Kapitel 17

Vielleicht acht Sekunden lang stand er nur da und sah ihn an, so reglos wie der Automat selbst.

Das Licht, das durch die Fenster kam, war leicht gelblich. Es leuchtete drei oder vier Meter hinaus auf den Rasen, gerade bis an den einst lackierten Sockel der Figur. Größere Risse denn je klafften auf ihrem wächsernen Gesicht; nach ihrem Treppensturz saß sie nun ein wenig schief auf dem Sofa, und die Hälfte der Uhrwerke aus ihrem Inneren war fort. Jemand hatte versucht, das zerschlissene Kleid über die beschädigten Stellen zu ziehen. Alt und schrundig und halb blind funkelte sie ihn aus dem Schatten der Lorbeerbüsche böse an.

Zu seinem nächsten Schritt mußte er sich zwingen. Vorsichtig ging er zu der Figur hinüber, auch wenn er sich weiter vom Licht entfernte, als vernünftig war. Sie schien allein; jedenfalls kam es ihm so vor. Die Räder waren, wie ihm auffiel, repariert. Doch der Boden war so ausgedörrt von der langen Julidürre, daß sie kaum Rillen im Gras hinterlassen hatten, und nicht weit zur Rechten kam ein Kiesweg, auf dem sich jede Spur verlieren würde.

Eilig kehrte er ins Haus zurück, denn er hörte Madeline die Treppe herunterkommen.

Mit aller Sorgfalt verschloß er die Glastüren, eine nach der anderen. Dann ergriff er den schweren Eichentisch und trug ihn in die Mitte des Raumes. Zwei der Kerzenhalter kamen ins Schwingen. Als Madeline in der Tür erschien, sah sie, wie er den Tisch absetzte und sie beide auffing.

»Die Motten kommen herein«, erklärte er.

»Aber wird das nicht furchtbar stickig hier drin? Sollten wir nicht wenigstens eines …«

»Ich mache das schon.« Er öffnete die mittlere der Glastüren einen Spaltbreit.

»Brian! Ist etwas nicht in Ordnung?«

Wieder kam ihm in aller Klarheit das Ticken der Uhren zu Bewußtsein; doch am meisten spürte er nun die Gegenwart Madelines, die unwillkürliche Bitte, sie zu beschützen. Wenn Menschen nicht wohl in ihrer Haut ist, äußert sich das oft auf die seltsamste Art. Nun kam sie ihm nicht mehr so kühl und unnahbar vor. Ihre Aura – es gab kein anderes Wort dafür – erfüllte den ganzen Raum.

Er sagte:

»Aber nein, um Himmels willen; natürlich ist alles in Ordnung. Ich dachte nur einfach, Motten sind lästig. Deswegen habe ich die Fenster zugemacht.«

»Sollen wir ins andere Zimmer gehen?«

Besser das Ding nicht aus den Augen verlieren. Besser, wenn man es nicht einfach gehen ließ, wohin es wollte.

»Ach, laß uns hierbleiben und noch eine Zigarette rauchen.«

»Gern. Noch etwas Kaffee?«

»Mach dir nicht die Umstände.«

»Das sind keine Umstände. Er steht schon fertig auf dem Herd.«

Sie lächelte, das breite Lächeln eines Menschen, dessen Nerven bloßliegen, und ging hinüber in die Küche. Er zwang sich, nicht aus dem Fenster zu sehen, während sie draußen war. Es schien ihm, daß sie lange fortblieb, und er machte sich auf die Suche nach ihr. Sie kam ihm in der Tür entgegen, eine frische Kanne Kaffee in der Hand. Ihre Stimme war ruhig.

»Brian, hier ist etwas nicht in Ordnung. Die Hintertür war offen. Ich weiß, daß ich sie verschlossen hatte, und Maria schließt sie immer ab, wenn sie nach Hause geht.«

»Dann hat Maria es eben diesmal vergessen.«

»Ja. Da hast du wahrscheinlich recht. Es ist schon albern, wie ich mich anstelle. Wirklich. Laß uns sehen, ob wir etwas zum Aufmuntern finden.«

Es schien, als erwache sie aus einem Traum, mit einem entschuldigenden und doch trotzigen Lachen, und ihr Gesicht bekam wieder mehr Farbe. In einer Zimmerecke, so dezent wie Madeline selbst, stand ein Radio. Sie schaltete es ein. Ein paar Sekunden vergingen, bis es sich aufgewärmt hatte; dann schwoll es zu einer solchen Lautstärke an, daß sie beide zusammenfuhren.

