Die Landspitze sah im Sonnenschein ganz anders aus, dachte Aurian. Wie jeden Tag, seit Parric aufgebrochen war, stand die Magusch dort und hielt nach fernen Segeln Ausschau. Nach einer Weile gesellte sich Shia zu ihr.
»Du weißt, daß das idiotisch ist«, bemerkte die große Katze. »Du mußt ihnen etwas Zeit geben, meine Freundin. Warum kommst du nicht mit uns in die Siedlung? Wolf vermißt dich, und selbst Anvar hat es aufgegeben, länger Ausschau zu halten.«
Aurian seufzte. »Wahrscheinlich hast du recht«, gab sie widerwillig zu. »Aber ich hasse die endlose Warterei. Ich will endlich zurück nach Norden …«
»Und du machst dir Sorgen wegen Ithalasa«, fügte Shia mit ihrer gewohnten Scharfsinnigkeit hinzu. »Aber als er zurückkam, um dir zu erzählen, daß er deine Kameraden sicher an ihr Ziel gebracht hat, war alles in Ordnung mit ihm. Und indem du hier stehst und dir Sorgen machst, erweist du ihm keinen Dienst. Bisher konnte er seine Mission geheimhalten, aber falls einer der anderen Leviathane vorbeischwimmt und zufällig deine Gedanken auffängt …«
»Schon gut, schon gut«, murmelte Aurian resigniert. »Laß uns zurück in die Siedlung gehen.«
Als sie der Landspitze den Rücken zukehrte, hörte sie von oben das Donnern von Flügeln und kurz darauf einen Gruß. Aurian schaute überrascht auf. Nachdem Schiannath Rudelfürst geworden war, hatte sie die beiden geflügelten Kuriere zurück zu Rabe geschickt, mit ihrem Segen und ihrem Dank. Es wäre zuviel verlangt gewesen, sie auch noch zu bitten, den Ozean zu überqueren, um in ein fremdes Land zu gelangen. Sie hatte den Widerwillen der beiden gespürt und sie traurig ziehen lassen. Die Geflügelten hatten schon genug für sie getan, obwohl Aurian ihre Hilfe dort, wo sie jetzt hinging, gut gebrauchen könnte.
Aber nun landete Cygnus mit heftigem Flügelschlagen und zu Aurians Erstaunen neben ihr. »Sei mir gegrüßt, Magusch. Ich komme von der Königin«, sagte er, »und biete dir an, euch nach Norden zu begleiten, wenn ihr mich dabeihaben wollt.«
»Aber natürlich! Ich würde mich sehr freuen, wenn du mit uns kämst«, erwiderte Aurian, die das plötzliche Auftauchen des geflügelten Mannes mit neuem Mut erfüllte. Vielleicht geht ja zur Abwechslung einmal alles gut, dachte sie.
Sie dachte noch immer so, als zwei Tage später drei geschmeidige Nachtfahrerboote am Horizont auftauchten, deren Segel in dem schwindenden Licht des Sonnenuntergangs aufblitzten. Aurian sah ihnen mit fiebriger Erwartung entgegen, ganz von dem Gedanken erfüllt, daß diese Schiffe in Kürze sie, ihre Gefährten und die Xandim nach Norden bringen würden. Um ihre Freude vollkommen zu machen, erkannte sie nun auch die Gedanken von Chiamh, die sich ihr quer über den Ozean hinweg grüßend entgegenstreckten.
Als die drei Schiffe endlich im Zwielicht des Abends vor Anker gingen, lief Aurian zusammen mit Anvar dem Windauge entgegen und lernte bei dieser Gelegenheit auch gleich Yanis, den Anführer der Nachtfahrer, kennen.
»Wir haben dich vermißt«, sagte Aurian zu Chiamh, nachdem sie ihn aus ihrer Umarmung entlassen hatte. »Aber du hättest diese weite Reise wirklich nicht noch einmal auf dich nehmen müssen, um uns abzuholen.«
»Aber ich habe es getan«, erwiderte Chiamh lächelnd. »Ich habe euch Magusch nämlich auch vermißt, und außerdem brauchten wir jemanden, der die Schiffe hierherführte. Parric und Sangra meinten, sie hätten für den Rest ihres Lebens genug vom Meer – du hast sicher Verständnis dafür, wenn ich darauf verzichte, an dieser Stelle all ihre Flüche wiederzugeben«, fügte er mit einem Grinsen hinzu. »Aber hier ist noch jemand, der mitkommen wollte, um dich zu sehen.«
Er machte eine knappe Geste mit der Hand, und Aurian fand sich plötzlich Vannors Tochter gegenüber, die zusammen mit einem blonden, jungen Nachtfahrer von einem der anderen Schiffe herbeigerudert war.
