NEUNZEHN

Liebe geht durch den Magen. Das jedenfalls hat unsere Köchin Emilia immer behauptet und dann auch für uns Hunde die tollsten Sachen in den Napf gezaubert – jede Mahlzeit ein echter Liebesbeweis! Noch bei der Erinnerung füllen sich meine Lefzen mit Wasser. Falls dieses Sprichwort nicht nur auf Dackel, sondern auch auf Menschen zutrifft, dann hat Willi Luisa sehr lieb. Denn obwohl sie ihn so angeschwindelt hat und erst mit der Wahrheit rausgerückt ist, als Willi in den Rucksack geguckt hat, und er jetzt richtig, richtig sauer auf sie sein könnte, sitzen wir gerade in der winzigen Küche von Willis sehr kleiner Wohnung, und er brät Pfannkuchen, Luisas Lieblingsgericht.

Ein verführerischer Duft nach Vanille und Zimt verbreitet sich in der Küche, ich muss schlucken, um nicht auf den Boden zu sabbern. Ob Herr Beck und ich auch etwas abbekommen? Wobei – ob Herr Beck etwas bekommt, ist mir eigentlich wurscht. Hauptsache, die beiden denken an mich. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Katzen sich für Süßspeisen überhaupt erwärmen können.

Luisa hockt auf einem Stuhl neben dem Herd, die Knie unters Kinn gezogen, und beobachtet Willi, der in diesem Moment einen der Pfannkuchen durch die Luft fliegen lässt. Tatsächlich landet er Sekunden später wieder in der Pfanne – wuff! Wie hat Willi das bloß gemacht? Luisa ist davon offenbar genauso begeistert, endlich lächelt sie wieder, obwohl auf ihrem rechten Knie ein riesengroßes Pflaster über einer noch größeren Beule klebt.

»Willi?«

»Ja?«

»Woher kannst du das so gut?«

»Du meinst das super-duper-spitzenmäßige Pfannkuchenin-der-Luft-Wenden?« Willi grinst.

»Genau.«

»Weißt du, früher habe ich fast jedes Wochenende Pfannkuchen gebacken. Für ein Mädchen, das war ungefähr so alt wie du.« Obwohl Willi immer noch lächelt, mischt sich jetzt ein anderer Ton in seine Stimme. Fast so etwas wie … ja, fast so etwas wie Traurigkeit. Auch Luisa scheint das zu bemerken.

»Wer war denn das Mädchen?«, will sie wissen.

Willi zögert eine Sekunde; als er antwortet, klingt seine Stimme richtig traurig.

»Ach, weißt du, ich war auch mal ein Papa, und das war meine kleine Tochter. Aber das ist lange her, und seitdem ist viel passiert. Sehr viel.«

Luisa holt Luft, als wolle sie noch etwas fragen, aber dann schweigt sie. Auch Willi sagt nichts mehr, sondern verfrachtet den fertigen Pfannkuchen auf einen Teller und gießt neuen Teig in die Pfanne. Als der letzte Pfannkuchen goldbraun gebrutzelt und auf dem Haufen mit den restlichen Kuchen gelandet ist, stellt Willi den Teller auf den kleinen Esstisch, auf den genau zwei Teller passen. Ich mache Männchen, nicht, dass ich hier vergessen werde!

»Na, da hat aber jemand auch Appetit! Komm, kriegst auch etwas auf einen kleinen Teller.« Willi holt ein Schälchen aus dem Küchenschrank und legt ein paar Pfannkuchenstreifen hinein. Wie das duftet! »Aber Vorsicht! Die sind noch ganz warm. So, Luisa, greif zu!«

Luisa legt sich einen Pfannkuchen auf den Teller und fängt an zu essen.

»Hm, die schmecken super, Willi!«

»Dann ist der kleine Unfall jetzt vergessen?«

Luisa nickt, und jetzt lächelt Willi wieder.

»Aber was rede ich da? Unfall? Das war doch eher ein Anschlag, oder, Herr Kater?«

Herr Beck, der faul auf einer der Fensterbänke liegt, schaut nur kurz hoch. Eine Katze muss tun, was eine Katze tun muss, scheint er damit zu sagen. Luisa schaut verlegen zu Boden, ihr Blick streift mich kurz.

