Seiner Britannischen Majestät Schiff Black Prince schien einen Augenblick zu zögern, ehe es seine eintausendachthundert Tonnen ins nächste Wellental hinabgleiten ließ. Achtern in der großen Tageskajüte trank Bolitho seine letzte Tasse Morgenkaffee und staunte immer noch, wie leicht das gewaltige Schiff diese schwere See nahm. Es war jetzt acht Uhr morgens, und er hörte die Stimmen der ablösenden Wache oben nur sehr gedämpft. Auf dem Dreidecker lag die Admiralskajüte weit entfernt vom Dienstbetrieb, er schien hier geschützter zu leben; die Offiziersmesse lag unter ihm und Kommandant Keens Kajüte über ihm. Und zum ersten Mal genoß er den Luxus einer privaten Heckgalerie. Seine Tageskajüte war mit wertvollen Hölzern getäfelt und auf das sorgfältigste ausgemalt worden. Die Bank unter den Heckfenstern war mit grünem Leder gepolstert, ebenso die Stühle. Catherine mit ihrem sicheren Geschmack hätte nichts Besseres auswählen können, dachte er. Doch überall auf dem Leder glitzerte Feuchtigkeit, die Luft war kalt und ungemütlich. Den siebenhundert Seeleuten und einhundert
Soldaten an Bord würde es noch schlimmer gehen. Sie waren erst dabei, sich mit dem riesigen Schiff vertraut zu machen.
Allday trat ein und meldete:»Eis bildet sich an Deck, Sir Richard. Und das am 1. Februar!»
«Und sonst, Allday?«fragte Bolitho den Mann, der auf dem Schiff sein Auge und Ohr war.
Allday hob die Schultern und verzog das Gesicht. Seine Wunde schmerzte in der Kälte häufiger.»Die Leute sind noch unruhig und unsicher. Aber ich muß schon sagen, Sir Richard, für ein so großes Schiff segelt sie verdammt schnell. Noch ein paar Wochen Drill, dann hat Kapitän Keen eine sehr gute Besatzung.»
Bolitho verstand. Auf neuen Schiffen mußte auch die Crew alles von neuem lernen. Black Prince war keine wendige Fregatte. Mit ihrem hohen Rumpf, den vierundneunzig Kanonen in drei Batteriedecks und den je zwei Karronaden vorn und achtern verlangte sie eine gut eingespielte Mannschaft.
«Ich habe Pfeifen gehört. Um was geht's?»
Ozzard machte sich an dem Schrank zu schaffen, den Catherine ihm für die neue Kajüte geschenkt hatte. Ein Schrank aus Mahagoni mit einem Kühler für kostbare Weine und makellos glänzenden Türen, in die das Wappen der Bolithos eingelegt war.
«Es hieß alle Mann an Deck als Zeugen einer Bestrafung, Sir Richard.»
Bolitho sah ihn nachdenklich an. Keen haßte sonst Auspeitschungen, im Gegensatz zu vielen anderen Kapitänen, die es gern mit der neunschwänzigen Katze hielten. Erst kam bei ihnen die Strafe, später die Untersuchung.
Vor der Tür stieß der Posten den Gewehrkolben auf den Boden. Um diese Stunde kam gewöhnlich Keen, nachdem er das Log geprüft hatte, die neue Wache aufgezogen war und er das Tagespensum mit dem Ersten Offizier besprochen hatte.
Er trat ein und meldete zur Begrüßung:»Ein steifer Nordwest, Sir Richard. «Er nickte Allday zu.»Aber die Decks sind trocken. Das Schiff fühlt sich wohl in solchem Wetter. «Trotzdem sah er erschöpft aus und hatte dunkle Schatten unter den Augen.»Wenn der Wind durchsteht, werden wir das Geschwader gegen Mittag erreichen.»
Bolitho merkte, daß Ozzard und Allday die Kajüte verlassen hatten.»Nehmen Sie Platz, Val. Ist sonst alles in Ordnung?»
Keen sah durch die salzverkrusteten Fenster.»Es gibt ein paar alte Bekannte an Bord. Das sollten Sie wissen, ehe Sie zufällig auf sie treffen.»
Hinter den dicken Scheiben hob sich die See fast lautlos und sackte wieder weg. So war es immer, auf jedem Schiff traf man Bekannte. Die Navy war da wie eine Familie oder wie ein Gefängnis. Und mit den bekannten Gesichtern kamen die alten Erinnerungen wieder.
«Danke, Val, das ist richtig. Ich habe mich an Deck kaum sehen lassen, mit Absicht.»
Ein Deck tiefer erzitterte der Ruderschaft unter dem Anprall eines Brechers. Das war bis hier oben zu spüren.
«Wie hat sich mein Neffe zurechtgefunden? Mit seinen Erfahrungen im Dienst der East India Company müßte er sich bald zum Leutnantsexamen melden können.»
