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Eine Studentenvereinigung, möglicherweise die Students for a Democratic Society oder die Young Maoists, hatte in der Nacht vom 25. auf den 2.6. Juni emsig an der Druckerpresse gearbeitet. Am nächsten Morgen waren überall auf dem Campus der University of Kentucky in Louisville folgende Plakate angeklebt:

ACHTUNG! ACHTUNG! ACHTUNG! ACHTUNG!


IHR WERDET BELOGEN! DIE REGIERUNG BELÜGT EUCH ALLE! DIE PRESSE, DIE SICH IN DEN HÄNDEN DER PARAMILITÄRISCHEN POLIZEI BEFINDET, BELÜGT EUCH! DIE VERWALTUNG DIESER UNIVERSITÄT BELÜGT EUCH, EBENSO DIE ÄRZTESCHAFT - AUF BEFEHL DER REGIERUNG!

ES GIBT KEINEN IMPFSTOFF GEGEN DIE SUPERGRIPPE


DIE SUPERGRIPPE IST KEINE ERNSTE KRANKHEIT, SIE IST EINE TÖDLICHE KRANKHEIT


DIE ANSTECKUNGSGEFAHR LIEGT MÖGLICHERWEISE ÜBER 75%


DIE SUPERGRIPPE WURDE VON DEN PARAMILITÄRISCHEN KRÄFTEN DER USA ENTWICKELT UND DURCH EINEN UNFALL FREIGESETZT


DIE PARAMILITÄRISCHEN POLIZEITRUPPEN DER USA HABEN NUN DIE ABSICHT, IHREN MÖRDERISCHEN UNFALL ZU VERTUSCHEN, AUCH WENN ES BEDEUTET, DASS 75% DER BEVÖLKERUNG STERBEN WERDEN!



GRÜSSE AN ALLE REVOLUTIONÄREN KRÄFTE! DIE ZEIT FÜR UNSEREN KAMPF IST GEKOMMEN! VEREINT EUCH, KÄMPFT, SIEGT!


GENERALVERSAMMLUNG UM 19.00 UHR IN DER SPORTHALLE! STREIK! STREIK! STREIK! STREIK! STREIK! STREIK!

Was sich bei WBZ-TV in Boston zutrug, war am Abend zuvor von drei Nachrichtensprechern und sechs Technikern geplant worden, die alle im Studio 6 arbeiteten. Fünf der Männer spielten regelmäßig zusammen Poker, sechs der neun waren bereits krank. Sie glaubten, daß sie nichts mehr zu verlieren hatten. Sie sammelten fast ein Dutzend Handfeuerwaffen. Bob Palmer, der die Morgennachrichten verlas, schaffte sie in einer Fliegertasche, in der er normalerweise seine Kugelschreiber und Notizblöcke transportierte, nach oben. Die gesamte Senderanlage war, hatte man ihnen mitgeteilt, von der Nationalgarde abgeriegelt worden, aber Palmer hatte George Dickerson am Abend zuvor gesagt, es wären die ersten Nationalgardisten über fünfzig, die er jemals gesehen hatte. Um 9.01 Uhr, als Palmer gerade angefangen hatte, eine Beschwichtigungsmeldung zu verlesen, die ihm zehn Minuten vorher ein Uffz der Armee gegeben hatte, fand der Coup statt. Die neun Männer brachten den Fernsehsender in ihre Gewalt. Die Soldaten, die keinen Widerstand von den verweichlichten Zivilisten erwartet hatten, welche Unglücksbotschaften normalerweise nur auf große Entfernungen verkündeten, waren vollkommen überrascht und wurden entwaffnet. Weiteres Senderpersonal beteiligte sich spontan an der Rebellion, räumte den gesamten sechsten Stock und verbarrikadierte sämtliche Türen. Die Fahrstühle wurden in den sechsten Stock gerufen, ehe die Soldaten im Erdgeschoß richtig begriffen, was los war. Drei Soldaten versuchten, die östliche Feuerleiter heraufzukommen, aber ein Hausmeister namens Charles Yorkin, der mit einem Armeekarabiner bewaffnet war, gab einen Warnschuß über ihre Köpfe hinweg ab. Das war der einzige Schuß, der abgefeuert wurde.

Zuschauer im Bereich des Senders WBZ-TV erlebten mit, wie Bob Palmer die Nachrichten mitten im Satz unterbrach, und hörten ihn sagen: »Okay, jetzt!« Gedämpfte Laute hinter der Kamera. Als sie aufhörten, sahen Tausende bestürzte Fernsehzuschauer, daß Bob Palmer jetzt eine Maschinenpistole in der Hand hielt. Eine heisere Stimme schrie jubilierend im Off: »Wir haben sie, Bob!

Wir haben die Drecksäcke! Wir haben sie alle!«

»Okay, gute Arbeit«, sagte Palmer. Dann blickte er wieder in die Kamera. »Mitbürger von Boston und Amerikaner in unserem Sendegebiet. Soeben ist in diesem Studio etwas Ernstes und ungeheuer Wichtiges geschehen, und ich bin froh, daß es hier in Boston, der Wiege der amerikanischen Unabhängigkeit, zuerst geschehen ist. Die letzten sieben Tage wurde dieser Sender von Männern bewacht, die sich als Nationalgardisten ausgaben. Bewaffnete Männer in Armeeuniformen standen neben unseren Kameramännern, in unseren Regiekabinen, neben den Fernschreibern. Wurden die Nachrichten gefälscht? Ich muß leider zugeben, daß es so ist. Man hat mir die Texte gegeben und mich praktisch buchstäblich mit einem Revolver am Kopf gezwungen, sie zu verlesen. Was ich Ihnen vorgelesen habe, hat mit der sogenannten >Supergrippe< zu tun, und es war alles von A bis Z erlogen.«

Auf der Schaltkonsole flackerten Lichter auf. Innerhalb von fünfzehn Minuten waren alle Lichter an.

»Unsere Kameraleute haben Aufnahmen gemacht, die entweder beschlagnahmt oder vorsätzlich vernichtet wurden. Die Artikel unserer Reporter sind verschwunden. Aber wir haben Filmaufnahmen, meine Damen und Herren, und wir haben Korrespondenten hier im Studio - keine professionellen Reporter, sondern Augenzeugen der größten Katastrophe, die jemals über unser Land hereingebrochen ist... und diese Worte verwende ich nicht leichtfertig. Wir werden Ihnen jetzt einen Teil des Filmmaterials zeigen. Alles wurde heimlich aufgenommen, die Bildqualität ist teilweise schlecht. Aber wir, die wir soeben unseren eigenen Fernsehsender befreit haben, sind der Meinung, Sie sehen genug. Vielleicht mehr, als Sie je sehen wollten.«

Er blickte auf, nahm ein Taschentuch aus dem Sportblazer und schneuzte sich. Zuschauer mit guten Farbfernsehern konnten erkennen, daß Palmers Gesicht gerötet und fiebrig aussah.

»Wenn du bereit bist, George, Film ab.«

Palmers Gesicht wurde durch Bilder aus dem General Hospital von Boston ersetzt. Die Stationen waren überfüllt. Patienten lagen auf den Böden. Die Flure waren gedrängt voll, Krankenschwestern, von denen viele sichtlich selbst krank waren, eilten hin und her, manche weinten hysterisch, andere schienen bis fast zum Koma unter Schock zu stehen.

Aufnahmen von Soldaten, die mit gezückten Waffen an Straßenecken standen. Aufnahmen von Gebäuden, in die eingebrochen worden war.