»Ho, Zanna!« Die Magusch lief den Strand hinunter auf das Boot zu und staunte darüber, wieviel reifer und unabhängiger das junge Mädchen seit ihrer letzten Begegnung auf dem Markt in Nexis geworden war. »Was ist aus deinem Kristall geworden?« fragte Aurian, während sie Zanna half, das Boot auf den Kiesstrand zu ziehen. »Seit du in jener Nacht mit mir gesprochen hast, habe ich mich gefragt, ob du Miathan und Eliseth wohl entkommen bist.«
»Ich habe den Kristall in den Katakomben verloren«, entschuldigte sich Zanna, während sie mit der Leichtigkeit langer Übung aus dem Boot kletterte. Sie hatte sich darauf gefreut, die Magusch wiederzusehen. Als sie nun sah, daß sich Aurian das Haar ebenfalls abgeschnitten hatte, öffnete sich der Mund des Mädchens weit vor entzücktem Erstaunen. Wenn sie sich in solcher Gesellschaft befand, brauchte sie sich wegen ihrer eigenen, kurzgeschorenen Haare keine Gedanken mehr zu machen!
Die Schiffe sollten mit der Morgenflut lossegeln, aber in dieser Nacht bekam keiner von ihnen viel Schlaf. Der Gemeinschaftsraum der Fischer war von ungezählten Gesprächen erfüllt, während sich Yanis’ Mannschaft mit den einheimischen Xandim unterhielt. (Aurian hatte das Gefühl, daß die Nachtfahrer ihre Wirtschaftsbeziehungen ausdehnen und bald zurückkehren würden – und die Magusch erzählten ihre eigene Geschichte und wurden ihrerseits auf den neuesten Stand gebracht, was die Ereignisse im Norden betraf.)
Als die Schiffe schließlich in dem weichen, blauen Licht der Morgendämmerung ablegten, stand Aurian neben Anvar am Bug. »Erinnerst du dich an das letzte Mal, als wir so zusammen gereist sind?« fragte Anvar leise. »Als wir damals aus Nexis flohen, hätten wir uns wirklich nicht vorstellen können, was für unglaubliche Dinge vor uns lagen.«
»Oder daß wir so wunderbare Freunde finden würden.« Aurian sah das Windauge an, das kurzsichtig der langsam schwindenden Xandimküste nachschaute; und dann fiel ihr Blick auf Shia und Khanu, die sich zum Schlafen auf einer Plane zusammengerollt hatten, direkt neben Wolf und seinen Zieheltern. Die Magusch stellte mit einiger Belustigung fest, daß die Nachtfahrer trotz aller Beteuerungen um diesen speziellen Bereich des Schiffes einen großen Bogen schlugen. »Ich hoffe, wir bekommen eines Tages die Chance, zurückzukehren«, fuhr sie fort, »vor allem, um Hreeza wiederzusehen – aber im Augenblick wünsche ich mir nichts sehnlicher, als wieder nach Hause zu fahren.«
»Es ist noch nicht vorbei«, erinnerte Anvar sie stirnrunzelnd.
»Nein«, pflichtete Aurian ihm bei. »Aber zumindest habe ich jetzt das Gefühl, als erzielten wir langsam Fortschritte. Und sobald wir das Schwert gefunden haben, wer weiß, was dann geschehen wird?«
Ihre Worte, wenn auch in aller Unschuld gesprochen, sandten Anvar einen Schauder angsterfüllter Vorahnungen über den Rücken.
Eliseth spie wilde Flüche und schleuderte den Kristall durchs Zimmer. »Sie ist wieder da! Ich glaube es nicht!« Aber es konnte keinen Zweifel geben. Sie hatte es in dem Kristall gesehen – und mit zunehmender Übung waren ihre hellseherischen Kräfte recht zuverlässig geworden. Die Wettermagusch begann, in ihrem Zimmer auf und ab zu laufen, während sie hektisch nachdachte. Es war schon eine schlimme Demütigung gewesen, daß ihr Vannor und seine Tochter entkommen waren. Ihr Gesicht trug die Verwüstungen weiterer zehn Jahre – das Zeichen von Miathans Zorn. Sie hatte die Absicht, ihm das alles eines Tages heimzuzahlen; aber jetzt, da Aurian zurückgekehrt war, blieb ihr nicht mehr viel Zeit dafür.
