Kapitel Sechs Gefährliche Laborinternierte

Ich ging also los, um dem Waffenschmied der Familie einen Besuch abzustatten. Ein ziemlicher alter Langweiler, aber es gibt nichts, was er nicht über Waffen, Erfindungen und Sachen, die wumm machen, weiß, seien sie wissenschaftlicher oder zauberischer Natur. Für den mehr als wahrscheinlichen Fall, dass etwas bei meinem neuen Auftrag entsetzlich schieflaufen sollte, war es klar, dass ich sämtliche ernst zu nehmenden Waffen brauchen würde, die ich in die Finger bekommen konnte, wenn ich die Seele Albions vor allem Kommenden beschützen wollte.

Ich wollte eine neue Pistole. Eine große Pistole. Eine wirklich, wirklich große Pistole. Mit atomaren Kugeln.

Die Familienwaffenkammer liegt ein gutes Stück unter dem Westflügel, noch tiefer im Grundgestein als sogar der Lageraum. So wird die Waffenkammer, wenn (eher als falls) sie sich irgendwann selbst in die Luft jagt, nicht den Rest des Herrenhauses mit sich nehmen. Der Waffenschmied und sein Mitarbeiterstab, so genial und enthusiastisch sie auch allesamt sein mögen, tendierten schon immer zur

Tritt-dagegen-und-schau-was-passiert-Schule wissenschaftlicher Untersuchung. Ebenso haben sie unbeschränkten Zugang zu Feuerwaffen, Grimoiren und instabilen Chemikalien. Ich bin immer wieder erstaunt, dass dieser Teil Englands noch da ist.

Die gegenwärtige Waffenkammer ist in den ehemaligen alten Weinkellern untergebracht, hinter gewaltigen und schweren, detonationssicheren Türen - die mehr dazu bestimmt sind, Dinge drinnen zu halten als draußen. Die Keller sind im Wesentlichen eine lange Reihe miteinander verbundener Steinräume mit nackten, vergipsten Wänden und gewölbten Decken, fast vergraben unter einem vielfarbigen Gewirr festgenagelter Stromkabel. Die Leuchtröhrenillumination war eine Hin-und-wieder-Sache und das mächtige Klimaanlagensystem brummte ständig vor sich hin. Die Steinräume waren zum Bersten voll mit dem umfangreichen Mitarbeiterstab des Waffenschmieds: Forscher, Terminüberwacher, Mechaniker, Kernwaffenkonstrukteure und menschliche Versuchskaninchen. (Jede neue Erfindung musste von irgendjemand getestet werden. Der Betreffende wurde durch eine Lotterie unter den Mitarbeitern bestimmt, und der Verlierer war derjenige, der nicht geschickt genug war, das Ergebnis vorher zu manipulieren.)

Die Waffenkammer wartet ständig mit neuen Waffen auf, die hier in den Laboren ersonnen, gebaut und getestet werden. Deshalb ist es hier auch immer so entsetzlich laut. Ich stand eine Zeit lang an den geschlossenen detonationssicheren Türen und wartete, bis meine Ohren sich an das Getöse gewöhnt hatten. Männer und Frauen mit ernsten, geistesabwesenden Gesichtern eilten geschäftig hin und her und widmeten ihre ganze Aufmerksamkeit der jüngsten Generation von tödlichen Vorrichtungen, die sie für Agenten zum Einsatz an der Front herstellten. Und denen sie vorher hoffentlich alle Mucken austrieben. Ich konnte mich noch gut an das explosive Furzkissen, das nicht hochging, und den am Arm angebrachten total undurchdringlichen Kraftschild, der genau das nicht war, erinnern. Niemand beachtete mich auch nur im Geringsten, aber daran gewöhnte ich mich allmählich.

Lichter flammten auf, Schatten tanzten und Blitze krochen über eine ganze Wand wie elektrisches Efeu. Beißende chemische Gestänke lagen mit den milderen Aromen zerkleinerter Kräuter im Clinch, während geschmolzenes Metall träge in Gussformen aus Keramik floss und Rauch vom letzten bedauerlichen Zwischenfall sacht in der Luft dahintrieb. Die Waffenkammer besaß keinen Verbandskasten: Sie hatte ihre eigene angrenzende Krankenhausstation. Eine verdammte Menge Leute drängten sich um Versuchstische und futuristische Laborapparaturen, alchimistische Retorten und Silberkugelkokillen und natürlich um die allgegenwärtigen Computer und Kreidepentagramme. Die meisten dieser sehr beschäftigten Leute versuchten mit lautem und nachdrücklichem Fluchen ihre jüngsten Projekte dazu zu überreden, zu tun, was sie tun sollten, ohne zu explodieren, zu zerfließen oder den Experimentator in etwas Kleines und Flaumiges zu verwandeln. Jemand ganz in meiner Nähe griff nach einem handlichen Hammer, und ich beschloss, irgendwo anders hinzugehen.