Bob Palmer erschien wieder. »Wenn Sie Kinder haben, meine Damen und Herren, dann geben wir Ihnen jetzt den Rat, sie aus dem Zimmer zu schicken.«

Die körnige Aufnahme eines Lastwagens, eines großen, olivfarbenen Armeelastwagens, der auf einen Pier im Charles River fuhr. Darunter schwankte unruhig eine mit Segeltuchplanen bedeckte Barke. Zwei Soldaten, denen Gasmasken ein fremdartiges, bedrohliches Aussehen verliehen, sprangen aus dem Führerhaus des Lastwagens. Das Bild wackelte, dann wurde es wieder ruhig, als sie die Plane am Heck des Lastwagens hochzogen. Sie sprangen hinein und warfen Leichen von der Ladefläche auf den Boden: Frauen, alte Männer, Kinder, Polizisten, Krankenschwestern; eine grausige Sturzflut, die nicht aufzuhören schien. Im Verlauf des Filmausschnitts wurde deutlich, daß die Soldaten sie mit Mistgabeln hinauswarfen. Palmer sendete zwei Stunden lang weiter. Mit zunehmend heiserer Stimme verlas er Meldungen, Berichte und interviewte andere Mitglieder seines Teams. Es ging so lange, bis jemand im Erdgeschoß dahinterkam, daß man nicht den sechsten Stock zurückerobern mußte, um der Sache ein Ende zu machen. Um 11.16 Uhr wurde der Sender von WBZ mit zwanzig Pfund Plastiksprengstoff endgültig lahmgelegt.

Palmer und die anderen im sechsten Stock wurden allesamt wegen Hochverrats an der Regierung der Vereinigten Staaten hingerichtet.




Es handelte sich um eine wöchentliche Kleinstadtzeitung in West Virginia mit Namen Durbin Call-Clarion, die von einem Anwalt im Ruhestand namens James D. Hogliss herausgegeben wurde und deren Auflage immer gut war, weil Hogliss Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre nachdrücklich für das Recht der Minenarbeiter, sich zu organisieren, eingetreten war und weil seine Anti-Establishment-Leitartikel immer voller Zündstoff waren, Marschflugkörper, die er gegen Regierungshandlanger auf allen Ebenen abfeuerte, von den städtischen bis zu den Bundesbehörden. Hogliss hatte eine Anzahl regelmäßiger Zeitungsausträger, aber an diesem klaren Sommermorgen fuhr er die Zeitung persönlich mit seinem 1948er Cadillac aus, dessen breite Weißwandreifen durch die Straßen von Durbin flüsterten ... und diese Straßen waren beängstigend verlassen. Die Zeitungen stapelten sich auf den Sitzen des Cadillacs und im Kofferraum. Es war nicht der übliche Erscheinungstag des Call-Clarion, aber die Zeitung bestand ohnedies nur aus einem einzigen, groß gesetzten Blatt in schwarzer Umrandung. Ganz oben stand das Wort EXTRA -AUSGABE, und es war die erste Extraausgabe, die Hogliss seit 1980 herausbrachte, als die Ladybird-Mine explodiert war und vierzig Minenarbeiter für alle Zeiten unter Felsmassen begraben hatte.

Die Schlagzeile lautete: REGIERUNGSTRUPPEN VERSUCHEN, SEUCHENAUSBRUCH ZU VERTUSCHEN!

Darunter: »Sondermeldung für den Call-Clarion von James D. Hogliss.«

Und darunter: »Unserem Reporter wurde aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt, daß die Grippeepidemie (die hier in West Virginia manchmal Röchelkrankheit oder Schleimtod genannt wird) in Wirklichkeit eine von der Regierung gezüchtete tödliche Mutation des normalen Grippevirus ist, die zur biologischen Kriegführung dienen sollte und damit in krassem Widerspruch zur revidierten Genfer Konvention steht, welche Repräsentanten der Vereinigten Staaten vor sieben Jahren unterzeichnet haben. Der Informant, ein jetzt in Wheeling stationierter Offizier der Armee, erklärte außerdem, dass Versprechungen eines in Kürze zur Verfügung stehenden Impfstoffs schamlose Lügen seien. Unserem Informaten zufolge wurde noch kein Impfstoff entwickelt.

Mitbürger, dies ist mehr als eine Katastrophe oder Tragödie, es bedeutet das Ende jeglichen Vertrauens in unsere Regierung. Sollten wir uns dies tatsächlich selbst eingebrockt haben, dann...«

Hogliss war krank und sehr schwach. Er schien beim Abfassen des Artikels seine letzten Kraftreserven verbraucht zu haben. Sie waren aus ihm in die Worte geflossen und nicht wieder ersetzt worden.

Seine Bronchien waren verschleimt, und selbst beim normalen Atmen war ihm zumute, als würde er bergauf laufen. Dennoch ging er methodisch vor, fuhr von Haus zu Haus und hinterließ eine Sonderausgabe, ohne überhaupt zu wissen, ob die Häuser noch bewohnt waren, und wenn, ob die Bewohner noch genügend Kraft hatten, herauszukommen und sich seine Mitteilung zu holen. Schließlich kam er zum westlichen Stadtteil, dem Elendsviertel mit seinen Hütten und Wohnwagen und dem stechenden Geruch von Desinfektionsmitteln. Jetzt hatte er nur noch den Kofferraum mit Zeitungen, den er offenließ, so daß die Klappe auf und ab wippte, wenn er über Straßenunebenheiten fuhr. Er versuchte, mit beängstigenden Kopfschmerzen fertig zu werden, und vor seinen Augen verschwamm immer wieder die Umgebung.

Als er das letzte Haus versorgt hatte, eine halbverfallene Hütte nahe Rack's Crossing, der Stadtgrenze, hatte er immer noch ein Bündel mit etwa fünfundzwanzig Zeitungen. Er schnitt mit seinem alten Taschenmesser die Schnur durch, mit der sie zusammengebunden waren, und ließ sie vom Wind dorthin wehen, wohin es dem Wind gefiel, wobei er an seinen Informanten dachte, einen Major mit dunklen, gequälten Augen, der erst vor drei Monaten von einem streng geheimen >Probjekt Blau< in Kalifornien abkommandiert worden war. Der Major hatte Sicherheitsaufsicht im Außenbereich gehabt, und er fingerte ständig an der Pistole an der Hüfte herum, während er Hogliss alles erzählte, was er wußte. Hogliss dachte, es würde nicht mehr lange dauern, bis der Major von der Waffe Gebrauch machen würde, wenn er es nicht schon getan hatte. Er kletterte wieder hinter das Lenkrad seines Cadillac, das einzige Auto, das er je besessen hatte, seit er siebenundzwanzig Jahre alt gewesen war, und stellte fest, daß er zu müde war, um in die Stadt zurückzufahren. Daher lehnte er sich schläfrig zurück, lauschte dem Rasseln in der Brust und sah zu, wie der Wind seine Extraausgabe träge die Straße entlang Richtung Rack's Crossing wehte. Manche Zeitungen waren in den Zweigen von Bäumen hängengeblieben und sahen aus wie seltsame Früchte. Er konnte das Rauschen und Blubbern des Durbin Stream in der Nähe hören, wo er als Junge geangelt hatte. Heute gab es nat ürlich keine Fische mehr darin - dafür hatten die Kohlefirmen gesorgt -, aber das Geräusch war immer noch beruhigend. Er machte die Augen zu, schlief ein und starb anderthalb Stunden später.




