Kapitel 20

Das Zischen der See, das leise Pfeifen des Windes über den schäumenden Wellen, die aus ihrem Blickwinkel gigantisch erschienen, bösartig und mächtig, übertönten alle anderen Geräusche. Sie glaubte ein fernes Rufen zu hören, doch mit gesenktem Kopf schwamm sie mit aller Kraft weiter. Dann war plötzlich jemand neben ihr im Wasser.

Überrascht schaute sie auf. Es war Gurvan.

»Halt dich an mir fest!« schrie er kaum verständlich, weil die Wellen über ihn hinweggingen. »Rasch!«

Fidelma hatte nichts dagegen. Sie packte ihn an den Schultern.

»Um Himmels willen, laß ja nicht los!« brüllte Gurvan.

Er drehte sich um, und nun sah Fidelma, daß er an einem Tau hing, das sie beide rasch durchs Wasser zog. Dunkle Gestalten an der Reling des Schiffes holten es mühsam ein, und sie merkte, daß sie langsam, fürchterlich langsam, von der reinen Muskelkraft der Matrosen an das Schiff herangezogen wurden.

Ihr kam ein schrecklicher Gedanke. Sie hingen hilflos an der Seite des fahrenden Schiffes, und wenn die Männer da oben das Tau losließen, würde der Schwung sie beide unter das Schiff drücken, und das wäre ihr sicheres Ende.

Dann wurden sie aus dem Wasser gehoben.

»Halt dich ganz fest«, schrie Gurvan.

Fidelma gab keine Antwort. Ihre Hände krallten sich unwillkürlich in die Kleidung des Steuermanns.

Augenblicke später wurden sie hochgezogen aus der See, die sie nicht loslassen wollte, deren weißschäumende Wellen wie mit Fingern nach ihnen griffen und sie in den Abgrund des Meeres hinunterzulocken versuchten.

Fidelma schloß die Augen und hoffte nur, daß das Tau nicht reißen würde. Dann packten Fäuste ihre Handgelenke und Arme. Sie hoben sie über die Reling, und sie sank auf dem Deck zusammen, nach Luft ringend und zitternd. Wenbrit eilte herbei und legte ihr ihre Kutte über die Schultern. Er machte ein besorgtes Gesicht. Sie blickte auf und lächelte ihn dankbar an, sprechen konnte sie nicht.

Es dauerte eine Weile, bis sie, noch unsicher, auf den Beinen stand. Wenbrit stützte sie. Gurvan lehnte neben ihr an der Reling und rang ebenfalls nach Luft. Hätte er seinen Rettungsversuch nur ein wenig später unternommen, hätte es keine Hoffnung mehr gegeben. Das Schiff schnitt jetzt schnell durch die Wellen. Das Segel bauschte sich unter dem aufgekommenen Wind. Mit stummem Dank streckte sie Gurvan die Hand entgegen. Erst dann konnte sie wieder sprechen und sagte: »Du hast mir das Leben gerettet, Gurvan.«

Der Steuermann zuckte die Achseln. In seiner Miene spiegelte sich seine Besorgnis. Schließlich fand auch er die Sprache wieder.

»Ich hätte besser aufpassen müssen, als du im Wasser warst, Lady.«

Murchad eilte herbei und war froh, daß Fidelma unverletzt war.

»Ich habe dich gewarnt, Lady, es ist gefährlich, so zu baden«, sagte er streng.

»Sieh mal.« Gurvan trat beiseite und wies auf die Reling. »Schau, Kapitän, das Tau ist zerschnitten.«

Das Ende des Taus war angebunden wie zuvor, aber nur ein kurzes Stück hing noch daran.

Fidelma versuchte zu erkennen, auf was Gurvan zeigte.

»Ist es gerissen?« fragte sie. Sie merkte, daß das eine dumme Frage war, denn jetzt fiel ihr auf, daß das Tau durchgeschnitten war, die einzelnen Stränge wie von einem scharfen Messer durchgetrennt.

»Jemand wollte dich umbringen, Lady«, erklärte ihr Gurvan leise. Er hatte recht, es war deutlich genug zu erkennen.

»Als ich im Wasser war«, fragte sie Gurvan, »wie lange hast du noch neben dem Tau gestanden?«

Gurvan überlegte.

»Ich wartete, bis ich sah, daß du gemütlich geschwommen bist. Du hast mir zugewinkt, und ich habe geantwortet. Dann hat mich Bruder Tola abgelenkt. Er fragte mich, wer da schwimmt und ob das nicht gefährlich wäre.«

»Bist du längere Zeit von dieser Stelle fort gewesen?«

»Höchstens ein paar Minuten. Ich ging nach achtern, um etwas mit dem Kapitän zu besprechen.«

»War sonst niemand an Deck?«

»Ein paar Matrosen.«

»Ich meine nicht von der Mannschaft, sondern von den Passagieren.«

»Da war die junge Nonne, Schwester Gorman, und Schwester Crella zusammen mit dem Mann mit dem kraftlosen Arm, Bruder Cian. Und dann noch der Schweigsame, Bruder Bairne.«

Fidelma blickte sich um und sah, daß die meisten von ihnen ein Stück entfernt zusammenstanden und sie verlegen beobachteten. Alle hatten bei ihrer Rettung zugeschaut.