Sie stellte es leiser, aber das Auf und Ab eines Tanzorchesters erfüllte den Raum wie die Brandung der See. Die Melodien schienen wie gewohnt, die Ansagen noch lästiger als sonst. Madeline hörte ein paar Augenblicke lang zu. Dann kehrte sie an den Tisch zurück, nahm Platz und goß für sie beide Kaffee ein. Sie setzten sich im rechten Winkel zueinander, so nahe, daß er ihre Hand hätte berühren können. Sie saß mit dem Rücken zum Fenster. Und immer hatte er das Gefühl, daß da etwas draußen war, etwas, das wartete. Er überlegte, was er tun sollte, wenn ein schrundiges Gesicht sich hinter der Glasscheibe zeigte.

Doch nicht nur seine Nerven konnte er spüren – auch sein Gehirn war nun endlich wieder in Gang gekommen. Es war, als erwache er aus einem Traum. Es war, als fasse er zum erstenmal wieder klare Gedanken, als fielen Fesseln von ihm ab und als sprengte sein Gehirn die eisernen Bänder, die es gefangenhielten.

Was wußte er über diese Puppe? Sie bestand aus leblosem Eisen und Uhrwerken und Wachs. Für sich genommen, war sie nicht gefährlicher als ein Küchenherd. Das konnte er mit Bestimmtheit sagen, denn sie hatten sie untersucht. Sie stand nur zu dem Zweck dort draußen, zu erschrecken; die Absicht eines Menschen steckte dahinter, eine greifbare Hand.

Sie war nicht aus eigenem Antrieb über den Pfad von Farnleigh Close herübergekommen wie eine böswillige Alte im Rollstuhl. Sie war hergebracht worden, um sie zu erschrecken, und auch das wies wiederum auf eine eindeutige Absicht, eine eindeutige Hand. Und es schien ihm, daß dieser Automat sich bestens in ein Muster fügte, das sich bei diesem Fall schon von Anfang abzeichnete und das er eigentlich auch von Anfang an hätte sehen sollen …

»Gut«, riß Madeline ihn aus seinen Gedanken, »laß uns darüber reden. Es wäre wohl wirklich besser.«

»Darüber?«

»Über alles«, sagte Madeline und ballte die Fäuste. »Ich – ich glaube, ich weiß mehr darüber, als du denkst.«

Nun galt seine Aufmerksamkeit von neuem ganz ihr. Wieder hatte sie die Hände flach auf den Tisch gelegt, als wolle sie sich davon abstoßen. Das leise, ängstliche Lächeln hielt sich noch um Augen und Mund. Doch nun war sie still, beinahe kokett, und nie war sie ihm verlockender vorgekommen.

»Ich frage mich, ob du wohl weißt, was ich erraten habe«, sagte er.

»Das wüßte ich auch gern.«

Er behielt den offenen Fensterspalt ständig im Auge. Er hatte den Eindruck, daß er weniger zu Madeline, sondern eher zu etwas dort draußen sprach, etwas, das dort lauerte und dessen Gegenwart das ganze Haus umfaßte.

»Wahrscheinlich geht es mir gleich besser, wenn ich das erst einmal von der Seele habe«, fuhr er fort, den Blick nach wie vor auf das Fenster geheftet. »Laß mich zuerst etwas fragen. Hast du je davon gehört, daß es hier in der Gegend einen – einen Hexenkult gibt?«

Sie zögerte.