Die Los Angeles Times druckte nur 26000 Exemplare ihrer aus einer Seite bestehenden Sonderausgabe, bis die diensthabenden Offiziere herausfanden, daß es sich nicht um eine Werbebeilage handelte, wie es geheißen hatte. Die Strafe war rasch und blutig. Offizielle Verlautbarungen des FBI verkündeten, daß »radikale Revolutionäre«, die alterprobten Buhmänner, einen Bombenanschlag auf das Büro der L. A. Times verübt hatten, bei dem achtundzwanzig Mitarbeiter ums Leben gekommen waren. Das FBI mußte nicht erklären, wie die achtundzwanzig Mitarbeiter bei der Explosion sämtlich eine Kugel in den Kopf bekommen konnten, denn die Opfer wurden zusammen mit Tausenden anderen, Opfer der Epidemie, im Meer versenkt.

Aber 10000 Exemplare gelangten in Umlauf, und das genügte. Die Schlagzeile, in einer 36-Punkt-Schrift, verkündete schreiend:

WESTKÜSTE IM GRIFF DER SEUCHENEPIDEMIE

Tausende fliehen vor der tödlichen Supergrippe


Vertuschungsversuch der Regierung steht fest

LOS ANGELES - Zahlreiche Soldaten, die während der momentan andauernden Tragödie aushelfen und sich als Angehörige der Nationalgarde ausgeben, sind Berufssoldaten mit zum Teil mehr als vierzig Dienstjahren. Teil ihrer Aufgabe ist es, den besorgten Einwohnern von Los Angeles weiszumachen, daß die Supergrippe, die unter Jugendlichen in weiten Gebieten »Captain Trips« genannt wird, »nur unwesentlich gefährlicher als die Hong-Kong- oder London-Grippe« ist. Dann aber stellt sich die Frage, warum die angeblichen Nationalgardisten permanent Atemschutzgeräte tragen. Der Präsident soll heute abend um 18.00 Uhr Pacific Standard Time eine Rede halten, und sein Pressesprecher Hubert Ross bezeichnete Berichte, wonach der Präsident zwar vor der Kulisse des Oval Office sprechen wird, diese aber in Wahrheit im Bunker des Weißen Hauses nachgebaut worden sei, als »hysterisch, gemein und völlig unbegründet«. Vorabausgaben der Rede zeigen, daß der Präsident die amerikanische Bevölkerung aufgrund übertriebener Reaktionen »schelten« und die momentan herrschende Panik mit der vergleichen wird, die in den dreißiger Jahren von Orson Welles' Hörspiel »Krieg der Welten« ausgelöst wurde.

Die Times hat fünf Fragen, die der Präsident in seiner Rede beantworten sollte:

1. Warum wird die Times von Schlägern in Armeeuniform daran gehindert, die Nachrichten zu drucken, was eine grobe Verletzung ihrer Verfassungsmäßigen Rechte bedeutet?

2. Warum wurden folgende Straßen - US 5, US 10 und US 15 - von bewaffneten Fahrzeugen und Truppentransportern abgeriegelt?

3. Wenn es sich tatsächlich nur um eine »unbedeutende Grippeepidemie« handelt, warum wurde dann über die ganze Umgebung von Los Angeles der Notstand verhängt?

4. Wenn es sich tatsächlich um eine »unbedeutende Grippeepidemie« handelt, warum werden dann ganze Wagenladungen auf den Pazifik hinausgefahren und ins Meer gekippt? Transportieren diese Wagen und Schiffe tatsächlich das, was wir befürchten und uns aus gut unterrichteten Kreisen bestätigt wird - die Leichen von Grippeopfern?

5. Zuletzt, wenn wirklich Anfang nächster Woche ein Impfstoff an die Ärzte und Krankenhäuser der Gegend ausgeliefert werden soll, wie kommt es dann, daß kein einziger der sechsundvierzig Ärzte, mit denen diese Zeitung Verbindung aufgenommen hat, irgendwelche Einzelheiten über einen Verteilungsplan gehört hat? Warum ist nicht eine einzige Klinik darauf vorbereitet, Grippeschutzimpfungen durchzuführen? Warum hat nicht eine einzige von zehn pharmazeutischen Großfirmen, die wir angerufen haben, Lieferscheine oder Regierungsinformationen über diesen Impfstoff erhalten?

Wir fordern den Präsidenten auf, diese Fragen in seiner Rede zu beantworten, aber vor allem verlangen wir von ihm, daß er die Polizeistaat-Methoden und die aberwitzigen Versuche unterbindet, die Wahrheit zu vertuschen...




In Duluth ging ein Mann in Khaki-Shorts und Sandalen, der sich die Stirn dick mit Asche beschmiert hatte und ein handbeschriftetes Sandwich-Pl akat über den mageren Schultern trug, die Piedmont Avenue auf und ab.

Auf der Vorderseite stand:

DIE ZEIT DER ABRECHNUNG IST GEKOMMEN


CHRIST UNSER HERR WIRD BALD WIEDERKEHREN


SEID BEREIT VOR EUREN GOTT ZU TRETEN!

Auf der Rückseite stand:

SIEHE DIE HERZEN DER SÜNDER SIND GEBROCHEN


WER SICH SELBST ERHÖHT DER SOLL ERNIEDRIGT WERDEN UND WER SICH SELBST ERNIEDRIGT DER SOLL ERHÖHT WERDEN


DIE TAGE DES BÖSEN SIND ANGEBROCHEN


WEHE DIR O ZION


Vier junge Männer in Motorradjacken, alle mit einem heftigen Husten und triefenden Nasen, fielen über den Mann mit den Khaki-Shorts her und schlugen ihn mit seinem eigenen Sandwich-Plakat bewußtlos. Dann flohen sie, und einer brüllte hysterisch über die Schulter zurück: »Das wird dich lehren, den Leuten angst zu machen! Das wird dich lehren, den Leuten angst zu machen, du Spinner!«




Die Vormittagssendung mit den höchsten Einschaltquoten in Springfield, Missouri, war die von KLFT ausgestrahlte morgendliche Telefon-Show »Speak your Piece« mit Ray Flowers. Er hatte sechs Telefonleitungen in seiner Studio-Kabine, und am Morgen des 26. Juni war er der einzige KLFT-Angestellte, der zur Arbeit erschienen war. Er wußte, was draußen in der Welt vor sich ging, und es machte ihm angst. Seit etwa einer Woche schien es Ray, als wären alle Leute, die er kannte, krank geworden. In Springfield waren keine Truppen, aber er hatte gehört, die Nationalgarde sei nach K.C. und nach St. Louis gerufen worden, um der »um sich greifenden Panik« entgegenzuwirken und »Plünderungen zu verhindern«. Ray Flowers selbst fühlte sich ausgezeichnet. Er betrachtete nachdenklich seine Ausrüstung - Telefone, Zeitverzögerung, um die Anrufer zu schneiden, die ab und zu Schimpfworte von sich gaben, jede Menge Werbespots auf Cassette (»Wenn die Toilette überquillt - Und niemand das Schlamassel stillt - Ist der Mann mit dem Schlauch parat - Der Kleen-Owt-Mann weiß Rat!«), und natürlich das Mikro.

Er zündete eine Zigarette an, ging zur Studiotür und schloß sie ab. Er ging in seine Kabine und schloß diese ebenfalls ab. Er schaltete die Musik vom Band aus, spielte dafür seine eigene Erkennungsmelodie ein und setzte sich ans Mikrophon.