»Kam jemand von ihnen dem Tau nahe?«

»Da bin ich nicht sicher. Jeder hätte es sein können. Ich ging sofort zurück, als ich merkte, daß der Wind aufkam. Da sah ich, daß das Tau durchgeschnitten war. Ich rief ein paar Matrosen, wir nahmen ein anderes Tau, und den Rest weißt du.«

Fidelma versank in Nachdenken.

»Lady.« Das war Wenbrit. »Zieh lieber deine nassen Sachen aus.«

Fidelma lächelte ihm zu. Ihr wurde bewußt, daß die nasse Seide sich an ihren Körper schmiegte wie eine zweite Haut. Sie zog die Kutte enger um sich.

»Ein Schluck corma wäre nicht verkehrt, Wenbrit«, meinte sie. »Ich bin in meiner Kajüte.«

Sie eilte über das Deck, und Mannschaft und Passagiere lösten sich in kleine Gruppen auf, in denen aufgeregt, aber leise geredet wurde.

Eine halbe Stunde später kam Fidelma, innerlich erwärmt durch das feurige corma und äußerlich durch ein kräftiges Abreiben und trockene Sachen, nach achtern zu Murchad in seine Kajüte. Der Kapitän sah immer noch verstört aus bei dem Gedanken, wie nahe die Schwester seines Königs Colgü von Cashel dem Tode gewesen war.

»Geht es dir wieder gut, Lady?« begrüßte er sie, als sie eintrat.

»Ich komme mir wie ein Trottel vor, Murchad, weil ich nicht daran gedacht habe, daß ein Mensch, der einmal getötet hat, manchmal Lust am Töten bekommt.«

Murchad erschrak.

»Meinst du, wir haben einen mordlustigen Irren an Bord?«

»Wenn jemand vorsätzlich tötet, ist das immer ein Zeichen für einen gestörten Verstand, Murchad.«

»Hast du weiterhin Bruder Cian im Verdacht? Schließlich hatte kein anderer durch Toca Nias Tod etwas zu gewinnen. Deshalb muß er Schwester Muirgel ermordet und dann versucht haben, dich zum Schweigen zu bringen.«

Fidelma machte eine ablehnende Geste, als sie sich ihm gegenüber niederließ.

»Ich glaube nicht, daß diese Logik zwingend ist. Es könnte sein, daß der Mörder Toca Nias nicht derselbe ist, der Muirgel umgebracht hat. Es ist auch der Mord an Schwester Canair zu bedenken, für den wir allerdings nur die Aussage von Bruder Guss haben. Ich fürchte, daß jetzt, da Guss tot ist, seine Aussage als einziger Zeuge keinen Wert mehr hat. Der gleiche Umstand, der eine Verhaftung und Anklage Cians unmöglich macht, gilt auch für den Fall von Canair ... Wo sind die Zeugen? Doch von der Rechtslage abgesehen bin ich geneigt, anzunehmen, daß Guss die Wahrheit gesagt hat.«

»Meinst du damit, daß du Schwester Crella für die Schuldige hältst?«

»Sie könnte es sein. Die Widersprüche in ihrer Geschichte deuten darauf hin. Aber warum sollte sie mir etwas erzählen, was sich sofort widerlegen läßt? Hat sie gelogen, oder hat sie selbst geglaubt, es sei wahr? Vor allem, ich entdecke kein Motiv für die Tat.«

»Wie konnte das passieren?« fragte sich Murchad. »Bei einem Leben auf See ist man immer dem Tode nahe, aber nie dem Tod auf solche Art und Weise. Vielleicht ist diese Fahrt verhext. Ich hörte, wie Bruder Dathal so etwas sagte, daß sie wie eine Fahrt des Totengottes Donn wäre .«

Fidelma lächelte mit schmalem Mund.

