17

»Also, Seyton«, sagte Macbeth. »Was kann ich für Sie tun?«

Die Sonnenstrahlen hatten eine Lücke in den Wolken gefunden und fielen nun durch die dreckigen Fenster in das Büro des Chief Commissioners, auf den Schreibtisch, auf sein Foto von Lady, auf den Kalender, der anzeigte, dass heute Dienstag war, auf die Zeichnung des Gatling-Gewehrs und auf den glatt polierten, glänzenden Kopf des schlanken, sehnigen Polizeibeamten, der vor Macbeths Schreibtisch saß.

»Sie brauchen einen Leibwächter«, sagte Seyton.

»Ach ja? Und was für eine Art von Leibwächter brauche ich?«

»Einen, der den Feind mit seinen eigenen Waffen schlagen kann. Duncan hatte zwei, und nach dieser Sache mit Banquo, Gott hab ihn selig, gibt es allen Grund, davon auszugehen, dass die auch hinter Ihnen her sind, Chief Commissioner.«

»Und wer sind die?«

Seyton schaute Macbeth mit sichtlicher Verwirrung an, bevor er antwortete. »Die Norse Riders. Soviel ich weiß, stecken sie hinter dieser Exekution.«

Macbeth nickte. »Zeugen im Distrikt 2 haben angegeben, sie hätten Motorradfahrer gesehen, von denen einige Norse-Riders-Jacken getragen haben. Sie hätten vor dem Juwelier auf einen Volvo geschossen, der vorher in den Laden hineingefahren war. Wir gehen davon aus, dass es sich dabei um Banquos Wagen gehandelt hat.«

»Wenn Malcolm involviert war, könnte die Drohung gegen den Chief Commissioner aus unseren eigenen Reihen kommen. Ich traue unseren sogenannten Führungspersönlichkeiten nicht. Meiner Meinung nach fehlt Duff Rückgrat und Moral. Und was die Bedrohung außerhalb der Polizei anbelangt, bleibt da natürlich noch Hecate.«

»Hecate ist ein Geschäftsmann. Unter Mordverdacht zu stehen, ist schwerlich gut fürs Geschäft. Sweno wiederum hat ein Motiv, das über seine Geschäftsinteressen weit hinausgeht.«

»Rache.«

»Die gute altmodische Rache, ja. Einige unserer Ökonomen scheinen die menschliche Neigung, unseren niederen Instinkten und nicht dem Sparbuch zu folgen, erheblich zu unterschätzen. Wenn der Liebhaber der Schwarzen Witwe auf dem Rücken liegt, befriedigt und erschöpft vom Liebesakt, weiß er, dass er in Kürze verschlungen wird. Trotzdem wäre er niemals in der Lage, eine andere Wahl zu treffen. Bei Sweno ist es im Grunde genauso.«

»Vor Hecate haben Sie also weniger Angst?«

»Ich habe Ihnen heute doch schon gesagt, dass unsere Einsatzkräfte vernünftiger verteilt werden müssen. Die Hexenjagd auf Hecate muss heruntergefahren werden, damit wir uns um einige der dringenderen Probleme der Stadt kümmern können.«

»Zum Beispiel?«

»Zum Beispiel um die Tatsache, dass ehrliche, hart arbeitende Leute von einem unserer dubioseren Spielcasinos in aller Öffentlichkeit ausgeraubt und um ihre Ersparnisse gebracht werden. Aber zurück zum Punkt. Frühere Chief Commissioners haben schlechte Erfahrungen mit Leibwächtern gemacht. Aber ich habe nicht vergessen, wie effektiv und mutig Sie gehandelt haben, als ich in Cawdors Haus von diesem Hund angegriffen wurde. Lassen Sie mich darüber schlafen, Seyton. Ich habe, ehrlich gesagt, sowieso schon darüber nachgedacht, Ihnen einen anderen Posten zu geben, der nicht so weit weg ist von dem, den Sie sich gewünscht haben.«

»Aha?«

»Jetzt, da ich Chief Commissioner bin und wir Banquo verloren haben, hat das SWAT-Team keinen Leiter mehr. Sie, Seyton, sind der älteste infrage kommende Kollege mit der größten Erfahrung.«

»Vielen Dank, Chief Commissioner. Das ist wirklich eine unerwartete Ehre und ein Zeichen Ihres Vertrauens. Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, ob ich Ihres Vertrauens würdig bin. Ich bin kein Politiker, und ich habe auch noch nie Mitarbeiter geführt.«

»Nein, ich kenne den Typ. Sie sind ein Wachhund, der einen Herrn braucht und eine Herrin, Seyton. Aber das SWAT-Team ist selbst eine Art Wachhund. Sie wären überrascht, wie detailliert die Instruktionen sind, die Sie dort bekommen. Ich musste kaum darüber nachdenken, wie ich meine Übeltäter einzukassieren hatte. Und wenn man an die Morde denkt, die in den letzten zwei Tagen begangen wurden, ist ziemlich klar: Wer auf meinem Stuhl sitzt, ist in großer Gefahr, deshalb muss das SWAT-Team dafür eingesetzt werden, den Chef des Polizeihauptquartiers zu schützen.«