Keens Stirn legte sich in Falten.»Darf ich offen sprechen, Sir Richard? Wir kennen uns doch lange und gut genug…»
«Das erwarte ich auch von Ihnen, Val. Wir sind Freunde, und das hat mit unserem Dienstrang nichts zu tun. «Er sah die Unsicherheit in Keens Gesicht.»Sie haben an Bord das Kommando, nicht ich.»
«Ich mußte eine Auspeitschung anordnen. Der Delinquent namens Fittock hatte angeblich Midshipman Vincent widersprochen, Ihrem Neffen. Und sein vorgesetzter Leutnant besitzt noch nicht viel Erfahrung.»
«Aha. Er hat sicherlich gedacht, es sei besser, die Aussage von Midshipman Vincent nicht zu bezweifeln. Schließlich ist er der Neffe des Admirals!«Bolitho wurde ärgerlich.
Keen hob die Schultern.»Es ist nicht leicht auf einem neuen Schiff. Die vielen unerfahrenen Männer würden jedes Nachgeben falsch verstehen und sofort hemmungslos ausnutzen.»
«Trotzdem — Vincent hat den Matrosen provoziert?»
«Ich denke schon. Fittock ist ein guter Toppgast. Es könnte schaden, einen so erfahrenen Matrosen vor gepreßten Männern auszupeitschen.»
Bolitho erinnerte sich an den Kommandanten der Hyperion, den Vorgänger von Keen. Der hatte durchgedreht und seinen Ersten Offizier erschießen wollen. Er dachte auch an den kranken, überarbeiteten Kommodore Warren am Kap der Guten Hoffnung und an Varian, den eine zweite Verhandlung erwartete, die leicht zu einem Todesurteil fuhren konnte. Alles Männer, die unter der schweren Last des Dienstes zusammengebrochen waren.
«Vielleicht ist Vincent nur unerfahren«, versuchte er zu vermitteln.»Oder er wollte jemanden beeindrucken.»
Sanft korrigierte Val:»Das glauben Sie doch nicht wirklich.»
Bolitho nickte.»Stimmt, es ist unwahrscheinlich. Aber was können wir tun? Wenig. Sie haben hier das Kommando. Nehmen wir mal an, ich würde mich einmischen, dann würde man daraus schließen, daß der Admiral seinem Flaggkapitän mißtraut. Wenn Sie Vincent nicht decken, wäre das Ergebnis ähnlich. Dann hieße es, daß die jungen Offiziere an Bord keinen Schuß Pulver wert seien.»
Keen seufzte.»Manch einer hielte dieses Problem für unbedeutend, Sir Richard, aber die Mannschaft ist noch nicht zusammengewachsen. Von Loyalität ist noch nichts zu spüren.»
Bolitho stimmte ihm zu.»Und wir haben so wenig Zeit.»
Keen erhob sich.»Ich werde es auch mit Mr. Cazalet besprechen, dem Ersten Offizier. Er ist schon wie mein rechter Arm. Aber man wird ihn bald versetzen und ihm das Kommando über ein eigenes Schiff geben.»
«Augenblick noch, Val. Ich soll Ihnen sagen, daß Catherine Zenoria besuchen wird. Sie standen einander früher sehr nahe und haben ähnliches durchgemacht. Also nur Mut, Sie werden Zenoria wiederfinden. «Keen schwieg.
«Werden Sie Konteradmiral Herrick auf der Benbow besuchen?«fragte er schließlich.»Er reagierte sehr verzweifelt auf die schlimme Nachricht, die man ihm brachte. Aber niemand sollte vom Tod seiner Frau nur aus einem Brief der Admiralität erfahren. Verzeihen Sie, Sir Richard, vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen?»
Bolitho strich sich den Ärmel glatt.»Ja, ich werde mit Herrick sprechen.»
Es klopfte an der Lamellentür, und der Posten meldete:»Midshipman der Wache, Sir!»
Ozzard erschien wieder und öffnete dem Midshipman die Tür.
«Noch einer, der Ihnen viel zu verdanken hat, Sir Richard«, sagte Keen leise.
Bolitho sah dem blassen jungen Mann entgegen, der seine Wiedersehensfreude kaum verbergen konnte.
«Ich freue mich, Sie auf diesem Schiff zu wissen, Mr. Segrave.»
Er wirkte älter als damals, als er Leutnant Tyacke geholfen hatte, die brennende Albacora zwischen die ankernden Versorger zu segeln.»Ich — ich habe Ihnen geschrieben, Sir Richard, um mich für Ihre Unterstützung zu bedanken. Mein Onkel, der Admiral, bewundert Sie sehr. «Erst jetzt wandte sich Segrave an Keen:»Mr. Cazalet läßt ausrichten, der Ausguck hat im Nordosten ein Segel gesichtet!«»Danke. Ich komme gleich an Deck.»
Als die Tür hinter Segrave zufiel, sagte Keen:»Ich weiß Bescheid über den Jungen und die Prügel, die er auf seinem ersten Schiff bezogen hat. Leutnant Tyacke ist in seinen Augen der Größte!«Er lächelte, sein Gesicht sah jetzt endlich entspannt aus.»Nach Ihnen natürlich, Sir Richard.»
