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Der Sterbende öffnete sein Permacover-Notizbuch, entfernte die Kappe von seinem Füller, überlegte eine Weile und fing dann an zu schreiben.

Es war seltsam; wo früher die Feder über das Papier geglitten war und wie in einem magischen Prozeß das Blatt mit Zeilen gefüllt hatte, kamen die Worte jetzt nur schleppend und ungelenk, die Buchstaben groß und unregelmäßig, als würde eine private Zeitmaschine ihn in seine ersten Schultage zurückversetzen.

Damals hatten seine Eltern noch ein wenig Liebe für ihn übrig gehabt. Amy war noch nicht erblüht, und seine Zukunft als der erstaunliche fette und-möglicherweise-homosexuelle Junge aus Ogunquit war noch nicht beschlossen. Er erinnerte sich noch genau daran, wie er damals mit einem Glas Cola neben sich am sonnigen Eßtisch gesessen und Wort für Wort ein Tom-Swift-Buch in ein Schreibheft Marke Blue Horse - billiges Papier, blaue Linien - abgeschrieben hatte. Er konnte die Worte seiner Mutter aus dem Wohnzimmer hören. Manchmal sprach sie ins Telefon, manchmal mit einer Nachbarin.

Es ist nur Babyspeck, sagt der Arzt. Gott sei Dank hat er nichts mit den Drüsen. Und er ist so klug!

Buchstabe für Buchstabe sah er die Worte entstehen. Wort für Wort die Sätze. Absätze, jeder ein Stein in dem großen gemauerten Bollwerk, das man Sprache nennt.

»Dies ist meine größte Erfindung«, sagte Tom energisch. »Gebt acht, was passiert, wenn ich die Platte herausziehe, aber um Gottes willen, schützt eure Augen!«

Die Mauersteine der Sprache. Ein Stein, ein Blatt, eine Tür, die man nicht findet. Worte. Worte. Magie. Leben und Unsterblichkeit. Macht.

Ich weiß nicht, woher er es hat, Rita. Vielleicht von seinem Großvater. Der war Priester, und es heißt, daß er die wunderbarsten Predigten gehalten hat...

Er beobachtete, wie die Buchstaben mit der Zeit besser wurden. Beobachtete, wie sie sich zusammenfügten, keine Druckschrift mehr, sondern Schreibschrift. Er trug Gedanken und Handlungen zusammen. Schließlich war die Welt nichts anderes als Gedanken und Handlungen. Er hatte schließlich eine Schreibmaschine bekommen (und mittlerweile war nicht mehr viel anderes für ihn übrig; Amy war an der High School, National Honor Society, Cheerleader, Laienschauspielgruppe, Diskussionsrunde, lauter Einsen, die Zahnspangen waren abgenommen worden, und ihre allerbeste Freundin auf der Welt war Frannie Goldsmith... und der Babyspeck ihres Bruders war noch nicht weg, obwohl dieser Bruder schon dreizehn Jahre alt war; und er fing an, große Worte zur Verteidigung zu gebrauchen, und ihm war mit allmählich aufkeimendem Entsetzen klargeworden, was das Leben wirklich war: ein einziger großer Kochtopf von Heiden', in dem er als einziger Missionar steckte und langsam gesotten wurde). Die Schreibmaschine setzte das übrige, das not tat, für ihn frei. Zuerst langsam, so langsam, und die ständigen Tippfehler waren unglaublich frustrierend. Es war, als würde sich die Maschine bewußt - und heimtückisch - seinem Willen widersetzen. Aber als er besser damit umgehen konnte, begriff er allmählich, was die Maschine wirklich war - eine Art magisches Stromkabel zwischen seinem Gehirn und der leeren Seite, die er zu erobern trachtete. Zur Zeit der Supergrippe konnte er mehr als hundert Worte pro Minute tippen, und damit konnte er endlich mit seinen rasenden Gedanken Schritt halten und alle einfangen. Aber er hatte nie völlig aufgegeben, mit der Hand zu schreiben, weil er wußte, daß Moby Dick mit der Hand geschrieben worden war, und Der scharlachrote Buchstabe und Das verlorene Paradies.

Die Art zu schreiben, die Frannie in seinem Hauptbuch gesehen hatte, hatte er in jahrelanger Übung entwickelt - keine Abschnitte, keine Absätze, keine Pause für das Auge. Es war Arbeit - gräßliche Arbeit, die die Hände verkrampfte -, aber es war eine heißgeliebte Arbeit. Er benützte die Schreibmaschine gern und bereitwillig, aber für seine Sternstunden behielt er sich stets die Handschrift vor. Und jetzt würde er den letzten Rest von sich selbst auf eben diese Weise zu Papier bringen.

Er sah auf und erblickte Bussarde, die am Himmel kreisten, wie in einer Samstagsmatinee in einem Film mit Randolph Scott oder einem Roman von Max Brand. Er stellte sich vor, wie es in einem Roman beschrieben sein würde: Harold sah die Bussarde wartend am Himmel kreisen. Er betrachtete sie einen Augenblick gelassen, dann beugte er sich wieder über sein Tagebuch.

Er beugte sich wieder über sein Tagebuch.

Am Ende mußte er wieder zu den krakeligen Buchstaben zurückkehren, dem Besten, was seine zitternde Motorik am Anfang zustande gebracht hatte. Er mußte schmerzlich an die sonnige Küche denken, das kalte Glas Cola, das alte und stockfleckige TomSwift-Buch. Und jetzt endlich, dachte er (und schrieb er), würde er seinen Vater und seine Mutter glücklich machen. Er hatte den Babyspeck verloren. Und obwohl er rein technisch gesehen immer noch Jungfrau war, war er todsicher, daß er kein Homosexueller war. Er machte den Mund auf und krächzte: »Der totale Gipfel, Ma.«

Er hatte die Seite halb vollgeschrieben. Er betrachtete zuerst das Geschriebene, dann sein Bein, das verbogen und gebrochen war. Gebrochen? Ein zu mildes Wort. Es war zerschmettert. Er saß jetzt schon fünf Tage lang im Schatten dieses Felsens. Er hatte nichts mehr zu essen. Er wäre schon gestern oder vorgestern verdurstet, wenn es nicht zweimal stark geregnet hätte. Sein Bein eiterte. Es hatte einen grünen, gasigen Geruch, und das Fleisch war so geschwollen, daß der Khakistoff seiner Hose sich straffte, und das Hosenbein wie eine Wursthülle aussah. Nadine war lange fort. Harold nahm die Pistole, die neben ihm lag, und überprüfte die Ladung. Heute hatte er sie hundertmal überprüft. Während der Regenschauer hatte er sorgfältig darauf geachtet, daß die Waffe nicht naß wurde. Er hatte noch drei Kugeln. Die ersten beiden hatte er auf Nadine abgefeuert, als sie zu ihm hinuntergeschaut und ihm gesagt hatte, daß sie ihn hier zurücklassen würde. Sie waren um eine Haarnadelkurve gefahren, Nadine auf der Innen- und er mit seiner Triumph auf der Außenseite. Sie waren auf dem Colorado West Slope, etwa siebzig Meilen von der Grenze nach Utah entfernt. Am äußersten Rand der Kurve war eine Ölspur gewesen, und in den Tagen danach hatte Harold oft über diese Ölspur nachgedacht. Es kam ihm zu perfekt vor. Eine Ölspur wovon? Gewiß war seit mindestens zwei Monaten hier oben niemand mehr vorbeigekommen. Genügend Zeit für eine Ölspur zu trocknen. Es war, als hätte sein rotes Auge sie beobachtet und den richtigen Moment abgepaßt, um Harold mit Hilfe einer Ölspur aus dem Verkehr zu ziehen. Ihn mit Nadine bis in die Berge zu lassen, falls es Ärger gab, und dann auszuschalten. Harold hatte, wie man so schön sagt, seine Schuldigkeit getan.