»Wollen Sie damit sagen, dass das SWAT-Team zur persönlichen Leibwächtertruppe des Chief Commissioners werden soll?«

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Arrangement auf irgendwelche unüberwindbaren Widerstände stoßen würde. Was bedeutet, dass wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnten. Ihre Wünsche würden sich damit ebenso erfüllen wie meine. Was sagen Sie, Seyton?«

Die Sonne war untergegangen, und vielleicht lag es an der Dunkelheit, die den Raum plötzlich erfüllte, dass Seyton seine Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern senkte: »Solange meine Anweisungen direkt und detailliert von Ihnen persönlich kommen, Chief Commissioner.«

Macbeth musterte den Mann vor sich. Gott hab ihn selig, hatte Seyton über Banquo gesagt. Macbeth fragte sich, was für eine Art Segen das gewesen war.

»Meine Anweisungen, treuer Seyton, werden eindeutig sein. Und was das Niederschmettern von möglichem Protest anbelangt, habe ich gerade zwei dieser Gatling-Maschinengewehre bestellt.« Er reichte Seyton die Zeichnung. »Expresslieferung. Etwas teurer, aber dafür bekommen wir sie in zwei Tagen. Was halten Sie davon?«

Seyton ließ seinen Blick über die Zeichnung wandern und nickte langsam. »Geschmackvoll«, sagte er. »Man möchte fast sagen: wunderschön.«


Duff gähnte, als er den klaren Himmel hinter sich ließ und auf die dunklen Wolken zufuhr.

Ewan hatte ihn mit einem Sprung ins Gästebett geweckt, und auch seine Schwester war ihm dicht auf den Fersen gewesen.

»Daddy, du bist zu Hause!«

Sie hatten in der Küche gefrühstückt, während die Sonne noch tief über dem See gestanden hatte. Meredith hatte den Kindern gesagt, dass sie essen sollten und nicht darüber streiten, wer auf Daddys Schoß sitzen dürfe. Sie mussten zur Schule. Sie hatte es nicht geschafft, ihre Stimme wirklich streng klingen zu lassen, und Duff hatte das Lächeln in ihren Augen gesehen.

Jetzt fuhr er am Tatort vorbei, wo der von Kugeln durchlöcherte Wagen abgeschleppt und die Fahrbahn vom Blut gereinigt worden war. Caithness und ihre Leute hatten effektiv gearbeitet und alle auffindbaren Beweise sichergestellt. Er hatte nur noch das Offenkundige feststellen können: dass Banquo erschossen und geköpft worden war. Von Fleance fehlte jede Spur, aber Duff war aufgefallen, dass man den Sicherheitsgurt auf dem Beifahrersitz durchgeschnitten hatte. Das konnte alles Mögliche bedeuten. Vorläufig konnten sie nur eine allgemeine Vermisstenfahndung nach Banquos jungem Sohn einleiten. Es war ein verlassener Streckenabschnitt, da die Brücke gesperrt war, und so war es unwahrscheinlich, dass es in der näheren Umgebung Zeugen gegeben hatte. Nach einer Stunde hatte Duff also beschlossen, dass er ebenso gut in Fife schlafen konnte, schließlich war er schon auf halbem Weg zu Hause.

Dort aber hatte er bloß wach gelegen und sich zur Begleitung des Grillengesangs vor dem Fenster seine Gedanken gemacht. Er hatte es gewusst. Gewusst, aber nicht verstanden. Es war nicht so, dass ihm plötzlich das große Ganze aufgegangen wäre oder alle Einzelteile des Puzzles mit einem Mal zusammengepasst hätten. Zunächst war da bloß ein einziges simples Detail gewesen. Das Messer in Caithness’ Küche. Aber während er darüber nachgegrübelt hatte, waren auch all die anderen Teile aufgetaucht und hatten sich langsam eingefügt. Dann war er schließlich eingeschlafen und bei Sonnenaufgang vom Überraschungsangriff seiner Kinder geweckt worden.

Duff fuhr über die alte Brücke. Sie war eng und recht bescheiden im Vergleich zur Kenneth-Brücke, aber solide gebaut, und viele glaubten, sie würde weitaus länger stehen.

Das Problem war: Mit wem sollte er reden?

Es musste jemand sein, der nicht nur über genügend Macht, Einfluss und Entschlusskraft verfügte, sondern auch jemand, dem er vertrauen konnte, der nicht selbst involviert war.

Er lenkte seinen Wagen in die Tiefgarage unter dem Hauptquartier. Da schloss sich die Lücke zwischen den Wolken, und der kurze Besuch der Sonne war beendet.