»Hallo Leute«, sagte er, »hier ist Ray Flowers mit >Speak your Piece<, und ich glaube, heute morgen können wir uns nur über eines unterhalten, oder? Ob wir es nun Schleimtod oder Supergrippe oder Captain Trips nennen, es ist immer dasselbe gemeint. Ich habe Schreckensmeldungen gehört, daß die Armee alles niederknüppelt, und wenn Sie darüber sprechen wollen, höre ich gern zu. Dies ist immer noch ein freies Land, richtig? Und da ich hier heute morgen allein bin, werden wir es ein wenig anders machen als sonst. Ich denke, wir können heute auf die Werbung verzichten. Wenn das Springfield, das Sie sehen, so aussieht wie das Springfield, das ich aus den Fenstern von KLFT sehe, scheint ohnehin niemand Lust zum Einkaufen zu haben.

Okay, wenn Sie wach und munter sind, wie meine Mutter immer sagte, können wir anfangen. Unsere gebührenfreien Nummern sind 656-8600 und 656-8601. Wenn besetzt sein sollte, haben Sie bitte Geduld. Vergessen Sie nicht, ich muß alles allein machen.«

In Carthage, fünfzig Meilen von Springfield entfernt, lag eine ArmeeEinheit, und ein Kommando von zwanzig Mann wurde losgeschickt, die sich um Ray Flowers kümmern sollten. Zwei Mann verweigerten den Befehl. Sie wurden auf der Stelle erschossen.

In der Stunde, die sie brauchten, um Springfield zu erreichen, nahm Ray Flowers Gespräche entgegen von: einem Arzt, der sagte, dass die Menschen wie die Fliegen wegstarben und die Regierung seines Erachtens dreist log, was den Impfstoff betraf; einer Krankenschwester, die bestätigte, daß aus den Krankenhäusern in Kansas City Leichen lastwagenweise weggeschafft wurden; einer Frau im Delirium, die behauptete, fliegende Untertassen aus dem Weltraum wären an allem schuld; einem Farmer, der sagte, daß eine Armeeeinheit südlich von Kansas City in der Nähe der Route 71 mit Schaufelbaggern einen verdammt langen Graben ausgehoben hätte; sechs oder sieben weiteren Anrufern, die ihre Geschichten erzählten. Dann wurde donnernd an die Studiotür gepocht. »Aufmachen!« schrie eine gedämpfte Stimme. »Im Namen der Vereinigten Staaten, aufmachen!«

Ray sah auf die Uhr. Viertel vor zwölf.

»Nun«, sagte er, »sieht so aus, als wären die Marines gelandet. Aber wir werden weitere Gespräche annehmen, nicht w...«

Dann rasselte ein Feuerstoß aus einem automatischen Gewehr, und der Griff der Studiotür polterte auf den Teppich. Blauer Rauch zog durch das gezackte Loch. Die Tür wurde nach innen aufgestoßen, und ein halbes Dutzend Soldaten mit Atemmasken und Kampfanzügen stürmten herein.

»Mehrere Soldaten sind soeben in das äußere Büro eingedrungen«, sagte Ray. »Sie sind schwerbewaffnet... sie sehen aus, als wollten sie wie vor fünfzig Jahren in Frankreich anfangen aufzuräumen. Abgesehen von den Atemmasken vor ihren Gesichtern...«

»Schluß jetzt!« schrie ein Mann mit Sergeantenstreifen an den Ärmeln. Er stand vor der verglasten Studiokabine und gestikulierte mit dem Gewehr.

»Ich denke nicht daran«, rief Ray zurück. Ihm war kalt, und als er die Zigarette aus dem Aschenbecher fischte, sah er, daß seine Hände zitterten.

»Dieser Sender hat eine Lizenz der Bundesmedienkommission FCC, und ich werde...«

»Ich setze Ihre Scheißlizenz außer Kraft! Und jetzt hören Sie auf!«

»Ich denke nicht daran«, sagte Ray noch einmal und nahm wieder das Mikrofon. »Meine Damen und Herren, man hat mir befohlen, den Sender KLFT abzuschalten, und ich habe diesen Befehl selbstverständlich nicht befolgt. Diese Männer benehmen sich wie Nazis, nicht wie amerikanische Soldaten. Ich werde nicht...«

»Letzte Chance!« Der Sergeant hob das Gewehr.

»Sergeant«, sagte einer der Soldaten an der Tür, »Sie können nicht einfach ...«

»Wenn der Mann noch ein Wort sagt, pusten wir ihn weg«, sagte der Sergeant.

»Ich glaube, sie werden mich erschießen«, sagte Ray Flowers, und im nächsten Augenblick splitterte das Glas der Studiokabine nach innen, und er sank über seinem Schaltpult zusammen. Von irgendwoher kam ein schreckliches Rückkoppelungspfeifen, das immer schriller wurde. Der Sergeant feuerte sein ganzes Magazin auf das Schaltpult ab, und die Rückkoppelung hörte auf. Die Kontrollampen der Konsole blinkten weiter.

»Okay«, sagte der Sergeant und drehte sich um. »Ich will um ein Uhr wieder in Carthage sein, und ich habe keine Lust...«

Drei seiner Männer eröffneten gleichzeitig das Feuer auf ihn, einer mit einem rückstoßfreien Gewehr, das siebzig Gasprojektile pro Sekunde abfeuerte. Der Sergeant begann einen zuckenden schlurfenden Todestanz und stürzte zwischen die zertrümmerten Reste der Kabinenscheibe. Ein Bein zuckte, und sein Kampfstiefel fegte Glassplitter aus dem Türrahmen.

Ein Gefreiter mit Pickeln im käsigen Gesicht brach in Tränen aus. Die anderen standen nur ungläubig staunend daneben. Korditgestank hing dicht und stechend in der Luft.

»Wir haben ihn abgeknallt!« schrie der Gefreite hysterisch. »Großer Gott, wir haben Sergeant Peters abgeknallt!«

Niemand antwortete. Ihre Gesichter waren immer noch starr und ungläubig, aber später sollten sie sich noch wünschen, sie hätten es früher getan. Das alles war ein tödliches Spiel, aber es war nicht ihr Spiel.

Das Telefon, das Ray Flowers kurz vor seinem Tod in die Verstärkergabel gehängt hatte, gab quäkende Geräusche von sich.

»Ray? Sind Sie da, Ray?« Die Stimme klang müde und näselnd.