Ich schlenderte durch die Labore und hielt die Augen nach dem Waffenschmied offen. Eingänge öffneten sich in der Luft und boten flüchtige Blicke auf weit entfernte Orte, und ein Versuchstier explodierte. Ein verzweifelter junger Internierter jagte durch die Labore und versuchte, einen überdimensionalen Augapfel mit flatternden Fledermausflügeln zu fangen, indem er mit einem Schmetterlingsnetz auf ihn eindrosch. Ich bin sicher, das Ding hatte im Entwurfsstadium völlig vernünftig ausgesehen. Niemand schenkte diesen kleinen Unterbrechungen Aufmerksamkeit, abgesehen von einem kleinen, geistesabwesenden Zusammenzucken hier und da beim neuesten Knall. Ein Tag wie jeder andere in der Waffenkammer. Wenn man an den Schnittstellen abwegigen Denkens arbeitet, muss man gelegentliche Rückschläge billigend in Kauf nehmen, ebenso wie regelmäßige Gestänke, räumliche Inversionen und sporadische Verwandlungen. Jeder, der in der Waffenkammer beschäftigt war, war ein Freiwilliger, gezogen aus einer langen Liste von Bewerbern, sorgfältig ausgewählt von denen in der Familie, die eindeutig bewiesen hatten, dass sie weit mehr Gehirn hatten, als gut für sie war. (Oft begleitet von einer ungesunden Neugier und dem völligen Fehlen jeglicher Selbsterhaltungstriebe.)

(Die richtig gefährlichen Denker wurden entweder schnell zu Projekten rein theoretischer Natur befördert oder in alternierende Dimensionen geschickt mit der Anweisung, nicht zurückzukommen, bevor sie sich beruhigt hatten.)

Der derzeitige Haufen der Internierten sah wie die Wissenschaftsfreaks überall aus: dicke Brillen und Plastiktaschenschoner, außer dass manche noch spitz zulaufende Zaubererhüte trugen. Viele hatten unter ihren Laborkitteln T-Shirts an mit dem Aufdruck Ich sprenge, also bin ich, auch wenn jemand anders plötzlich nicht mehr ist. Wissenschaftsfreakshumor. Sie sahen alle sehr ernst und sehr engagiert aus, und falls sie lange genug überlebten, würden sie irgendwann in die etwas sichereren Bereiche der Forschungs- und Entwicklungslabore befördert werden. Mir schien es allerdings, als ich auf der Suche nach dem Waffenschmied durch das Chaos wanderte, dass der alte Ort viel mehr Leute und Projekte beherbergte und auch ein stärkeres allgemeines Gefühl der Dringlichkeit ausstrahlte, als mir von meinem letzten Besuch vor zehn Jahren her in Erinnerung war.

Zwei Typen von der muskulöseren Sorte sparrten mit elektrifizierten Messingschlagringen; Funken knisterten und stoben glühend durch die Luft, als sie zuschlugen und parierten. Ein Mädchen hatte den Kopf tief in ein Aquarium gesteckt, um zu beweisen, dass sie jetzt unter Wasser atmen konnte. Beeindruckend, aber ich wurde den Gedanken nicht los, dass sie sich in feiner Gesellschaft mit den klaffenden Kiemenreihen am Hals eine ziemliche Blöße geben würde. Nicht weit davon entfernt hatte ein bedauernswerter junger Mann aufgehört zu beweisen, dass er jetzt Feuer atmen konnte, weil er davon Schluckauf bekommen hatte. Nicht voraussagbaren und leicht entzündlichen Schluckauf. Jemand führte ihn fort, um ihm eine Asbesttüte über den Kopf zu stülpen. Mir war nicht klar, warum sie seinen Kopf nicht einfach ins Aquarium stecken konnten, neben das Mädchen.

Und jemand hatte wieder einmal die Schießanlage hochgejagt. Es gibt immer einen, der den Rekord für die größte und leistungsstärkste Handfeuerwaffe brechen will.

Schließlich entdeckte ich den Waffenschmied ein Stück weiter vorn, wie er in den Kavernen hin und her ging und dabei ein strenges Auge auf alles und jeden hatte. Ab und zu blieb er stehen, um Rat zu erteilen, Ermutigung auszusprechen und hie und da, wo nötig, jemandem eine runterzuhauen. Der Waffenschmied war streng, aber gerecht. Ich wartete, bis er zurückkam und es sich an seinem üblichen Versuchstisch gemütlich gemacht hatte, und setzte mich still neben ihn. Er warf einen kurzen Blick auf mich, zog vernehmlich die Nase hoch und widmete sich wieder dem, woran er gerade arbeitete. Es bedarf viel, um den Waffenschmied zu überraschen.