Lennox schaute von seiner Schreibmaschine auf, als Duff eintrat. »Bald ist Mittagspause, und Sie gähnen, als wären Sie gerade erst aufgestanden.«

»Etwas möchte ich jetzt ein für alle Mal wissen: Ist das Ding da echt?«, fragte Duff und nickte dem fleckigen Holzstab mit dem verrosteten Metallklumpen an einem Ende zu, den Lennox als Briefbeschwerer nutzte. Duff ließ sich auf einen Stuhl neben der Tür fallen.

»Ebenfalls ein für alle Mal …«, seufzte Lennox. »Ich habe sie von meinem Großvater geerbt, und der hat sie in den Schützengräben der Somme an den Kopf geworfen bekommen. Zum Glück hatte der Deutsche, wie Sie sehen, vergessen, die Zündschnur zu ziehen. Seine Kameraden haben über die Geschichte damals sehr gelacht.«

»Meinen Sie, dass sie viel gelacht haben damals an der Somme?«

»Laut meinem Großvater haben sie umso mehr gelacht, je schlimmer es wurde. Das Gelächter des Krieges, so hat er es genannt.«

»Ich glaube immer noch, Sie lügen mir was vor, Lennox. Sie sind nicht der Typ, der sich eine echte Granate auf den Schreibtisch legt.«

Lennox lächelte und tippte weiter. »Großvater hat sie sein ganzes Leben bei sich zu Hause aufbewahrt. Er sagte, sie würde ihn an die wichtigen Dinge des Lebens erinnern – an die Vergänglichkeit, die Rolle des Schicksals, seine eigene Sterblichkeit und an die Inkompetenz der anderen.«

Duff deutete auf die Schreibmaschine. »Haben Sie keine Sekretärin, die sich darum kümmert?«

»Ich bin dazu übergegangen, meine Briefe selbst zu schreiben und das Gebäude zu verlassen, um sie einzuwerfen. Gestern wurde mir vom Büro der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass anscheinend eines meiner Schreiben geöffnet und wieder verschlossen worden war, bevor es bei ihnen eintraf.«

»Überrascht mich nicht. Danke, dass Sie mich so kurzfristig empfangen.«

»Empfangen? Das klingt ja sehr formell. Sie haben mir am Telefon nicht gesagt, worum es geht.«

»Nein. Wie gesagt, es überrascht mich nicht, dass hier jemand Briefe öffnet.«

»Die Telefonzentrale. Glauben Sie …«

»Ich glaube gar nichts, Lennox. Ich stimme Ihnen lediglich zu, dass es in der aktuellen Situation nicht sinnvoll ist, unnötige Risiken einzugehen.«

Lennox nickte langsam und neigte den Kopf. »Und doch, mein werter Duff, ist genau das der Grund dafür, dass Sie zu mir gekommen sind?«

»Vielleicht. Ich habe einige Indizien, wer Duncan getötet hat.«

Lennox’ Stuhl knarrte, als er sich aufrichtete. Er schob sich von der Schreibmaschine zurück und stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch. »Schließen Sie die Tür.«

Duff streckte den Arm aus und machte die Tür zu.

»Was denn für Indizien? Stichhaltige?«

»Lustig, dass Sie ausgerechnet dieses Wort benutzen …« Duff nahm den Brieföffner von Lennox’ Schreibtisch und wog ihn in der Hand. »Wie Sie wissen, war an beiden Tatorten, sowohl in Duncans Zimmer als auch in dem der Leibwächter, scheinbar alles koscher.«

»Das Wort scheinbar wird für gewöhnlich nur benutzt, wenn unter der Oberfläche Zweifel auftauchen.«

»Ganz genau.« Inspector Duff balancierte das Messer auf seinem Zeigefinger, sodass Finger und Messer eine Art Kreuz bildeten. »Wenn man einem Mann einen Dolch in die Kehle rammt, um ihn zu töten, würde man den Dolch dann nicht festhalten, nur für den Fall, dass man die Schlagader verfehlt und noch mal zustoßen müsste?«

»Ich denke schon«, sagte Lennox und starrte den Brieföffner an.

»Und wenn man die Arterie gleich träfe, was, wie wir wissen, ja bei einem der Dolche der Fall war, würden in kurzer Zeit enorme Mengen Blut hervorschießen. Der Blutdruck des Opfers würde fallen, das Herz aufhören zu schlagen und der Rest des Blutes nur noch langsam aussickern.«

»Ich denke, ich kann Ihnen folgen.«

»Und doch war der Griff des Dolches, den wir bei Hennessy sichergestellt haben, vollständig mit Blut bedeckt; seine Fingerabdrücke waren in dem Blut, und auch an seiner Handfläche haben wir Duncans Blut gefunden.« Duff deutete auf den Griff des Brieföffners. »Das bedeutet, dass der Täter den Griff nicht in der Hand gehalten hat, als das Blut aus Duncans Hals herausgesprudelt ist, sondern den Griff später erst wieder berührt hat. Oder dass jemand später einfach seine Hand um den Griff gelegt hat. Weil jemand – jemand anderer – den Dolch geworfen und Duncans Hals getroffen hat.«

»Ich verstehe.« Lennox kratzte sich am Kopf. »Aber ob er nun zugestochen oder den Dolch geworfen hat, was macht das für einen Unterschied? Das Resultat bleibt dasselbe.«

Duff reichte Lennox den Brieföffner. »Versuchen Sie mal, dieses Ding an die Pinnwand zu werfen, sodass es stecken bleibt.«

»Ich …«

»Na los.«

Lennox stand auf. Der Abstand zur Pinnwand betrug vielleicht zwei Meter.

