Samu erwachte von einem Geräusch, das wie ein vielstimmiger Aufschrei klang. Sie fühlte sich ungewöhnlich benommen. Ihr Kopf war schwer, und als sie versuchte, aufzustehen, war es fast so, als drücke sie eine weiche, riesige Hand auf ihre Kline nieder. So stark war dieser Widerstand, daß es ihr beim ersten Versuch unmöglich war, sich zu erheben. Sie hatte nicht die Kraft, ihren Willen in Taten umzusetzen.
Langsam begannen ihre Gedanken, klarer zu werden. Im weitläufigen Haus des Kaufmanns konnte sie jetzt deutlich das Murmeln vieler Stimmen wahrnehmen. Der ganze Palast schien voller Menschen zu sein!
Der bittere Geschmack von Kräutern füllte ihren Mund. Auf ihrer Zunge war ein widerlicher, pelziger Belag. Sie mußte trinken! Ihre Augen tasteten durch den Raum. Selbst den Kopf zu drehen, war eine Anstrengung, die beinahe über die Grenzen ihrer Willenskraft hinausging. Sie hatte auf dem Schminktisch eine kleine Öllampe brennen lassen. In letzter Zeit konnte sie nicht mehr in völliger Finsternis schlafen. Zu oft hatte sie ihr Lager seit der Flucht des Pharaos aus Alexandria gewechselt. Manchmal wachte sie nachts auf und konnte sich nicht mehr erinnern, wo sie war. Selbst wenn das Licht brannte, brauchte sie ein oder zwei Atemzüge lang, um sich bewußt zu werden, an welchem Ort sie sich aufhielt und wie sie dorthin gelangt war.
Auf dem Schminktisch standen ein kleiner Krug voller Quellwasser und eine flache Schale. Sie sollte trinken, um den üblen Geschmack loszuwerden. Wieder lauschte sie auf die Geräusche im Haus. Elagabal hatte ihr nichts davon gesagt, daß er noch Gäste erwartete. Oder konnte sie sich nur nicht mehr erinnern?
Samu versuchte, in Gedanken die Ereignisse des vergangenen Tages zu ordnen. Sie erschienen ihr seltsam entrückt, so als seien sie nicht erst vor ein paar Stunden, sondern vor langer Zeit geschehen.
Da war der Schatten ... Die Amphore, die dicht neben ihr auf das Pflaster geschlagen war und sie beinahe getötet hätte.
Und Hophra! Hophra, der mit den Lastenträgern gesprochen hatte. Hophra, der verschwunden war, als der Unfall geschah, aber fast sofort danach wieder an ihrer Seite war. War das ein Zufall?
Sie war in einer Sänfte in den Tempel des Eshmun gebracht worden. Ein freundlicher glatzköpfiger Priester hatte sich dort ihrer angenommen. Der Mann hatte eine schwer zu beschreibende Aura gehabt. Schon im ersten Augenblick, in dem sie einander begegneten, hatte Samu gewußt, daß der Priester ein guter Heilkundiger war und daß sie ihm vertrauen konnte. Aber da war noch etwas an ihm . Er hatte Macht! Es war jedoch nicht die Welt der Magie, in der er ein Herrscher war, so wie man es bei einem Heilkundigen vielleicht erwarten mochte. Er hatte die Macht, über Menschen zu gebieten. Sie würden seinen Worten folgen, ohne daß es dazu einer äußerlichen, aufgesetzten Autorität bedurft hätte. So wie er sollten Könige sein, dachte Samu.
Ihre Verletzungen waren kaum der Rede wert. Sie hatte eine Schnittwunde am Arm abbekommen, die zwar stark blutete, aber zum Glück nicht sehr tief war. Wahrscheinlich würde sie nicht einmal eine Narbe von ihr zurückbehalten. Ansonsten war ihr Körper übersät von Prellungen durch die Splitter der Amphore, die sie getroffen hatten. Es war fast schon ein Wunder, daß ihr nicht mehr geschehen war. Samu erinnerte sich gut an die scharfkantigen Tonscherben, die um sie herum auf dem Pflaster gelegen hatten. Mit etwas Pech, wenn ihr die Splitter ins Gesicht geschlagen wären, hätte sie ihr Leben lang entstellt sein können.
