Vierte Scene.

Ferdinand von Walter. Luise.

(Er fliegt auf sie zu-sie sinkt entfaerbt und matt auf einen Sessel-er bleibt vor ihr stehn-sie sehen sich eine Zeitlang stillschweigend an. Pause.)

Ferdinand. Du bist blass, Luise?

Luise (steht auf und faellt ihm um den Hals). Es ist nichts! nichts! Du bist ja da. Es ist vorueber.

Ferdinand (ihr Hand nehmend und zum Munde fuehrend). Und liebt mich meine Luise noch? Mein Herz ist das gestrige, ist's auch das deine noch? Ich fliege nur her, will sehen, ob du heiter bist, und gehn und es auch sein-Du bist's nicht.

Luise. Doch, doch, mein Geliebter.

Ferdinand. Rede mir Wahrheit. Du bist's nicht. Ich schau durch deine Seele, wie durch das klare Wasser dieses Brillanten. (Zeigt auf seinen Ring.) Hier wirft sich kein Blaeschen auf, das ich nicht merkte-kein Gedanke tritt in dies Angesicht, der mir entwischte. Was hast du? Geschwind! Weiss ich nur diesen Spiegel helle, so laeuft keine Wolke ueber die Welt. Was bekuemmert dich?

Luise (sieht ihn eine Weile stumm und bedeutend an, dann mit Wehmuth). Ferdinand! Ferdinand! Dass du doch wuesstest, wie schoen in dieser Sprache das buergerliche Maedchen sich ausnimmt-Ferdinand. Was ist das? (Befremdet.) Maedchen! Hoere! wie kommst du auf das?-Du bist meine Luise. Wer sagt dir, dass du noch etwas sein solltest? Siehst du, Falsche, auf welchem Kaltsinn ich dir begegnen muss. Waerest du ganz nur Liebe fuer mich, wann haettest du Zeit gehabt, eine Vergleichung zu machen? Wenn ich bei dir bin, zerschmilzt meine Vernunft in einen Blick-in einen Traum von dir, wenn ich weg bin, und du hast noch eine Klugheit neben deiner Liebe?-Schaeme dich! Jeder Augenblick, den du an diesen Kummer verlorst, war deinem Juengling gestohlen.

Luise (fasst seine Hand, indem sie den Kopf schuettelt). Du willst mich einschlaefern, Ferdinand-willst meine Augen von diesem Abgrund hinweglocken, in den ich ganz gewiss stuerzen muss. Ich seh' in die Zukunft-die Stimme des Ruhms-deine Entwuerfe-dein Vater-mein Nichts. (Erschrickt und laesst ploetzlich seine Hand fahren.) Ferdinand! Ein Dolch ueber dir und mir!-Man trennt uns!

Ferdinand. Trennt uns! (Er springt auf.) Woher bringst du diese Ahnung, Luise? Trennt uns?-Wer kann den Bund zweier Herzen loesen, oder die Toene eines Accords auseinander reissen?-Ich bin ein Edelmann-Lass doch sehen, ob mein Adelbrief aelter ist, als der Riss zum unendlichen Weltall? oder mein Wappen gueltiger, als die Handschrift des Himmels in Luisens Augen: dieses Weib ist fuer diesen Mann?-Ich bin des Praesidenten Sohn. Eben darum. Wer, als die Liebe, kann mir die Flueche versuessen, die mir der Landeswucher meines Vaters vermachen wird?

Luise. O wie sehr fuercht' ich ihn-diesen Vater!

Ferdinand. Ich fuerchte nichts-nichts-als die Grenzen deiner Liebe. Lass auch Hindernisse wie Gebirge zwischen uns treten, ich will sie fuer Treppen nehmen und drueber hin in Luisens Arme fliegen. Die Stuerme des widrigen Schicksals sollen meine Empfindung emporblasen, Gefahren werden meine Luise nur reizender machen.-Also nichts mehr von Furcht, meine Liebe. Ich selbst-ich will ueber dir wachen, wie der Zauberdrach ueber unterirdischem Golde-Mir vertraue dich! Du brauchst keinen Engel mehr-Ich will mich zwischen dich und das Schicksal werfen-empfangen fuer dich jede Wunde-auffassen fuer dich jeden Tropfen aus dem Becher der Freude-dir ihn bringen in die Schale der Liebe. (Sie zaertlich umfassend.) An diesem Arm soll meine Luise durchs Leben huepfen; schoener, als er dich von sich liess, soll der Himmel dich wieder haben und mit Verwunderung eingestehn, dass nur die Liebe die letzte Hand an die Seelen legte-Luise (drueckt ihn von sich, in grosser Bewegung). Nichts mehr! Ich bitte dich, schweig! -Wuesstest du-Lass mich-du weisst nicht, dass deine Hoffnungen mein Herz wie Furien anfallen. (Will fort.)

Ferdinand (haelt sie auf). Luise? Wie! Was! Welche Anwandlung?

Luise. Ich hatte diese Traeume vergessen und war gluecklich-Jetzt! jetzt! von heut an-der Friede meines Lebens ist aus-Wilde Wuensche-ich weiss es-werden in meinem Busen rasen.-Geh-Gott vergebe dir's-Du hast den Feuerbrand in mein junges, friedsames Herz geworfen, und er wird nimmer, nimmer geloescht werden. (Sie stuerzt hinaus. Er folgt ihr sprachlos nach.)

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