Die Triumph war gegen die Leitplanke geschlittert, Harold in hohem Bogen den Abhang hinuntergeschleudert worden. Er hatte einen grauenhaften Schmerz im rechten Bein gespürt. Er hatte das nasse Knacken gehört, als es brach. Er schrie. Der steinige Hang kam auf ihn zu, der Hang, der ekelhaft steil abfiel und in einer Schlucht endete.

Er schlug auf den Boden auf, wurde in die Luft geschleudert und landete wieder auf dem rechten Bein, schrie wieder und hörte es wieder brechen, diesmal an einer anderen Stelle, flog noch einmal in die Luft und rollte gegen einen vielleicht vor Jahren bei einem Gewitter umgestürzten Baum. Wenn dieser nicht dort gelegen hätte, wäre er ganz in die Schlucht gestürzt, und statt der Bussarde hätten die Bergforellen sich an ihm gütlich tun können.

Er wunderte sich immer noch über seine ungelenke Kinderschrift, als er in sein Notizbuch schrieb: lch mache Nadine keine Vorwürfe. Das stimmte. Aber damals hatte er ihr Vorwürfe gemacht.

Erschrocken und mit rasend schmerzendem rechten Bein war er ein Stück den Hang hinaufgekrochen. Hoch oben sah er Nadine, die über die Leitplanke blickte. Ihr Gesicht war weiß und winzig, das Gesicht einer Puppe.

»Nadine!« rief er. Seine Stimme war ein hartes Krächzen. »Das Seil!

Es ist in der linken Satteltasche!«

Sie sah nur zu ihm hinunter. Er glaubte schon, daß sie ihn nicht gehört hatte, und wollte seine Worte gerade wiederholen, als er sah, wie sie den Kopf nach links, nach rechts und wieder nach links bewegte. Ganz langsam. Sie schüttelte den Kopf.

»Nadine! Ich komme ohne Seil nicht wieder nach oben! Mein Bein ist gebrochen!«

Sie antwortete nicht. Sie schaute nur zu ihm hinunter. Sie schüttelte nicht einmal mehr den Kopf. Er hatte das Gefühl, in einer tiefen Grube zu sitzen, in die sie vom Rand aus hinuntersah.

»Nadine, wirf mir das Seil runter!«

Wieder das langsame Kopfschütteln, wie die Tür einer Gruft, die vor einem Mann zufiel, welcher nicht tot war, sondern nur im Griff einer schrecklichen Katalepsie.

»NADINE! UM GOTTES WILLEN! NADINE!«

Endlich drang ihre Stimme zu ihm herunter, leise, aber in der Stille der Berge deutlich zu verstehen. »Es war alles so geplant, Harold. Ich muß weiter. Es tut mir sehr leid.«

Aber sie ging noch nicht; sie blieb an der Leitplanke stehen und beobachtete ihn, wo er lag, ungefähr sechzig Meter tiefer. Schon waren die Fliegen da, die emsig sein Blut auf den zahlreichen Steinen kosteten, wo er aufgeschlagen war und Teile seiner selbst abgeschürft hatte.

Harold versuchte, den Hang hinaufzukriechen, wobei er sein zertrümmertes Bein hinter sich herschleifte. Zuerst empfand er keinen Haß und kein Bedürfnis, ihr eine Kugel zu verpassen. Aber es schien ihm wichtig, ihren Gesichtsausdruck zu sehen. Es war kurz nach Mittag. Es war heiß. Schweiß lief ihm über das Gesicht und tropfte auf die scharfen Steine und Felsbrocken, über die er kletterte. Er bewegte sich mit Hilfe der Ellenbogen und stiess sich mit dem linken Fuß ab, wie ein verkrüppeltes Insekt. Sein Atem feilte im Hals wie eine heiße Raspel. Er wußte nicht, wie lange es dauerte, aber ein- oder zweimal stieß er mit dem verletzten Bein gegen einen Stein, und die unerträglichen Schmerzen machten ihn fast bewußtlos. Mehrere Male war er zurückgerutscht und hatte hilflos gestöhnt.

Zuletzt wurde ihm dumpf bewußt, daß er nicht mehr weiter konnte. Die Schatten hatten sich verändert. Drei Stunden waren vergangen. Er wußte nicht mehr, wann er zuletzt zur Leitplanke und zur Straße hinaufgeschaut hatte, aber eine Stunde war es bestimmt her. In seiner Qual hatte er sich ganz auf den Aufstieg konzentriert. Nadine war wahrscheinlich schon längst gegangen.

Aber sie war immer noch da, und obwohl er nur sieben oder acht Meter geschafft hatte, konnte er ihre Miene grausam deutlich erkennen. In ihrem Blick lag ein Ausdruck von Trauer, aber ihr leerer Blick war in die Ferne gerichtet.

Ihr Blick galt ihm.

Da fing er an, sie zu hassen und griff nach seinem Schulterhalfter. Der Colt war noch da; er war während des Sturzes von dem über den Griff geknöpften Riemen festgehalten worden. Er knöpfte den Riemen ab, wobei er den Oberkörper beugte, damit sie es nicht sah.

»Nadine...«

»Es ist besser so, Harold. Besser für dich, denn seine Methode wäre viel schlimmer. Das siehst du doch ein, nicht wahr? Du willst ihm bestimmt nicht Auge in Auge gegenüberstehen, Harold? Er meint, daß jemand, der eine Seite verrät, wahrscheinlich auch die andere verraten wird. Er würde dich töten, aber vorher würde er dich in den Wahnsinn treiben. Er hat diese Fähigkeit. Er hat mich vor die Wahl gestellt. So - oder auf seine Weise. Ich habe mich hierfür entschieden. Du kannst schnell ein Ende machen, wenn du den Mut hast. Du weißt, was ich meine.«

Er prüfte die Pistole zum ersten von hundert (möglicherweise tausend) Malen, wobei er sie im Schatten seines verrenkten Ellbogens hielt.