Die Priesterin schüttelte den Kopf, die beängstigenden Gedanken zu vertreiben, und lauschte wieder auf die Geräusche in dem Haus. Es war jetzt stiller geworden. Trotzdem hatte sie das Gefühl, daß immer noch eine große Zahl von Gästen anwesend sein mußte.
Erneut versuchte Samu, sich auf ihrem Lager aufzurichten.
Es war ein langer Kampf, bis sie die dünne Decke zur Seite geschoben und die Beine über den Rand der Kline geschwungen hatte. Die Kälte des Steinfußbodens war etwas, vor dem sie sonst immer zurückgeschreckt war, doch jetzt wirkte sie belebend. Mit einem Seufzer stand sie auf. Ihre Beine fühlten sich wie tot an. Kaum vermochten sie das Gewicht ihres Körpers zu halten.
Unsicher schwankend gelangte Samu zu dem Schminktisch.
Von der Anstrengung der paar Schritte war ihr übel geworden, und sie mußte sich auf dem kleinen Lehnstuhl vor dem Tisch niederlassen. Was war nur mit ihr los? War sie krank?
Sie versuchte, den Wasserkrug zu heben und etwas in die flache Schale neben sich zu gießen. Erst beim zweiten Mal gelang es ihr.
Ein schrecklicher Gedanke schoß Samu durch den Kopf. Im tanzenden Licht der kleinen gelben Flamme starrte sie auf ihre Hände und dann in den Spiegel aus polierter Bronze.
Sie hatte plötzlich die Vorstellung gehabt, ihr Leben verschlafen zu haben, die Angst, daß nicht nur ein paar Stunden vergangen waren, seitdem sie sich auf der Kline niedergelassen hatte, sondern viele Jahre, und daß sie zur alten Frau geworden war. Das hätte ihre Schwäche erklärt und die Mühe, die sie dabei hatte, ihre Gedanken zu ordnen. Doch ihre Hände waren noch glatt, ohne Flecken und Falten. Ihr Gesicht nicht verhärmt und verfallen. Ihr Haar seidig und schwarz, ohne eine einzige silberne Strähne. Es war nur ein dummer Gedanke gewesen. Samu tauchte ihre Hände in das klare, kalte Wasser in der Schale und benetzte dann ihr Gesicht. Sie mußte endlich wach werden! Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück und betrachtete die flackernde Flamme der Öllampe.
Ein Geräusch ließ sie aufschrecken. Hatte sie gerade nicht ein metallisches Klingen, wie von aufeinanderschlagenden Waffen, gehört? Benommen schüttelte sie den Kopf. Sie mußte kurz eingenickt sein, während sie die Flammen beobachtet hatte! Was war nur mit ihr los? Hatte man ihr ein Schlafmittel gegeben? Samu versuchte, sich die Einzelheiten des Abendessens mit Elagabal ins Gedächtnis zu rufen. Zwei Stunden vor Sonnenuntergang hatte der Kaufmann sie an seine Tafel geladen. Es hatte gebratenes Huhn, frisches Brot und Gemüse gegeben.
Ausnahmsweise hatte die Priesterin sich auch zwei Becher Wein gegönnt. Elagabal hatte ihr gut zugeredet und teuren Falerner aufgetischt. Verschiedene Sklaven hatten sie während des Essens bedient. Samu versuchte, sich an deren Gesichter zu erinnern. Sie hatte wie üblich kaum auf das Personal geachtet. Doch jetzt im nachhinein war sie fast sicher, daß ihr ein anderer Sklave eingeschenkt hatte als dem Kaufmann.
Das hieß, sie hatte aus einem anderen Krug getrunken! Wenn man ihr Gift verabreicht hatte, dann mußte es in dem Wein gewesen sein! Das Essen war auf Platten auf dem Tisch serviert worden. Niemand hätte im voraus wissen können, welche Teile des Huhns sie sich nehmen würde. Mit dem Brot und dem Gemüse war es ähnlich. Es mußte der Wein gewesen sein! Der Wein .