Es tat gut, Keen fröhlich zu sehen. Zu all den Lasten, die ein neues Kommando auf einem neuen Schiff mit sich brachte, bedrückte ihn sicher auch die Sorge um Zenoria. Suchte sie Keen im Schlaf ebenso heim wie das Catherine tat, wenn Bolitho zu lange auf See gewesen war?
«Leutnant Tyacke ist ein bemerkenswerter Mann«, sagte er.»Wenn man ihn erst besser kennt, empfindet man statt Mitleid große Bewunderung.»
Sie gingen zusammen nach oben zu ihrem Morgenspaziergang auf dem Achterdeck. Die Achterdeckswache wich ihnen respektvoll aus und bewegte sich auch sonst mit größter Vorsicht, um sie ja nicht zu behindern.
Der Himmel war tiefgrau, Masten und Segel standen dunkel davor. Unter Mars- und Großsegel laufend, lag die Black Prince nur wenig nach Lee über.
«An Deck!«Nach der Truculent klang der Ruf von oben, als sei der Ausguck Meilen entfernt.»Es ist eine Fregatte, Sir!»
Keen schlug den Mantelkragen gegen den beißenden Wind hoch.»Also kein Franzose, denn der würde mit Vollzeug davonsegeln!»
Bolitho hielt sich gerade noch davor zurück, sein verletztes Auge zu reiben. Man beobachtete jede seiner Bewegungen, und viele sahen ihn jetzt zum ersten Mal. Ein neues Schiff, ein bekannter Flaggoffizier — nur zu leicht konnte er das Vertrauen der Männer verspielen.
Ein großer, dunkelhaariger Midshipman, dessen Stimme alles übertönte, befahl:»Nach oben mit Ihnen, Mr. Gough! Und nehmen Sie ein Fernglas mit!«Ein kleiner Kadett kletterte eilends die
Webleinen empor und war im Gewirr des Riggs schnell verschwunden. Bolitho lächelte innerlich. Der große Midshipman hieß Bosanquet und gehörte zur Gang des Stückmeisters. Er sollte bald seine Leutnantsprüfung ablegen.
«An Deck!«Einige Matrosen grinsten, als sie die piepsige Stimme des Jungen von oben hörten.»Sie setzt das Erkennungssignal!»
Cazalet, der Erste Offizier, hob das Sprachrohr; seine dunklen Augenbrauen zitterten.»Wir sind alle schon sehr gespannt, Mr. Gough.»
Wieder piepste der Midshipman aus luftiger Höhe:»Die Zahlen lauten fünf, vier, sechs, Sir!»
Bosanquet hatte schon das Signalbuch aufgeschlagen.»Die Zest. Vierundvierzig Kanonen, Kommandant Kapitän Varian.»
Jenour trat neben ihn und schaute zu Bolitho hinüber.»Korrigieren Sie bitte das Buch. Varian ist nicht mehr ihr Kommandant.»
Keen befahl:»Bitte antworten Sie der Zest!»
Bolitho trat an die Querreling. Einige sahen in ihm sicherlich Varians Henker. Unten auf dem Hauptdeck riggten der Bootsmann Ben Gilpin und seine Gehilfen in Lee eine Gräting auf. Sie bereiteten die Auspeitschung vor. Für alle, die frisch an Bord gekommen waren, mußte dieser Strafvollzug ein furchtbarer Anblick sein. Und die anderen würde er noch brutaler werden lassen.
Bolitho straffte sich, als er Felicitys Sohn ganz in der Nähe stehen sah. In seinem Blick lag zuviel grausame Vorfreude.
«Fallen Sie zwei Strich ab, Mr. Cazalet. Wir wollen auf die Zest warten«, befahl Keen.
Jenour hatte gesehen, wie Bolitho sich über das linke Auge strich. In seiner Familie gab es einige Ärzte, und einem davon, seinem Onkel, hatte er den fremd klingenden Namen des Arztes genannt, der Bolitho behandelt hatte: Rudolf Braks. Sein Onkel kannte den Namen gut.»Der hat Lord Nelson behandelt«, sagte er,»und er behandelt auch den König, dessen Augenlicht immer schlechter wird. Wenn Braks deinem Admiral nicht helfen konnte, dann kann es keiner.»
Jetzt hörte er den Ersten Offizier melden:»Alle Mann an Deck angetreten, Sir.»
Keen antwortete kurzangebunden:»Überwachen Sie die leidige Sache.»
Bolitho hörte die Bitterkeit in Keens Ton. Er erinnerte sich wahrscheinlich an den Sträflingstransport. Damals hatte er Zenoria vor der Peitsche gerettet und später ihre Unschuld nachgewiesen. Aber ein Hieb hatte sie noch getroffen und ihre Haut von der Schulter bis zur Hüfte aufgerissen. Die Narbe würde sie nie mehr verlieren.