»Sie müssen mit viel Schwung werfen«, sagte Duff. »Es erfordert Kraft, den Hals eines Mannes mit einer Klinge zu durchdringen.«

Lennox warf das Messer. Es traf die Pinnwand, prallte ab und fiel scheppernd zu Boden.

»Versuchen Sie es zehnmal«, sagte Duff, hob das Messer auf und ließ es wieder auf seinem Finger balancieren. »Ich wette mit Ihnen um eine Flasche guten Whiskey, dass Sie es nicht schaffen, dass die Spitze stecken bleibt.«

»Sie haben wohl nicht viel Vertrauen in meine Fähigkeiten oder mein Glück, was?«

»Wenn ich Ihnen ein Messer gegeben hätte, dass nicht ausbalanciert wäre, das entweder einen schweren Griff oder eine schwere Klinge gehabt hätte, wären Ihre Chancen besser gewesen. Aber genau wie der Dolch in Duncans Hals ist das hier ein balanciertes Messer. Man muss Experte sein, um es werfen zu können. Und niemand, mit dem ich hier im Haus gesprochen habe, hatte je etwas davon gehört, dass Duncans Leibwächter professionelle Messerwerfer gewesen wären. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, kenne ich nur einen hier, auf den das zutrifft. Jemand, der mit so einer Nummer tatsächlich beinahe zum Zirkus gegangen wäre. Und der in der betreffenden Nacht auch im Inverness gewesen ist.«

»Und der wäre?«

»Der Mann, dem Sie das Dezernat für Organisierte Kriminalität gegeben haben. Macbeth.«

Lennox stand wie erstarrt da und starrte einen Punkt auf Duffs Stirn an. »Wollen Sie mir sagen …«

»Ja, das will ich. Chief Commissioner Duncan wurde von Macbeth getötet. Und der Tod der beiden unschuldigen Leibwächter war ebenfalls kaltblütiger Mord, begangen von derselben Person.«

»Gott steh uns bei«, sagte Lennox und ließ sich auf seinen Stuhl sinken. »Haben Sie mit Caithness und der Kriminaltechnik darüber gesprochen?«

Duff schüttelte den Kopf. »Sie haben bemerkt, dass Blut auf dem Griff war, aber sie erklären sich das damit, dass der Täter derartig schnelle Reflexe hatte, dass er den Dolch sofort loslassen konnte. Eine nachvollziehbare Theorie. Schließlich verfügen nur sehr wenige Menschen über derartige Wurffähigkeiten. Und nur Macbeths engste Mitarbeiter wissen, dass er einer dieser Menschen ist.«

»Gut. Wir dürfen das niemandem gegenüber erwähnen. Wirklich niemandem.« Lennox ballte die Hände zu Fäusten und kaute auf seinen Knöcheln herum. »Ist Ihnen klar, in was für eine Lage mich das bringt, Duff?«

»Jetzt wissen Sie, was ich weiß, und das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Ihr Kopf liegt jetzt genauso auf dem Block wie meiner. Es tut mir leid, dass ich Ihnen keine Wahl gelassen habe, aber was hätte ich sonst machen sollen? Für uns ist jetzt der Moment der Wahrheit gekommen, Lennox.«

»Allerdings. Wenn das, was Sie sagen, stimmt, und Macbeth das Monster ist, für das Sie ihn halten, wird ein Warnschuss nicht genügen, das würde ihn nur doppelt gefährlich machen. Er muss mit einem einzigen, entschlossenen Schuss niedergestreckt werden.«

»Ja, aber wie?«

»Mit kluger Vorsicht, Duff. Ich muss darüber nachdenken, und ich bin kein Genie, es wird also eine Weile dauern. Ich würde sagen, wir treffen uns wieder. Aber nicht, wo die Wände Ohren haben.«

»Um sechs«, sagte Duff und stand auf. »Am Hauptbahnhof. Bei der alten Bertha.«

»Bei der Lok? Warum dort?«

»Dort sollte ich Banquo treffen. Er wollte mir all das erzählen, was ich sowieso schon herausgefunden hatte.«

»Dann ist das ein passender Treffpunkt. Bis dann.«


Macbeth starrte das Telefon auf seinem Schreibtisch an.

Er hatte gerade den Hörer aufgelegt, sein Gespräch mit Sweno beendet.