»Ja. Gerüchte habe ich gehört. Warum?«

»Es geht um Victoria Daly. Die wichtigsten Fakten habe ich gestern von Dr. Fell und Inspektor Elliot erfahren; ich hatte sogar alles, was ich brauchte, um sie zu deuten – ich war nur nicht gewitzt genug, mir alles zusammenzureimen. Aber jetzt ist es mir aufgegangen. Wußtest du, daß sich nach dem Mord an Victoria herausstellte, daß ihr Körper mit einer Substanz eingerieben war, einer Mischung aus Rübensaft, Eisenhut, Fingerkraut, Tollkirsche und Ruß?«

»Warum erzählst du mir das? Was haben denn diese ganzen gräßlichen Dinge mit unserem Fall zu tun?«

»Eine ganze Menge. Diese Mischung ist ein Rezept, eines von mehreren, für die berühmte Hexensalbe – tu nicht so, als hättest du noch nie davon gehört –, mit der die Hexen sich einrieben, bevor sie auf den Sabbat gingen. * [* Eine pharmakologische Analyse dieser Salben findet sich bei Margaret Alice Murray, The Witch-Cult in Western Europe ( Oxford University Press, 1921), Anhang V, S. 279 f., und J. W. Wickwar, Witchcraft and the Black Art (Herbert Jenkins, 1925), S. 36 – 40. Siehe auch Montague Summers, History of Witchcraft and Demonology (Kegan Paul, 1926).] Eine Zutat fehlt – das Fleisch eines Kindes –, aber ich nehme an, selbst beim sorgfältigsten Mörder hat der Realismus Grenzen.«

»Brian!«

Denn das Bild, das vor seinem inneren Auge aus dem ganzen raffinierten Gewirr von Ereignissen heraus allmählich Gestalt annahm, war weniger das eines Hexenmeisters als eher das Bild eines Mörders.

»Doch, glaube mir. Ich verstehe ein wenig von diesen Dingen, und ich weiß gar nicht, warum ich nicht gleich darauf gekommen bin. Jetzt überlege einmal, was wir daraus folgern können – was auf der Hand liegt und was Dr. Fell und der Inspektor schon vor langem daraus geschlossen haben. Und ich meine nicht die Tatsache, daß Victoria sich mit satanistischen Praktiken abgegeben oder zumindest so getan hat. Das ist offensichtlich.«

»Wieso?«

»Mal es dir doch aus. Sie reibt sich am Lammas Eve mit dieser Salbe ein, am Vorabend einer der großen Hexenversammlungen. Sie wird um Viertel vor zwölf umgebracht, und der Sabbat beginnt um Mitternacht. Da können wir doch davon ausgehen, daß sie die Salbe aufgetragen hatte, ein paar Minuten bevor der Mörder kam. Der Mord geschieht in ihrem Schlafzimmer im Erdgeschoß, und das Fenster steht weit offen: der traditionelle Weg, auf dem die Hexen das Haus zum Sabbat verließen – oder glaubten, daß sie es verließen.«

Er sah sie nicht an, aber er hatte doch das Gefühl, daß Madeline ein wenig die Stirn runzelte.

»Ich glaube, ich weiß, worauf du hinauswillst, Brian. Du sagst, die Hexen glaubten, daß sie das Haus verließen, weil sie …«

»Darauf komme ich gleich noch. Aber zuerst die Frage: Was sagt uns das über ihren Mörder? Das Wichtigste ist folgendes: Ganz gleich, ob nun der Landstreicher Victoria Daly umbrachte oder nicht, war auf alle Fälle eine dritte Person im Haus, entweder zur Tatzeit oder kurz darauf.«

Madeline sprang vom Stuhl auf. Er blickte sie nicht an, doch er spürte, wie ihre großen blauen Augen auf ihn gerichtet waren.

»Wieso das, Brian? Das verstehe ich nicht.«

»Weil sie sich mit der Salbe eingerieben hatte. Hast du eine Vorstellung, was ein solches Mittel bewirken würde?«

»Ungefähr. Aber sage es mir.«

»Aus den letzten sechs Jahrhunderten«, fuhr er fort, »haben wir eine stattliche Zahl von Zeugnissen derer, die behaupten, sie hätten an Hexensabbaten teilgenommen und Satan sei ihnen erschienen. Was einen, wenn man diese Zeugnisse liest, immer wieder wundert, ist die absolute Sicherheit, die Sorgfalt im Detail, mit der Leute Dinge beschrieben haben, die unmöglich wahr sein können. Wir können, historisch gesehen, nicht leugnen, daß es vom Mittelalter bis zum siebzehnten Jahrhundert Hexenkulte tatsächlich gegeben hat und daß sie beträchtliche Macht hatten. Sie waren nicht minder gut organisiert und geführt als die christliche Kirche. Aber was soll man von den Reisen durch die Luft halten, den Wundern und Gespenstern, den Geistern und Dämonen, den Inkuben und Sukkuben? Man kann sie nicht als Tatsache ansehen (jedenfalls kann ich mit meinem praktischen Verstand das nicht), und doch werden sie von einer großen Zahl von Leuten als solche präsentiert, Leuten, die nicht schwachsinnig und nicht hysterisch waren und auch nicht unter Folter aussagten. – Nun, was würde jemanden dazu bringen, daß er das alles für bare Münze nimmt?«