»Na ja, wahrscheinlich haben die beiden sich um mich Sorgen gemacht.«

»Hm, glaubst du, sie wussten, dass du abhauen willst?«

»Klar! Ich habe es Herkules doch erzählt! Und Herkules versteht alles – wirklich jedes Wort! Zuerst wollte ich heute Morgen ganz früh los, aber da hat Herkules so einen Radau gemacht, dass Papa wach geworden ist. Also musste ich meinen Plan verschieben.«

Willi guckt nachdenklich.

»Und du willst es dir nicht noch einmal überlegen?«

Luisa schüttelt den Kopf.

»Nein. Ich will weg.«

»Aber Papa und Carolin werden sich große Sorgen machen.«

»Deswegen habe ich ihnen einen Brief hingelegt und geschrieben, dass sie jetzt ein paar Tage nichts von mir hören werden.«

»Hast du ihnen auch gesagt, wohin du willst?«

»Nein. Dann würde Papa gleich denken, dass das Mamas Idee war. Und dann streiten die beiden sich wieder. Nein, das will ich nicht.«

»Na gut. Wenn du so wild entschlossen bist, dann helfe ich dir. Es ist bestimmt besser, wenn du nicht alleine losziehst. München ist sehr weit weg, ich will nicht, dass dir unterwegs etwas passiert.«

Luisa springt von ihrem Stuhl auf und drückt Willi einen Kuss auf die Wange.

»Danke, Willi! Mit dir zusammen wird das bestimmt kein Problem. Außerdem passen Herr Beck und Herkules noch auf mich auf. Da kann gar nichts passieren.«

Willi seufzt.

»Also, die beiden Kameraden würde ich aber lieber in Hamburg lassen. Ich finde, das verkompliziert die Sache nur unnötig.«

Bitte? Es ist immer gut, einen Dackel dabeizuhaben! In jeder Lebenslage, absolut jeder! Gut, über den Kater können wir von mir aus diskutieren, aber ich bin doch wohl gesetzt! Genauso scheint das auch Luisa zu sehen, denn sie schüttelt energisch den Kopf.

»Nein, die beiden müssen unbedingt mit. Außerdem können wir Herkules auch nicht einfach zu Hause abliefern. Papa oder Caro haben meinen Brief bestimmt schon gelesen. Wenn ich Herkules jetzt zurückbringe, schnappen die mich garantiert. Das will ich auf keinen Fall riskieren. Und aussetzen können wir die beiden schlecht.«

Wuff – dass sie das überhaupt erwähnt! Frechheit! Willi seufzt noch einmal, diesmal klingt es irgendwie gottergeben.

»Na gut, versuchen wir es also mit Hund und Katze. Hast du dir denn überlegt, wie genau du hinkommen möchtest?«

Luisa zuckt mit den Schultern.

»Weiß nicht. Vielleicht mit dem Zug? Ich habe fast fünfzig Euro in meinem Umhängebeutel.«

»Hm, wir können nach dem Essen zum Bahnhof fahren und nachsehen, was ein Ticket kostet. Ich habe noch ein bisschen Geld auf der hohen Kante, vielleicht kann ich sogar mitfahren, damit du sicher dort ankommst.«

Rührend, wie besorgt Willi um Luisa ist. Oder ist Bahnfahren irgendwie gefährlich? Ich bin noch nie mit der Bahn gefahren, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr erinnere ich mich, dass der alte von Eschersbach in der Tat größte Vorbehalte dem Bahnfahren gegenüber hatte. Seiner Meinung nach arbeiteten dort nur Idioten, die von nichts Ahnung hätten, von ihren Kunden schon gar nicht, und wer darauf vertraue, dass ein Zug pünktlich käme, müsse schon besonders gutgläubig sein. Deswegen fuhr der Alte auch nie mit dem Zug, sondern immer mit seinem Chauffeur. Und der fuhr genau dorthin, wohin von Eschersbach wollte. Eigentlich also ein sehr praktisches Prinzip, und wenn ich reden könnte, würde ich Willi vorschlagen, einfach einen Chauffeur anzurufen. Der könnte uns dann nach München fahren. Zumal, wenn er so ein großes Auto hätte wie der Chauffeur vom Alten. Einmal durfte ich dort mitfahren, und es kam mir riesig vor. Es gab sogar etwas zum Trinken für unterwegs. Leider nix für Hunde, aber für von Eschersbach gab es im hinteren Wagenteil ein kleines Schränkchen mit einer Flasche voll scheußlich riechendem Zeug. Cognac, wie ich heute weiß. Und aus eben jener Flasche goss sich der Alte bei meiner einmaligen Fahrt mit ihm ein Glas ein – obwohl die Fahrt nur sehr, sehr kurz war, muss er damals unheimlich Durst gehabt haben, denn er trank gleich noch ein zweites Glas davon. Also, praktisch war das Schränkchen allemal. Und wenn es nach München so weit ist, dann wäre es doch gut, einen Chauffeur mit großem Auto und ausreichend Proviant zu haben, oder? Aber es ist wie immer: Auf die naheliegenden Dinge kommen die Menschen nicht von allein, und so wird hier weiter die Zugfahrt ins Auge gefasst. Na ja, Willi wird schon wissen, was er tut. Dann machen wir uns jetzt eben zum Bahnhof auf.