Bolitho ging nach unten in seine Tageskajüte und setzte sich auf die Bank unter den Fenstern. Er ballte die Faust, als er, gedämpft durch die Decks, die Trommeln wirbeln hörte. Das ferne Knallen der Peitsche traf ihn fast ebenso wie den Delinquenten. Er versuchte an Herrick zu denken und an das Geschwader, das er von ihm übernehmen würde. Fünf Linienschiffe, doch nur zwei Fregatten. Diese Aufklärer fehlten eben überall.
Allday trat ein und ging quer durch die Kajüte.»Die Bestrafung ist vorüber, Sir Richard.»
Bolitho hörte ihn kaum, er dachte an Vincent. Und an die abweisende Art, wie seine Mutter Catherine behandelt hatte.
«Weißt du, alter Freund«, sagte er wie zu sich selber,»wer helfen will, tut manchmal das Falsche.»
«Zugleich!«Allday beugte sich an der Pinne vor, als ritte er über holperige Straßen, statt die Barkasse der Black Prince zu steuern. Trotz seiner großen Erfahrung machte ihm dieses Übersetzen von einem Flaggschiff zum anderen zu schaffen. Er hielt sich zurück, um in Gegenwart seines Admirals nicht laut zu fluchen, aber später würde er es dafür um so mehr tun. Die untrainierten Rudergasten fürchteten zu Recht Alldays Ungeduld mehr als den hohen Gast im Heck. Bolitho sah zum ersten Mal sein Flaggschiff vom Wasser aus. Im Februarlicht glänzte der mächtige Dreidecker wie poliertes Glas. Sein schwarz-beiger Rumpf mit den weißen Kanonenpforten war der einzige Farbfleck auf der grauen Nordsee. Weit achteraus drehte die Zest auf ihren Platz im Geschwader ein.
Das Schiff lag gut im Trimm. Keen hatte sich rundum rudern lassen, ehe es das erste Mal auf See ging und noch einmal danach. Er hatte Ballast und Vorräte umstauen lassen, bis der Bug höher aus dem Wasser kam. Unter dem Bugspriet drohte mit gezogenem
Schwert die Galionsfigur, der Schwarze Prinz, Sohn König Edwards III., in seinem Kettenhemd, geschmückt mit Lilie und englischem Löwen. Unter dem schwarzen, gekrönten Helm starrte er wie lebensecht nach vorn. Der Holzschnitzer war einer der besten Englands gewesen, der hochbetagte Aaron Mallow aus Sheerness.
Vor ihnen lag jetzt die Benbow, Herricks Flaggschiff. Sie führte vierundsiebzig Kanonen wie die Hyperion, war jedoch schwerer, denn sie war gebaut worden, als England noch Eichen für seine hölzernen Mauern in Fülle besaß. Jetzt waren die Wälder in Kent und Sussex, in Hampshire und im Westen abgeholzt, denn der Krieg, ewig hungrig, fraß nicht nur die Männer, sondern auch die Bäume.
Von drüben leuchtete ihnen das Rot der angetretenen Seesoldaten entgegen, Metall blitzte auf. Bolitho mußte wieder an den Toppgast denken, der ausgepeitscht worden war.
Keen hatte ihm berichtet: Mit nacktem Oberkörper war er an die Gräting gefesselt worden und hatte ohne Schmerzensschrei die zwölf Hiebe ausgehalten — nur die Luft hatte ihm die Peitsche aus den Lungen gepreßt. Aber als man ihn losband, hatte eine Stimme aus der stummen Menge geschrien:»Das zahlen wir denen heim, Jim!«Natürlich konnte weder der Waffenmeister noch der Profos den Rufer finden. Seither war der bis dahin unbekannte Matrose Jim Fittock an Bord so etwas wie ein Märtyrer geworden — wegen Felicitys Sohn Miles Vincent. Das durfte sich auf keinen Fall wiederholen.
Dann ragte der Rumpf der Benbow über ihnen auf, und Allday wurde noch zorniger, weil der Buggast einige Male vergeblich an den Großrüsten einzuhaken versuchte. Schließlich kletterte Bolitho die salzverkrustete Treppe empor. Bei diesem trüben Licht hätte er stolpern können, ohne daß jemand wegen seines Auges Verdacht schöpfte. Der Wirbel der Trommeln, das Schrillen der Pfeifen und die gebrüllten Kommandos zu seinem Empfang schmerzten ihn fast. Aber in diesen wenigen Minuten erkannte er vertraute Gesichter an Bord wieder, die vorschriftsmäßig geradeaus starrten, unter ihnen Hector Gossage, Herricks Flaggkapitän. Er stand wie ein Fels vor den anderen Offizieren. Ein neuer Mann hatte De Broux ersetzt, den Flaggleutnant mit dem» verdammten französischen Namen«, wie Herrick immer gesagt hatte. Der Neue war plump und schien weder besonders intelligent noch besonders interessiert zu sein. Und dann sah er Herrick — und erschrak zutiefst.