Eliseth hatte jedes Zutrauen in Miathans Fähigkeiten als Erzmagusch verloren. Mehr als einmal hatte er eine hervorragende Chance gehabt, Aurians Leben ein Ende zu bereiten, aber jedesmal hatte er sich geweigert, das zu tun. Und was war das Ergebnis? Diese verfluchte Abtrünnige und ihr abscheuliches Halbblut von einem Geliebten klopften praktisch schon wieder an die Tür des Maguschturmes!
Wenn ich nur den Kessel in meinen Besitz bringen könnte, dachte Eliseth verzweifelt. Nach Miathans schrecklichem Irrtum, der die Todesgeister entfesselt hatte, schien sich der Erzmagusch davor zu fürchten, das Artefakt zu benutzen. Wenn er doch nur gelernt hätte, es zu beherrschen! Sie hätte es mit Sicherheit getan, hätte der Kessel ihr gehört … Wenn er sich doch nur die Mühe gemacht hätte, ebenso viele Stunden in den staubigen, eiskalten Archiven zuzubringen, wie Eliseth es getan hatte, um die uralten, halb unleserlichen Schriftrollen zu entziffern und herauszufinden, welche Kräfte der Kessel besaß … Urplötzlich hörte die Wettermagusch auf, durchs Zimmer zu laufen. Nun, warum eigentlich nicht? dachte sie. Warum sollte er nicht mir gehören? Habe ich ihn mir nicht verdient? Würde ich ihn nicht viel besser nutzen können? An diesen sabbernden, alten Narren ist er doch verschwendet.
Aber an dieser Stelle beendete ihr gesunder Menschenverstand ihren Gedankengang. Dieser Narr war noch keineswegs zu alt und zu schwach, als daß er ihr Lebenslicht nicht wie eine Kerze auslöschen könnte, wenn sie sich ihm in den Weg stellte. Eliseth nahm ihren wilden Marsch durch das Zimmer wieder auf. Nach einer Weile fiel ihr Blick auf den Stapel mit Schriftrollen, den sie aus der Bibliothek mitgenommen hatte, um ihre Studien mit einem gewissen Maß an Bequemlichkeit fortsetzen zu können. Der erste Ansatz eines Planes begann sich in ihren Gedanken zu formen …
Miathan schaute mit einer Mischung aus Überraschung und Ärger auf, als die Wettermagusch ohne anzuklopfen in sein Gemach trat. Was dachte sie sich bloß dabei? Es war noch immer geradezu abscheulich früh am Morgen – um genau zu sein, hatte er noch gar nicht geschlafen, da er es sich in diesen Tagen angewöhnt hatte, die Nacht in der geruhsamen Einsamkeit seines Gartens zu verbringen und nachzudenken. Er hatte gerade vorgehabt, zu Bett zu gehen, als Eliseth aufgetaucht war, um ihn zu stören.
»Ja?« fragte er gereizt. »Was willst du zu dieser frühen Stunde, Eliseth?«
»Es tut mir leid, wenn ich dich störe …« Unter der Maske ihrer Höflichkeit konnte er einen Sturm unterdrückter Erregung spüren. »Es geht um dieses alte Dokument«, fuhr sie fort und hielt ihm eine Schriftrolle unter die Nase. »Ich habe es gestern abend in der Bibliothek gefunden und die ganze Nacht damit zugebracht, es zu entziffern. Es bezieht sich auf den Kessel – und es müßte dir helfen, seine Kräfte unter Kontrolle zu bringen und ihn ohne Risiko zu benutzen.«
»Was?« Plötzlich war Miathan hellwach. »Laß mich einen Blick darauf werfen!«
»Gewiß doch.« Die Wettermagusch überreichte ihm die Schriftrolle, aber als er sie aufrollte, mußte er feststellen, daß sie in einer so alten Sprache und mit einer so verblaßten Tinte geschrieben war, daß er kaum ein einziges Wort davon entziffern konnte. Und er hatte natürlich nicht die geringste Ahnung, daß dies Eliseths Werk war.