»Ich höre immer Ihre Sendung, ich und mein Mann, und wir wollten Ihnen nur sagen, machen Sie weiter so und lassen Sie sich nicht einschüchtern. Okay, Ray? Ray?... Ray?...«


MITTEILUNG Z34 ZONE 2 GEHEIM VERNICHTEN

VON: LANDON ZONE 2 NEW YORK

AN: BEFEHLSHABER CREIGHTON

BETR: OPERATION KARNEVAL

ZUR LAGE: NEW YORKER ABSPERRUNG NOCH INTAKT BESEITIGUNG DER LEICHEN GEHT VORAN STADT RELATIV RUHIG

X COVER STORY WIRD SCHNELLER ALS ERWARTET ENTTARNT, ABER BISLANG KEINE REAKTIONEN DER BEVÖLKERUNG, MIT DENEN WIR NICHT FERTIGWERDEN WÜRDEN SUPERGRIPPE HÄLT DIE MEISTEN IN DEN HÄUSERN XX NEUESTE SCHÄTZUNG: 50% DER TRUPPE AN DEN BARRIKADEN AN ZUFAHRTS/AUSFAHRTSPUNKTEN [GEORGE WASHINGTON BRIDGE TRIBOROUGH BRIDGE BROOKLYN BRIDGE LINCOLN UND HOLLAND TUNNELS PLUS EINGESCHRÄNKTE ZUFAHRTSSTRASSEN IN DEN AUSSENBEZIRKEN] JETZT AN SUPERGRIPPE ERKRANKT DIE MEISTEN SOLDATEN NOCH AKTIVER PFLICHTERFÜLLUNG FÄHIG UND DIENSTBEREIT XXX DREI FEUER IN DER STADT AUSSER KONTROLLE HARLEM 5TH AVENUE SHEA STADIUM XXXX UNERLAUBTES ENTFERNEN VON DER TRUPPE ALLMÄHLICH GRÖSSERES PROBLEM DESERTEURE WERDEN JETZT STANDRECHTLICH ERSCHOSSEN XXXXX PERSÖNLICHER EINDRUCK: SITUATION IST IMMER NOCH KONTROLLIERBAR ABER ZUNEHMEND AUFLÖSUNGSERSCHEINUNGEN XXXXXX

ENDE KOMMUNIKATION LANDON ZONE 2 NEW YORK

In Boulder, Colorado, verbreitete sich das Gerücht, das Meteorologische US-Testzentrum wäre in Wirklichkeit eine Einrichtung zur Entwicklung biologischer Waffen. Ein Discjockey des UKW-Senders in Denver erwähnte das Gerücht im Delirium. Am Abend des 26. Juni gegen elf Uhr begann ein lemminggleicher Exodus aus Boulder. Aus Denver-Arvada wurde eine Kompanie Soldaten entsandt, um den Flüchtlingsstrom aufzuhalten, aber es war, als hätte man einen Mann mit einem Reisigbesen beauftragt, den Stall des Augias zu reinigen. Mehr als elftausend Zivilisten - krank, verängstigt und nur von dem Gedanken erfüllt, möglichst viele Meilen zwischen sich und das Meteorologische Testzentrum zu bringen - überrollten sie. Tausende weitere Einwohner Boulders flohen in andere Himmelsrichtungen.

Um Viertel nach elf erhellte am Broadway, wo das Meteorologische Testzentrum seinen Sitz hatte, eine donnernde Explosion die Nacht. Ein junger Radikaler namens Desmond Ramage hatte mehr als sechzehn Pfund Plastiksprengstoff, der ursprünglich für verschiedene Gerichts- und Parlamentsgebäude im Mittleren Westen bestimmt gewesen war, in der Lobby des MTZ deponiert. Der Sprengstoff war gut; der Zünder war schlecht. Ramage wurde zusammen mit allen möglichen harmlosen Geräten für meteorologische Forschung und Instrumenten, mit denen der genaue Grad der Luftverschmutzung ermittelt werden konnte, in die Luft gesprengt. Derweil ging der Exodus aus Boulder weiter.

MITTEILUNG 771 ZONE 6 GEHEIM VERNICHTEN

VON: GARETH ZONE 6 LITTLE ROCK

AN: BEFEHLSHABER CREIGHTON

BETR: OPERATION KARNEVAL

ZUR LAGE: BRODSKY NEUTRALISIERT WIEDERHOLE BRODSKY NEUTRALISIERT WURDE HIER IN EINEM KRANKENHAUS GEFUNDEN ANGEKLAGT UND ANSCHLIESSEND WEGEN HOCHVERRATS AN DEN VEREINIGTEN STAATEN HINGERICHTET VERSCHIEDENE BEHANDELTE HABEN VERSUCHT, SICH EINZUMISCHEN 14 ZIV ILISTEN ANGESCHOSSEN, 6 GETÖTET 3 MEINER MÄNNER VERWUNDET, KEINER ERNSTHAFT X STREITKRÄFTE ZONE 6 IN DIESEM GEBIET ARBEITEN NUR MIT 40% KAPAZITÄT SCHÄTZUNGSWEISE 25% DER NOCH DIENSTAKTIVEN AN SUPERGRIPPE ERKRANKT 15% DESERTIERT XX ERNSTHAFTESTER ZWISCHENFALL HINSICHTLICH KONTINGENTSPLAN F WIE FRANK XXX SERGEANT T. L. PETERS STATIONIERT CARTHAGE MO. BEI NOTEINSATZ SPRINGFIELD MO. OFFENBAR VON DEN EIGENEN MÄNNERN HINGERICHTET XXXX ANDERE ÄHNLICHE ZWISCHENFÄLLE MÖGLICH ABER NICHT BESTÄTIGT SITUATION GERÄT ZUSEHENDS AUSSER KONTROLLE XXXXX

ENDE KOMMUNIKATION GARETH ZONE 6 LITTLE ROCK



Als sich der Abend über den Himmel ausbreitete wie ein mit Äther betäubter Patient auf dem Operationstisch, gingen zweitausend Studenten der Kent State University in Ohio auf den Kriegspfad - mit Volldampf. Die zweitausend Aufständischen setzten sich aus Sommer-Erstsemesterstudenten zusammen, aus Teilnehmern eines Symposiums über die Zukunft des Collegejournalismus, einhundertundzwanzig Mitgliedern eines Theaterworkshops und zweihundert Angehörigen der Future Farmers of America, Sektion Ohio, deren Hauptversammlung zufällig mit dem von der Supergrippe entfachten Steppenbrand zusammenfiel. Sie alle waren seit dem 22. Juni, vor vier Tagen also, auf dem Campus eingepfercht. Nachfolgend die Niederschrift des Funkverkehrs über Polizeifunk in der Gegend im Zeitraum zwischen 7.16 und 7.26 Uhr.

»Einheit 16, Einheit 16, hört ihr mit? Ende.«

»Ja, hören mit, Einheit 20 Ende.«

»Äh, wir haben hier eine Horde Jugendlicher, die Richtung Einkaufszentrum kommen. Etwa siebzig Mann hoch, würde ich sagen, und... ah, aufpassen, Einheit 16, eine weitere Gruppe kommt aus der anderen Richtung... mein Gott, die scheint aus zweihundert Leuten oder mehr zu bestehen. Ende.«

»Einheit 20, hier Basis. Hören Sie mit? Ende.«

»Wir können Sie gut verstehen, Basis. Ende.«

»Ich schicke Chumm und Halliday rüber. Versperrt die Straße mit eurem Wagen. Sonst nichts unternehmen. Wenn sie über euch kommen, macht die Beine breit und genießt es. Kein Widerstand, verstanden? Ende.«

»Bestätige, kein Widerstand, Basis. Was machen die Soldaten an der Ostseite des Einkaufszentrums, Basis? Ende.«

»Was für Soldaten? Ende.«

»Das frage ich euch, Basis. Sie sind...«

»Basis, hier Dudley Chumm. Ach, Scheiße, hier Einheit 12. Tut mir leid, Basis. Eine Bande Jugendlicher kommt den Burrows Drive herunter. Schätzungsweise hundertfünfzig. Ziel Einkaufszentrum. Singen oder frohlocken oder so was. Aber Cap, mein Gott, wir sehen auch Soldaten. Ich glaube, sie tragen Gasmasken. Sie scheinen in Gefechtslinie zu gehen. Ende.«

»Basis an Einheit 12. Unterstützt Einheit 20 beim Einkaufszentrum. Dieselben Anweisungen. Kein Widerstand. Ende.«