»Eisenhut und Fingerkraut«, antwortete Madeline mit ruhiger Stimme. »Oder Tollkirsche.«

Sie sahen sich an.

»Ich glaube, das ist die Erklärung«, bestätigte er, noch immer den Blick auf das Fenster geheftet. »Ein Gutteil der Wissenschaft ist der Ansicht – und einer sehr vernünftigen Ansicht, finde ich –, daß viele dieser ›Hexen‹ nie ihr Haus, ja nicht einmal ihr Zimmer verlassen haben. Sie glaubten, sie seien beim Sabbat auf dem Hexenhügel gewesen. Sie glaubten, durch Zauberkraft seien sie zum entweihten Altar geflogen, zu ihrem dämonischen Geliebten. Sie glaubten es, weil die beiden Hauptzutaten zur Hexensalbe Eisenhut und Tollkirsche waren. Weißt du, wie solche Gifte wirken, wenn man sie äußerlich auf die Haut reibt?«

»Mein Vater hatte ein Buch zur Gerichtsmedizin hier«, sagte Madeline. »Ich könnte nachsehen, ob …«

»Tollkirsche oder Belladonna, durch die Poren der Haut aufgenommen – und die Haut an den Fingernägeln –, versetzt den Körper binnen kurzem in Erregung; dann folgen wilde Halluzinationen und Delirium, schließlich verliert man das Bewußtsein. Dazu kommt die Wirkung des Eisenhuts: geistige Verwirrung, Benommenheit, Bewegungsstörungen, unregelmäßiger Herzrhythmus, am Ende ebenfalls Bewußtlosigkeit. Ein Verstand, der voll ist von den Beschreibungen der Hexenfeiern (Victoria Daly hatte ein Buch mit solchen Beschreibungen auf dem Nachttisch), sorgte für den Rest. Und das ist die Erklärung. Ich denke, wir wissen, wie sie am Lammas Eve ›zum Hexensabbat flog‹.«

Madeline ließ ihre Finger die Tischkante entlangspazieren. Sie musterte sie. Dann nickte sie.

»J-ja. Aber selbst wenn das so war, Brian – wieso beweist das, daß in der Nacht, in der sie umkam, noch jemand anderes im Haus war? Ich meine, noch jemand außer Victoria und dem Landstreicher, der sie umbrachte?«

»Weißt du noch, was sie anhatte, als man den Leichnam fand?«

»Sicher. Nachthemd, Morgenrock und Pantoffeln.«

»Genau – das hatte die Tote an. Darum geht es. Ein frisch gewaschenes Nachthemd – von dem schönen Morgenmantel ganz zu schweigen – über der fettigen, rußigen Salbe? Sehr unbequem, und hinterher schwer zu waschen. Wollte sie im Morgenmantel zum Hexenhügel fahren? Zum Sabbat trugen die Hexen höchstens ein paar Lumpen, die sie nicht in ihren Bewegungen behinderten und die Salbe nicht verwischten – wenn sie überhaupt etwas anhatten.

Kannst du dir nicht ausmalen, was geschah? Die Frau lag im Delirium, fast schon bewußtlos, in dem dunklen Haus. Ein armer Herumtreiber sieht ein Haus ohne Licht und ein offenes Fenster, denkt, da ist leicht etwas zu holen. Statt dessen trifft er auf eine Frau, die von Sinnen ist, die im Delirium schreit – und das muß ja ein ziemliches Schreckgespenst gewesen sein, das da aus dem Bett aufsprang und ihm entgegenkam. Er verlor den Kopf und brachte sie um.