Sein Haar, früher braun und noch kürzlich nur mit wenigen grauen Fäden durchzogen, hatte alle Farbe verloren. Tiefe Falten entstellten das vertraute Gesicht. Sie hatten einander doch erst vor kurzem in der Admiralität getroffen. Konnte ein Mann in kurzer Zeit so altern?
«Willkommen an Bord, Sir Richard!«Herricks Händedruck war so fest wie immer.»Sie erinnern sich sicher an Kapitän Gossage?»
Bolitho nickte, ließ aber Herricks Hand nicht los.»Ich fühle mit dir, Thomas.»
Herrick zuckte mit den Schultern, wollte seine Gefühle verbergen.»Lassen Sie wegtreten, Kapitän Gossage«, befahl er.»Bleiben Sie in der Nähe der Black Prince und informieren Sie mich, falls sich das Wetter verschlechtert. «Er führte Bolitho nach achtern, und dieser fragte sich dabei, ob Herrick schon immer so gebückt gegangen war.
In der Tageskajüte, wo er so oft auf und ab geschritten war, sah sich Bolitho um. Gab es noch Spuren von ihm? Nein, keine. Diese Kajüte hätte genausogut auf jedem anderen Linienschiff sein können.
Ein Diener, an den er sich nicht erinnerte, brachte Brandy. Herrick sah Bolitho an.»Ich bin froh, daß du mich hier ablöst, damit die Benbow endlich daheim ins Dock kann. Wir haben im letzten Sturm fast das Ruder verloren. Damals warst du wohl noch an Land. Die See riß einen Mastergehilfen und zwei Matrosen über Bord — wir hatten gar keine Chance, sie aufzufischen.»
Bolitho unterbrach ihn nicht. Herrick mußte sich immer erst freireden, ehe er zur Sache kam, das war er gewöhnt. Aber Brandy um diese Stunde, das war neu. Ingwerbier oder Wein — das kannte er bei Herrick. Vielleicht hatte er mit dem Trinken begonnen, nachdem Dulcie gestorben war.
«Ich habe deinen Beileidsbrief bekommen, er tat mir gut. «Harsch fuhr er den Diener an:»Lassen Sie die Flasche hier, Mann! Ich komme schon alleine klar. «Der alte Herrick hätte so nie gesprochen; nicht umsonst war er immer der beliebteste Offizier bei den Besatzungen gewesen. Seine Hand zitterte leicht, als er die Gläser nachfüllte und ein paar Spritzer Brandy auf den Teppich verschüttete. Er schien es nicht zu bemerken.
«Guter Stoff. Stammt von einem Schmuggler. «Nur die Augen waren so klar und blau, wie Bolitho sie kannte. Ihm war, als schaue ihn ein Bekannter aus einem fremden Körper an.
«Verdammt noch mal, ich war nicht bei ihr, als sie mich am nötigsten brauchte!«brach es aus Herrick heraus.»Ich hatte ihr doch gesagt, sie solle sich nicht um die Gefangenen kümmern! Jetzt möchte ich sie am liebsten alle aufhängen. «Er trat an die Wand, an der sein Degen hing und mit dem Schwanken des Schiffes am Holz scheuerte. Doch er übersah die Waffe und berührte fast zärtlich das Teleskop daneben in seiner Halterung, das Dulcie ihm einst in London geschenkt hatte.»Aber ich wäre auf jeden Fall zu spät gekommen.»
Herrick leerte sein Glas in einem Zug.»Lady Bolitho hat mir von den verdammten Spaniern erzählt, die überall in Haus und Garten arbeiteten. Sie hätte sie auf den Hulks lassen sollen!«Er sah Bolitho an und fragte plötzlich:»War bei der Beerdigung alles so, wie es sein sollte?»
«Ja. Deine Schwester war da und viele von Dulcies Freunden.»
«Und ich konnte nicht kommen! Sie starb allein.»
Der Satz hing in der Luft, bis Bolitho sagte:»Dulcie war nicht allein. Catherine war bei ihr und hat sie gepflegt, bis der Tod sie erlöst hat. Das war mutig von ihr, denn Typhus ist sehr ansteckend.»
Herrick trat an den Tisch und griff zur Brandyflasche.»Nur Catherine?»
«Ja. Sie ließ nicht einmal die Haushälterin ins Zimmer.»
Herrick rieb sich die Augen, als schmerzten sie ihn.»Du denkst jetzt bestimmt, daß sich Catherine dafür meine Anerkennung verdient hat.»
Bolitho zügelte seinen Zorn.»Ich bin nicht hergekommen, um aus deinem Schmerz Gewinn zu schlagen, Thomas. Ich weiß noch sehr genau, wie du mir damals die schreckliche Nachricht über Cheneys Tod brachtest. Ich fühle mit dir, Thomas, denn ich weiß, was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren.»