Unter seiner Haut zerrten und zuckten die Nerven. Er brauchte irgendetwas. Nein, nicht irgendetwas, er wusste, was. Er schnappte sich den großen Hut, den Lady ihm gekauft hatte. Priscilla lächelte, als er durch das Vorzimmer marschierte. »Wie lange wird der Chief Commissioner außer Haus sein?«

Auf Macbeths Geheiß hin war sie aus Lennox’ Büro nach oben beordert worden. Der gesamte Prozess hatte weniger als zwei Stunden gedauert. Duncans alter Assistentin hatte er den Laufpass geben wollen. Nachdem ihm aber der Leiter der Verwaltung klargemacht hatte, dass im öffentlichen Dienst nicht einmal ein Chief Commissioner seine Angestellten einfach nach Lust und Laune feuern konnte, hatte er sie lediglich ein Stockwerk nach unten versetzt.

»Eine Stunde«, sagte Macbeth. »Oder zwei.«

»Den Anrufern sage ich einfach zwei Stunden.«

»Tun Sie das, Priscilla.«

Er betrat den Fahrstuhl und drückte auf das U für Untergeschoss. Den Anrufern. Nicht, falls jemand anruft. Denn die Leute riefen an, und das pausenlos. Einsatzleiter, Richter, Stadträte. Bei der Hälfte von denen hatte er nicht die leiseste Ahnung, was sie überhaupt machten, außer ihn mit Fragen zu belästigen, die er nicht begriff. Und dann noch die endlose Reihe von Journalisten. Duncans Tod, Malcolms Verschwinden. Und nun ein weiterer Polizeibeamter sowie dessen Sohn. Läuft bei Ihnen gerade alles aus dem Ruder?, fragten sie. Konnte der Chief Commissioner ihnen wenigsten versichern, dass …? Kein Kommentar. Darf ich Sie bitte auf die nächste Pressekonferenz verweisen, die …

Und dann war da Sweno.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich; zwei uniformierte Beamte, die gerade hinzusteigen wollten, blieben stehen und zogen sich wieder zurück. Das war eine Regel, die Kenneth eingeführt und Duncan wieder abgeschafft hatte: Der Chief Commissioner sollte den Fahrstuhl immer für sich alleine haben. Doch bevor Macbeth ihnen sagen konnte, dass sie selbstverständlich willkommen waren, hatten sich die Türen geschlossen, und er fuhr alleine weiter nach unten.

Auf dem Bürgersteig vor dem Hauptquartier lief er einem Mann in grauem Mantel in die Arme, der in einer Zeitung las und ihm ein »Tschuldigung, Macbeth« zumurmelte. Nicht wirklich verwunderlich, denn als Macbeth aufschaute, sah er sein eigenes Gesicht auf der Titelseite. DRITTER STEUERMANN ÜBERNIMMT DAS RUDER BEI DER POLIZEI. Keine schlechte Schlagzeile. Hätte von Lady stammen können. Der Chefredakteur war Wachs in ihren Händen.

Macbeth zog sich die Krempe des großen Hutes tief ins Gesicht und machte lange Schritte. Jetzt, mitten am Tag, waren die Straßen derart verstopft, dass man zu Fuß schneller vorwärtskam als mit dem Wagen. Außerdem war es besser, wenn niemand die Limousine des Chief Commissioners am Hauptbahnhof zu Gesicht bekam.

Gott allein wusste, was Sweno zu Priscilla gesagt hatte, um durchgestellt zu werden. Auf keinen Fall hatte er seinen Namen genannt. Aber das war auch nicht nötig gewesen, als Macbeth an den Apparat gegangen war. Hatte man seine Stimme einmal gehört, vergaß man sie nie wieder. Sein Bass ließ das Plastik des Hörers vibrieren. Macbeth habe die unverzügliche Freilassung der Norse Riders versprochen, hatte er gesagt, und es seien bereits zwölf Stunden verstrichen. Macbeth hatte ihm geantwortet, dass es nicht so einfach sei: Richter und Staatsanwälte müssten Papiere unterzeichnen, da ja bereits Anklage erhoben worden sei. Aber Sweno könne ruhig schon mal eine Begrüßungsrede für die Willkommensparty in zwei Tagen vorbereiten.

»Das sind zwei Tage zu viel«, hatte Sweno gesagt. »Und die zwei letzten, die Sie von mir bekommen werden. Übermorgen um elf Uhr auf die Minute wird einer unserer Leute bei einem der Richter der Stadt anrufen, ich sage nicht, bei welchem, seine Beteiligung an Banquos Mord gestehen und aussagen, woher wir so genau gewusst haben, wo sich Banquo und Fleance aufhalten würden.«

»Einer Ihrer Kamikazeflieger?«

»Außerdem haben wir sieben Zeugen dafür, dass Sie unser Clubhaus betreten haben.«

»Entspannen Sie sich und denken Sie über Ihre Rede nach, Sweno. Wir liefern Ihre Jungs morgen Nachmittag um halb vier vor Ihrem Clubhaus ab.«

Und damit hatte Macbeth aufgelegt.