Der Waffenschmied, ein hochgewachsener Mann mittleren Alters mit viel zu viel nervöser Energie, trug einen ständig fleckigen weißen Laborkittel über einem T-Shirt, auf dem Gewehre töten keine Menschen; ich töte Menschen stand. Zwei Büschel zotteliger weißer Haare standen unter einer runden Glatze über seinen Ohren ab, und seine Augen unter den buschigen weißen Brauen waren stahlgrau. Selten blickte er anders als gewohnheitsmäßig finster, und während er einmal groß und imposant gewesen war, so beugte ihn jetzt ein ausgeprägter Buckel, Erbe all der Jahre, die er gebückt über Arbeitstischen mit Laborprojekten, die immer dringend seiner Zuwendung bedurften, zugebracht hatte. Vielleicht hatte er ihn aber auch nur vom Ducken. Ich saß eine Weile neben ihm und wartete darauf, dass er etwas sagte, aber wie immer blieb es mir überlassen, seine Aufmerksamkeit von seinem jüngsten Projekt loszueisen.

»Hallo, Waffenschmied. Schön, dich wiederzusehen. Der alte Ort scheint sehr geschäftig, zumindest augenblicklich. Bereiten wir uns auf einen Krieg vor?«

Er schniefte noch einmal hörbar. »Immer, Junge. Immer.«

Er steckte ein dickes Stromkabel in eine Steckdose, legte ein halbes Dutzend Schalter um und schaute dann erwartungsvoll auf einen Computermonitor, der mit Mistelzweigen und Knoblauchzöpfen umwickelt war. Nichts geschah. Der Waffenschmied schlug mit einem Hammer gegen den Computer, und ich nahm ihm das Werkzeug schnell ab.

»Gib mir das zurück!«, verlangte er und bedachte mich mit einem grimmigen Blick. »Das ist mein Glückshammer!«

»Glückshammer?«, wiederholte ich und hielt ihn sorgfältig außer Reichweite.

»Ich bin immer noch da, oder?«

Ich legte den Hammer auf die andere Seite des Tischs. »Wo liegt das Problem, Waffenschmied?«

Er seufzte, denn er sah ein, dass es sich nicht vermeiden lassen würde, doch mit mir zu sprechen. »Es scheint, als ob jeder im Herrenhaus versucht, Energie aus dem Herzen zu ziehen, und zwar alle auf einmal. Jede verdammte Abteilung gleichzeitig. Ich sollte eigentlich Priorität haben, aber alles, was ich tun kann, ist, mir mit dem Ellbogen einen Platz in der Schlange zu sichern. Wenn ich hochgehen und mich beschweren muss, dann fliegen Tränengasgranaten und Schrapnelle durch die Gemeinschaftsräume …«

»Warum gibt es eine solche Nachfrage nach Energie?«

»Frag nicht mich! Frag den verfluchten Alistair!«

Ich kannte diesen Tonfall. »Na schön; was hat Alistair jetzt wieder angestellt?«

Der Waffenschmied schenkte mir seine beste Schmollmiene. »Zuerst erhöht die Matriarchin mein Budget - und meine Arbeitslast - und erzählt mir, dass meine Projekte bis auf Weiteres oberste Priorität haben, und dann kommt der verdammte Alistair hier reingetänzelt und verkündet, dass er die Waffenkammer als den geeignetsten Ort auserkoren hat, um mit seinem neuesten Kostensenkungsprogramm anzufangen. Das heißt, dass jetzt nicht nur mein Arbeitspensum in die Höhe geschnellt ist, sondern ich muss auch noch für alles, was wir tun und benutzen, Rechenschaft ablegen - in dreifacher Ausfertigung! Hätte mir jemand gesagt, dass ich mein halbes Leben bis zu den Ellbogen in Papierkram verbringen muss, hätte ich mir einen Kopfschuss verpasst! Noch besser, ich hätte dem verdammten Alistair einen Kopfschuss verpasst, und dazu könnte es durchaus noch kommen! Bisher habe ich mich darauf verlegt, den Papierkram einfach zu ignorieren und seine zunehmend verwirrten Memos als Toilettenpapier zu benutzen. Und sie ihm dann zurückzuschicken.«

Ich konnte nicht anders als lächeln und nicken. Typisch Alistair: im Kleinen sparsam und im Großen verschwenderisch. Immer bemüht, sich auf die schlechtest mögliche Art nützlich zu machen. Jemand hat einmal, wohlweislich außer Großmutters Hörweite, die Ansicht geäußert, die beste Methode, unsere Feinde zu Fall zu bringen, wäre, ihnen Alistair als Geschenk zu schicken. Plötzlich hörte ich auf zu lächeln. Jemand in der Familie war ein Verräter … und wie wäre die Familie besser zu behindern als dadurch, die Arbeit in der Waffenkammer zu untergraben und zu unterbrechen? Widerwillig schüttelte ich den Kopf. Die Vorstellung, Alistair als den Verräter festzunageln, war wirklich verlockend, aber ich wusste mit Sicherheit, dass er alle erdenklichen Arten von Sicherheitsüberprüfungen hatte durchlaufen müssen, bevor die Familie Martha erlaubt hatte, ihn zu heiraten. Hätte es damals auch nur den Hauch eines Verdachts bezüglich seiner Person gegeben, hätte man den gefunden. Unvermittelt blickte ich mich um, denn der Waffenschmied hatte mir warnend in die Rippen gestoßen, und da war Alexandra Drood, die auf mich zugesteuert kam wie eine Rakete mit Infrarotsuchkopf.