»Aberglaube, Murchad, er sperrt die Welt in den Kerker der Furcht ein. Die Vernunft öffnet diesen Kerker. Es gibt eine logische Erklärung für jedes Geheimnis, und wir werden sie finden. Mit der Zeit.« Sie hielt inne und setzte dann hinzu: »Warst du ständig an Deck, während ich gebadet habe?«

»Ja. Ich sah, wie Gurvan dir ein Tau umband und es an der Reling befestigte. Dann sprangst du ins Meer. Glaub nicht, ich hätte mir nicht schon den Kopf darüber zerbrochen, ob ich gesehen habe, daß jemand zu dem Tau ging.«

»Gurvan kam zu dir, um etwas zu besprechen?«

»Genau wie er gesagt hat. Eine Weile blieb er an der Reling. Ich sah, wie er die Hand hob. Dann hat ihn Tola, der auf dem Deck umherging, in ein Gespräch verwickelt. Der Wind frischte auf, und er kam zu mir, und wir besprachen das. Ich sagte ihm, er solle dich hereinziehen, denn wir würden bald Fahrt aufnehmen.«

»Du hast nicht jemanden an Deck nahe dem Tau bemerkt?«

»Ein paar Matrosen waren in den Rahen. Mit denen habe ich schon gesprochen, während du dich umgezogen hast. Sie haben nichts gesehen. Wir rechneten mit Wind, und sie sollten das Segel trimmen, sobald er aufkam. Da war aber noch jemand ...« Er fuhr sich durchs Haar und überlegte. »Ich weiß nicht, wer es war.«

»Du kannst aber die Person doch sicher beschreiben?«

»Nicht genau, denn sie war auf dem Vorschiff und hatte diese Kapuze auf, du weißt schon .«

»Eine Mönchskapuze?«

»Ja, so eine, die den Kopf bedeckt.«

»Also jemand von den Pilgern? Kannst du sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war?«

»Nicht mal das könnte ich genau sagen, Lady.«

»Hast du gesehen, daß sie zur Reling ging?«

»Das könnte sein. Zu der Zeit war niemand sonst dort. Der Wind erhob sich, und ich gab der Mannschaft Anordnungen. Gurvan ging dann zurück zum Tau und merkte, daß da etwas verkehrt war. Die Gestalt in der Kutte war verschwunden, und ich nahm an, sie sei nun unter Deck.«

Murchad machte plötzlich ein Gesicht, als sei ihm etwas Wichtiges eingefallen.

»Ich weiß genau, sie kam nicht über den Achterschiffsniedergang zurück.«

Fidelma war verblüfft.

»Wie kann sie dann nach unten gelangt sein?«

»Wahrscheinlich durch die Vorderluke.«

»Aber dort kommt man doch nicht zu den unteren Decks, oder doch?«

»Es gibt eine kleine Luke gleich neben deiner Kajütentür, aber die benutzt keiner. Jedenfalls kein Passagier, denn sie führt nur zu den Stauräumen, und man müßte durch die hindurchgehen zu den anderen Bereichen im Schiff.«

»Aber es gibt einen Weg, auf dem man dort unter Deck und zu den Kajüten der Passagiere gelangen kann?« Als er das bejahte, stand sie auf und sagte: »Dann untersuchen wir ihn.«

Sie brauchten ein Licht, denn der kleine Gang zwischen Gurvans und Fidelmas Kajüten auf den beiden Seiten und dem Abtritt vorn war dunkel. Fidelma holte eine Lampe aus ihrer Kajüte. Der Kater Mäuseherr, zu einem weichen schwarzen Knäuel zusammengerollt, lag auf dem Fußende ihrer Koje und schlief. Fidelma zündete die Lampe an und kehrte zu Murchad zurück, der eine kleine Luke im Boden öffnete. Die war ihr vorher noch nicht aufgefallen. Es konnte sich immer nur eine Person hindurchzwängen.

»Du meinst, die wird nicht oft benutzt?«

»Selten.«

»Und von hier aus kann man das Schiff in seiner ganzen Länge und Breite erreichen?«

Murchad bejahte es.

Sie blieben am Fuße der Holztreppe in einem kleinen Stauraum stehen. Hier konnte man sich kaum aufrichten. Fidelma hob die Lampe und schaute sich um.

»Viel Staub«, murmelte sie. »Ich nehme an, der Raum wird nicht oft als Kajüte und nicht einmal zum Stauen benutzt?«

»Kaum jemals«, erwiderte Murchad. »Unsere Vorräte lagern größtenteils im nächsten Raum.«

Fidelma zeigte auf eine Reihe von Fußspuren auf dem Boden.

»Sicherlich hat Gurvan den Raum hier abgesucht, als er am zweiten Tag der Reise nach Schwester Muirgel forschte.« Als Murchad nickte, fuhr sie fort: »Und dann prüfte er nach dem Sturm, ob der Schiffsrumpf Schaden erlitten hatte?«

»Natürlich.«

Sie beugte sich nieder und leuchtete den Boden vor der Treppe ab, über die sie gekommen waren.

Es gab braune Flecke auf den Planken und unterhalb der letzten Stufe einen deutlichen Fußabdruck.

»Was hat das zu bedeuten?« fragte Murchad.

»Ich nehme an, du und Gurvan, ihr habt ungefähr die gleiche Größe, nicht wahr?« erkundigte sich Fidelma.