Am Fuß der Treppe zum Hauptbahnhof nahm Macbeth die Umgebung in Augenschein. Sah einen weiteren grauen Mantel, diesmal nicht derselbe. Der Hut verbarg sein Gesicht, und schließlich war er nur einer von vielen gut gekleideten Männern, die diese Stufen jeden Tag hinaufeilten, um sich zu kaufen, was sie brauchten, um dann in ihrem Alltag überraschend gut zu funktionieren.

Er stand, wo er auch das letzte Mal gestanden hatte, im Durchgang bei der Treppe, die zu den Toiletten hinunterführte. Der Junge war nirgendwo zu sehen. Macbeth trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Er hatte das Bedürfnis schon einige Stunden nicht mehr gespürt, aber jetzt, wo er kurz davor war, es zu befriedigen, war es richtig schlimm.

Es kam ihm vor, als würde es eine volle Stunde dauern, bis sie auftauchte, seine Uhr verriet ihm jedoch, dass gerade einmal zehn Minuten vergangen waren. Sie hatte einen weißen Stock in der Hand, was auch immer das bedeuten sollte.

»Ich brauche zwei Beutel«, sagte er.

»Du musst jemanden treffen«, entgegnete Strega. »Steck dir die hier in die Ohren und setz das hier auf.« Sie reichte ihm Ohrstöpsel und eine Brille, die aussah wie eine Mischung aus Schwimm- und Schweißerbrille.

»Warum sollte ich?«

»Weil du sonst kein Brew bekommst.«

Er zögerte. Nein, er zögerte nicht, er nahm sich bloß Zeit. Er wäre auf allen vieren gegangen, wenn sie es von ihm verlangt hätten. Die Brillengläser waren geschwärzt, sodass er nicht das Geringste sehen konnte. Strega hielt ihn fest und drehte ihn einige Male um sich selbst, damit er seinen Orientierungssinn verlor. Dann reichte sie ihm den weißen Stock und ließ ihn los. Zehn Minuten später wusste er nur, dass sie durch den Regen gegangen waren. Und um sie herum waren Menschen und Verkehr gewesen, die Ohrstöpsel hatten nicht alle Geräusche abhalten können. Strega hatte ihm einen anderthalb Meter hohen Betonsockel hinaufgeholfen, und anschließend waren sie auf Kies oder grobem Sand weitergelaufen. Dann eine weitere Stufe hinauf und hinein in ein Gebäude, das vermutete er zumindest – denn nun war es wärmer und die Luft trockener. Dann war er auf einen Stuhl gesetzt worden, und jemand hatte ihm die Ohrstöpsel herausgenommen, ihm aber gesagt, er solle die Brille aufbehalten.

Er hörte, wie sich jemand näherte, ein Tapp-Tapp-Geräusch, das unmittelbar vor ihm verstummte.

»Es tut mir leid, dass ich Sie auf diesem Weg hierherbringen lassen musste.« Die Stimme war ungewöhnlich weich und sanft und klang, als gehöre sie einem älteren Mann. »Aber ich dachte, es wäre angesichts der Gesamtlage das Beste, wenn man sich von Angesicht zu Angesicht kennenlernt. Nun, Sie können meines natürlich nicht sehen. Ich an Ihrer Stelle, Macbeth, wäre allerdings sehr froh darüber.«

»Ich verstehe. Sie haben also vor, mich am Leben zu lassen.«

»Sie sind nicht besonders klug, aber immerhin eher klug als dumm, Macbeth. Deshalb haben wir Sie ausgewählt.«

»Warum bin ich hier?«

»Weil wir uns Sorgen machen. Wir wussten natürlich von Ihrer Vorliebe für Stimulanzien, bevor wir unsere Wahl getroffen haben, aber uns war nicht klar, dass sie so vollständig und rasch die Kontrolle über Sie übernehmen würden. Kurz gesagt, wir müssen herausfinden, ob Sie vertrauenswürdig sind oder ob wir Sie austauschen müssen.«

»Austauschen? Gegen wen?«

»Halten Sie sich etwa für unersetzlich? Ich hoffe, der Titel des Chief Commissioners ist Ihnen nicht zu Kopf gestiegen und Sie sind sich immer noch im Klaren, dass er bloß eine Fassade ist. Ohne mich sind Sie nichts. Duncan hat geglaubt, ohne mich zurechtzukommen, ja sogar mich bekämpfen zu können. Glauben Sie das auch, Macbeth?«

Macbeth biss die Zähne zusammen und schluckte seine Wut hinunter. Er wollte bloß die Beutel haben und von hier verschwinden. Er atmete tief ein. »So wie ich das sehe, profitieren wir beide von unserer Zusammenarbeit, Hecate. Sie haben vielleicht einige Dinge in Gang gesetzt, die mit dazu geführt haben, dass ich zum Chief Commissioner geworden bin. Im Gegenzug werde ich Sweno ausschalten und dafür sorgen, dass die Polizei Ihnen und Ihrem Monopol nicht allzu viele Scherereien bereitet.«