»Was ist mit dir?« rief er hinauf. »Bist du nicht auch eine Verräterin?«

Ihre Stimme klang traurig. »Im Herzen habe ich ihn nie verraten.«

»Ich glaube, genau da hast du ihn verraten«, rief Harold zu ihr hinauf. Er versuchte, eine ehrliche Miene aufzusetzen, aber in Wirklichkeit schätzte er nur die Entfernung. Er würde höchstens zwei Schüsse abgeben können. Und eine Pistole war eine notorisch unzuverlässige Waffe. »Und ich glaube, er weiß es auch.«

»Er braucht mich«, sagte sie, »und ich brauche ihn. Du hattest damit nie etwas zu tun, Harold. Und wenn wir zusammen weitergefahren wären, hätte ich dich vielleicht... vielleicht etwas machen lassen. Diese bewußte Kleinigkeit. Und das hätte alles zerstört. Das konnte ich nach all den Opfern, dem Blut und den Scheußlichkeiten einfach nicht riskieren. Wir haben gemeinsam unsere Seelen verkauft, Harold, aber von mir ist noch genug übrig, daß ich für meine den vollen Preis will.«

»Ich gebe dir den vollen Preis«, sagte Harold und schaffte es, auf die Knie zu kommen. Die Sonne blendete. Schwindel packte ihn mit grober Faust und brachte seinen Gleichgewichtssinn durcheinander. Ihm war, als hörte er Stimmen - eine Stimme - überrascht und brüllend protestieren. Er drückte ab. Der Schuß hallte krachend und donnernd von Felsen zu Felsen wider, bis er verstummte. Nadines überraschter Gesichtsausdruck war fast komisch.

In einer Art trunkenem Triumph dachte Harold: Sie hat nicht gedacht, daß ich es fertigbringe! Ihr Mund war ein erschrockenes, überraschtes O. Ihre Augen waren aufgerissen. Die Finger ihrer Hand verkrampften sich und flogen hoch, als ob sie im Begriff wäre, eine abnormale Melodie auf dem Klavier zu spielen. Der Augenblick war so köstlich, daß er ihn eine oder zwei Sekunden zu lange genoss und nicht merkte, daß er sie verfehlt hatte. Als es ihm klar wurde, legte er wieder an, versuchte zu zielen und umklammerte das rechte Handgelenk mit der linken Hand.

»Harold! Nein! Das kannst du nicht tun!«

Nicht? Es ist eine Kleinigkeit, eine Pistole abzudrücken. Klar kann ich es.

Sie schien sich vor Entsetzen nicht bewegen zu können, und als er ihren Hals genau vor der Kimme der Pistole hatte, verspürte er die plötzliche kalte Gewißheit, daß es so vorbestimmt war - das Ende als kurzer, sinnloser Ausbruch von Gewalt.

Jetzt hatte er sie genau im Visier.

Aber als er abdrücken wollte, passierte zweierlei. Schweiß lief ihm in die Augen und nahm ihm die Sicht. Und er rutschte ab. Später sagte er sich, daß das Geröll nachgegeben haben oder sein verletztes Bein eingeknickt sein mußte oder beides. Vielleicht stimmte das sogar. Aber es fühlte sich an... es fühlte sich an wie ein Stoß, und in den langen Nächten zwischen damals und jetzt war es ihm nicht gelungen, sich vom Gegenteil zu überzeugen. Tagsüber dachte Harold streng rational, aber in den Nächten erfüllte ihn die grauenhafte Überzeugung, daß der dunkle Mann selbst eingegriffen und ihn behindert hatte. Der Schuß, den er ihr genau in den Hals verpassen wollte, ging fehl; hoch, daneben, ab in den blauen Himmel. Harold rollte kopfüber bis zu dem toten Baum; sein rechtes Bein wurde verdreht und gestoßen und bildete eine einzige Schmerzquelle vom Knöchel bis zu den Hüften.

Er prallte gegen den Baum und verlor das Bewußtsein. Als er wieder zu sich kam, war es Nacht, und der Mond, drei Viertel voll, stand schweigend über der Schlucht. Nadine war fort.

Die erste Nacht verbrachte er in einem Delirium des Entsetzens und der Überzeugung, daß er nicht zur Straße kriechen konnte und hier in der Kluft sterben mußte. Als der Morgen graute, kroch er trotzdem nach oben, schwitzend und von Schmerzen gequält.

Er begann den Aufstieg gegen sieben Uhr, etwa um die Zeit, als in Boulder die Beerdigungstrupps in ihren orangefarbenen Lastwagen vom Busbahnhof abfuhren. Um fünf Uhr an diesem Nachmittag berührten seine zerschundenen und mit Blasen bedeckten Hände die Leitplanke. Sein Motorrad war noch da, und er weinte fast vor Erleichterung. In fliegender Hast riß er ein paar Dosen und einen Öffner aus der Satteltasche und stopfte sich Corned Beef aus vollen Händen in den Mund. Aber es schmeckte schlecht, und nach einem langen Kampf erbrach er es.

Da begann er die unwiderlegbare Tatsache seines bevorstehenden Todes zu begreifen, legte sich neben die Triumph und weinte, sein verletztes Bein unter sich. Danach gelang es ihm, ein wenig zu schlafen.

Am nächsten Tag überraschte ihn ein heftiger Regenschauer, nach dem er bis auf die Haut durchnäßt war und vor Kälte zitterte. Sein Bein roch nach Wundbrand, und er war ängstlich darauf bedacht, das Schießeisen mit dem Körper vor Nässe zu schützen. An jenem Abend hatte er begonnen, in sein Notizbuch zu schreiben, und zum ersten Mal entdeckt, wie seine Handschrift sich allmählich zurückzuentwickeln begann. Er mußte an eine Geschichte von Daniel Keyes denken - sie trug den Titel »Blumen für Algernon«. Darin hatten eine Gruppe Wissenschaftler ein geistig zurückgebliebenes Faktotum irgendwie in ein Genie verwandelt... eine Zeitlang. Dann verlor der arme Kerl die Gabe wieder. Wie hiess er doch gleich? Charly irgendwas, richtig? Klar, denn das war der Titel der Verfilmung. Charly. Ziemlich guter Film. Nicht so gut wie die Geschichte, voll psychedelischer Scheiße aus den sechziger Jahren, soweit er sich erinnern konnte, aber trotzdem ziemlich gut. Früher war Harold oft ins Kino gegangen und hatte sich noch mehr Filme zu Hause auf Video angesehen. In den Tagen, als die Welt noch etwas war, das das Pentagon Zitat lebensfähige Alternative Zitat Ende genannt haben würde. Er hatte die meisten alleine gesehen. Er schrieb in sein Notizbuch, die Worte entstanden langsam aus krakeligen Buchstaben:

Ich frage mich, ob sie alle tot sind. Das Komitee. Wenn ja, tut es mir leid. Ich war irregeleitet. Das ist eine schwache Entschuldigung für mein Tun, aber ich schwöre bei allem, was ich weiß, es ist die einzige Entschuldigung, die zählt. Der dunkle Mann ist so real wie die Supergrippe selbst, so real wie die Atombomben, die immer noch irgendwo in ihren Betonschächten stehen. Und wenn das Ende kommt, und wenn es so schrecklich ist, wie die guten Menschen es immer gewußt haben, bleibt nur eines zu sagen, wenn sich diese guten Menschen dem Thron des Richters nähern: Ich war irregeleitet.