Am Bahnhof ist es ziemlich voll. Menschen hasten scheinbar ziellos hin und her, und da viele zudem noch Koffer hinter sich herschleifen oder schwere Taschen in jeder Hand haben, ist man als Dackel gut beraten, sich ihnen nicht in den Weg zu stellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen einen unter diesen Umständen bemerken und rechtzeitig bremsen, schätze ich äußerst gering ein. Fast herrscht eine Stimmung wie in dem furchtbaren Kaufhaus kurz vor Weihnachten. Ich merke, wie sich meine Nackenhaare langsam zu sträuben beginnen. Ein Blick zu Herrn Beck – der sieht noch völlig entspannt aus. Kein Wunder. Der wird auch getragen, und zwar von Willi, der sich außerdem noch einen Beutel mit ein paar Sachen für die Reise unter den Arm geklemmt hat. Ich bemühe mich derweil, möglichst an Willis Hosenbein zu kleben. Herr Beck guckt mitleidig auf mich herunter. Und ein bisschen abfällig, wie mir scheint.

»Ganz schön anstrengend, auf so kurzen Beinen Schritt halten zu müssen, was?« Nein, der Blick scheint nicht abfällig, er ist es! So eine Frechheit! Da ich aber nicht gleichzeitig auf Willi achten und mit Beck streiten kann, bleibt mir nichts anderes übrig, als mir meine böse Erwiderung zu denken und hinterherzuhecheln. Aber warte, mein Freund, du kriegst dein Fett schon noch weg.

Jetzt bleibt Willi stehen.

»Ah. Da drüben ist das Reisecenter. Dort können sie uns bestimmt sagen, wann der nächste Zug nach München fährt, und Fahrkarten gibt es da auch.«

Wir wandern zu einem großen, gläsernen Kasten, in dem viele Menschen in Reihen stehen und auf irgendetwas zu warten scheinen. Als ich neben Willi und Luisa durch die Glastür husche, erkenne ich, dass die Menschenreihen vor hohen Tischen enden, hinter denen wiederum Menschen stehen. Ob die uns nun sagen können, wie wir nach München kommen? Willi und Luisa stellen sich an das Ende einer Reihe.

Es dauert ziemlich lange, bis wir auch nur einen halben Meter vorankommen. Der Tisch, zu dem wir wollen, ist somit immer noch sehr weit entfernt. Zeit genug also, mal ein ernstes Wörtchen mit Herrn Beck zu reden.

»Sag mal, was sollte denn der Spruch eben?«

»Welcher Spruch?«

»Na, der mit den kurzen Beinen.«

»Ja, willst du jetzt behaupten, dass du lange Beine hast?«

»Nun tu mal nicht so! Du weißt genau, was ich meine!«

Herr Beck streckt sich einmal der Länge nach, um dann einen Buckel zu machen.

»Nein, eigentlich nicht.«

»Na, du lässt dich hier bequem durch die Gegend tragen und kommst dann noch mit oberschlauen Sprüchen. Genau genommen frage ich mich, wieso wir dich überhaupt mitgenommen haben.«

»Bitte?« Oh. Herr Beck kann richtig fauchen! »Wieso ihr mich mitnehmt? Ohne mich wären wir gar nicht hier. Denn wenn ich mich nicht mit Todesverachtung und einem Riesensatz auf Luisa gestürzt und sie so von der Flucht abgehalten hätte, würdest du immer noch wie Piksieben mit Willi vor dem Supermarkt sitzen. Ohne Luisa. Ich werde nicht zulassen, dass sich das Kind ohne eine so kompetente und entschlossene Reisebegleitung, wie ich es nun einmal bin, auf den Weg macht.«

Okay. Ich hasse es, das zuzugeben, aber: Der fette Kater hat da einen Punkt. Trotzdem kein Grund, hier immer den Dicken raushängen zu lassen!