»Verstanden, Basis. Bin schon unterwegs. Ende.«

»Basis, hier Einheit 17. Hier spricht Halliday, Basis. Hört ihr mit? Ende.«

»Ich höre mit, 17. Ende.«

»Ich bin hinter Chumm. Weitere zweihundert Jugendliche kommen aus Osten und Westen zum Zentrum. Sie haben Transparente, wie in den Sechzigern. Auf einem steht SOLDATEN, WERFT DIE WAFFEN WEG. Ich sehe ein anderes, darauf steht DIE WAHRHEIT, DIE GANZE WAHRHEIT UND NICHTS ALS DIE WAHRHEIT. Sie...«

»Mir ist scheißegal, was auf den Transparenten steht, Einheit 17. Gehen Sie mit Chumm und Peters hin und sperren Sie die Straße. Sieht nach einer Massenveranstaltung aus. Ende.«

»Verstanden. Ende und aus.«

»Hier spricht Campus-Sicherheitsbeauftragter Richard Burleigh, ich spreche zum Befehlshaber der Streitkräfte am Südrand des Campus. Wiederhole: Dies ist Campus-Sicherheitsbeauftragter Burleigh. Ich weiß, daß Sie unseren Funkverkehr überwachen, also ersparen Sie mir bitte das Flehen und Herummachen und melden Sie sich. Ende.«

»Hier spricht Oberst Albert Philips, US-Armee. Wir hören Sie, Chief Burleigh. Ende.«

»Basis, hier Einheit 16. Die Jugendlichen versammeln sich am Kriegerdenkmal. Sie scheinen gegen die Soldaten vorzugehen. Sieht übel aus. Ende.«

»Hier spricht Burleigh, Oberst Philips. Bitte bekunden Sie Ihre Absichten. Ende.«

»Meine Befehle lauten, die auf dem Campus Anwesenden dort festzuhalten. Ich habe nur die Absicht, diesen Befehl zu befolgen, nichts sonst. Wenn diese Bengel nur demonstrieren, passiert ihnen nichts. Wenn sie aber versuchen, vom Campus auszubrechen, geht es ihnen schlecht. Ende.«

»Sie meinen doch nicht...«

»Ich meine, was ich gesagt habe, Burleigh. Ende und aus.«

»Philips! Philips! Antworten Sie mir, verdammt! Das da draußen sind keine kommunistischen Guerillas! Es sind Jugendliche!

Amerikanische Jugendliche! Sie sind unbewaffnet. Sie...«

»Einheit 13 an Basis. Äh, diese Jugendlichen marschieren direkt auf die Soldaten zu, Cap. Sie winken mit den Spruchbändern. Singen dieses Lied. Das von dieser Fotze Baez, von wegen >overcome< und so. Ach du Scheiße, ich glaube, ein paar werfen Steine. Sie... O

Gott! O mein Gott! Das können die doch nicht machen!«

»Basis an Einheit 13! Was ist da draußen los? Was passiert?«

»Hier ist Chumm, Dick. Ich will Ihnen sagen, was passiert. Ein Gemetzel. Ich wünschte, ich wäre blind. Diese Drecksäcke! Sie... äh, sie mähen die Kids einfach um. Mit Maschinengewehren, wie es aussieht. Soweit ich das sagen kann, erfolgte keine Warnung. Diejenigen, die noch stehen, äh, fliehen in alle Himmelsrichtungen. O nein, nein, nein! Ich habe gerade gesehen, wie ein Mädchen von MG-Feuer in zwei Teile zerschnitten wurde! Blut... es müssen siebzig, achtzig Jugendliche da draußen auf dem Gras liegen. Sie...«

»Chumm! Kommen! Kommen, Einheit 12!«

»Basis, hier Einheit 17. Hören Sie mich? Ende.«

»Verdammt, ja, ich höre Sie, aber wo ist der beschissene Chumm? Ende, verdammt noch mal

»Chumm... und Halliday, glaube ich... sind aus den Autos ausgestiegen, damit sie besser sehen können. Wir kommen zurück, Dick. Es sieht jetzt so aus, als würden sich die Soldaten gegenseitig erschießen. Ich weiß nicht, wer gewinnt, und es ist mir auch gleich, denn wahrscheinlich werden sie sich anschließend über uns hermachen. Wenn unsere Leute, die zurückkehren können, tatsächlich zurückkehren, sollten wir uns meiner Meinung nach im Keller einschließen und abwarten, bis die Verrückten hier ihre Munition verschossen haben. Ende.«

»Ihr könnt doch nicht...«

»Die Schießerei hält immer noch an, Dick. Kein Witz. Ende, aus.«

Fast während der gesamten oben wiedergegebenen Unterhaltung kann der Zuhörer im Hintergrund leise knallende Laute hören, so ähnlich wie Kastanien in einem heißen Feuer. Man kann auch leise Schreie hören... und, während der letzten vierzig Sekunden oder so, das dumpfe, schwere Poltern von detonierenden Mörsergranaten.




Nachfolgend die Niederschrift eines Gesprächs, geführt auf speziellem Hochfrequenzfunkband in Südkalifornien. Die Niederschrift umfaßt den Zeitraum zwischen 7.17 und 7.20 Uhr PST.

»Massingill, Zone 10. Sind Sie da, Basis Blau? Diese Nachricht hat Kode Annie Oakley, Priorität-plus-10. Kommen, wenn Sie uns hören. Ende.«

»Hier spricht Len, David. Ich glaube, wir können auf den Jargon verzichten. Es hört eh niemand mit.«

»Es ist außer Kontrolle, Len. Alles. L.A. geht in Flammen auf. Die ganze Scheißstadt und alles drum rum. Meine Männer sind entweder krank oder rebellieren oder sind desertiert oder plündern zusammen mit der verdammten Zivilbevölkerung. Ich bin im Skylight Room der Bank of America, Hauptgebäude. Unten wollen mehr als sechshundert Leute herein und mir an den Kragen. Die meisten sind Soldaten.«

»Alles fällt auseinander. Das Zentrum hält nicht fest.«

»Bitte wiederholen. Habe nicht verstanden.«

»Macht nichts. Können Sie raus?«

»Nein! Aber ich werde dem ersten Abschaum, der reinkommt, eine Lektion erteilen. Ich habe ein rückstoßfreies Gewehr! Dreckiger Abschaum!«

»Viel Glück, David.«

»Ihnen auch. Halten Sie die Stellung, solange Sie können.«

»Werd's versuchen.«

»Ich bin nicht sicher...«

An diesem Punkt endet die verbale Kommunikation. Man hört einen splitternden, krachenden Laut, das Kreischen von Metall, Klirren berstenden Glases. Viele Stimmen, die durcheinanderschreien. Handfeuerwaffen, dann sehr nahe am Funkgerät, so nahe, daß es stört, die donnernden Explosionen eines rückstoßfreien Gewehrs. Die schreienden, gellenden Stimmen kommen näher. Man hört das Heulen eines Querschlägers, einen Schrei dicht am Funkgerät, ein Poltern, dann Stille.




Nachfolgend die Niederschrift des Funkverkehrs auf der regulären Armeefrequenz in San Francisco. Der Zeitraum der Niederschrift liegt zwischen 7.28 und 7.30 Uhr PST.