Harold las, was er geschrieben hatte, und strich sich mit einer dünnen, zitternden Hand über die Stirn. Es war keine gute Entschuldigung, es war eine schlechte. Man konnte beschönigen, soviel man wollte, es stank zum Himmel. Jemand, der diesen Absatz las, nachdem er sein Hauptbuch gelesen hatte, mußte ihn für einen völligen Heuchler halten. Er hatte sich als König der Anarchie gesehen, aber der dunkle Mann hatte ihn durchschaut und mühelos in ein zitterndes Knochenbündel verwandelt, das jetzt elend am Straßenrand sterben würde. Sein Bein war angeschwollen wie ein Abwasserrohr und roch wie faulende, überreife Bananen, und er sass da, während Bussarde über ihm mit den Aufwinden kreisten, und versuchte, das Unfaßbare vernunftmäßig zu begründen. Er war das Opfer der Tatsache geworden, daß er nicht erwachsen geworden war, so einfach war das. Seine eigenen tödlichen Visionen hatten ihn vergiftet.

Sterbend empfand er, daß er ein wenig Vernunft zurückgewonnen hatte, vielleicht ein wenig Würde. Und das wollte er nicht durch billige Entschuldigungen beflecken, die auf Krücken vom Blatt gehinkt kamen.

»Ich hätte in Boulder etwas werden können«, sagte er leise, und diese einfache, schreckliche Wahrheit hätte ihm Tränen in die Augen getrieben, wenn er nicht so müde und ausgetrocknet gewesen wäre. Er sah von den ungelenken Buchstaben zum Colt. Plötzlich wollte er Schluß machen und versuchte, darüber nachzudenken, wie er sein Leben auf die ehrlichste und einfachste Weise beenden konnte. Es erschien ihm notwendiger denn je, seine Gedanken aufzuschreiben und sie dem zurückzulassen, der ihn finden mochte, sei es in einem oder in zehn Jahren.

Er nahm den Stift. Überlegte. Schrieb:

Ich bitte um Vergebung für die Zerstörung, die ich angerichtet habe, leugne aber nicht, daß ich aus freien Stücken gehandelt habe. Meine Schularbeiten habe ich immer mit Harold Emery Lauder unterschrieben. Auch meine Manuskripte - so armselig sie waren - habe ich so unterschrieben. Gott helfe mir, ich habe den Namen einmal in einen Meter großen Buchstaben auf ein Scheunendach geschrieben. Jetzt will ich mit dem Namen unterschreiben, den man mir in Boulder gegeben hat. Damals konnte ich ihn nicht akzeptieren, aber heute ist er mir lieb.

Ich werde bei gesundem Verstand sterben.

Unten an den Rand setzte er säuberlich seine Unterschrift: Hawk. Er klappte das Permacover-Notizbuch langsam zu. Er schob die Kappe auf den Stift und steckte ihn in die Tasche. Er nahm den Lauf der Pistole in den Mund und sah zum blauen Himmel hinauf. Er dachte an ein Spiel, das sie als Kinder gespielt hatten, ein Spiel, bei dem die anderen ihn gehänselt hatten, weil er sich nicht traute, es mitzumachen. Außerhalb der Stadt lag an einer der Nebenstraßen eine Kiesgrube, von deren Rand man in die Tiefe springen und einen Augenblick, bei dem einem das Herz stillstand, fallen mußte, bis man im Sand landete, sich ein paarmal überschlug und nach oben kletterte, um wieder von vorne anzufangen.

Alle außer Harold. Harold stand oben auf der Kante und rief Eins... Zwei... Drei! wie die anderen, aber bei ihm funktionierte der Zauber nicht. Seine Füße wollten sich nicht bewegen. Er konnte nicht hinunterspringen. Und die anderen jagten ihn manchmal bis nach Hause, beschimpften ihn und nannten ihn Harold, den Angsthasen.

Er dachte: Wenn ich nur einmal gesprungen wäre... nur ein einziges Mal... wäre ich vielleicht nicht hier. Aber das letzte Mal zählt.

Er dachte: Eins... Zwei... DREI!

Er drückte ab.

Der Schuß ging los.

Harold sprang.

Nördlich von Las Vegas liegt Emigrant Valley, und in dieser Nacht brannte ein kleines Feuer in dieser mit Felsbrocken übersäten Wildnis. Randall Flagg saß davor und grillte mißmutig ein kleines Kaninchen. Er drehte es an dem primitiven Bratspieß, den er sich gebaut hatte, und sah zu, wie es brutzelte und Fett zischend in die Flammen tropfte. Ein leichter Wind wehte den Bratenduft in die Wüste hinaus, und die Wölfe waren gekommen. Sie saßen zwei Bodenerhebungen von seinem Feuer entfernt und heulten den fast vollen Mond an, und weil sie das Fleisch rochen. Hin und wieder sah er zu ihnen hinüber, und zwei oder drei Tiere fingen an, sich zu beißen, nach einander zu schnappen und mit den kräftigen Hinterbeinen zu treten, bis der Schwächste vertrieben war. Dann fingen die anderen wieder an zu heulen, die Schnauzen zum rötlichen, geschwollenen Mond emporgereckt.

Aber inzwischen langweilten ihn die Wölfe.

Er trug seine Jeans und seine abgenutzten Stiefel und seine Schaf fell Jacke mit den zwei Buttons auf den Brusttaschen: Smiley und HEUTE SCHWEIN - MORGEN SCHINKEN. Der Nachtwind spielte mit seinem Kragen.

Es gefiel ihm nicht, wie die Dinge sich entwickelten. Der Wind trug ihm böse Omen zu, schlimme Vorzeichen wie Fledermäuse, die im Dachboden einer verlassenen Scheune flatterten. Die alte Frau war gestorben, und anfangs hatte er gedacht, das wäre gut. Trotz allem hatte er vor der alten Frau Angst gehabt. Sie war gestorben, und er hatte Dayna Jürgens erzählt, sie sei im Koma gestorben. Aber stimmte das? Er war nicht mehr ganz so sicher.

Hatte sie zuletzt noch geredet? Und wenn, was hatte sie gesagt? Hatten sie etwas vor?

Er hatte eine Art drittes Auge entwickelt. Es war wie seine Fähigkeit zu levitieren; etwas, das er akzeptiert hatte, aber nicht recht begriff. Er konnte es ausschicken, um zu sehen... fast immer. Aber manchmal wurde das Auge auf geheimnisvolle Weise blind. Es war ihm gelungen, in das Sterbezimmer der alten Frau zu schauen, er hatte sie alle um ihr Bett herumstehen sehen, die Schwanzfedern noch von Harolds und Nadines kleiner Überraschung versengt ... aber dann war ihm plötzlich die Sicht getrübt worden, und er war wieder in der Wüste gewesen, im Schlafsack zusammengerollt, und hatte nur Cassiopeia in ihrem Schaukelstuhl aus Sternen gesehen. Und seine innere Stimme hatte ihm gesagt: Sie ist gestorben. Sie haben darauf gewartet, daß sie redet, aber sie hat es nicht.

Aber er traute dieser Stimme nicht mehr.

Da war diese beunruhigende Sache mit den Spionen.

Der Richter, der fast keinen Kopf mehr hatte.

Das Mädchen, das ihm in letzter Sekunde entwischt war. Und sie hatte es gewußt, gottverdammt! Sie hatte es gewußt.

Er warf einen wütenden Blick zu den Wölfen hinüber, und fünf oder sechs Tiere fingen wieder an, sich zu beißen. In der Stille klangen ihre kehligen Laute wie zerreißendes Tuch.

