter, mein armes Kind-Fluch ueber den Verfuehrer!-Fluch ueber das Weib, das ihm kuppelte!

Frau (wirft sich jammernd auf Luisen). Verdien' ich diesen Fluch, meine Tochter? Vergeb's Ihnen Gott, Baron!-Was hat dieses Lamm gethan, dass Sie es wuergen?

Ferdinand (springt an ihr auf, voll Entschlossenheit). Aber ich will seine Kabalen durchbohren-durchreissen will ich alle diese eisernen Ketten des Vorurtheils-Frei wie ein Mann will ich waehlen, dass diese Insektenseelen am Riesenwerk meiner Liebe hinaufschwindeln! (Er will fort.)

Frau (eilt ihm nach, haengt sich an ihn). Der Praesident wird hieher kommen-Er wird unser Kind misshandeln-Er wird uns misshandeln-Herr von Walter, und Sie verlassen uns?

Miller (lacht wuethend). Verlaesst uns! Freilich! Warum nicht?-Sie gab ihm ja Alles hin! (Mit der einen Hand den Major, mit der andern Luisen fassend.) Geduld, Herr! der Weg aus meinem Hause geht nur ueber diese da-Erwarte erst deinen Vater! wenn du kein Bube bist-Erzaehl' es ihm, wie du dich in ihr Herz stahlst, Betrueger, oder, bei Gott! (Ihm seine Tochter zuschleudernd, wild und heftig.) Du sollst mir zuvor diesen wimmernden Wurm zertreten, den Liebe zu dir so zu Schanden richtete!

Ferdinand (kommt zurueck und geht auf und ab in tiefen Gedanken). Zwar die Gewalt des Praesident ist gross-Vaterrecht ist ein weites Wort-der Frevel selbst kann sich in seinen Falten verstecken, er kann es weit damit treiben-weit!-Doch aufs Aeusserste treibt's nur die Liebe-Hier, Luise! Deine Hand ist die meinige! (Er fasst diese heftig.) So wahr mich Gott im letzten Hauch nicht verlassen soll! -der Augenblick, der diese zwei Haende trennt, zerreisst auch den Faden zwischen mir und der Schoepfung!

Luise. Mir wird bange! Blick' weg! Deine Lippen beben! Dein Auge rollt fuerchterlich-Ferdinand. Nein, Luise! Zittre nicht! Es ist nicht Wahnsinn, was aus mir redet. Es ist das koestliche Geschenk des Himmels, Entschluss in dem geltenden Augenblick, wo die gepresste Brust nur durch etwas Unerhoertes sich Luft macht-Ich liebe dich, Luise-Du sollst mir bleiben, Luise-Jetzt zu meinem Vater! (Er eilt schnell fort und rennt-gegen den Praesident.)

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