Während ihrer Überlegungen hatte sie sich wieder zurückgelehnt. Die Augen fielen ihr zu ... Sie ballte die Fäuste, bis sich ihre Fingernägel tief in die Handflächen gruben. Sie durfte nicht wieder einschlafen! Was bei Isis hatte man ihr nur in den Wein getan? Eine Schlafdroge, ein Gift . Es gab viele Möglichkeiten. Der dickflüssige, weiße Maekonossaft konnte eine solche Müdigkeit hervorrufen. Vielleicht hatte auch der Eshmun-Priester seinen Kräutertrunk mit den Tränen des Mondes versetzt . Und wenn man ihr wirklich ein Gift gegeben hatte? Vielleicht war der Unfall mit der Amphore ein erster Mordanschlag gewesen, und nachdem er fehlgegangen war, wollten Hophra und Elagabal jetzt ganz sicher sein, daß sie sterben würde. Sie mußte das Gift aus ihrem Körper bekommen!
Samu beugte sich über die flache Wasserschale und begann zu würgen, doch es nutzte nichts. Wahrscheinlich war es ohnehin sinnlos. Sie versuchte abzuschätzen, wie viele Stunden seit dem Abendmahl vergangen waren. Die meisten Gifte, die sie kannte, hätten sie längst getötet. Dennoch ... Sie steckte sich einen Finger in den Hals, und endlich gelang es ihr, sich zu erbrechen.
Erst als sie nicht einmal mehr dunkle Galle ausspie und jedes weitere Würgen schmerzhaft verebbte, ließ sie sich erschöpft zurücksinken. Sie war in Schweiß gebadet. Ihre Nase und ihr Mund brannten von den üblen Säften, die sie ihrem Körper abgetrotzt hatte. Müde nahm sie den Wasserkrug vom Tisch und trank einen tiefen Schluck, um den üblen Geschmack zu vertreiben.
Sie fühlte sich jetzt ein wenig kräftiger und vor allen Dingen wacher. Es kostete sie nicht mehr all ihre Kraft, gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Sie sollte sich nun ankleiden und nachsehen, was im Haus vor sich ging. Ihre Augen tasteten über die Schminkutensilien auf dem Tisch vor sich. Nein, darauf würde sie verzichten.
Mit zitternden Händen legte sie ihr Gewand an und verknotete es vor der Brust. Dann strich sie sich das strähnige Haar aus dem Gesicht und trat an die Tür. Leise zog sie den schmalen Riegel zurück. Mit angehaltenem Atem lauschte sie einige Herzschläge lang. In der Kammer vor ihrem Schlafraum war alles ruhig. Die Sklavinnen, die Elagabal ihr geschenkt hatte, waren dort einquartiert. Entweder schliefen sie fest, oder sie waren gar nicht anwesend. Jedenfalls deutete nicht das leiseste Geräusch darauf hin, daß sich irgendein lebendes Wesen in dem Raum befand.
Samu drückte mit der Schulter gegen die Tür, doch sie wollte sich nicht öffnen. Hatte sie sich verkantet? Samu verstärkte den Druck. Ein leises Ächzen ertönte, doch die Tür blieb weiterhin verschlossen. Sie war eingesperrt! Verzweifelt ließ sie sich zu Boden gleiten. Was hatte das zu bedeuten? Was plante Elagabal? Hatte man sie vergiftet und wollte sicher sein, daß sie nicht mehr aus ihrem Zimmer entkam, wenn der schmerzvolle Todeskampf begann? Sie schluchzte leise. Sie hätte niemals in dieses Haus kommen dürfen. Hätte sie nur auf Hophra gehört! Der Söldner hatte sie vor seinem Herrn gewarnt.
Wütend biß sie sich auf die Unterlippe. Sie durfte sich jetzt nicht einfach aufgeben. Sie mußte einen klaren Kopf bewahren! Wenn Elagabal sie beim Abendessen wirklich hätte vergiften lassen, dann würde sie jetzt nicht mehr leben. Aus welchem Grund hätte er ein Gift wählen sollen, das erst nach vielen Stunden zu wirken begann? Möglicherweise hatte er ihr nicht einmal einen Schlaftrunk verabreichen lassen. Samu dachte an das Gebräu, daß ihr der Eshmun-Priester zu trinken gegeben hatte. Wenn es mit Maekonossaft versetzt gewesen war, dann müßte der Wein, den sie zum Abendessen getrunken hatte, die beruhigende Wirkung des Mittels noch verstärkt haben. Vielleicht steckte hinter allem also gar keine Intrige. Und die verriegelte Tür? Irgend etwas ging im Haus vor sich, von dem sie nichts wissen durfte. Soviel war gewiß! Vielleicht hatte man ihr ein Schlafgift in den Wein gemischt, damit sie vom Lärm, den die geheimnisvollen Gäste machen würden, nichts hörte. Normalerweise hätte sie dann auch nicht bemerken können, daß sie eingesperrt war. Bis zum Morgengrauen wären der Riegel oder die Keile, welche die Tür von außen verschlossen hielten, sicherlich wieder entfernt worden. Nach der Verletzung, den Aufregungen und dem Wein wäre es ihr sicherlich nicht einmal seltsam vorgekommen, wenn sie in dieser Nacht besonders tief geschlafen hätte.