Herrick ließ sich schwer in seinen Stuhl fallen und füllte sich schon wieder das Glas.»Aber du hast jetzt Catherine — und ich habe alles verloren. Dulcie gab mir die Kraft zum Vorwärtskommen. Es war ein langer Weg vom armen Kadetten zum Konteradmiral. «Als Bolitho schwieg, beugte er sich über den Tisch und sprach lauter.»Aber du hast das ja nie verstanden! Dein Neffe auch nicht, niemand. Ihr Bolithos denkt immer nur an euch!»
«Ich gehe jetzt, Thomas. «Es war schrecklich zu beobachten, wie der Schmerz diesen Mann zerstörte. Was brach da aus ihm heraus? Hatte er diesen Vorbehalt gegen Bolitho etwa jahrelang in seiner Seele verborgen? Später würde er diese Worte sicherlich bereuen.
«Wenn du in England bist, erinnere dich an all das Schöne, das du mit Dulcie zusammen erlebt habt. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.»
Herrick erhob sich unsicher.»Was macht dein Auge? Geht es dir besser?«Trotz Alkohol und Trauer erinnerte er sich plötzlich daran, daß Bolitho auf diesem Schiff fast gefallen wäre.
«Danke, es geht, Thomas. «Bolitho nahm Hut und Mantel.
Die Tür öffnete sich einen Spalt, und Kapitän Gossage schaute herein.»Ich wollte dem Konteradmiral melden, daß der Wind auffrischt. «Er sah zu Herrick hinüber, der zusammengesunken auf der Heckbank saß und sich nicht rührte.»Ich lasse die Fallreepswache antreten, damit Sir richtig verabschiedet werden, Sir Richard.»
«Nein, lassen Sie nur meine Barkasse rufen. «Dann drückte er die Tür zu und sagte so leise, daß der Posten es nicht hören konnte:»Kümmern Sie sich bitte um den Admiral. Da sitzt ein tapferer Mann, der schwer getroffen wurde — wenn auch nicht durch feindliches Feuer.»
So grimmig und traurig hatte Jenour seinen Admiral noch nie gesehen. Als dieser wieder an Deck kam, unterließ er jede Frage, warum ihn der Konteradmiral nicht gebührend verabschiedete, und meinte nur mit etwas erzwungener Fröhlichkeit:»Da drüben liegt die holländische Küste, jetzt leider wegen eines Schauers außer Sicht.»
Bolitho betastete sein Auge, als Schmerz es durchzuckte wie eine böse Erinnerung.»Liegt die Barkasse längsseits, Stephen?«Als Jenour ging, um nachzuschauen, murmelte er:»Ich wünschte, es wäre nicht Holland, sondern Cornwall!»
Dann kletterte er die Leiter hinunter in die schaukelnde Barkasse. Die See hatte ihn wieder.
Leutnant Stephen Jenour klemmte sich den Hut unter den Arm und betrat Bolithos Tageskajüte. Oben an Deck war es noch immer sehr kalt, doch ein Atemschöpfen des Windes hatte die Wellen etwas beruhigt. Wäßriges Sonnenlicht brachte einen Anschein von Wärme in die vollen Messedecks, und auch hier in der großen Kajüte meinte Jenour, sie zu spüren. Bolitho beugte sich über eine Karte mit dem Operationsgebiet des Geschwaders. Er sah müde aus, aber ruhiger als beim Abschied von seinem Freund auf der Benbow. Jenour ahnte nur, was zwischen den beiden vorgefallen war und wie sehr es Bolitho getroffen hatte. Durch die großen Heckfenster sah er zwei Vierundsiebziger des Geschwaders, die Glorious und die alte Sunderland, die keinen Seekrieg ausgelassen hatte. Sie mußte jetzt, überlegte Jenour, etwa so alt sein wie die Hyperion.
Nach Benbows Ausscheiden unterstanden Bolitho neben der Black Prince noch fünf Linienschiffe, und zwei weitere, die Tenacious und die Valkyrie, lagen in England im Reparaturdock. Jenour wunderte sich, daß Konteradmiral Herrick die Schiffe nach Hause geschickt und damit das Geschwader geschwächt hatte, ohne erst Bolithos Ansicht darüber abzuwarten. Aber er hielt sich mit seinen Fragen zurück.
Plötzlich merkte Jenour, daß Bolitho ihn schon eine ganze Weile lang anschaute. Er meldete errötend:»Ihre Kommandanten sind jetzt an Bord versammelt, Sir Richard. Lediglich der Kommandant der Zest fehlt, er macht Wachdienst wie befohlen.»
Bolitho nickte. Vor vierzehn Tagen war Herrick nach England abgesegelt. Seither herrschte besseres Wetter, deshalb hatte er sein Geschwader zusammenziehen können. Die Schiffe dümpelten auf der silbern glänzenden Nordsee. Zum erstenmal waren alle Kommandanten gleichzeitig an Bord der Black Prince.
«Was macht unsere Kurierbrigg?»