»Wahrscheinlich. Warum?«

»Setz deinen Fuß neben den Abdruck hier, Murchad. Aber daneben, nicht darauf.«

Murchad tat es. Sein Schuh war wesentlich größer.

»Das beweist mir, daß dieser Abdruck nicht von Gurvan gemacht stammt.«

»Und weiter?«

»Hier ist der Mörder Toca Nias in der Nacht entlanggekommen. Er schlich sich leise durchs Schiff und diese Treppe hoch. Ich wurde von dem Geräusch wach und dachte dummerweise, es wären Ratten oder Mäuse und schob Mäuseherr hinaus. Aber es war Toca Nias Mörder, der in seine Kajüte ging und ihn in wütendem Haß erstach. Davon lief das Blut bis auf den Boden und ihm über die Füße. Ich sah die Spuren, die auf den Gang hinausführten, und versuchte sie von Gurvans zu unterscheiden. Sie hörten plötzlich auf, und ich dachte, der Mörder hätte sich die Füße abgewischt, weil ich nichts von der verborgenen Luke wußte. Jetzt ist mir klar, daß er auf demselben Weg zu seinem Platz im Schiff zurückging.«

Murchad schüttelte ratlos den Kopf.

»Aber diese Flecke verraten dir nicht viel.«

»Im Gegenteil, der Fußabdruck hier unten verrät mir sehr viel.« Sie zeigte auf ihn, und zum erstenmal seit Tagen erfüllte sie Freude, weil sie endlich einen greifbaren Beweis gefunden hatte.

»Was sagt er dir?«

»Seine Größe enthüllt mir viel über die Person, die Toca Nia umbrachte. Und ich sehe allmählich einen Zusammenhang. Vielleicht gibt es gar nicht so viele Zufälle, wie wir denken. Die Person, die Toca Nia tötete, ist dieselbe, die Schwester Canair in Ardmore umbrachte und Schwester Muirgel erstach. Vielleicht . « Fidelma verstummte und dachte nach.

»Ich wäre vorsichtig, Lady«, warf Murchad besorgt ein. »Wenn diese Person schon einmal versucht hat, dich zu töten, kann sie es wieder versuchen. Du stellst offensichtlich eine Bedrohung für sie dar. Vielleicht bist du nahe daran, sie zu entdecken.«

»Wir alle müssen gut aufpassen«, meinte Fidelma. »Aber diese Person tötet im geheimen, dessen bin ich sicher. Und eins weiß ich noch mit Bestimmtheit.«

»Nämlich?«

»Unser Mörder ist eine von drei Personen auf diesem Schiff, und ich glaube, er ist irre. Wir müssen wirklich aufpassen.«

Am Abend änderte sich der Wind erneut. Nachdem das wie üblich von Wenbrit servierte Abendessen in leicht gedrückter Stimmung eingenommen worden war, ging Fidelma an Deck und gesellte sich zu Murchad und Gurvan, die am Steuerruder standen.

»Ich fürchte, wir kriegen noch einmal Sturm, Lady«, begrüßte sie Murchad trübe. »Auf dieser Fahrt haben wir mehr als genug Pech. Hätte das ruhige Wetter angehalten, wären wir schon vor zwei Tagen wieder aus dem iberischen Hafen ausgelaufen. Jetzt müssen wir abwarten, wohin uns der Sturm treibt.«

Fidelma blickte zum Himmel. Die Anzeichen für einen Sturm schienen nicht so bedrohlich wie in der ersten Nacht. Die Wolken waren dunkel, aber sie jagten nicht so schnell über den Himmel wie damals.

»Wie lange dauert es noch, bis er uns erfaßt?« fragte sie.

»Noch vor Mitternacht ist er hier«, antwortete Murchad.

Fidelma merkte, daß das Schiff mit schäumender Bugwelle geradezu durch die Wogen schnitt. Alles wirkte so ruhig und friedlich.

Gegen Mitternacht konnte Fidelma kaum glauben, wie plötzlich sich das Wetter geändert hatte. Die See ging hoch, und der Wind wechselte so oft die Richtung, daß ihr fast schwindelte. Fidelma hatte an Deck gesessen und alle Fakten und Ereignisse in Gedanken geordnet und analysiert. Nun stand sie auf, als das Deck unter ihr zu schaukeln begann. Gurvan beaufsichtigte die Matrosen, die an der Takelage arbeiteten.

Er kam zu ihr.

»Am sichersten bist du in deiner Kajüte, Lady, und vergiß nicht .«

»Alle losen Gegenstände festzumachen«, beendete Fidelma seinen Satz. Das hatte sie bei dem vorigen Sturm gelernt.

»Du wirst eine richtige Seefahrerin, Lady«, lächelte Gurvan anerkennend.

»Wird es so schlimm wie letztes Mal?« fragte sie.