Womöglich würde man sogar überprüfen, ob sie schlief. Ob es eine Möglichkeit gab, das Zimmer zu beobachten? Unsicher blickte die Priesterin sich um. Es wäre besser, wenn sie sich wieder auf die Kline legte, um den Anschein zu erwecken, daß sie ruhte. Sie durfte Elagabal nicht wissen lassen, daß sein Plan gescheitert war!
Hastig entledigte Samu sich ihres Kleides und kroch dann wieder unter die weiche Leinendecke auf ihrem Lager. Ihr Herz klopfte wie rasend. Sie war jetzt hellwach.
Sie mußte aus diesem Haus verschwinden. Wenn sie morgen noch lebte, dann würde sie die erste sich bietende Gelegenheit nutzen, von hier zu fliehen.
»Du mußt verstehen, daß wir dir nicht trauen konnten«, erklärte der feiste Kaufmann, der das Duell beendet hatte, aufdringlich lächelnd. »Mit deinen vielseitigen Talenten bist du der ungewöhnlichste Söldner, dem ich jemals begegnet bin.«
Er tauschte einen kurzen Blick mit dem Ägypter. »Doch kommen wir zum Wesentlichen . Du sagst, du hättest in vielen Schlachten gegen die Römer gefochten und gelernt, ihre Art zu kämpfen zu übernehmen.«
Philippos nickte. Man hatte den Griechen nach dem Duell in ein Gemach im Inneren des Palastes geführt. Dort war er allein mit Hophra und jenem dicken, jungen Mann, der der Anführer in diesem Komplott zu sein schien. »Nun ... Ich bin kein Feldherr. Von Strategie habe ich keine Ahnung, doch ich weiß, wie sich der einfache Legionär auf dem Schlachtfeld verhält.«
»Das genügt. Du hast ja soeben unter Beweis gestellt, daß du durchaus zu kämpfen verstehst, Grieche. Nach all den Fragen, durch die du in den letzten Tagen aufgefallen bist, ist dir sicher bewußt, daß unser Verhältnis zu den römischen Eroberern alles andere als gut ist. Wir haben beschlossen, unsere Stadt von ihnen zu befreien, und wir brauchen dazu Männer wie dich.«
»Ihr wollt was?« Philippos starrte den dicken Jüngling fassungslos staunend an. »Ihr wollt mich als Söldner für einen Aufstand gegen die Römer anwerben?« Er schluckte. Es wäre wohl besser, wenn er sich nicht allzu deutlich anmerken ließ, für wie verrückt er diese Idee hielt. Zeus allein mochte wissen, was ihm die beiden antäten, wenn sie Zweifel an seiner Treue bekämen.
»Wir wollen dich nicht allein als Söldner, Philippos. Du sollst unsere Männer ausbilden. Fischer, Färber und Lastenträger. Du mußt wissen, sie sind stark und mutig, doch keiner von ihnen hat je mit dem Schwert in der Hand gekämpft. Es fehlt ihnen an Disziplin . Den Tag über wirst du weiterhin in der Färberei Iubals arbeiten, doch hüte dich, dort über unser Geheimnis zu sprechen. Meine Freunde und ich sind zu der Überzeugung gekommen, daß es besser ist, ihn nicht in unser Vertrauen zu ziehen. Er macht viele Geschäfte mit den Römern, und sein Gast, der Priesterfürst Archelaos, hat sein Fürstentum durch die Römer verliehen bekommen. Traust du es dir zu, zwanzig Männer im Schwertkampf auszubilden? Du wirst nur mit Lochagen zusammenarbeiten, die deine Lehren ihrerseits an ihre Männer weitergeben werden.«
Philippos strich sich nachdenklich über den Bart. »Es braucht seine Zeit, um aus einem Fischer einen passablen Kämpfer zu machen. Hophra wird Euch bestätigen können, daß man das Geschäft des Krieges nicht über Nacht erlernt. Was ich allerdings zu tun vermag, ist, sie die Art zu lehren, wie Legionäre töten. Die römischen Soldaten führen meist, durch ihren Schild gedeckt, einen Stich gegen den ungeschützten Bauch ihres Gegners. Durch eine solche Wunde wird ein Soldat sofort kampfunfähig, doch oft liegt er noch Stunden röchelnd und jammernd auf dem Schlachtfeld und demoralisiert seine kämpfenden Kameraden. Wenn Ihr Eure Männer mit Schilden ausrüstet, dann werden sie sich wesentlich besser gegen die Römer halten können, Strategos.« Philippos hatte den Kaufmann mit dem griechischen Titel für einen Feldherren angesprochen, um zu sehen, ob er für Schmeicheleien anfällig war.