»Was zum Teufel treibst du hier unten, Eddie?«

»Hallo, Alex!«, sagte ich unbeschwert. »Ich freue mich auch, dich wiederzusehen. Du siehst herrlich streng aus, aber das tust du ja immer. Besonders in bestimmten Träumen, die ich habe, in denen du in Leder in einem Kerker vorkommst … Schau mich nicht so an! Ich bin hier, um etwas von der kleinen und tödlichen Sorte abzuholen, für meinen nächsten Auftrag. Was führt dich denn hier runter?«

Sie stellte sich breitbeinig vor mich, die Fäuste in die Hüften gestemmt. »Ich leite diesen Ort jetzt. Ich werde derzeit dafür ausgebildet, vom Waffenschmied zu übernehmen, wenn er in den Ruhestand tritt.«

Ich sah den Waffenschmied an. »Ruhestand? Du? Wirklich?«

Er zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Irgendwann trifft es uns alle, Eddie. Ich werde nicht jünger, ungeachtet all meiner Experimente auf diesem Gebiet, und die Familie ist auf neue Ideen und neue Methoden aus der Waffenkammer genauso angewiesen wie auf neue Waffen. Vielleicht ist es Zeit für eine Veränderung. Zurzeit führe ich nur noch die Aufsicht. Papierkram, weißt du noch? Alexandra kümmert sich um das ganze tägliche Geschäft. Und macht das sehr gut.«

Es brachte tatsächlich ein ehrliches Lächeln für sie zuwege, welches sie ignorierte, denn ihr grimmiger Blick war auf mich geheftet. Ich betrachtete Alexandra nachdenklich. Sie war meine Cousine und im selben Alter wie ich. Wir hatten an vielen Unterrichtsstunden gemeinsam teilgenommen, und sie war immer der Liebling des Lehrers gewesen. Eine erstklassige Schülerin und die Erste, die einen das wissen ließ. Alexandra war groß und blond und mit einem Vorbau ausgestattet, von dem aus man Shakespeare geben konnte. Vom Scheitel bis zur Sohle das arische Ideal und doppelt so gruselig. Ihr Laborkittel war fast zu Tode gestärkt und blendend weiß. Sie war recht hübsch, aber auf eine gänzlich einschüchternde Weise, und erweckte immer den Eindruck, als wolle sie sich jeden Moment nach vorn stürzen und einen beißen. Und das nicht unbedingt auf liebenswerte Art. Sie funkelte mich mit mehr als ihrer üblichen Wildheit an, und instinktiv blickte ich mich nach etwas rohem Fleisch um, um es ihr zuzuwerfen. Sie rammte mir einen Zeigefinger in die Brust.

»Vorsicht, Liebling!«, sagte ich. »In manchen Kulturen bedeutet das, dass wir verlobt sind!«

»Ich bin nicht dein Liebling!«

»Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie wohl und sicher ich mich deshalb fühle, Alex!«

Sie atmete ein paarmal tief durch, um sich zu beruhigen, was sehr interessante Sachen mit ihrem Vorbau anstellte. Ich musste einen Moment lang wegschauen. Als Alexandra wieder sprach, war ihre Stimme eiskalt und beherrscht.

»Ich hatte schon gehört, dass du wieder da bist, Eddie. Ich weiß nicht, wie du die Unverfrorenheit aufbringst, deine Visage im Herrenhaus zu zeigen. Du hast der Familie den Rücken gekehrt, nach allem, was sie für dich getan hat!«

»Wegen allem, was sie für mich getan hat! Ich diene immer noch, aber auf meine eigene Weise.«

»Es kann nur eine Weise geben! Du hast das Vertrauen der Familie missbraucht; die alten Traditionen von Pflicht und Verantwortung. Du bist aus dem Herrenhaus weggelaufen. Weg von mir.«

»Ich wäre Stück für Stück gestorben, wenn ich geblieben wäre, Alex. Das weißt du.«

»Du hättest fortbleiben sollen! Für dich ist hier kein Platz mehr! Niemand in der Familie will dich hier haben. Niemand! Und jetzt schaff dich gefälligst aus meiner Waffenkammer, bevor ich dich von den Sicherheitsleuten rauswerfen lasse!«

»Ach, Alex; es tut gut zu sehen, dass Rang und Ansehen dich nicht reifer gemacht haben! Wie klappt's mit der Arbeit hier? In letzter Zeit noch ein paar weißen Mäusen die Köpfe abgebissen?«

»Es war nur die eine! Und es war ein völlig vernünftiges wissenschaftliches Experiment!«

»Aber sicher doch, Liebling. Trotzdem hast du wie ein kleines Mädchen geweint, als ich dir anschließend die ganzen Tollwutspritzen geben musste.«

Ich konnte nicht behaupten, dass es mich sonderlich überraschte zu erfahren, dass Alexandra zum neuen Waffenschmied ausgebildet wurde. Sie war schon immer ehrgeizig gewesen, nicht zu vergessen zielgerichtet auf eine fast verwerfliche Art und von dem Verlangen besessen, sich hervorzutun. Alexandra gehörte zum harten Kern der Familie, total dem guten Kampf verschrieben, ohne die geringste Zeit für Leute wie mich, die auf der Überholspur lebten.