Er kannte alle ihre Geheimnisse, außer... dem dritten. Wer war der dritte? Er hatte das Auge immer wieder ausgesandt, aber es sah immer nur das rätselhafte, idiotische Gesicht des Mondes. M-O-N-D, das buchstabiert man Mond.

Wer war der dritte?

Wie war es dem Mädchen gelungen, ihm zu entkommen? Er war völlig überrascht gewesen und hatte nur ein Stück von ihrer Bluse in der Hand gehabt. Er hatte von dem Messer gewußt, das war ein Kinderspiel, aber nichts von dem plötzlichen Sprung zum Fenster. Und nicht, daß sie sich so kaltblütig, ohne zu zögern, das Leben nehmen würde. Innerhalb weniger Sekunden war sie fort gewesen. Wie Wiesel jagten sich die Gedanken in seinem Kopf. Das gefiel ihm überhaupt nicht.

Lauder, zum Beispiel. Da war Lauder.

Er hatte ausgezeichnet funktioniert, wie eines dieser Spielzeugtiere zum Aufziehen, die einen Schlüssel im Rücken stecken haben. Geh hierhin. Geh dorthin. Tu dies. Tu das. Aber die Dynamitbombe hatte nur zwei von ihnen erwischt - die Rückkehr der alten Negerfrau hatte den ganzen Plan, die viele Mühe vereitelt. Und dann... nachdem er Harold erledigt hatte, hätte dieser fast Nadine umgebracht! Er empfand Wut und Erstaunen, als er daran dachte. Und die dumme Fotze hatte mit offenem Mund dagestanden und gewartet, daß er noch einmal schoß, fast als wollte sie getötet werden. Und wer hatte es auszubaden, wenn Nadine starb?

Wer, wenn nicht sein Sohn?

Das Kaninchen war gar. Er zog es vom Spieß und legte es auf den Blechteller.

»Okay, ihr Arschlöcher, fressen!«

Er mußte regelrecht laut grinsen. War er nicht mal bei den Marines gewesen? Er glaubte ja. Allerdings in Parris Island ausgebildet. Da war ein Junge gewesen, ein Fahnenflüchtiger, Boo Dinkway. Sie hatten...

Was?

Flagg betrachtete stirnrunzelnd Sein Eßbesteck. Hatten sie den alten Boo mit diesen umwickelten Stöcken in den Boden geprügelt? Hatten sie ihn erwürgt? Er glaubte sich an etwas mit Benzin zu erinnern. Aber was?

Er wurde wütend und hätte fast das Kaninchen ins Feuer geworfen.

Er müßte sich daran erinnern können, gottverdammt!

»Hunde, wollt ihr ewig leben«, flüsterte er, aber wieder war es nur ein vager Schemen auf der Straße der Erinnerung.

Früher hatte er die sechziger und siebziger Jahre überblicken können wie ein Mann, der eine Treppe in einen abgedunkelten Raum hinuntersieht.

Heute konnte er sich nur noch an die Ereignisse nach der Supergrippe deutlich erinnern. Davor lag alles hinter einem Nebel, der sich nur gelegentlich so weit hob, daß gerade ein rätselhafter Gegenstand oder eine Erinnerung sichtbar wurde (Boo Dinkway, zum Beispiel... wenn es ihn je gegeben hatte), bevor er sich wieder senkte.

Die früheste genaue Erinnerung, die er hatte, war sein Marsch auf der US 51 nach Mountain City, zum Haus von Kit Bradenton. Wo er geboren wurde. Wiedergeboren.

Er war genaugenommen kein Mensch mehr, wenn er überhaupt je einer gewesen war. Er war wie eine Zwiebel, von der sich eine Schicht nach der anderen abschält, nur schälten sich bei ihm die menschlichen Eigenschaften ab: organisiertes Denken, Erinnerungsvermögen, möglicherweise sogar der freie Wille... wenn es so etwas je gegeben hatte.

Er fing an, das Kaninchen zu essen.

Früher, davon war er überzeugt, hätte er sich rasch davongemacht, wenn die Lage brenzlig wurde. Diesmal nicht. Dies war sein Ort, seine Zeit, hier würde er sein letztes Gefecht austragen. Es spielte keine Rolle, daß er den dritten Spion nicht entdeckt hatte und dass Harold zum Schluß außer Kontrolle geraten war und die kolossale Unverschämtheit besessen hatte zu versuchen, die ihm versprochene Braut zu ermorden, die Mutter seines Sohnes. Irgendwo in der Wüste war dieser seltsame Mülleimermann und suchte die Waffen zusammen, mit denen die lästige Freie Zone endgültig ausgelöscht werden würde. Auch den Mülleimermann konnte sein Auge nicht sehen, und in gewisser Weise fand Flagg Müll, eine Art menschlicher Bluthund, der Kordit und Napalm und Dynamit mit tödlicher, radarähnlicher Genauigkeit wittern konnte, noch seltsamer als sich selbst.

In einem Monat oder früher würden die Jets der Nationalgarde mit einem vollen Satz Shrike-Raketen unter den Flügeln in der Luft sein. Und sobald er sicher war, daß seine Braut empfangen hatte, würden sie nach Osten fliegen.

Er sah verträumt zum Basketball-Mond hinauf und lächelte. Es gab noch eine weitere Möglichkeit. Er dachte, das Auge würde sie ihm zeigen, wenn die Zeit gekommen war. Er ging vielleicht dorthin, möglicherweise als Krähe, möglicherweise als Wolf, möglicherweise als Insekt - eine Gottesanbeterin vielleicht, etwas, das klein genug war, durch eine sorgfältig getarnte Belüftungsklappe in der Mitte eines dornigen Büschels Wüstengras zu kriechen. Er würde durch dunkle Rohrleitungen hüpfen oder krabbeln und schließlich durch das Gitter einer Klimaanlage oder einen stillstehenden Ventilator kriechen.

Der fragliche Ort war unterirdisch. Gleich jenseits der Grenze nach Kalifornien.

Dort standen Retorten, lange Reihen Retorten, und auf jeder war ein Klebestreifen angebracht, der den Inhalt beschrieb: Eine SuperCholera, ein Super-Anthrax, eine neue und verbesserte Version der Beulenpest, und alle basierten auf der Fähigkeit der Krankheitserreger, durch ständige Veränderung die Bildung von Antikörpern zu verhindern, eine Fähigkeit, die die Supergrippe fast universell tödlich gemacht hatte. Es gab Hunderte solcher Erreger; in jeder Geschmacksrichtung, wie es in den Werbespots für Life Savers zu hören war.

Wie wäre es mit ein wenig in eurem Wasser, Freie Zone? Oder einer Luftverschmutzung?

Eine hübsche Legionärskrankheit zu Weihnachten, oder wäre euch die neue und weiterentwickelte Schweinegrippe lieber? Randall Flagg, der dunkle Weihnachtsmann, auf seinem Schlitten der Nationalgarde, mit einem kleinen Virus, den er in jeden Kamin werfen konnte.

Er würde warten, und er würde die richtige Stunde erkennen, wenn sie endlich gekommen war.

Etwas würde sie ihm verraten.

Alles würde gut werden. Kein rasches Ausblenden diesmal. Er war ganz oben, und dort würde er auch bleiben.