»Hm. Das heißt, Sie haben keinerlei moralische Skrupel?«

»Natürlich habe ich die, aber ich bin Pragmatiker. In jeder Stadt dieser Größe wird es immer einen Markt für Traumverkäufer wie Sie geben. Wenn Sie oder Sweno es nicht sind, dann eben ein anderer. Unsere Zusammenarbeit wird zumindest weitere, womöglich schlimmere Dealer fernhalten. Ich akzeptiere Sie als das Mittel zum Zweck, um eine gute Zukunft für diese Stadt aufzubauen.«

Der alte Mann lachte vor sich hin. »Klingt, als hätten Sie Lady die Worte aus dem Mund genommen. Sie schmecken leicht und gut, sind aber ohne jede Substanz. Ich stehe an einem Kreuzweg, Macbeth. Und um mich für eine Richtung entscheiden zu können, werde ich Ihre Eignung einer Prüfung unterziehen müssen. Ich sehe, dass die Zeitungen vom dritten Steuermann sprechen, der das Ruder vom Kapitän übernimmt. Nun, Ihr Schiff ist in einen Wirbelsturm geraten. Duncan, Banquo und ein Polizeikadett sind liquidiert worden. Cawdor, Malcolm und zwei Leibwächter sind tot und stehen im Verdacht, korrupt gewesen zu sein. Ihr Schiff ist ein Wrack, Macbeth, physisch wie moralisch. Wenn ich Ihnen helfen soll, muss ich genau wissen, wie Sie es in ruhigere Gewässer steuern wollen.«

»Der oder die Schuldigen werden selbstverständlich festgenommen und ihrer Strafe zugeführt.«

»Das freut mich zu hören. Und wer sind der oder die Schuldigen?«

»Das ist doch offensichtlich. Die Norse Riders. Sie haben Malcolm und seine Leibwächter gezwungen, mit ihnen gemeinsame Sache zu machen.«

»Gut. Das würde bedeuten, dass wir entlastet wären, Sie und ich. Doch was, wenn Sweno seine Unschuld an Duncans Ermordung beweisen kann?«

»Ich habe so das Gefühl, dass er dazu nicht kommen wird.«

»Hm. Ich hoffe, dass Sie die Energie haben, durchzuziehen, was Sie gerade angedeutet haben, Macbeth.«

»Die habe ich, Hecate. Und ich hoffe, ich kann von Ihnen dasselbe einfordern.«

»Was meinen Sie? Ich habe Ihnen den Weg zum Posten des Chief Commissioners geebnet, ist das etwa nicht genug?«

»Nicht, wenn ich ohne Schutz dastehe. Im Augenblick habe ich jedenfalls den Eindruck, dass alle hinter mir her sind: Richter, Journalisten, Kriminelle und wahrscheinlich auch meine Kollegen. Sie kämpfen mit Waffen gegen mich oder mit Worten. Das Telefon steht nicht mehr still. Und schauen Sie hier. Ich kann entführt werden wie ein Blinder am helllichten Tag.«

»Haben Sie nicht das SWAT-Team, das auf Sie aufpasst?«

»Wer weiß, ob ich allen Männern dort vertrauen kann. Ich brauche mehr Schutz.«

»Ich verstehe. Dazu kann ich Ihnen Folgendes sagen: Sie stehen bereits unter meinem Schutz. Und das schon seit einiger Zeit. Sie haben es bloß noch nicht bemerkt.«

»Wo soll der sein?«

»Denken Sie einfach gar nicht darüber nach. Sie sollten wissen, dass Hecate stets ein Auge auf seine Investitionen hat. Ich stehe mit meiner ganzen Person dafür ein, dass niemand, überhaupt niemand in dieser Stadt Ihnen etwas anhaben kann, solange Sie mir gehören, Macbeth.«

»Niemand?«

»Ich verspreche Ihnen, den Menschen, der Ihnen auf Ihrem wunderschönen Kopf auch nur ein Härchen krümmen könnte, hat bisher keine Frau geboren. Und bevor nicht die alte Bertha wieder fährt, wird niemand Sie aus dem Amt drängen können. Genügt Ihnen das nicht als Zusicherung, Macbeth?«

»Doch, mit beiden Versprechen bin ich sehr zufrieden.«

»Gut. Denn es gibt noch eines, was ich Ihnen sagen muss. Und zwar: Hüten Sie sich vor Inspector Duff.«

»Ach ja?«

»Er weiß, dass Sie es waren, der Duncan umgebracht hat.«

Macbeth war bewusst, dass er Beunruhigung empfinden sollte. Angst. Panik. Doch in ihm gab es nur Platz für das vertraute, verhasste Verlangen.

»Zum Glück für Sie gibt es zurzeit nur einen weiteren Mann, der weiß, was Duff weiß.«

»Wer ist das?«, fragte Macbeth.