Gurvan antwortete mit einer unverbindlichen Geste.

»Es sieht nicht sehr gut aus. Wir müssen gegen den Wind kreuzen.«

»Wäre es nicht leichter, zu wenden und mit dem Wind zu segeln, selbst wenn uns das wieder zurücktreibt?«

Gurvan schüttelte den Kopf.

»Bei diesem Seegang würden dann die schweren Wellen ständig über uns hinweggehen. Ihre Gewalt könnte uns sogar unter Wasser drücken.«

Wie zur Betonung seiner Worte fegte die Gischt über das Deck, und Fidelma sah, wie die See ringsum zu kochen begann. Der Wind hatte so zugenommen, daß selbst der dicke, starke Mast stöhnte und sich leicht bog. Fidelma schien es, als wolle der Wind ihn aus seiner Verankerung reißen. Das lederne Segel schlug im Wind und schien in Gefahr zu zerreißen.

»Geh jetzt lieber hinein!« drängte sie Gurvan.

Fidelma folgte seinem Rat und schritt vorsichtig mit gesenktem Kopf über das Hauptdeck.

Nun war weiter nichts zu tun, als alle beweglichen Gegenstände wieder zu verstauen und dann auf der Koje zu sitzen und den Sturm abzuwarten. Aber der ließ nicht so schnell nach. Die Stunden vergingen, und Fidelma hatte das Gefühl, daß sich das Wetter eher noch verschlimmerte.

Einmal erhob sie sich von der Koje und tastete sich zum Fenster hin. Sie schaute auf das Deck, sah aber nichts. Es herrschte pechschwarze Finsternis, und der Regen - oder war es Gischt? - stürzte in Güssen über das Schiff. Es schien fast, als stünde die »Ringelgans« völlig unter Wasser. Während sie nach draußen starrte, schleuderte der Wind Seewasser von den Wogenkämmen über das Schiff; es fuhr ihr in Gesicht und Augen und durchnäßte sie.

Sie kehrte zu ihrer Koje zurück.

Durch den Lärm von Wind und Wellen hörte sie ein seltsames Stöhnen. Es schien von den Seitenplanken ihrer Kajüte zu kommen. Ohne Warnung schoß plötzlich ein Strom Seewasser schäumend und gurgelnd durch die Planken.

Einen Moment starrte Fidelma entsetzt auf das Wasser und das zersplitterte Holz, dann langte sie eine Decke von ihrer Koje und stopfte sie verzweifelt in den Riß. Sie spürte, wie das zerbrochene Holz unter ihren Händen arbeitete. Alles wurde naß - ihre Kleidung, die Strohmatratze, die Decken. Das Seewasser war so kalt, daß ihr die Zähne klapperten.

Sie versuchte zu rufen, aber Wind und See übertönten ihre Stimme. Sie wußte nicht, wie lange sie dort blieb und betete, das Holz möge nicht weiter reißen. Ihr schienen es Stunden, und ihre Hände wurden gefühllos vor Kälte.

Schließlich merkte sie, daß die Kajütentür in ihrem Rücken sich geöffnet und geschlossen hatte. Sie blickte über die Schulter zurück und sah, daß Wenbrit, ebenso naß, mit einem Eimer und anderen Dingen in der Hand hereingetaumelt war.

»Ist es schlimm?« schrie er ihr ins Ohr.

»Sehr schlimm!« schrie sie zurück.

Der Junge setzte den Eimer und die anderen Gegenstände ab, zog die Decke weg und prüfte den Schaden.

»Die See hat Planken des Rumpfes zerbrochen«, rief er ihr zu. »Ich verstärke und kalfatere sie, so gut ich kann. Eine Weile sollte das halten.«

Er hatte ein paar Stücke Holz unter dem Arm und nagelte sie über die beschädigte Stelle. Dann stopfte er sie mit durchtränkten Haselstrauchblättern aus. Das Einströmen des Seewassers verminderte sich zu einem winzigen Rinnsal.

»Dabei muß es bleiben, bis der Sturm vorüber ist!« Wenbrit mußte wieder schreien, um sich verständlich zu machen. »Ich fürchte, bis dahin sind wir alle naß. Die Brecher gehen über das Schiff, und alle sind durchweicht.«

Eine Stunde später gab Fidelma ihrer Erschöpfung nach und versuchte auf dem nassen Stroh einzuschlafen. Sie hörte noch ein lautes »Miau!« und begriff, daß Mäuseherr die ganze Zeit voller Angst unter der Koje gehockt hatte. Schläfrig lockte sie ihn und spürte, daß er zu ihr auf die Koje sprang. Mit tiefem, zufriedenem Schnurren rollte sich sein warmer Körper auf ihrer Brust zusammen. Sie empfand ihn als wohlig und tröstend auf ihrer nassen Kleidung, und schließlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf.