»Ich bin hier, um mir ein paar neue Waffen für meine Mission abzuholen«, fuhr ich fort und setzte mein bestes Lasst-uns-alle-ruhig-und-vernünftig-sein-Gesicht auf. »Ich habe einen Zettel von der Matriarchin.«

Alexandra musterte mich mit einer Miene, die deutlich machte, das sie mir kein Wort glaubte, und streckte die Hand nach dem Schrieb aus. Ich gab ihn ihr, und demonstrativ prüfte sie das Papier sehr gründlich, Zeile für Zeile, auf der Suche nach einem Unterabschnitt, den sie verwenden konnte, um mich abzuweisen. Ich schenkte ihr mein zuversichtlichstes und vorteilhaftestes Lächeln, woraufhin ihr Stirnrunzeln noch tiefer wurde. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie sich bald selbst Kopfschmerzen bereiten. Am Ende blieb ihr nichts anderes übrig, als meinen Zettel zu akzeptieren. Er kam direkt von der Matriarchin, mit deren Siegel und Unterschrift. Widerstrebend setzte Alexandra ihre Initialen in die dafür vorgesehene Leerzeile und streckte mir dann das Papier ungnädig wieder hin.

»Es scheint alles seine Richtigkeit zu haben«, knurrte sie. »Aber ich will dich nicht einen Moment länger als nötig in meiner Waffenkammer haben, Eddie. Du bist ein Unruhestifter. Du verursachst Zerstrittenheit und du untergräbst die maßgebende Autorität. Du stehst für alles, was ich in der Familie missbillige. Wir hätten dich schon vor Jahren eliminieren sollen. Du bist ein Sicherheitsrisiko, und daran wird sich nie etwas ändern.«

Ich musste lächeln. »Wenn ich bedenke, dass ich dir eine Valentinskarte geschickt habe, als wir beide vierzehn waren!«

Ihr Mund zuckte kurz. »Du warst das also! Ich habe mich das oft gefragt.«

An diesem interessanten Punkt wurden wir durch das Eintreffen eines anderen Frontagenten unterbrochen. Es handelte sich um Matthew Drood, und plötzlich war Alexandras Gesicht ein einziges Lächeln. Matthew war ebenfalls ein Cousin meines Jahrgangs und alles, was ich in den Augen der Familie jemals hätte sein sollen. Er war alles geworden, wovon ich immer geglaubt hatte, dass er es werden würde: sehr elegant, sehr fesch, sehr glatt. Und nicht halb so gut im Außendienst, wie er gern glauben machte. Ich hatte mit ihm an ein paar Fällen in London gearbeitet, und irgendwie erntete er zum Schluss die ganzen Lorbeeren, nachdem ich die ganze wirkliche Arbeit erledigt hatte. Er stellte sich in seinem teuren maßgeschneiderten Anzug lässig vor mich hin, alles, was ein Agent im Außendienst nicht sein sollte: groß, geheimnisumwittert, attraktiv und mühelos charmant, wenn er es wollte. Viel Glück bei dem Versuch, ihn in einer Menschenmenge zu verstecken! (Na gut, Onkel James war all das auch, aber James hatte Stil.)

Matthew arbeitete hauptsächlich in Geschäftskreisen und hielt die Londoner City … wenn auch nicht wirklich für anständig, so doch wenigstens für viel zurückhaltender. Auch neigte er bei den meisten Problemen zu Verbrannte-Erde-Lösungen, in denen so etwas wie unbeteiligte Zuschauer nicht vorkamen. Harter Kern der Familie, klar, weshalb er und Alexandra auch so fabelhaft miteinander auskamen. Irgendwann hörte Matthew lange genug auf, charmant zu ihr zu sein, um mich zu bemerken.