Das Kaninchen war verzehrt. Voll heißer Nahrung, fühlte er sich wieder wie er selbst. Er stand mit dem Blechteller in der Hand da und warf die Knochen in die Nacht. Die Wölfe jagten danach, balgten sich darum, heulten und knurrten und bissen sich; ihre Augen rollten leer im Mondlicht.

Flagg stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, und lachte brüllend zum Mond hinauf.




Früh am nächsten Morgen verließ Nadine die Stadt Gemdale und fuhr auf ihrer Vespa die I-15 entlang. Ihr schneeweißes offenes Haar flatterte im Wind und sah aus wie ein Brautschleier.

Ihr tat die Vespa leid, die ihr so lange treu gedient hatte und jetzt am Ende war. Die vielen Meilen und die Gluthitze in der Wüste, die anstrengende Fahrt über die Rockies und die mangelhafte Wartung hatten ihren Tribut gefordert. Der Motor klang jetzt heiser und angestrengt. Der Drehzahlmesser blieb nicht mehr brav bei 5 x 1000 stehen, sondern zitterte hin und her. Es machte nichts. Wenn die Maschine den Geist aufgab, bevor sie ihr Ziel erreicht hatte, würde sie zu Fuß weitergehen. Niemand jagte sie. Harold war tot. Und wenn sie zu Fuß gehen mußte, würde er es wissen und jemanden schicken, der sie abholte.

Harold hatte auf sie geschossen! Harold hatte versucht, sie umzubringen!

Immer wieder mußte sie daran denken, so gern sie es auch verdrängt hätte. Ihr Verstand spielte damit wie ein Hund mit einem Knochen. So hätte es nicht sein dürfen. In der ersten Nacht nach der Explosion war ihr Flagg im Traum erschienen, als Harold endlich bereit war, eine Weile zu rasten. Flagg hatte ihr im Traum gesagt, daß er Harold bei ihr lassen wolle, bis sie auf dem Western Slope waren, fast in Utah. Dann wolle er ihn schnell und schmerzlos durch einen Unfall beseitigen. Eine Ölspur. Über die Böschung. Kein Ärger, kein Schlamassel, keine Plage.

Aber es war nicht schnell und schmerzlos gewesen, und Harold hätte sie fast umgebracht. Die Kugel war zwei Zentimeter an ihrer Wange vorbeigesaust, und dennoch hatte sie sich nicht bewegen können. Sie war starr vor Schreck gewesen und hatte sich gefragt, wie er so etwas tun konnte, wie zugelassen werden konnte, daß er so etwas auch nur versuchte.

Sie hatte versucht, eine Begründung dafür zu finden, indem sie sich einredete, daß Flagg ihr nur Angst machen und sie daran erinnern wollte, zu wem sie gehörte. Aber das ergab keinen Sinn! Es war verrückt. Und selbst wenn es einen Sinn gehabt hätte... eine überzeugte, wissende innere Stimme sagte ihr, daß Flagg auf diesen Zwischenfall einfach nicht vorbereitet gewesen war. Sie versuchte, diese innere Stimme von sich zu weisen, wie man eine Tür verrammelt, wenn jemand Unerwünschter mit Mordlust in den Augen draußen steht. Aber es gelang ihr nicht. Die Stimme sagte ihr, daß sie nur durch blinden Zufall noch lebte. Daß Harolds Kugel sie genausogut zwischen den Augen hätte treffen können, und es wäre so oder so nicht Randall Flaggs Tun gewesen. Sie nannte die innere Stimme eine Lügnerin. Flagg wußte alles, wo der kleinste Sperling vom Himmel gefallen war...

Nein, das ist Gott, antwortete die Stimme unerbittlich. Gott, er ist nicht Gott. Du lebst nur durch blinden Zufall, und das bedeutet, es ist alles offen. Du schuldest ihm nichts. Wenn du willst, kannst du umkehren und zurückfahren.

Zurückfahren, das war ein Lachschlager. Wohin zurückfahren?

Zu diesem Thema hatte die Stimme wenig zu sagen; es hätte sie auch überrascht. Wenn der dunkle Mann auf tönernen Füßen stand, hatte sie diese Tatsache ein wenig zu spät herausgefunden.

Sie versuchte, sich statt auf die Stimme auf die kühle Schönheit des Wüstenmorgens zu konzentrieren. Aber die Stimme blieb, so leise und beharrlich, daß sie sie kaum wahrnahm:

Wenn er nicht gewußt hat, daß Harold ihm trotzen und versuchen würde, dich zu töten, was weiß er sonst noch alles nicht? Und wird es beim nächsten Mal auch wieder ein Fehlschuß sein?

Aber, o Gott, es war zu spät. Um Tage, Wochen, vielleicht sogar Jahre zu spät. Warum hatte die innere Stimme gewartet, bis es nutzlos war, die Stimme zu erheben?

Und wie zur Bestätigung verstummte die Stimme, und der Morgen gehörte wieder ihr. Sie fuhr, ohne an etwas zu denken, die Augen auf die Straße vor ihr gerichtet. Die Straße, die nach Las Vegas führte. Die Straße, die zu ihm führte.




Am Nachmittag gab die Vespa den Geist auf. In ihren Eingeweiden klapperte und knirschte es, und der Motor blieb stehen. Nadine roch etwas Heißes, Abnormales, wie brennendes Gummi, aus dem Motorgehäuse. Die Geschwindigkeit sank von konstanten vierzig auf Schrittempo. Sie schob die Vespa auf die Standspur und trat den Starter ein paarmal, wußte aber, daß es keinen Zweck hatte. Sie hatte die Vespa gekillt. Sie hatte auf dem Weg zu ihrem Gatten vieles getötet. Sie war dafür verantwortlich, daß das ganze Komitee der Freien Zone samt allen geladenen Gästen bei der letzten explosiven Versammlung ausgelöscht worden war. Und da war Harold. Und, bin so frei nebenbei, Frannie Goldsmiths ungeborenes Kind.

Ihr wurde übel. Sie taumelte zur Leitplanke und erbrach ihr Frühstück. Sie fühlte sich heiß, wie im Delirium, und sehr elend, das einzige lebende Wesen in diesem Wüstenalptraum. Es war heiß... so heiß.

Sie drehte sich um und wischte sich den Mund. Die Vespa lag auf der Seite wie ein totes Tier. Nadine betrachtete sie noch ein paar Augenblicke, dann ging sie weiter. An Dry Lake war sie schon vorbei. Das bedeutete, daß sie am Straßenrand schlafen mußte, wenn niemand sie abholen kam. Mit Glück konnte sie am nächsten Morgen in Las Vegas sein. Und plötzlich wußte sie, daß der dunkle Mann sie zu Fuß gehen lassen würde. Hungrig und durstig und von der Sonne verbrannt sollte sie in Las Vegas ankommen, jede Erinnerung an ihr früheres Leben sollte erloschen sein. Die Frau, die an einer Privatschule in New England kleine Kinder unterrichtet hatte, würde fort sein, so tot wie Napoleon. Mit etwas Glück würde die leise Stimme, die in ihr nagte und quälte, als letzter Teil der alten Nadine sterben. Aber letztendlich würde natürlich auch der Teil erlöschen.