Der Schmerz durchzuckte sie jäh.

Die feinen Nadeln bohrten sich ihr peinigend in die Brust. Dann ertönte ein gräßlicher, fast menschlicher Schrei, der Fidelma an die bean sidhe erinnerte, an die Totenfee, deren schrille, klagende Schreie einen bevorstehenden Todesfall ankündigen. Erst nach einem Moment merkte Fidelma, daß Mäuseherr mit gebogenem Rücken und gesträubtem Fell auf ihrer Brust stand und seine Krallen tief in ihr Fleisch schlug. Er stieß durchdringende Schreie aus. Dann sprang er von der Koje.

Vor Schmerz fuhr Fidelma mit einem Satz hoch.

Sie erspähte eine Gestalt an der Tür, eine schlanke Gestalt, die sich nur für einen Moment abzeichnete. Dann schlug die Kajütentür zu. Das Schiff holte über, und Fidelma verlor das Gleichgewicht. Sie landete auf den Knien. Ein dunkler Schatten, sicherlich der Kater, schoß unter die Koje. Sie hörte sein schreckliches Jaulen. Dann packte sie die Tür und riß sie auf.

Es war niemand da. Die Gestalt war verschwunden. Sie hielt sich mit einer Hand fest, schloß die Tür und blickte sich um. Was war da los gewesen?

Der Kater hatte aufgehört zu schreien. Es war dunkel, aber sie hatte das Gefühl, der Morgen könne nicht mehr weit sein. Das Schiff stampfte und rollte. Sie taumelte zurück zur Koje und setzte sich darauf.

»Mäuseherr?« rief sie schmeichelnd. »Was ist denn mit dir?«

Der Kater antwortete nicht. Sie wußte, daß er da war, denn sie hörte seine Bewegungen und seinen seltsam rasselnden Atem. Ihr wurde klar, daß sie erst bei Tageslicht herausfinden konnte, was ihm fehlte. Sie saß auf der Koje und konnte nicht schlafen, sah, wie sich der Himmel aufhellte, ohne daß der Sturm nachließ. Als sie meinte, nun sei es hell genug, ließ sie sich auf die Knie nieder und spähte unter die Koje.

Mäuseherr spuckte und schlug mit der Pfote nach ihr, die Krallen ausgefahren. So hatte er sich noch nie zu ihr benommen.

Sie hörte die Tür gehen und fuhr herum. Wenbrit trat ein mit einem zugedeckten kleinen Ledereimer.

»Ich hab dir ein bißchen corma und Zwieback gebracht, Lady«, sagte er und wunderte sich, was sie auf den Knien suchte. »Mahlzeiten gibt es heute nicht. Mehr kann ich nicht bieten. Der Sturm wird erst heute abend nachlassen.«

»Mit Mäuseherr ist irgend etwas nicht in Ordnung«, erklärte Fidelma. »Er läßt mich nicht an sich heran.«

Wenbrit stellte seinen Eimer ab und kniete sich neben ihr hin. Dann zeigte er auf ihre Kutte.

»Du hast da Blut auf deiner Kutte, Lady.«

Fidelma befühlte die klebrige Masse auf ihrer Brust.

»Ich sehe keine Kratzer«, meinte Wenbrit. »Wenn Mäuseherr dich gekratzt hätte ...«

»Kannst du den Kater unter der Koje hervorholen? Ich glaube, er ist verletzt«, unterbrach sie ihn. Sie merkte, daß das Blut nicht von den Stellen kommen konnte, an denen sich der Kater nachts in seiner Angst festgekrallt hatte.

Wenbrit brauchte einige Zeit, bis er den Kater schließlich zu greifen vermochte. Er hielt ihm die Vorderbeine zusammen, damit er nicht kratzen konnte. Mit sanften, beruhigenden Lauten holte er Mäuseherr endlich unter der Koje hervor und legte ihn auf das Bettzeug. Offenbar hatte das Tier Schmerzen.

»Er hat einen Schnitt.« Der Junge wunderte sich, als er den Kater untersuchte. »Einen tiefen Schnitt sogar. Seine Hinterhand blutet noch. Was ist denn passiert?«

Mäuseherr beruhigte sich, als er merkte, daß man ihm nichts Böses antun wollte.

»Ich weiß es nicht ... ach so!«

Noch während sie sprach, wurde Fidelma klar, was die Schmerzen in der Nacht bedeutet hatten, von denen sie geweckt wurde. Sie beugte sich über den Strohsack und fand sofort, was sie suchte. Es war das Messer, das Schwester Crella ihr gegeben und von dem sie behauptet hatte, Bruder Guss hätte es unter ihrer Koje versteckt. Es war blutverschmiert, mit Mäuseherrs Blut. Fidelma schimpfte sich einen Trottel. Sie hatte das Messer aus Crellas Kajüte mitgebracht und in ihren Beutel getan, und noch vor Toca Nias Tod war es daraus verschwunden.