»Ah, Eddie … Super, dich wiederzusehen, altes Haus! Du siehst sehr … städtisch aus. So schnell zurück aus dem Exil? Was ist passiert, alter Junge? Bist du in etwas hineingeraten, womit du nicht zurechtkommst? Du hättest mich rufen sollen; du weißt, dass ich allzeit bereit bin, zuzupacken und die Lage zu retten!«

»Jau«, erwiderte ich. »Das wird vielleicht mal passieren. Tatsächlich hat mich allerdings die Matriarchin hierher zurückgerufen, um mich persönlich mit den Einzelheiten meines neuen Auftrags vertraut zu machen.« Normalerweise ist es nicht meine Art, immer besser sein zu wollen als andere, aber Matthew bringt jedes Mal meine schlechtesten Seiten ans Licht. Sein heiteres Lächeln fing an, ein bisschen gezwungen zu wirken, also spannte ich den Bogen noch ein wenig weiter. »Es überrascht mich, dass du nichts davon gehört hast, Matthew. Ich dachte immer, du seist freigegeben für Besprechungen auf höchster Ebene!«

»Tatsächlich?«, murmelte er. »Eine Geheimmission, sagst du? Erzähl doch mal … Ich brenne darauf zu erfahren, welche Art von oberwichtiger Mission jemanden mit deinen … besonderen Talenten erfordert.«

»Tut mir leid«, sagte ich. »Aber es hat den Anschein, als sei deine Sicherheitsfreigabe doch nicht hoch genug.«

Er versteifte sich merklich und wandte sich abrupt ab, um Alexandra sein charmantestes Lächeln zu schenken. »Lexxy, Schatz, ich komme zu dir in Not. Ich fürchte, ich muss noch einen Wahrheitsfeldgenerator haben! Den letzten habe ich völlig verschlissen, als ich in diesem großen brasilianischen Betrugsfall in der Londoner City hinter belastenden Dokumenten her war …«

»Aber sicher, Matthew. Nur das Beste für das Ass der Familie! Komm mit, und ich werde ihn dir sofort besorgen!«

Sie kehrten mir beide den Rücken zu und schlenderten Arm in Arm davon, während sie unbeschwert miteinander lachten. Der Waffenschmied und ich schauten ihnen nach.

»Was dieses Mädchen braucht«, meinte der Waffenschmied, »ist ein richtig guter -«

Schnell ließ ich meine klapprige tragbare Tür vor ihm auf den Tisch fallen. »Die muss neu aufgeladen werden. Und zwar so schnell wie möglich!«

»Ich weiß, ich weiß; ich habe den Zettel gelesen. Die Matriarchin will, dass du mit dem Besten ausgestattet wirst, was wir haben, und dann auf der Stelle von hier verschwindest. Nichts Ungewöhnliches dieser Tage.« Er rief nach einem seiner Internierten, der kam und die tragbare Tür mit sich nahm, wobei er sie wie eine tote Maus auf Armeslänge von sich hielt. Der Waffenschmied sprang auf und starrte mich durchdringend an. »Du kommst mit mir, Eddie! Und ich werde dir ein paar Dinge zeigen, die dich gerade dann am Leben halten könnten, wenn alle anderen deinen Tod wollen.«

Er führte mich zu einem anderen Versuchstisch hinüber, scheuchte ein halbes Dutzend Internierte fort und ergriff eine große, silberne Faustfeuerwaffe. Er wog sie nachdenklich in der Hand, bevor er sie mir reichte. Sie war so schwer, dass ich überrascht eine Braue hochzog, und er lächelte stolz.

»Dies ist ein Repetiercolt. Ihm gehen nie die Kugeln aus, und er zielt selbst. Du brauchst ihn nur in die richtige allgemeine Richtung zu halten, und der Revolver kümmert sich um den Rest. Selbst du solltest das schaffen können, Eddie.«

»Wie sieht's mit dem Rückstoß aus?«, wollte ich wissen, nur um mäkelig zu sein.

»Da ich bei seiner Anfertigung Leute wie dich im Sinn gehabt habe, kein nennenswerter. Versuch, ihn nicht zu lange auf einmal zu benutzen, oder die Bindezauber werden sich überhitzen und die Ersatzkugeln könnten den Revolver nicht finden.«

»Wieso ist er so schwer?«

Er grinste fies. »Damit, falls dir doch einmal die Kugeln ausgehen, du die Arschlöcher damit zu Tode knüppeln kannst.«

Er warf mir ein Schulterhalfter zu, und ich mühte mich hinein, während er mich an einen anderen Tisch führte. Ich hasse Schulterhalfter. Wie Frauen mit Büstenhaltern zurechtkommen, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Es gelang mir, das Halfter mehr oder weniger an den richtigen Platz zu bugsieren, ehe der Waffenschmied so weit war, mir seine nächste Kreation zu zeigen. Sie sah verdammt stark nach einer gewöhnlichen Armbanduhr aus.

»Sieht verdammt stark nach einer gewöhnlichen Armbanduhr aus«, stellte ich fest.