»Keine Sorge.« Sie nahm ihm das Dokument aus der Hand. »Ich verstehe es selbst nur, weil ich während der letzten Monate Finbarrs Notizen studiert habe, in der Hoffnung, eine Möglichkeit zu finden, dir zu helfen …«
Wer’s glaubt! dachte Miathan. Sie hatte wohl eher sich selbst helfen wollen, wenn er sich nicht schwer irrte. Aber immerhin hatte sie die Schriftrolle zu ihm gebracht …
»Da steht, daß auf der Seite des Grals eine Schrift verborgen ist«, sagte Eliseth nun. »Dort werden die Zaubersprüche der Macht beschrieben, mit denen man den Kessel beherrschen kann …«
»Das klingt in meinen Ohren nach völligem Blödsinn!« schnaubte Miathan. »Verborgene Zaubersprüche, wenn ich das schon höre!«
»Wenn du den Gral holst«, bedrängte ihn Eliseth, »kann ich versuchen, die Schriftrolle zu benutzen, um die geheime Schrift ans Licht zu bringen. Einen Versuch wäre es sicher wert.«
»Also, einen Augenblick mal.« Mittlerweile war Miathans Verdacht geweckt. Er versuchte, Eliseth hinzuhalten. »Warum fertigst du mir nicht eine Übersetzung an, und ich stelle dann fest, ob es funktioniert?«
»Das sieht dir mal wieder ähnlich!« wütete Eliseth, die jetzt endgültig die Fassung verlor. »Du hast mir nie vertraut – du willst mich aus allem heraushalten! Es war meine harte Arbeit, durch die die Schriftrolle gefunden wurde; es waren meine Augen, die sich abgemüht haben, das verfluchte Ding zu übersetzen. Und jetzt willst du, daß ich es dir einfach überlasse, ohne daß du auch nur bitte oder danke zu sagen brauchst. Nun, meinetwegen kannst du verrecken, Miathan. Wenn du mich in dieser Sache nicht als Partnerin akzeptierst, kannst du deine Schriftrolle vergessen – und das kostbare Wissen, das sie enthält, gleich mit.« Sie machte eine Geste, als wolle sie das brüchige Pergament, das sie in Händen hielt, zerreißen.
»Warte – warte!« rief Miathan hastig. »Na schön, es soll so sein, wie du es willst.« Er ging ins Nebenzimmer, und Eliseth hörte das Knarren von Möbelstücken, die zur Seite geschoben worden, gefolgt von einem leisen, aber unüberhörbaren Klicken. Sie hob die Augenbrauen. Also hatte der Erzmagusch da drin ein verborgenes Paneel, wie? Nun, dieser Sache würde sie später noch auf den Grund gehen. Wer konnte wissen, welche anderen Geheimnisse dort verborgen waren? Dann schob sie diesen Gedanken beiseite, da Miathan ins Zimmer zurückgekehrt war, in Händen den schwarz angelaufenen Gral.
Als er das Artefakt auf den Tisch stellte, konnte Eliseth die Macht spüren, die durch den Kessel hindurchpulste und seinen traurigen Zustand Lügen strafte. Ohne ihn anzurühren, nahm sie ihn genau in Augenschein. »Hättest du ihn nicht ein bißchen säubern können?« beklagte sie sich.
»Ich habe es versucht«, sagte Miathan mit einem Seufzen. »Ich habe es viele Male versucht, aber seit jener Nacht bleibt er schwarz, was immer ich auch tue.«
»Nun, soweit ich sehe, gibt es hier keine Spur von einer geheimen Inschrift –, aber andererseits war das wohl auch nicht zu erwarten. Laß mich feststellen, was unser Dokument dazu sagt …« Eliseth wandte sich ab, als halte sie Ausschau nach der Schriftrolle – und schnellte plötzlich herum; ihre langen, schlanken Finger zeigten auf Miathan, und sie stellte all ihre Kräfte hinter jenen Zauber, der ihn aus der Zeit herausnehmen würde.
Miathan hatte einen Angriff auf den Kessel erwartet, nicht auf sich selbst, und daher seine Verteidigung entsprechend eingerichtet, genau wie Eliseth gehofft hatte. Als der Erzmagusch in seiner Position erstarrte, von ihrem Zauber aus der Zeit genommen, flackerte der Gral kurz in einem weißen Licht auf und wurde dann wieder dunkel. Vorsichtig streckte Eliseth eine Hand nach dem Artefakt aus, während sie mit all ihren Sinnen festzustellen versuchte, ob sie noch eine weitere Barriere schützender Magie zu überwinden hatte – aber jetzt war da nichts mehr, bis auf die eigene, summende Macht des Kessels.