»Ja, gut, aber …«

»Weißt du, ich gebe es ungern zu, aber langsam schließe ich den einen oder anderen Menschen doch ins Herz. Und jetzt ist Nina auf einmal wochenlang weg, obwohl sie das beste Frauchen ist, das ich mir vorstellen kann. Wenn nun auch noch Luisa verloren geht, passt mir das gar nicht. Nein, nein, da bin ich lieber vorsichtig.«

Heilige Fleischwurst – ich entdecke auf einmal ganz neue Seiten an Herrn Beck! Der wird ja geradezu anhänglich.

»Hey, so kenne ich dich ja gar nicht. Seit wann …«

»Psst!«, fährt er mich an, »hör mal!« Hä? Was meint der denn? »Ich glaube, Willi versucht, Luisa das Abhauen noch einmal auszureden. Vielleicht sind wir doch schneller wieder zu Hause, als wir beide dachten.«

Ich höre genau hin. Tatsächlich. Willi unternimmt noch einen Versuch.

»Luisa, ich bin mir wirklich nicht sicher, ob diese Fahrt nach München eine gute Idee ist. Ich glaube, ich rufe jetzt besser deinen Vater an. Deine Eltern machen sich bestimmt schon riesige Sorgen! Meinst du nicht auch?«

Luisa macht das Gleiche, was sie auf diese Frage hin seit zwei Tagen macht: Sie schüttelt den Kopf.

»Wenn du Papa anrufst, hau ich sofort ab. Dann versuche ich es eben allein. Irgendwie komme ich schon nach München!«

»Ja, aber guck mal, ich könnte doch schnell …«

»Willi, hör auf! Du willst es mir nur ausreden.«

»Nein! Ich meine, ja, aber …«

»Hallo, wie kann ich Ihnen weiterhelfen?«

In diesem Moment hat das Warten ein Ende, denn vor uns steht niemand mehr in der Reihe, der uns von dem Tisch trennen kann. Das scheint auch die Frau, die hinter dem Tisch steht, so zu sehen, denn sie lächelt Willi auffordernd an. Und sie will uns helfen, toll! Offenbar hatte der alte von Eschersbach überhaupt keine Ahnung vom Bahnfahren. Von wegen nur Idioten, hier ist man doch ganz freundlich und hilfsbereit.

Willi räuspert sich.

»Äh, ja, ich wüsste gerne, wann der nächste Zug nach München fährt und was zwei Tickets dafür kosten. Also, für mich und das Kind.«

Die Frau blickt auf den Fernseher, der auf dem Tisch steht, und tippt mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Lustig sieht das aus, jedenfalls von hier unten aus betrachtet.

»Also, der nächste Zug geht um 13:55 Uhr, eine Direktverbindung, Sie kommen um 19:42 Uhr in München-Hauptbahnhof an. Das Ticket kostet 129 Euro. Ist das Ihre Enkelin?« Sie nickt Luisa zu.

»Äh, ja.«

»Dann fährt das Kind kostenlos mit Ihnen.« Jetzt fällt ihr Blick auf Herrn Beck und mich. »Sollen die Tiere auch mit?«

»Ja.«

»Haben Sie eine Transportbox?«

»Nein, wieso?«

»Dann dürfen Sie die Katze nicht mitnehmen, und der Hund kostet 64 Euro 50.« Die Frau lächelt.

»Ja, aber, wieso denn? Ich dachte, wenn ich selbst …«

Die Frau unterbricht ihn, immer noch lächelnd.

»Ist das ein Blindenführhund oder Begleithund für Sie?«

Willi schüttelt den Kopf.