»Nun, du würdest ja wohl auch keine wollen, die schreit: Schaut mich an! Ich gehöre einem Frontagenten!, oder? Dies ist eine Umkehruhr. Sieht aus und funktioniert wie normal, bis auf diesen Knopf hier. Nicht berühren, es sei denn, du hast vor, ihn zu benutzen! Wenn du ihn fest herunterdrückst, wird die Uhr die Zeit umkehren und die letzten dreißig Sekunden deines Lebens zurückspulen. Das verschafft dir eine zweite Chance, deine schwerwiegenderen Fehler ungeschehen zu machen. Aber sei gewarnt: Jeder Versuch, mit der Zeit herumzuspielen, ist gefährlich! Benutze die Umkehrfunktion nicht zu oft; sie könnte die Aufmerksamkeit gewisser Wesen auf sich ziehen, die Zeitrisse sehr ernst nehmen!«

Behutsam nahm ich die Uhr entgegen. »Wie funktioniert sie?«

»Du würdest es auch dann nicht verstehen, wenn ich es dir erklärte, also zieh sie einfach an und achte auf das hier!«

Ich legte die Uhr an, steckte meine alte Rolex in meine Jackentasche und schaute auf den Kompass, den der Waffenschmied hielt. Er sah ziemlich stark nach einem gewöhnlichen Kompass aus. Der Waffenschmied blickte zu mir hoch, aber ich lächelte nur höflich. Ich hasse es, berechenbar zu sein.

»Dieser Kompass wird dir den besten Ausweg aus jeder Situation zeigen, ganz gleich wie sehr du dich darin verstrickt hast. Er ist so programmiert, dass er den nächsten realisierbaren Ausgang erfasst und dich dorthin bringt. Folge einfach nur der Richtung, in die die Nadel zeigt. Die Matriarchin hat ausdrücklich etwas Einfaches in dieser Art verlangt, und der hier ist so einfach, dass ein Hund ihn benutzen könnte. Du musst ihn nur von starken magnetischen Kräften fernhalten, sonst kommt er durcheinander. Wenn er anfängt hängen zu bleiben, schmierst du das Räderwerk mit ein bisschen Butter ein. Nur beste Butter selbstverständlich.«

»Oh, selbstverständlich!«

»Nun denn, was habe ich sonst noch für dich? Ich hatte einen echt netten Zeigeknochen von australischen Ureinwohnern, aber jemand hat Kaffee damit umgerührt, und danach war er nicht mehr derselbe. Dann war da noch der Persönlichkeitshervorheber … Sah auf dem Reißbrett wirklich gut aus. Der Gedanke dahinter war, dass man ihn benutzt, um den Teil seiner Persönlichkeit hervorzukehren, der gerade am besten geeignet ist, mit der Situation umzugehen, in der man sich befindet.«

»Darf ich daraus entnehmen, dass etwas schiefging?«

»Der Hervorhebenteil klappte prima. Die verdammten Dinger anschließend abzuschalten war das Problem. Bisher haben wir es mit sechs Fällen von multipler Persönlichkeitsstörung zu tun und mit zwei Fällen von Leuten, die sich weigern, mit sich selbst zu sprechen. Weitere Tests sind ausgesetzt worden. Ah, ja; hiernach hatte ich gesucht!«

Er überreichte mir ein kleines, blau-schwarz lackiertes Kästchen, nicht viel größer als eine Streichholzschachtel, mit einem großen roten Knopf darauf. Ich schüttelte es, um zu schauen, ob es rasselte, und der Waffenschmied zuckte tatsächlich zusammen.

»Bitte tu das nicht! Was du da in der Hand hältst, ist ein Prototyp, den wir noch nicht zu Ende getestet haben, aber die Matriarchin hat gesagt, sie will, dass du mit dem Allerbesten versorgt wirst, was wir anbieten können, also … Dies ist ein Zufallsteleportgenerator. Drück auf den Knopf, und sofort schickt das Kästchen dich irgendwo anders hin. Und weil es jedes Ziel zufällig wählt, ist niemand in der Lage, dich zu verfolgen. Benutze es, um aus Gefängniszellen, Sackgassen, Todesfallen und dergleichen zu entkommen. Es funktioniert einwandfrei, bis auf die Gelegenheiten, wo es nicht funktioniert.«

»Was?«

»Welchen Teil des Wortes zufällig soll ich dir erklären, Eddie? Dieses Kästchen könnte dich überall hinschicken, theoretisch. Es ist vorprogrammiert, dich nicht in etwas Festem zu rematerialisieren, aber davon abgesehen ist alles möglich. Du könntest am Nordpol landen. Oder im Tal des Todes. Oder im Marianengraben -«

»Schon gut, ich hab's verstanden. Ich denke, da werde ich passen.«

Ganz vorsichtig gab ich ihm das Kästchen zurück. Er zuckte die Schulter und legte das Kästchen ganz vorsichtig auf den Tisch. »Mach, was du willst, Junge.«

»Vielleicht würde Matthew es ja gern testen.«

»Jetzt bist du aber gemein!«

Ich grinste und nickte dem Waffenschmied dankend zu. Er blickte mich einen Moment lang an.

»Gib da draußen auf dich acht, Eddie!«, sagte er mit rauer Stimme. »Es ist jetzt viel unheimlicher in der Welt als zu meiner Zeit.«

Der Waffenschmied hatte fünfundzwanzig Jahre als Außendienstagent verbracht. Das machte ihn zu so einem guten Waffenschmied. Er war sich immer darüber im Klaren, dass seine schlauen Erfindungen in der wirklichen Welt funktionieren mussten, nicht nur in den Laboren. Alexandra hingegen war in ihrem ganzen Leben noch nicht draußen an der Front gewesen.