Sie ging weiter; der Nachmittag verrann. Schweiß lief ihr übers Gesicht. Wo die Straße und der verblichene Jeans -Himmel zusammenstießen, schimmerte Quecksilber. Sie knöpfte die Bluse auf, zog sie aus und ging nur im Büstenhalter weiter. Sonnenbrand? Na und? Offen gesagt, meine Liebe, das ist mir scheißegal.

Als es dämmerte, war ihre Haut so stark gerötet, daß sie um die Knochenwülste des Schlüsselbeins fast purpurfarben aussah. Die Abendkühle kam plötzlich, und sie zitterte. Jetzt fiel ihr ein, daß sie ihre Campingausrüstung bei der Vespa liegen gelassen hatte.

Sie sah sich suchend um, erblickte hier und da Autos, manche bis an die Kühlerfiguren zugeweht. Der Gedanke, in einem dieser Särge Schutz zu suchen, machte sie elend - schlimmer als der schreckliche Sonnenbrand.

Ich bin im Delirium, dachte sie.

Nicht, daß es eine Rolle gespielt hätte.

Sie beschloß, lieber die ganze Nacht nach Westen zu marschieren, als in einem dieser Autos zu schlafen. Wenn dies nur der Mittlere Westen wäre! Sie hätte dann eine Scheune, einen Heuschober oder ein Kleefeld finden können. Etwas Sauberes und Weiches. Hier draußen gab es nur die Straße, den Sand, die ausgedörrte Wüste. Sie strich das lange weiße Haar aus dem Gesicht und stellte betroffen fest, daß sie wünschte, sie wäre tot.

Jetzt war die Sonne hinter dem Horizont, der Tag genau zwischen Licht und Dunkelheit. Der Wind, der nun über sie strich, war tödlich kalt. Sie sah sich um und hatte plötzlich Angst.

Er war zu kalt.

Die Spitzkuppen waren zu dunklen Monolithen geworden. Die Sanddünen wirkten wie unheimliche umgestürzte Kolosse. Selbst die Kandelaberkakteen sahen aus wie die Skelettfinger von anklagenden Toten, die sich aus flachen Gräbern durch den Sand emporreckten.

Oben das kosmische Rad des Himmels.

Eine Songzeile fiel ihr ein, aus einem Stück von Dylan, kalt und trostlos: Hunted like a crocodile... ravaged in the corn...

Und dem dicht auf den Fersen ein anderer Song, von den Eagles, plötzlich furchterregend: I want to sleep in the desert tonight... with a million stars all around...

Plötzlich wußte sie, er war da.

Noch bevor er etwas gesagt hatte, wußte sie es.

»Nadine.« Seine leise Stimme kam aus zunehmender Dunkelheit. Unendlich sanft, das letzte allumfassende Grauen, das wie eine Heimkehr war.

»Nadine, Nadine... wie ich es liebe zu lieben, Nadine.«

Sie drehte sich um, und da war er, wie sie immer gewußt hatte, dass es eines Tages geschehen würde; so einfach war das. Er saß auf der Haube einer alten Chevrolet-Limousine (war diese vor einem Augenblick schon da gewesen? Sie wußte es nicht mit Sicherheit, glaubte es aber nicht), hatte die Beine überkreuzt, die Hände locker auf den Knien der verblichenen Jeans liegen. Er sah sie an und lächelte sanft. Aber seine Augen waren überhaupt nicht sanft. Sie straften die Vorstellung Lügen, daß dieser Mann etwas Sanftes empfinden konnte. Sie sah schwarzes Vergnügen darin, das endlos tanzte, wie die Beine eines Mannes, der gerade durch die Plattform des Galgens gefallen ist.

»Hallo«, sagte sie. »Ich bin hier.«

»Ja. Endlich bist du hier. Wie versprochen.« Sein Lächeln wurde breiter, er streckte ihr die Hände entgegen. Sie nahm sie, und als sie ihm nahe war, spürte sie seine kochende Hitze. Er strahlte sie ab wie ein geheizter Kachelofen. Seine glatten Hände ohne Linien schlössen sich um ihre... und legten sich dann so fest wie Handschellen darum.

»Oh, Nadine«, flüsterte er und beugte sich vor, um sie zu küssen. Sie drehte den Kopf nur ein klein wenig und sah zum kalten Feuer der Sterne empor, und sein Kuß ging auf die Vertiefung oberhalb des Kinns, nicht auf die Lippen. Er ließ sich nicht täuschen. Sie spürte die spöttische Kurve seines Grinsens an ihrem Fleisch.

Er stößt mich ab, dachte sie.

Aber Abscheu war nur die schuppige Kruste über etwas Schlimmerem - einer verklebten, lange verborgenen Lust, einem zeitlosen Pickel, der reif war und bald eine widerliche Flüssigkeit absondern würde, einer Süße, die längst vergoren war. Seine Hände, die über ihren Rücken glitten, waren viel heißer als ihr Sonnenbrand. Sie drängte sich an ihn, und der schlanke Sattel zwischen ihren Beinen schien plötzlich dicker, voller, zärtlicher und bewußter zu sein. Der Saum ihrer Hose rieb zärtlich und obszön an ihr, bis sie sich selbst reiben wollte, um das Jucken loszuwerden, sich ein für allemal davon zu befreien.

»Sag mir eines«, bat sie.

»Alles.«

»Du hast gesagt >wie versprochen< Wer hat mich dir versprochen? Warum ich? Und wie soll ich dich nennen? Nicht einmal das weiss ich. Ich habe dich fast mein ganzes Leben lang gekannt und weiss nicht, wie ich dich nennen soll.«

»Nenn mich Richard. Das ist mein richtiger Name. Nenn mich so.«

»Das ist dein richtiger Name?« fragte sie zweifelnd, und er kicherte gegen ihren Hals, so daß sie vor Abscheu und Lust eine Gänsehaut bekam. »Und wer hat mich dir versprochen?«

»Nadine«, sagte er, »das habe ich vergessen. Komm.«

Er hielt immer noch ihre Hände, als er von der Motorhaube sprang, und sie hätte sich fast losgerissen und wäre weggelaufen... aber welchen Sinn hätte das gehabt? Er hätte sie verfolgt, gefangen und vergewaltigt.

»Der Mond«, sagte er. »Er ist voll. Wie ich.« Er schob ihre Hand auf den verblichenen und glatten Schritt seiner Jeans, und dort war etwas Schreckliches, das unter den kalten Noppen des Reißverschlusses ein pulsierendes Eigenleben führte.

»Nein«, murmelte sie und versuchte, ihre Hand wegzuziehen, und dachte daran, wie sehr sich dies von jener mondhellen Nacht unterschied, wie anders es war. Dies war das andere Ende des Regenbogens der Zeit.

Er zog ihre Hände zu sich. »Komm mit in die Wüste und sei meine Frau«, sagte er.

»Nein!«

»Es ist viel zu spät, nein zu sagen, Liebste.«

Sie ging mit ihm. Sie sah einen Schlafsack und die verkohlten Gebeine eines Lagerfeuers unter den silbernen Gebeinen des Mondes.

Er legte sie hin.

