Siebente Scene.

Gerichtsdiener. Die Vorigen.

Ferdinand (eilt auf Luisen zu, die ihm halb todt in die Arme faellt). Luise! Hilfe! Rettung! Der Schrecken ueberwaeltigt sie!

Miller (ergreift sein spanisches Rohr, setzt den Hut auf und macht sich zum Angriff gefasst).

Frau (wirft sich auf die Kniee vor dem Praesident).

Praesident (zu den Gerichtsdienern, seinen Orden entbloessend). Legt Hand an, im Namen des Herzogs-Weg von der Metze, Junge-Ohnmaechtig oder nicht-wenn sie nur erst das eiserne Halsband um hat, wird man sie schon mit Steinwuerfen aufwecken.

Frau. Erbarmung, Ihro Excellenz! Erbarmung! Erbarmung!

Miller (reisst seine Frau in die Hoehe). Knie vor Gott! alte Heulhure, und nicht vor-Schelmen, weil ich ja doch schon ins Zuchthaus muss.

Praesident (beisst die Lippen). Du kannst dich verrechnen, Bube. Es stehen noch Galgen leer! (Zu den Gerichtsdienern.) Muss ich es noch einmal sagen?

Gerichtsdiener (dringen auf Luisen ein).

Ferdinand (springt an ihr auf und stellt sich vor sie, grimmig). Wer will was? (Er zieht den Degen sammt der Scheide und wehrt sich mit dem Gefaess.) Wag' es, sie anzuruehren, wer nicht auch die Hirnschale an die Gerichte vermiethet hat. (Zum Praesident.) Schonen Sie Ihrer selbst! Treiben Sie mich nicht weiter, mein Vater.

Praesident (drohend zu den Gerichtsdienern). Wenn euch euer Brod lieb ist, Memmen-Gerichtsdiener (greifen Luisen wieder an).

Ferdinand. Tod und alle Teufel! Ich sage: Zurueck!-Noch einmal! Haben Sie Erbarmen mit sich selbst. Treiben Sie mich nicht aufs Aeusserste, Vater.

Praesident (aufgebracht zu den Gerichtsdienern). Ist das euer Diensteifer, Schurken?

Gerichtsdiener (greifen hitziger an).

Ferdinand. Wenn es denn sein muss (indem er den Degen zieht und einige von denselben verwundet), so verzeih mir, Gerechtigkeit!

Praesident (voll Zorn). Ich will doch sehen, ob auch ich diesen Degen fuehle. (Er fasst Luisen selbst, zerrt sie in die Hoehe und uebergibt sie einem Gerichtsknecht.)

Ferdinand (lacht erbittert). Vater, Vater! Sie machen hier ein beissendes Pasquill auf die Gottheit, die sich so uebel auf ihre Leute verstund und aus vollkommenen Henkersknechten schlechte Minister machte.

Praesident (zu den Uebrigen). Fort mit ihr!

Ferdinand. Vater, sie soll an den Pranger stehen, aber mit dem Major, des Praesidenten Sohn-Bestehen Sie noch darauf?

Praesident. Desto possierlicher wird das Spektakel-Fort!

Ferdinand. Vater, ich werfe meinen Officiersdegen auf das Maedchen. -Bestehen Sie noch darauf?

Praesident. Das Porte-Epée ist an deiner Seite des Prangerstehens gewohnt worden-Fort! Fort! Ihr wisst meinen Willen.

Ferdinand (drueckt einen Gerichtsdiener weg, fasst Luisen an einem Arm, mit dem andern zueckt er den Degen auf sie). Vater! Eh Sie meine Gemahlin beschimpfen, durchstoss' ich sie-Bestehen Sie noch darauf?

Praesident. Thu' es, wenn deine Klinge noch spitzig ist.

Ferdinand (laesst Luisen fahren und blickt fuerchterlich zum Himmel). Du, Allmaechtiger, bist Zeuge! Kein menschliches Mittel liess ich unversucht-ich muss zu einem teuflischen schreiten-Ihr fuehrt sie zum Pranger fort, unterdessen (dem Praesidenten ins Ohr rufend) erzaehl' ich der Residenz eine Geschichte, wie man Praesident wird. (Ab.)

Praesident (wie vom Blitz geruehrt). Was ist das?-Ferdinand-Lasst sie ledig! (Er eilt dem Major nach.)

Dritter Akt.

Saal beim Praesidenten.

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