»Soldaten und Brüder! Wir haben die Funkzentrale und das HQ des Befehlshabers eingenommen! Eure Unterdrücker sind tot! Ich, Bruder Zeno, vor wenigen Minuten noch Sergeant First Class Robert Gibbs, erkläre mich hiermit zum ersten Präsidenten der unabhängigen Republik Nordkalifornien! Wir haben die Macht! Wir haben die Macht! Wenn die Offiziere im Feld versuchen, sich meinen Befehlen zu widersetzen, erschießt sie wie streunende Köter! Wie Hunde! Wie Hündinnen, an deren Fell die Scheiße trocknet! Schreibt Name, Dienstgrad und Dienstnummer von Deserteuren auf! Meldet alle, die sich verräterisch gegen die Republik Nordkalifornien äußern!

Ein neuer Tag bricht an! Die Tage der Unterdrücker sind gezählt! Wir haben...«

Knattern von Maschinengewehrfeuer. Schreie. Poltern und Prasseln. Pistolenschüsse, neuerliche Schreie, eine gedehnte Maschinengewehrsalve. Ein langer Sterbeseufzer. Drei Sekunden Stille.

»Hier spricht Major Alfred Nunn, Armee der Vereinigten Staaten. Ich übernehme den provisorischen und vorübergehenden Oberbefehl über die Truppen der Vereinigten Staaten in der Region San Francisco. Die Handvoll Verräter in diesem HQ wurden liquidiert. Ich habe den Oberbefehl, wiederhole, ich habe den Oberbefehl. Die Operation wird fortgesetzt. Bei Deserteuren und Verrätern weiter vorgehen wie gehabt: äußerste Vorsicht, wiederhole, äußerste Vorsicht. Ich bin jetzt...«

Erneutes Gewehrfeuer. Ein Schrei.

Hintergrund: »...sie alle! Schnappt sie euch alle! Tod den Kriegshetzern ...«

Anhaltendes Gewehrfeuer. Dann Funkstille.




Um 9.16 Eastern Standard Time schalteten diejenigen im Gebiet Portland, Maine, die noch so gesund waren, daß sie fernsehen konnten, den Sender WGAN-TV ein und sahen voll betäubtem Entsetzen zu, wie ein hünenhafter Neger, der abgesehen von einem rosa Lendenschurz und der Mütze eines Offiziers der Marines nackt war und offensichtlich krank, eine Serie von zweiundsechzig öffentlichen Hinrichtungen durchführte.

Seine Kollegen, ebenfalls schwarz, ebenfalls so gut wie nackt, trugen allesamt Lendenschurze und irgendein Abzeichen, das zeigte, dass sie einmal Armeeangehörige gewesen waren. Sie waren mit automatischen und halbautomatischen Waffen ausgerüstet. In dem Teil, wo das Studiopublikum früher Diskussionen von Lokalpolitikern oder Dialing for Dollars angesehen hatte, hielten weitere Mitglieder dieser schwarzen »Junta« mit Gewehren und Handfeuerwaffen etwa zweihundert in Khaki gekleidete Soldaten in Schach. Der hünenhafte Farbige, der ständig grinste und dabei erstaunlich gleichmäßige weiße Zähne in dem kohlrabenschwarzen Gesicht zeigte, hielt eine automatische Pistole Kaliber 45 in der Hand und stand neben einer großen Glastrommel. In einer Zeit, die bereits längst vergangen schien, hatte diese Trommel Schnipsel zerschnittener Telefonbücher für die Sendung Dialing for Dollars enthalten.

Jetzt drehte er die Trommel, zog einen Führerschein heraus und rief:

»Gefreiter Franklin Stern, bitte in die Mitte vortreten.«

Die bewaffneten Männer, die das Publikum von allen Seiten flankierten, bückten sich und lasen Namensschilder, während ein Kameramann, der offensichtlich neu im Geschäft war, verwackelte, zuckende Aufnahmen der Zuschauer präsentierte.

Schließlich wurde ein Mann mit blonden Haaren, kaum älter als neunzehn, unter Schreien und Gegenwehr auf die Füße gezogen und in den Bühnenbereich geführt. Zwei Farbige zwangen ihn auf die Knie.

Der Neger grinste, nieste, spuckte Schleim und legte dem Gefreiten Stern die Fünfundvierziger an die Schläfe.

»Nein!« schrie Stern hysterisch. »Ich komme mit euch, ich schwöre es bei Gott! Ich...«

»Imnamendesvatersunddessohnesunddesheiligengeistes«, intonierte der Neger grinsend und drückte ab. Hinter der Stelle, wo der Gefreite Stern auf die Knie gezwungen worden war, befand sich ein gewaltiger Klecks Blut und Gehirn. Und nun setzte der Farbige noch seinen eigenen Beitrag darauf.

Pflatsch.

Der Neger nieste erneut und kippte beinahe um. Ein anderer Schwarzer im Regieraum (er trug eine grüne Freizeitmütze mit langem Schild und makellos weiße Unterhosen) drückte auf den APPLAUS-Knopf, und das Zeichen leuchtete vor dem Studiopublikum auf. Die Schwarzen, die Publikum/Gefangene bewachten, hoben drohend die Gewehre, und die festgehaltenen weißen Soldaten, auf deren Gesichtern Schweiß und Entsetzen glitzerten, applaudierten wie von Sinnen.

»Der nächste!« verkündete der Neger mit Lendenschurz heiser und griff wieder in die Trommel. Er betrachtete den Papierschnipsel und verkündete: »Master Tech Sergeant Roger Petersen, bitte in die Mitte vortreten!«

Ein Mann im Publikum fing an zu heulen und versuchte einen vergeblichen Ausfall Richtung Studiotür. Sekunden später war er auf der Bühne. In der allgemeinen Verwirrung versuchte einer der Männer, das an seinem Hemd festgesteckte Namensschild zu entfernen. Ein Schuß ertönte, und der Mann sackte auf seinem Stuhl zusammen; seine Augen waren glasig, als hätte der schlechte Schuss ihn so gelangweilt, daß er in ein todesgleiches Dösen verfallen war. Dieses Schauspiel ging weiter bis fast Viertel vor elf, als vier Schwadronen regulärer Armeeinheiten mit Atemmasken und Maschinenpistolen ins Studio eindrangen. Die beiden sterbenden Gruppen von Soldaten stürzten sich sofort ins Gefecht. Der schwarze Mann mit dem Lendenschurz fiel fast auf der Stelle; obwohl vom Kugelhagel durchbohrt, schwitzte und fluchte er und feuerte mit seiner automatischen Pistole irre in den Boden. Der Renegat, der Kamera 2 bedient hatte, bekam einen Bauchschuß ab, und als er sich vornüber bückte, um seine herausquellenden Eingeweide festzuhalten, machte die Kamera eine langsame Drehung und zeigte den Zuschauern ein behäbiges Panorama der Hölle. Die halbnackten Wachen erwiderten das Feuer, während die Soldaten mit Atemschutzgeräten gleichgültig ins gesamte Zuschauerfeld schössen. Die unbewaffneten Soldaten in der Mitte mußten feststellen, daß sie nicht gerettet, sondern ihre Hinrichtungen lediglich beschleunigt worden waren.

Ein junger Mann mit karottenfarbigem Haar und einem verzerrten, panischen Gesichtsausdruck kletterte über die Lehnen von sechs Stuhlreihen wie ein Zirkuskünstler auf Stelzen, bevor seine Beine von Kugeln Kaliber 45 abgesägt wurden. Andere krochen auf dem Teppichboden der Gänge, die Nasen an den Boden gepreßt, und duckten sich unter dem MG-Feuer, wie man es ihnen in der Grundausbildung beigebracht hatte. Ein alternder Sergeant mit grauem Haar stand mit ausgebreiteten Armen auf, wie ein Quizmaster, und schrie aus vollen Lungen: »STOOOOOOOP!«

Heftiges Feuer von beiden Seiten wurde auf ihn eröffnet, und er begann einen Jig-Tanz wie eine auseinanderfallende Puppe. Das Brüllen der Gewehre und die Schreie der Sterbenden und Verwundeten jagte die Audionadel der Studioanzeigen auf +50 dB hoch.