»Nun gut«, keuchte er. »Nun gut.« Seine Finger machten die Gürtelschnalle auf und dann den Knopf, dann den Reißverschluß. Sie sah, was er für sie hatte und begann zu kreischen. Bei diesem Laut schnellte das Grinsen des dunklen Mannes förmlich vorwärts, riesig und glitzernd und obszön in der Nacht, und der aufgeblähte und käsige Mond starrte mit leerem Blick auf sie beide herunter.

Nadine entrang sich ein Schrei nach dem anderen, und sie versuchte, von ihm fortzukriechen, und er packte sie; sie preßte die Beine, so fest sie konnte, zusammen, und als er eine seiner glatten Hände dazwischenschob, spreizte sie sie willenlos und dachte: Ich werde nach oben sehen... ich werde zum Mond sehen... ich werde nichts spüren, und es wird vorbei sein ...es wird vorbei sein... ich werde nichts spüren...

Und als seine tödliche Kälte in sie eindrang, wurde ihr Schreien schriller und brach sich Bahn, explodierte aus ihrer Kehle, und sie wehrte sich, aber die Gegenwehr war vergebens. Er rammte in sie, Eroberer, Zerstörer, und kaltes Blut rann an ihren Schenkeln hinab, und er war in ihr, bis zur Gebärmutter, und der Mond schien ihr in die Augen, kaltes und silbernes Feuer, und als er kam, war es wie geschmolzenes Eisen, geschmolzenes Roheisen, geschmolzenes Messing, und sie kam selbst, kam schreiend vor unermeßlicher Lust, vor Entsetzen, vor Grauen, wandelte durch die Pforten aus Eisen und Messing in die Wüste des Wahnsinns, wurde hindurch gejagt, hindurchgeiveht wie ein Blatt vom Bellen seines Gelächters, sah sein Gesicht schmelzen, und nun war es das zottelige Gesicht eines Dämons dicht über ihrem, eines Dämons mit grellen gelben Lampen als Augen, Fenster in eine nie für möglich gehaltene Hölle, und trotzdem war noch diese gräßliche Heiterkeit in ihnen, in diesen Augen, welche in die verwinkelten Gassen von tausend finsteren nächtlichen Städten gesehen hatten; diese Augen waren leuchtend und funkelnd und schließlich stumpf. Er fing noch einmal an... und noch einmal ... und noch einmal. Es schien, als wären seine Reserven nie verbraucht. Kalt. Er war tödlich kalt. Und alt. Älter als die Menschheit, älter als die Erde. Immer und immer wieder füllte er sie mit seiner nächtlichen Flüssigkeit und lachte brüllend. Erde. Licht. Und kam. Und kam noch einmal. Der letzte Schrei entrang sich ihr und wurde vom Wüstenwind aufgegriffen und in die entferntesten Kammern der Nacht geweht, hinaus, wo tausend Waffen daraufwartet en, daß ihr neuer Besitzer kam und sie für sich beanspruchte. Zotteliger Dämonenkopf, aus dem eine tief gegabelte Zunge hing. Sein toter Atem streifte über ihr Gesicht. Sie war jetzt im Land des Wahnsinns. Die eisernen Pforten waren geschlossen.

Der Mond...!




Der Mond war fast untergegangen.

Er hatte noch ein Kaninchen gefangen, hatte das zitternde kleine Ding mit bloßen Händen gehalten und ihm das Genick gebrochen. Er hatte ein neues Feuer auf den Gebeinen des ersten gemacht, und jetzt grillte das Kaninchen und ließ Duftschleier emporsteigen. Jetzt waren keine Wölfe mehr da. Heute nacht waren sie ferngeblieben - und das war nur mehr als recht und billig. Immerhin war dies seine Hochzeitsnacht, und das verwirrte und apathische Ding, das zusammengesunken auf der anderen Seite des Feuers saß, war seine errötende Braut.

Er griff hinüber und hob ihre Hand aus ihrem Schoß. Als er sie losließ, verharrte die Hand an Ort und Stelle, auf der Höhe des Mundes. Er studierte dieses Phänomen einen Augenblick, dann legte er die Hand wieder in ihren Schoß. Dort bewegten sich die Hände träge wie sterbende Schlangen. Er stieß zwei Finger vor ihre Augen, aber sie blinzelte nicht. Sie sah einfach nur ins Leere. Er war aufrichtig verwirrt.

Was hatte er mit ihr gemacht?

Er konnte sich nicht erinnern.

Es spielte auch keine Rolle. Sie war schwanger. Wenn sie darüber hinaus noch katatonisch war, was machte das? Sie war der perfekte Brutkasten. Sie würde seinen Sohn austragen, gebären, und dann hatte sie ihren Zweck erfüllt und konnte sterben. Schließlich war sie nur dazu da.

Das Kaninchen war fertig. Er brach es in zwei Hälften. Er riß ihre Hälfte in kleine Stückchen, wie Babynahrung. Er fütterte ihr ein Stück nach dem anderen. Manche Stückchen fielen ihr halb gekaut aus dem Mund in den Schoß, aber den größten Teil aß sie. Wenn sie so blieb, brauchte sie eine Krankenschwester. Vielleicht Jenny Engstrom.

»Es war sehr gut, Liebste«, sagte er leise.

Sie sah mit leeren Augen zum Mond hinauf. Flagg lächelte ihr zärtlich zu und verschlang sein Hochzeitsmahl.

Guter Sex machte ihn immer hungrig.




Er erwachte in der zweiten Nachthälfte und richtete sich verwirrt und voller Angst in seinem Schlaf sack auf... es war die instinktive, unwissende Angst eines Tieres - eines Raubtiers, das spürt, daß es vielleicht selbst gejagt wird.

War es ein Traum gewesen? Eine Vision...?

Sie kommen.

Erschrocken versuchte er, diesen Gedanken zu begreifen, ihn in einen Zusammenhang zu bringen. Aber es gelang ihm nicht. Er schwebte wie ein böser Zauber im Raum.

Sie sind schon näher.

Wer? Wer war schon näher?

Der Nachtwind flüsterte und schien ihm eine Witterung zuzutragen. Jemand kam und...

Jemand ging.

Während er schlief, war jemand in östlicher Richtung an seinem Lager vorbeigegangen. Der unbekannte Dritte? Er wußte es nicht. Es war Vollmondnacht. War der Dritte entkommen? Dieser Gedanke versetzte ihn in Panik.

Ja, aber wer kommt?

Er betrachtete Nadine. Sie schlief in Embryohaltung zusammengerollt, die Haltung, die sein Sohn in wenigen Monaten in ihrem Bauch einnehmen würde.

Sind es Monate?

Wieder hatte er das Gefühl, daß die Dinge an den Rändern unscharf wurden. Er legte sich wieder hin und glaubte, in dieser Nacht nicht mehr schlafen zu können. Aber er schlief doch. Und als er am nächsten Morgen nach Las Vegas fuhr, lächelte er wieder und hatte die nächtliche Panik fast vergessen. Nadine saß fügsam neben ihm auf dem Sitz, eine große Puppe mit einem sorgfältig in ihrem Leib verborgenen Samen.

Er fuhr zum Grand; dort erfuhr er, was geschehen war, während er schlief. Er sah den neuen Ausdruck in ihren Augen, argwöhnisch und fragend, und spürte wieder, wie ihn die Angst mit ihren leichten Mottenflügeln berührte.

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