Sein Gegenüber lächelte kurz. Offenbar gefiel er sich in der Rolle eines großen Befehlshabers.
»Bislang sind wir bestens mit Schwertern versehen. Wir besitzen fünfhundert Klingen. Schilde und Rüstungen haben wir allerdings kaum.«
»Und wie steht es mit Bogenschützen, Schleuderern und Speerwerfern? Ihr braucht Truppen, um die Römer zu schwächen, bevor es zum Nahkampf kommt. Nicht, daß ich Euch beunruhigen wollte, Strategos, doch ich halte die römischen Fußsoldaten für die besten Kämpfer der Welt. Im Kampf Mann gegen Mann sind sie fast unbesiegbar.«
»Das haben wir bereits bedacht, Grieche. Hophra bildet unsere Bogenschützen aus. Er ist der beste Schütze, den ich jemals gesehen habe. Er vermag auf fünfzig Schritt einen Shekel zu treffen, den du zwischen Daumen und Zeigefinger hältst. Ihm wird eine ganz besondere Aufgabe zufallen.« Die beiden Männer tauschten wieder Blicke und lächelten verschwörerisch.
»Dürfen wir dich nun zu den Unseren zählen, Philippos?«
»Bei Zeus, ja! Ich bin immer dabei, wenn es darum geht, die Römer in ihre Schranken zu verweisen. Doch ich hoffe, Ihr habt Verbündete, denn eins ist gewiß, wenn Tyros sich seiner römischen Besatzung entledigt, werden keine zwei Monate vergehen, bis der Proconsul Gabinius mit einem riesigen Belagerungsheer vor den Toren der Stadt stehen wird. Dann brauchen wir Bundesgenossen, oder unsere Sache ist dem Untergang geweiht. Noch nie hat eine Stadt einer römischen Belagerung widerstehen können.«
»Mach dir darum keine Sorgen, Philippos. Wenn sich Tyros erhebt, werden binnen weniger Tage ganz Syrien und Judäa gegen die Römer aufbegehren. Wir haben beste Verbindungen zu den judäischen Rebellen um Aristobul und auch Beziehungen, die noch wesentlich weiter gehen. Wenn Melkart unserer Sache gnädig ist, dann wird es in Jahresfrist von Pergamon bis Karthago keinen römischen Soldaten mehr geben. So wie der Herbststurm die Blätter aus dem Hof treibt, werden wir die römischen Legionen aus den Provinzen hinwegfegen. Du, Philippos, sollst den Rang eines Syntagmatarchen haben. Wenn du dich als treu erweist, dann wirst du am Ende vielleicht gar Kommandant einer Stadt oder einer Provinz sein. Doch nun genug! Hophra wird dich auf den Hof zurückbringen, auf dem du gekämpft hast. Dort erwarten dich zwanzig Lochagen, denen du eine Lektion im Schwertkampf erteilen sollst.«
Philippos verbeugte sich unterwürfig und folgte dem Söldner. Bei sich aber dachte er, daß der Kaufmann völlig verrückt sein mußte. Sich gegen die Römer zu erheben, war Wahnsinn. Niemals hatte es eine Provinz geschafft, das römische Joch wieder abzuschütteln. Nicht einmal dann, wenn sie Tausende erfahrener Soldaten statt nur ein paar jämmerlicher Fischer gegen die Legionen aufzubieten vermochte.