Wenbrit war mit der Untersuchung des Katers fertig.

»Ich muß Mäuseherr mit nach unten nehmen, damit ich ihn waschen und die Wunde nähen kann. Ich glaube, jemand hat ihn in die Hinterhand gestochen. Armer Kater. Er hat versucht, die Wunde zu lecken.«

Fidelma sah Mäuseherr mitfühlend an. Wenbrit schmuste mit dem Kater, der sich von ihm unterm Kinn streicheln ließ. Er fing an, leise zu schnurren.

»Wie kam es dazu, Lady?« fragte Wenbrit erneut.

»Ich glaube, Mäuseherr hat mir das Leben gerettet«, erklärte sie ihm. »Ich schlief, und er lag zusammengerollt auf meiner Brust. Jemand kam an meine Kajütentür. Vielleicht sprang Mäuseherr auf, als der Mörder eintrat. Den Kater hat er offensichtlich nicht gesehen. Ich hatte Glück, denn er kam nicht nahe genug heran, um mich zu erstechen. Er warf das Messer. Ob der Kater es abgelenkt hat, weiß ich nicht, aber das arme Tier bekam es in die Flanke. Die Reaktion des Katers weckte mich und verscheuchte den Angreifer.«

»Hast du die Person erkannt?« fragte Wenbrit.

»Leider nicht. Dazu war es zu dunkel.« Fidelma erschauerte, als ihr bewußt wurde, wie nahe sie zum zweitenmal dem Tode gewesen war. Dann riß sie sich zusammen.

»Kümmere dich um Mäuseherr, Wenbrit. Tu dein Bestes. Er hat mir das Leben gerettet. Nicht mehr lange, dann werden wir mehr wissen. So Gott will, wird dieser Sturm bald nachlassen. Solange er tobt, kann ich mich nicht konzentrieren.«

Aber Gott wollte es nicht, der Sturm hielt noch einen vollen Tag an. Der ständige Lärm und das Schaukeln stumpften Fidelmas Sinne ab, ihr Schicksal wurde ihr beinahe gleichgültig. Sie wollte einfach nur schlafen, von dem unbarmherzigen Wüten des Wetters erlöst werden. Ab und zu legte sich das Schiff so weit über, daß Fidelma sich fragte, ob es sich überhaupt noch einmal aufrichten würde. Dann, nach einer scheinbaren Ewigkeit, wälzte sich die »Ringelgans« wieder herum, bis die nächste riesige Welle aus der Dunkelheit heranbrauste.

Manchmal meinte Fidelma, das Schiff müsse untergehen, so tief schien es im Seewasser versunken. Sie mußte um Atem ringen gegen das lungenzerreißende Salzwasser, das sie durchnäßte. Von dem ständigen Umherwerfen des Schiffes wurde ihr Körper grün und blau geschlagen.

Es war in der Morgendämmerung des nächsten Tages, als sie trübsinnig feststellte, daß der Wind weniger scharf zu wehen schien und das Schiff nicht mehr so heftig bockte. Sie verließ die Kajüte und schaute sich um. Am grauen Morgenhimmel jagten einzelne zerfetzte Sturmwolken niedrig dahin unter einer hohen Decke dünner weißer Wölkchen. Am Osthorizont tauchte sogar das blasse Rund der Sonne auf. Es war noch kein richtiger Morgen, aber er barg die Andeutung, daß der Tag besser werden könnte.

Zu ihrer Überraschung sah sie Murchad über das Hauptdeck auf sie zu kommen. Nach zwei Tagen mit schwerem Sturm, an denen er die meiste Zeit am Steuerruder gestanden hatte, machte er einen völlig erschöpften Eindruck.

»Bist du unversehrt, Lady?« fragte er. »Wenbrit hat mir erzählt, was passiert ist, und ich habe Gurvan beauftragt, dich zu bewachen, für den Fall, daß du noch einmal angegriffen wirst.«

»Mir ging’s schon mal besser«, gestand Fidelma. Dann erblickte sie Wenbrit, der auf dem Deck beschäftigt war. »Wie geht es Mäuseherr?«

Murchad lächelte.

»Er wird vielleicht ein bißchen hinken, aber Mäuse wird er noch jagen können. Wenbrit hat die Wunde genäht, und er wird es wohl gut überstehen. Du hast nicht gesehen, wer das Messer nach dir warf?«

»Dazu war es zu dunkel.« Sie wechselte das Thema. »Haben wir den Sturm hinter uns?«

»Jedenfalls das Schlimmste, meine ich«, antwortete er. »Der Wind hat auf Süd gedreht, und das macht es uns leichter, das Großsegel wieder zu setzen und unseren ursprünglichen Kurs zu halten. Wenn diese Fahrt erst einmal zu Ende ist, werde ich froh sein. Ich freue mich schon darauf, in den Armen Aoifes zu liegen.«

»Aoife?«

»Meine Frau heißt Aoife«, lächelte Murchad. »Sogar Seeleute haben Frauen.«

Plötzlich kamen Fidelma Zeilen aus einem alten Lied in den Sinn.