Wieder einmal errötete Jenour. Konnte Bolitho ahnen, daß der Ausguck im Masttopp der Glorious die Brigg bereits gemeldet hatte? Seit seinem Morgenspaziergang auf dem Achterdeck war er doch in seiner Kajüte geblieben.
Bolitho sah Jenours Verwirrung und lächelte.»Das Signal wurde an Deck wiederholt, und ich war draußen auf der Heckgalerie. Sie hat ihre Vorteile, man hört dort vieles, auch was nicht unbedingt für den Admiral bestimmt ist.»
Er hatte die Hoffnung, daß die kleine Kurierbrigg Mistral vielleicht einen Brief von Catherine mitbrachte. Aber sie hatte bestimmt noch keine Zeit gefunden, ihm so bald nach seiner Abreise zu schreiben.
«Der Kommandant der Brigg wird sich sofort an Bord melden, wenn er heran ist«, antwortete Jenour.
Bolitho dachte an die Kommandanten, die draußen darauf warteten, ihn kennenzulernen: alles erfahrene Männer, doch keiner ein Freund. Vor Jahren war er aufgeregt gewesen, wenn er als Kommandant zum ersten Mal vor seine Offiziere und Mannschaften hingetreten war. Inzwischen wußte er, daß die anderen viel aufgeregter waren als er selbst.
«Bitten Sie Kapitän Keen, die Herren zu mir zu führen. Er war übrigens ganz überrascht, die Nicator in unserem Geschwader zu finden. Er hat sie vor sechs oder sieben Jahren geführt, in der Schlacht vor Kopenhagen. Schon damals war sie so verrottet, daß Keen immer behauptete, von der Ewigkeit trenne ihn nur ein Kupferblech.»
«Haben wir denn immer noch zu wenig Schiffe?»
Bolitho beobachtete den Flug der Möwen draußen, die ständig ihre Farbe zu wechseln schienen.»Ja. Darum wären die dänischen Schiffe so wichtig für uns. Vielleicht wird nichts daraus, aber wer weiß?«Er wurde ungeduldig.»Bitten Sie Ozzard, unsere Gäste mit Wein zu bewirten.»
Jenour verschwand in die Anrichte, wo Ozzard und ein zweiter Diener Gläser polierten und in ihre Ständer klemmten, damit sie nicht im Seegang wegrutschten und zerbrachen.
Bolitho streichelte den kleinen Weinschrank von Catherine. Herrick mußte jetzt zu Hause sein. Bei seiner Ankunft würden ihm die Wärme und Bewunderung Dulcies am meisten fehlen. Vielleicht warf er ihm insgeheim vor, er habe die Benbow nur ins Dock befohlen, um endlich den Oberbefehl über dieses Geschwader zu bekommen? Er verbot sich solche Spekulationen. Wer verbittert über einen Freund war, der kam immer auf schlimme Gedanken.
Die Tür öffnete sich, Keen führte die Kommandanten herein, die sich Bolitho namentlich vorstellten. Was er sah, war eine Mischung aus Erfahrung, Können und Neugier. Bis auf einen hatten alle ihren vollen Kapitänsrang. Ozzard umschwirrte sie mit seinem Tablett, doch aller Augen wandten sich dem eintretenden jungen Kommandanten der Fregatte Anemone zu, der eher wie ein jüngerer Bruder als wie ein Neffe des Admirals aussah.
Bolitho gab Adam die Hand, aber dann konnte er sich nicht zurückhalten und umarmte ihn. Das gleiche dunkle Haar, die gleichen Bewegungen. Bolitho hielt Adam auf Armlänge von sich ab und studierte sein Gesicht. Der junge Mann hatte erreicht, wovon er immer geträumt hatte: Kommandant einer Fregatte zu sein. Er war jetzt sechsundzwanzig Jahre alt. Auch Bolitho war sechsundzwanzig gewesen, als er seine erste Fregatte übernommen hatte. Zufall?
Leise sagte Adam:»Ich freue mich, dich wiederzusehen, Onkel. Wir hatten viel zu wenig Zeit damals, als ich die Truculent in den Hafen schleppte.»
Ohne dich und deine Anemone hätten uns die drei Franzosen zu Treibholz geschossen und ich wäre jetzt tot, dachte Bolitho. Denn niemals wieder wäre er in Gefangenschaft gegangen.
Keen bat die Kommandanten, Platz zu nehmen. Jeder ordnete dabei, was er sah, in das Bild ein, das er sich von Bolitho gemacht hatte.
Bolitho richtete sich auf und sah sie alle der Reihe nach an.