Kein Mensch, der im Rausch dieser Salbe war, hätte Nachthemd, Morgenmantel und Pantoffeln angezogen. Der Mörder hätte sie ihr nicht übergestreift. Er wurde schon entdeckt, bevor er noch seine Beute zusammenhatte, und die Verfolgungsjagd begann.

Aber da war noch jemand in dem dunklen Haus. Da lag Victoria Daly, tot, den Körper mit der Salbe eingerieben, in einem seltsamen Kostüm, das für einen gewaltigen Skandal sorgen würde, wenn man sie so fand. Womöglich kam sogar ein Schlaumeier, der erriet, was vorgegangen war. Um das zu verhindern, schlich sich diese dritte Person ins Schlafzimmer, bevor sonst jemand die Tote gesehen hatte. (Erinnerst du dich? Die beiden Männer, die die Schreie hörten, sahen, wie der Mörder aus dem Fenster kletterte, und setzten ihm nach; erst eine Weile später kehrten sie zurück.) Die dritte Person streifte ab, was Victoria an ›Hexenkleidern‹ getragen haben mag, und steckte den Leichnam in ein braves Nachthemd, in Morgenrock und Pantoffeln. So war es. Das ist die Erklärung. So ist es zugegangen.«

Sein Herz schlug ihm bis zum Halse. Die Bilder vor seinem inneren Auge, die so lange verborgen gewesen waren, kamen nun mit einer solchen Klarheit hervor, daß er nicht mehr daran zweifelte, daß seine Deutung richtig war. Er nickte Madeline zu.

»Du weißt, daß das stimmt, nicht wahr?«

»Brian! Woher sollte ich so etwas wissen?«

»Nein, nein, so meine ich das nicht. Aber du bist genauso sicher wie ich, oder? Das ist die Deutung, von der Elliot von Anfang an ausgegangen ist.«

Sie schwieg eine ganze Weile, bevor sie antwortete.

»Ja«, gestand sie. »Etwas in dieser Art hatte ich mir auch zusammengereimt. Jedenfalls bis heute abend, wo Dr. Fells Andeutungen ja überhaupt nicht dazu paßten – was ich ihm auch gesagt habe. Nicht einmal zu dem, was die beiden denken, paßten sie wirklich. Weißt du noch? Gestern meinte er noch, hier in der Gegend gebe es keinen Hexenkult.«

»Und da hat er recht.«

»Aber du hast doch gerade gesagt …«

»Ich habe nur von einer einzelnen Person gesprochen. Einer, und nur der einen. Genau wie Dr. Fell es uns gestern gesagt hat. ›Alles, von der seelischen Grausamkeit bis zum Mord, ist das Werk eines einzigen Menschen‹. Und: ›Lassen Sie sich das gesagt sein – selbst der Satanismus ist ein ehrliches und geradliniges Geschäft im Vergleich zu dem Vergnügen, das sich hier jemand für seinen Verstand ersonnen hat‹. Das müssen wir jetzt nur noch in den richtigen Zusammenhang bringen, wir müssen das Muster finden. Seelische Grausamkeit, intellektuelles Vergnügen, der Tod von Victoria Daly, vage und unbestimmte Gerüchte, daß – was hat Elliot mir erzählt? – im hiesigen Landadel Hexen ihr Unwesen trieben.

Man fragt sich, wie der Betreffende dazu kam. Schiere Langeweile? Schlicht und einfach Lebensüberdruß, weil er nicht in der Lage war, sich über die alltäglichen Dinge des Lebens zu freuen? Eine Neigung, die er oder sie schon seit Kindertagen hatte, die nun unter der Oberfläche verborgen war, aber doch weiterwuchs und sich aus geheimen Quellen nährte?«

»Wie der Betreffende wozu kam?« rief Madeline. »Das ist doch die Frage, die wir immer noch nicht geklärt haben. Was tat er denn wirklich?«

Hinter ihrem Rücken pochte eine Hand an die Glasscheibe, mit einem häßlichen kratzenden Geräusch wie von Krallen.

Madeline stieß einen Schrei aus. Das Klopfen oder der Stoß hatte die Terrassentür, die noch einen Spaltweit offengestanden hatte, fast geschlossen, und das Glas rasselte noch ein wenig im Rahmen. Page zögerte. Das Radio dudelte weiter seine Tanzmusik. Er ging zur Tür und drückte sie auf.


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