»Du liebtest uns einst, deine Liebe versank

Im Abgrund des Hasses. Von Bitterkeit krank,

Warfst weg du die Liebe, das sanfte Gefühl,

Und nun ist die Rache dein einziges Ziel!«

Murchad sah sie fragend an.

»Ich dachte gerade an die eifersüchtige Gier von Aoife, der Frau des Meergottes Lir, und wie sie alle vernichtete, die ihn liebten.«

Der Kapitän schnaufte geringschätzig.

»Meine Aoife ist eine wunderbare Frau«, erklärte er abweisend.

Fidelma lächelte rasch.

»Es tut mir leid. Es war lediglich der Name, der mich auf einen Gedanken brachte. Ich wollte keineswegs etwas gegen deine Frau sagen - aber ihr Name hat in mir eine Erinnerung wachgerufen.«

Wie lautete der Bibelvers, den Muirgel zitiert hatte, als sie Guss sagte, sie wüßte, warum sie das nächste Opfer werden könnte?

». Eifersucht fest wie die Hölle.

Ihre Glut ist feurig

Und eine Flamme des Herrn.«

Sie blickte hinaus auf die See. Sie trug immer noch Schaumkämme, ging aber nicht mehr so hoch, und die großen Wellen wurden kleiner und weniger häufig. Endlich paßte alles zusammen! Sie lächelte zufrieden und wandte sich dem müden Murchad zu.

»Entschuldigung, Kapitän«, sagte sie. »Ich war mit den Gedanken woanders.«

Erst jetzt bemerkte Fidelma die Schäden, die der Sturm auf dem Schiff angerichtet hatte. Auf dem Deck lagen zersplitterte Rahen herum, das Wasserfaß war zu Bruch gegangen, und Taue und Takel hingen wirr durcheinander. Matrosen waren anscheinend vor Erschöpfung umgefallen, wo sie gerade standen.

»Ist jemand verletzt?« fragte Fidelma beim Anblick dieser Trümmer.

»Ein paar von meinen Leuten haben Kratzer abbekommen«, gab Murchad zu.

»Und die anderen Passagiere?«

Murchad schüttelte den Kopf.

»Denen wurde kein Haar gekrümmt, Lady - diesmal. «

Fidelma erschien es wie ein Wunder, daß das kleine Schiff zwei Tage lang von der wilden See derartig umhergeschleudert worden war und dennoch niemand verletzt wurde.

»Morgen oder übermorgen werden wir die iberische Küste in Sicht bekommen, Lady«, sagte er ruhig. »Und wenn ich gut navigiert habe, sind wir bald danach im Hafen. Von dort ist es nicht mehr weit über Land zum heiligen Schrein.«

»Ich werde froh sein, wenn ich der Enge deines Schiffes entronnen bin, Murchad«, gestand Fidelma.

Der Kapitän warf ihr einen trüben Blick zu.

»Was ich damit meinte, Lady, ist etwas anderes: Sobald wir den Hafen erreichen, haben wir keine Gelegenheit mehr, den Mörder von Muirgel oder Toca Nia vor Gericht zu bringen. Das wäre sehr schlecht. Die Geschichte würde dieses Schiff verfolgen wie ein Gespenst, sie würde wie ein Fluch auf ihm liegen. Meine Matrosen nennen diese Fahrt schon die Reise der Verdammten.«

»Das Rätsel wird gelöst, Murchad«, versicherte ihm Fidelma zuversichtlich. »Der Name deiner lieben Frau hat meine Überlegungen zum Abschluß gebracht, oder vielmehr, er hat mir einige Dinge deutlich werden lassen.«

Er starrte sie verständnislos an.

»Der Name meiner Frau? Aoifes Name hat dir gesagt, wer für die Morde verantwortlich ist?«

»Ich glaube, wir können den Schuldigen jetzt benennen«, erwiderte sie optimistisch. »Aber wir werden damit warten, bis alle Pilger zum Mittagessen versammelt sind. Dann werden wir alles mit ihnen besprechen. Ich möchte, daß du und Gurvan und Wen-brit auch dabei sind. Vielleicht brauche ich tatkräftige Hilfe«, fügte sie hinzu.

Sie lächelte über seine verwirrte Miene und legte ihm freundlich die Hand auf den Arm.

»Mach dir keine Sorgen, Murchad. Heute nachmittag weißt du, wer all diese schrecklichen Verbrechen auf dem Gewissen hat.«

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