»Nein, natürlich nicht!«

»Tja, dann müssen Sie ihn außerdem an der Leine führen und ihm einen Maulkorb anlegen, wenn Sie ihn nicht in einem Transportbehälter mitnehmen. Dafür dürfte er allerdings zu groß sein, denn das gilt nur für Hunde bis zur Größe einer Hauskatze.«

Das Lächeln ist immer noch strahlend, und jetzt wird mir alles klar: Das ist gar kein echtes Lächeln! In Wirklichkeit ist die Frau gar nicht so nett und hilfsbereit, wie ich dachte – sonst würde sie doch mal mit einem besseren Vorschlag um die Ecke kommen als mit diesem ganzen Unsinn! Hat von Eschersbach also doch Recht gehabt? Willi unternimmt einen neuen Anlauf.

»Aber ich dachte, es sei kein Problem, Haustiere im Zug mitzunehmen. Wo soll ich denn jetzt einen Maulkorb herkriegen? Und die Katze kann ich doch nicht einfach hierlassen!«

»Es ist auch kein Problem, Haustiere mitzunehmen. Sie haben einfach nicht die passende Ausrüstung. Sie hätten sich vor Reiseantritt eben besser informieren müssen.«

Wuff, so eine bösartige Ziege! Als ob Willi heute Morgen schon gewusst hätte, dass ihm bald ein Reiseantritt blüht! Ich fange an zu knurren und gehe einen Schritt Richtung Tisch. Die Frau reißt die Augen auf.

»Ist der etwa gefährlich?«

»Nein, nein, der ist normalerweise ganz lieb. Pssst, Herkules!« Willi zerrt mich an der Leine zurück.

»Also, nun nehmen Sie bitte den Hund hier weg! Sie brauchen einen Maulkorb, verstanden? Am besten kommen Sie wohl noch einmal wieder, wenn Sie sich überlegt haben, ob Sie mit oder ohne Tiere reisen wollen.«

Bevor Willi noch etwas sagen kann, sieht sie an ihm vorbei und begrüßt den Mann, der hinter uns in der Reihe steht. Der marschiert prompt an uns vorbei und stellt sich an den Tisch, direkt vor Willis Nase. Der dreht sich um und beugt sich zu Luisa vor.

»Komm, lass uns mal verschwinden«, flüstert er, »ich will hier keinen Ärger bekommen. Nachher fallen wir tatsächlich noch auf.«

Er setzt Herrn Beck auf den Boden, nimmt Luisa an die Hand und zieht sie hinter sich her aus dem Glaskasten raus. Beck und ich laufen den beiden nach. Draußen angekommen bleibt Willi stehen.

»Ich glaube, Zugfahren ist keine so gute Idee. Es sei denn, wir werden noch irgendwie unsere beiden Kollegen hier los.« Er zeigt auf Beck und mich.

Luisa schüttelt den Kopf.

»Aber das geht doch nicht. Ich habe es dir doch schon erklärt: Dann müssten wir Herkules ja erst nach Hause bringen – und dann weiß Papa ja, dass ich wieder da bin. Das geht nicht.«

Willi nickt.

»Ja, ich weiß, dass das ein Problem ist. Und ich glaube nicht, dass die beiden so lange in meiner Wohnung alleine bleiben können. Das wird ihnen nicht gefallen, und außerdem sind Tiere dort verboten. Wenn das jemand merkt, kriege ich mächtig Ärger. Und das wäre schlecht, es war schwer genug für mich, überhaupt eine Wohnung zu bekommen.«

Luisa lässt die Schultern hängen.

»Aber was machen wir denn jetzt?«

»Tja, oder du musst doch allein Zug fahren, und ich setze die beiden wieder bei der Werkstatt ab. Es ist ja ohne Umsteigen. Meinst du, du schaffst das? Das Ticket kann ich für dich kaufen, ich habe genug Geld dabei – habe extra meinen Notgroschen eingesteckt.« Willi lächelt Luisa aufmunternd an und streicht ihr über die Haare.

Richtig glücklich scheint Luisa aber mit diesem Vorschlag nicht zu sein, denn sie lässt sich von Willis Lächeln nicht anstecken. Dann schluckt sie, als hätte sie mindestens einen Apfel im Hals stecken.

»Ich glaub, ich trau mich nicht allein. Heute Morgen fühlte sich das noch irgendwie anders an, aber jetzt … also, ich habe doch Angst ohne dich.«

Willi seufzt.

»Ja, das kann ich verstehen. Zum Glück habe ich noch eine andere Idee. Sozusagen Plan B.«

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