»Keine Sorge«, antwortete ich. »Ich werde vorsichtig sein, Onkel Jack.«

Aber er war schon wieder in die Arbeit an etwas anderem vertieft. Zwei seiner Internierten hatten ihm eine große Holzkiste gebracht, die von einem halben Dutzend verblichener Lederriemen mit schweren schwarzen Eisenschnallen zusammengehalten wurde. Vorsichtig machte er jeden einzelnen davon auf, öffnete den Deckel und wühlte im Füllmaterial herum, bis er einen großen, antiquierten Brustharnisch zutage förderte. Er hielt ihn ins Licht, um ihn prüfend zu betrachten, und ich beugte mich über seine Schulter. Das scharlachrote Metall war hauchdünn und tief eingekerbt mit langen Schriftzeilen in Sanskrit. Der Waffenschmied legte den Kürass behutsam vor sich auf den Tisch und klemmte sich eine Juwelierlupe ins Auge, um ihn genau zu untersuchen. Ich war verwirrt. Wenn dieses Rüstungsteil so alt war, wie es aussah, dann sollte es eigentlich Teil der Familiengeschichte sein und ich es erkennen. Ich hatte jedoch etwas Derartiges noch nie gesehen.

»Was ist das?«, fragte ich und versuchte, nur beiläufig neugierig zu klingen.

Er grunzte, ohne aufzusehen und ohne sich auch nur einen Moment lang täuschen zu lassen. »Dies hier ist Teil einer Moloch-Arbeitsmontur. Nicht unähnlich der Rüstung, die wir tragen, nur auf einer viel höheren Stufe. Das ist die Art von Zeug, die man trägt, wenn man einen Berg mit einer Hand zur Seite schieben will. Und der Grund, weshalb du es noch nie zuvor gesehen hast, ist, dass es Teil des Armageddon-Kodex ist.«

Ich stand nur da und starrte ihn einen Moment lang mit offenem Mund an. »Aber … aber … das sind verbotene Waffen! Die Waffen, deren Gebrauch zu gefährlich ist, außer wenn die Realität selbst bedroht ist!«

»Das weiß ich, Eddie.«

»Was zum Teufel macht dann so was wie das hier außerhalb des Kodex?«

»Befehl der Matriarchin. Sie will, dass sämtliche verbotene Waffen entfernt und untersucht werden, eine nach der anderen, und geprüft wird, ob sie mit maximaler Effizienz arbeiten. Nur für den Fall, dass sie gebraucht werden sollten. Genau genommen hat sie noch keine Tests angeordnet; ich glaube nicht, dass der Rat das dulden würde. Aber wie schlimm muss es stehen, wenn wir zum ersten Mal seit Jahrhunderten den Kodex öffnen?«

Ich beugte mich nah heran, um einen besseren Blick auf den scharlachroten Brustharnisch zu haben. Ich hatte noch nie etwas aus dem Armageddon-Kodex gesehen. Ich glaube nicht, dass es sich bei mehr als einer Hand voll Personen in der Familie anders verhält.

»Niemand sonst soll wissen, was das hier ist«, sagte der Waffenschmied leise. »Es befindet sich unter einem Codenamen hier. Ich wollte aber, dass es jemand weiß. Jemand, dem ich vertraue.«

»Nicht Alexandra?«, fragte ich ebenso leise.

»Die Matriarchin hat ausdrücklich befohlen, ihr nichts davon zu erzählen. Der Waffenschmiedin in Ausbildung nichts davon zu erzählen? Was sagt dir das?«

»Sie denkt, dass es innerhalb der Familie einen Verräter gibt, Onkel Jack. Und da ist sie nicht die Einzige …«

»Einen Verräter? In der Familie? Großer Gott, wie weit ist es mit uns gekommen?« Der Waffenschmied schüttelte langsam den Kopf. »Es gab eine Zeit, da hätte ich gesagt, so etwas ist undenkbar. Aber jetzt … Ich weiß es einfach nicht mehr.«

»Kennst du meinen Auftrag?«, fragte ich. »Was ich bei mir trage und wohin ich es bringen muss?«

»Natürlich! Allerdings bin ich einer der Wenigen, die Bescheid wissen. Leg es zurück, Eddie! Es hätte gar nicht erst hierhergebracht werden dürfen.«

»Du hast nicht danach verlangt?«

»Teufel auch, nein! Das war wieder der Befehl der Matriarchin!«

»Diese Öffnung des Kodex«, sagte ich bedächtig. »Könnte sie mit den jüngsten Angriffen aufs Herrenhaus in Verbindung stehen? Und aufs Herz?«

Der Waffenschmied wandte den Blick ab und ließ die Schultern noch mehr als sonst hängen. Und zum ersten Mal klang er … alt. »Ich weiß es nicht, Eddie. Niemand erzählt mir mehr was.«

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