Als ihr klar wurde, was sie gerade getan hatte, lachte Eliseth triumphierend auf. »Und was dich betrifft«, sagte sie zu dem erstarrten Erzmagusch, »so wanderst du jetzt hinunter in die Katakomben, wo du Finbarr Gesellschaft leisten kannst, bis ich herausgefunden habe, wie ich dich am besten loswerde.« Sie wußte mit grauenvoller Sicherheit, daß Miathan niemals von dem Zauber erlöst werden durfte. Ihr Leben hing davon ab.
Aber jetzt gab es Arbeit für sie. Während der nächsten Tage würde sie viel zu tun haben. Eliseth lächelte. Sie konnte der Zukunft jetzt voller Zuversicht ins Auge sehen.
Auch Aurian war während der nächsten Tage sehr beschäftigt. Jetzt, da sie zurückgekehrt war, wollte sie sogleich mit ihrer Suche nach dem Schwert beginnen, und sie durfte keine Zeit verschwenden. Dank der Großzügigkeit der Nachtfahrer konnte sie ihre kleine Truppe für die Durchquerung des Moores ausrüsten. Bei Vannor jedoch hatte sie weniger Erfolg. Er bestand darauf, mit ihr zu kommen. »Es geht mir jetzt wieder sehr gut«, meinte er. »Ich werde von Tag zu Tag kräftiger, und Parric bringt mir bei, wie man mit der linken Hand kämpft. Ich werde euch keine Last sein.« Die unausgesprochene Bitte in seiner Stimme machte ihr klar, das letzteres seine größte Angst war, jetzt, da er seine Hand verloren hatte. Für ihn stand mehr auf dem Spiel als seine Sicherheit – er brauchte dringend eine Gelegenheit, sich zu beweisen.
Seufzend gab Aurian nach und betete, daß sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, obwohl Parric sie sehr tröstete, indem er ihr versprach, dem Kaufmann niemals von der Seite zu weichen. Danach wollte natürlich auch Zanna mitkommen, aber diesmal war die Magusch unerbittlich, genauso wie der Vater des Mädchens.
»Was?« hatte ihn Aurian hinterher aufgezogen. »Du willst verhindern, daß sie sich genauso töricht benimmt wie du?«
Yanis, Tarnal und ein Dutzend anderer Schmuggler erboten sich, mit ihr zu gehen, aber Aurian war der Meinung, daß ihr Erfolg, falls das Schwert sich tatsächlich in Eilins Tal befand, nicht von der Anzahl der Leute abhing, die sie mitnahm. Ihre Xandim waren genug für sie – und wenn etwas schiefging, war es von allergrößter Wichtigkeit, daß wenigstens einige von Miathans Gegnern überlebten. Außerdem wollte sie vor allem, daß Tarnal zurückblieb, da er eindeutig der beste Mann war, um Zanna zu trösten.
Schließlich – nach schier endlos erscheinenden Diskussionen, Vorbereitungen und Debatten – waren Aurian und ihre Begleiter zum Aufbruch bereit. Die Magusch verabschiedete sich widerstrebend von ihrem Sohn, da Wolf und seine Zieheltern zu ihrer eigenen Sicherheit zurückbleiben würden, obwohl sich die Wölfe in den überfüllten Höhlen der seltsamen Menschen offensichtlich unwohl fühlten. Remana hatte versprochen, ihnen nach Möglichkeit ein stilleres Plätzchen zu suchen und sie außerdem im Auge zu behalten.
Dann war es endlich Zeit, sich zu verabschieden. Als sie über das kalte, dunkle Moor ritten, war Aurian unglaublich erleichtert darüber, daß sie endlich aufgebrochen waren.
Ein paar Stunden später wäre sie schon weit weniger glücklich gewesen, hätte sie noch einmal einen Blick in die Zuflucht der Nachtfahrer werfen können. In der stillen Stunde vor der Abenddämmerung stahlen sich zwei graue Wölfe, von denen einer ein Junges trug, heimlich aus dem verborgenen Eingang, der zu der Höhle der Ponys führte. Nachdem sie eine Weile gesucht hatten, nahmen sie die Witterung auf und liefen dann mit federnden Schritten auf der Spur der Magusch über die trostlose Heidelandschaft.
Aber andere Augen, feindliche Augen, sahen, wie Aurian in Richtung des Tales aufbrach. Im Maguschturm in Nexis setzte Eliseth nachdenklich ihren Kristall ab und rief den Hauptmann ihrer Söldner herbei, um ihm den Befehl zu geben, seine Truppen bereitzumachen.