«Ich wollte Sie so schnell wie möglich kennenlernen, meine Herren. Denn ich habe festgestellt, daß einem später zu oft die Zeit fehlt, miteinander zu reden. «Einige Gesichter lächelten.»Tut mir leid, daß zwei unserer Kommandanten nicht dabei sind. «Er zögerte einen Augenblick; machte er damit nicht Herrick einen Vorwurf? Doch Herrick hatte die beiden Schiffe nach Hause geschickt, ohne auf seinen Rat zu warten.»Dies ist nicht die rechte Zeit, die Zügel locker zu lassen. Viele von uns haben den Sieg in Trafalgar miterlebt, der angeblich alle Gefahren für unser Land beseitigt hat. So hört man es jedenfalls in London und auch innerhalb der Flotte. Doch nur ein Narr könnte glauben, die Zeiten würden friedlicher, solange Napoleon regiert. Wir brauchen jedes Schiff und jeden Mann, der darauf kämpft. Die Franzosen werden ihre Terraingewinne konsolidieren, und sie haben ja bewiesen, daß ihnen kaum ein Landheer widerstehen kann. Wer weiß, welche Talente sie gegen uns in See schicken, wenn sie endlich wieder so viele Schiffe haben, wie sie brauchen? Die französische Marine wurde durch die Revolution geschwächt, die in ihrer blutigsten Zeit unter den Seeoffizieren genauso viele Opfer forderte wie unter den Aristokraten. Doch neue Anführer wachsen heran, und gegen diese müssen wir uns wappnen. «Er fühlte sich plötzlich leer und wie ausgehöhlt.»Haben Sie Fragen?»
Kapitän John Crowfoot, Kommandant der Glorious, ein großer, gebeugter Mann mit dem Habitus eines Landpfarrers, fragte:»Werden die Dänen ihre Flotte den Franzosen übergeben, Sir Richard?»
«Ich glaube nicht, es sei denn unter größtem Druck. Kein Däne wünscht sich Franzosen im Land.»
Kapitän George Huxley von der Nicator, ein gedrungener Mann mit hartem Blick, sagte selbstbewußt:»Wir brauchen dringend mehr Fregatten, Sir Richard. Ohne sie sind wir wie blind. Ein Geschwader, sogar eine ganze Flotte könnte nachts an uns vorbeisegeln, und wir würden nichts merken!«Er drehte sich zu den Fenstern um, als suche er die holländische Küste, die dreißig Meilen entfernt lag.
Bolitho antwortete:»Ich bin ganz Ihrer Meinung, Kapitän Huxley. Aber ich habe nun mal nur zwei Fregatten, die meines Neffen und die Zest, deren Kommandant ich noch nicht kenne.»
Keen hatte ihn vorgewarnt: Kapitän Fordyce, der Sohn eines Admirals, sei ein Leuteschinder. Ihre Lordschaften in der Admiralität hatten wahrscheinlich geglaubt, nach Kapitän Varian habe die Zest eine harte Hand nötig.
Es folgten noch viele Fragen — zu Reparaturen und Vorräten, zu Patrouillengebieten und möglichen Gefechten. Bolitho gestand sich ein, daß er auch nach diesem langen Treffen seine Kommandanten noch nicht richtig kannte. Aber er wollte ihnen wenigstens einige seiner Grundsätze vermitteln.»Mit unnötigen Signalen verliert man zuviel Zeit im Gefecht. Und Zeit zählt im Kampf, wie Sie alle wissen. Ich habe darüber einige Briefe mit Lord Nelson gewechselt, den ich leider, wie Sie wohl alle, nie persönlich getroffen habe. «Er sah zu Adam hinüber.»Mein Neffe ist die Ausnahme, er hatte das Glück, Nelson öfter zu treffen. Leider ist er nicht mehr unter uns, aber sein Beispiel wird uns helfen.»
Er spürte, daß alle gespannt auf seine nächsten Worte warteten.»Nelson hat einmal gesagt, daß kein Kommandant viel falsch machen kann, wenn er sein Schiff im Kampf neben das des Gegners legt. «Crowfoot von der Glorious nickte eifrig, und an der Tür lauschte Jenour auf jedes Wort.»Ich glaube, besser als Nelson kann man es nicht sagen.»
Sie trennten sich erst nach zwei Stunden und reichlichem Weingenuß. Beim Abschied dachten sie offenbar schon daran, was sie, an Bord zurückgekehrt, ihren Offizieren berichten würden.
Bolitho empfing noch den jüngsten Kommandanten des Geschwaders, den von der Kurierbrigg Mistral, den Allday später als» noch so einen zwölfjährigen Skipper «charakterisierte.
Der Nordwest war abgeflaut, die großen Linienschiffe kürzten ihre Segel für die kommende Nacht. Eigentlich hatte Keen den Admiral zu sich zum Abendessen einladen wollen, doch als er sah, daß der Kommandant der Brigg ihm einen Privatbrief übergab, verzichtete er darauf. Vorsichtig öffnete Bolitho den Umschlag und las im Licht der Kerzen Catherines Zeilen: Liebster, erst gestern hast du mich verlassen, und schon glaube ich, es ist eine Ewigkeit her … Bolitho sah sich in der leeren Kajüte um. Hatte er Catherines Lachen gehört, oder war es ein Murmeln der See gewesen? Er vertiefte sich wieder in ihren Brief.