»Derselbe, der Ihre Kandidatur für die Leitung des Dezernats für Organisierte Kriminalität vorgeschlagen und unterstützt hat – auf meinen Rat hin. Und das so diskret, dass Duncan anschließend glaubte, es sei seine eigene Idee gewesen.«

»Und wer soll das gewesen sein?«

»Sehen Sie selbst.«

Ein Stuhlbein schabte quietschend über den Boden, als Macbeth umgedreht wurde. Dann nahm man ihm die Brille ab. Im ersten Augenblick glaubte Macbeth, in einen schallgeschützten Verhörraum hineinzuschauen. Er hatte die typische Fensterverglasung, durch die der Befragte nicht sehen oder hören kann, dass er dahinter von anderen beobachtet wird. Der Unterschied war nur, dass dieser Raum eher einem großen Labor ähnelte. Glaskolben, Röhren und Schläuche führten zu einem riesigen Kessel. Der Kessel bildete einen beinahe komisch anmutenden Kontrast zu all den modernen Apparaturen und erinnerte Macbeth an die Cartoons, in denen Kannibalen Menschen bei lebendigem Leib kochen. An der Wand dahinter hing ein Schild, auf dem RAUCHEN VERBOTEN stand. Vor dem Kessel, ganz nah an der Glasscheibe, saß in dem grell beleuchteten Raum ein blasser, rothaariger Mann aufrecht in einem Sessel. Ein Hemdsärmel war hochgekrempelt, sein Gesicht der Decke zugewandt, der Mund halb geöffnet, die Augen halb geschlossen. Er saß so dicht bei ihnen, dass Macbeth die blaue Iris des Mannes unter seinen zitternden Lidern sehen konnte. Er erkannte eine der chinesischen Schwestern, die eine Spritze in Inspector Lennox’ Unterarm steckte.

Die sanfte Stimme hinter Macbeth sagte: »Lennox hat Duncan die Idee in den Kopf gesetzt, dass er jemanden ernennen sollte, der nicht zur Elite gehört, den die Bewohner der Stadt aber für einen der ihren hielten.«

»Lennox hat Duncan gesagt, dass er mich zum Leiter des neuen Dezernats machen soll?«

»Natürlich nicht, im Gegenteil. Lennox hat ihm gesagt, dass Duncan Sie nicht wählen könne, weil Sie nicht über die formellen Qualifikationen verfügten und zu beliebt seien. So beeinflusst man störrische alte Esel mit zu großem Ego.«

»Sie haben gesagt: Spring, und Lennox ist gesprungen?«

»Und Lennox hat gesagt: Spring nicht, und Duncan ist gesprungen.« Ein gurgelndes Gelächter erklang in Macbeths Rücken, wie Whiskey, der in ein Glas geschüttet wird. »Die Labyrinthe des menschlichen Geistes. Am Ende bestehen sie doch aus ziemlich breiten Pfaden, auf denen man sich leicht zurechtfindet. Lennox gehört mir schon seit mehr als zehn Jahren. Ein loyaler Mitarbeiter, unser Inspector Lennox.«

Macbeth versuchte, in der Scheibe den Mann hinter sich zu erkennen, aber er sah nur Strega, als hätte Hecate kein Spiegelbild. Aber er stand dort, denn Macbeth hörte die Stimme dicht an seinem Ohr: »Aber wenn ich sage: Spring, dann haben Sie zu springen.«

»Ach ja?«

»Töten Sie Duff.«

Macbeth schluckte. »Duff ist mein Freund. Aber das haben Sie vermutlich gewusst.«

»Banquo war ein Vater für Sie, und das hat Sie nicht abgehalten. Duff zu töten, ist eine Notwendigkeit, Macbeth. Außerdem habe ich eine bessere Freundin für sie. Ihr Name ist Power.«

»Ich brauche keine neuen Freunde.«

»Oh doch. Brew macht Sie instabil und exzentrisch. Sie hatten Halluzinationen, nicht wahr?«

»Vielleicht. Vielleicht ist das hier eine Halluzination. Was soll das überhaupt sein, Power?«

»Eine neue, doch zugleich uralte Droge. Brew ist das Power des kleinen Mannes. Power ist siebenmal stärker und nur halb so schädlich. Sie schärft und stärkt Ihren Geist. Und das ist es, was diese Zeiten fordern.«

»Ich bevorzuge Brew.«

»Sie bevorzugen, auch in Zukunft Chief Commissioner zu bleiben.«

»Und diese neue Droge, wird sie mich abhängig machen?«

»Ich habe Ihnen doch gesagt, sie ist uralt. Und Power wird all das ersetzen, wovon Sie momentan abhängig sind. Was halten Sie davon? Duff gegen Power?«

Macbeth sah, wie Lennox’ Kopf nach vorn sackte. Er hörte Strega hinter ihm etwas flüstern. Die Schwester lehnte Lennox in seinem Sessel zurück und ging zum Kessel.

»Geben Sie es mir.«

»Pardon?«

Macbeth räusperte sich. »Geben Sie es mir, habe ich gesagt.«

»Gebt ihm die Beutel«, sagte Hecate.

Macbeth hörte das Tapp-Tapp leiser werden, als ihm die Brille wieder aufgesetzt wurde und die Welt um ihn herum verschwand.

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