Der Kameramann fiel nach vorne über den Griff der Kamerabedienung, so daß die Zuschauer nicht den Rest des Gemetzels, sondern gnädigerweise nur die Studiodecke zu sehen bekamen. Innerhalb von fünf Minuten wurde das konstante Gewehrfeuer zu vereinzelten Explosionen. Dann Stille. Nur die Schreie hielten an. Fünf Minuten nach elf wurde die Studiodecke vom gezeichneten Bild eines Mannes ersetzt, der einen Fernseher anstarrte. Auf dem Fernsehschirm stand zu lesen: BITTE ENTSCHULDIGEN SIE, WIR HABEN PROBLEME!

Als sich der Abend dem Ende zuneigte, traf das auf fast alle zu.


In Des Moines fuhr um 23.30 CST ein alter Buick, der mit religiösen Stickern vollgeklebt war - darunter HUPEN SIE, WENN SIE JESUS LIEBEN -, unablässig durch die verlassenen Straßen der Innenstadt. An diesem Tag hatte in Des Moines ein Feuer gewütet, das die Südseite der Hüll Avenue und das Grandview Junior College verwüstete; später kam es zu einem Aufstand, in dessen Verlauf der größte Teil der Innenstadt in Trümmer gelegt worden war. Nach Sonnenuntergang waren die Straßen von einer unablässig kreisenden Menge erfüllt gewesen, die meisten unter fünfundzwanzig, viele davon auf Choppern. Sie hatten Schaufenster eingeworfen, Fernseher gestohlen und an verwaisten Tankstellen getankt, während sie nach Leuten mit Gewehren Ausschau gehalten hatten. Jetzt waren die Straßen verlassen. Ein paar - vorwiegend Motorradfahrer - ließen den verbleibenden Dampf auf den Interstate 80 ab. Aber die meisten hatten sich in Häuser verkrochen und die Türen abgeschlossen; sie waren entweder an der Supergrippe erkrankt oder litten Todesangst davor, während sich die Nacht über das flache grüne Land senkte. Jetzt sah Des Moines aus wie die Kulisse nach einer gigantischen Sylvesterfeier, nachdem die letzten betrunkenen Besucher zu Bett gegangen sind. Die Reifen des Buick flüsterten und knirschten über die Glasscherben auf der Straße, während er von der 14ten nach Westen in die Euclid Avenue abbog und dabei an zwei Autos vorbeikam, die frontal zusammengestoßen waren und nun mit ineinander verhakten Stoßstangen auf den Seiten lagen wie ein Liebespaar nach erfolgreichem Doppelselbstmord. Auf dem Dach des Buick war ein Lautsprecher, und dieser gab nun verstärkte Brumm- und Piepstöne von sich, gefolgt vom Kratzen der Anfangsrille einer alten Schallplatte, wenig später dröhnte die liebliche Stimme von Mother Maybelle Carter, die Keep on the Sunny Side sang, durch die geisterhaften, verlassenen Straßen von Des Meines.

»Keep on the sunny side,


Always on the sunny side,


Keep on the sunny side of life,


Though your Problems may be many


It will seem you don't have any


If you keep on the sunny side of life...«

Der alte Buick fuhr unbeirrt weiter, fuhr Achten, Schleifen, und manchmal umkreiste er denselben Block drei-bis viermal. Wenn er über den Bordstein fuhr (oder einen Toten) hüpfte die Nadel des Plattenspielers.

Zwanzig Minuten vor Mitternacht fuhr der Buick an den Bordstein und verharrte im Leerlauf. Dann setzte er sich wieder in Bewegung. Aus dem Lautsprecher dröhnte Elvis Presley mit The Old Rugged Cross, und der Nachtwind wehte durch die Bäume und wirbelte ein letztes Rauchwölkchen aus den schwelenden Ruinen des Junior College auf.




Aus der Rede des Präsidenten, gehalten um 21.00 Uhr EST, in den meisten Gegenden nicht empfangen.

».. eine große Nation wie diese tun muß. Wir können es uns nicht leisten, wie kleine Kinder in einem dunklen Zimmer vor jedem Schatten zu erschrecken; aber wir können es uns auch nicht leisten, diesen schweren Ausbruch von Influenza auf die leichte Schulter zu nehmen. Meine amerikanischen Mitbürger, ich bitte Sie, zu Hause zu bleiben. Wenn Sie sich krank fühlen, bleiben Sie im Bett, nehmen Sie Aspirin und trinken Sie viel klare Flüssigkeiten. Vertrauen Sie darauf, daß es Ihnen in höchstens einer Woche wieder bessergehen wird. Lassen Sie mich wiederholen, was ich am Anfang meiner Ansprache heute abend zu Ihnen gesagt habe: Die Gerüchte, wonach diese Abart der Grippe tödlich ist, sind völlig - ich wiederhole: völlig - aus der Luft gegriffen. In der Mehrzahl aller Fälle kann der Erkrankte davon ausgehen, daß es ihm nach einer Woche wieder bessergeht. Des weiteren...«

[ein Hustenanfall]

»Des weiteren wurden von gewissen radikalen, gesellschaftsfeindlichen Gruppen böswillige Gerüchte in Umlauf gebracht, wonach diese Grippeart von der Regierung als biologischer Kampfstoff gezüchtet worden ist. Meine amerikanischen Mitbürger, das sind dreiste Lügen, und als solche möchte ich sie hier und jetzt bloßstellen. Dieses Land hat die revidierte Genfer Konvention über Giftgas, Nervengas und bakterielle Kriegführung guten Gewissens und guten Glaubens unterschrieben. Die Regierung hat jetzt nicht und hat niemals...«

[ein Niesanfall]

»... niemals die Erforschung und Herstellung von Substanzen angeordnet, die den Bestimmungen der Genfer Konventionen zuwiderlaufen. Es handelt sich um eine mittelschwere Grippeepidemie, nicht mehr und nicht weniger. Heute abend erreichen uns Meldungen über Ausbrüche ähnlicher Epidemien in anderen Ländern, darunter der Sowjetunion und der Volksrepublik China. Wir bitten Sie daher...«

[Husten- und Niesanfälle]

»... sich ruhig zu verhalten, und weisen darauf hin, daß Ende dieser oder Anfang der nächsten Woche ein Grippeimpfstoff für alle zur Verfügung stehen wird, die noch nicht wieder übern Berg sind. In verschiedenen Gebieten wurde die Nationalgarde eingesetzt, um die Bevölkerung vor Räubern, Plünderern und Panikmachern zu beschützen, aber es trifft in keiner Weise zu, daß verschiedene Städte von regulären Armeeinheiten >besetzt< und die Nachrichten zensiert wurden. Meine amerikanischen Mitbürger, das sind dreiste Lügen, und als solche möchte ich sie hier und jetzt...«




Graffiti, mit roter Sprühfarbe an die Mauer der First Baptist Church of Atlanta geschrieben:

»Lieber Heiland. Wir sehen uns bald. Dein Freund Amerika. PS: Ich hoffe, Du hast bis Ende der Woche noch Zimmer frei.«

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