Dienstag, 22. Mai 2001

— Du bist eine einzige Katastrophe, sagt Philipp, als Johanna sich wieder blicken läßt: Du bist so unglaublich katastrophal, es ist ein solcher Skandal, daß du es wagst, dich drei Wochen lang nicht anschauen zu lassen. Ich fasse es nicht. Wenn ich je wieder ein Interview geben muß und gefragt werde, was ich für den größten Skandal halte, werde ich nicht mehr nachdenken müssen und wie die Kugel aus dem Rohr eine Antwort wissen: Der größte Skandal bist du, Johanna Haug, ein so unglaublicher Skandal, daß du eigentlich unverzüglich Schluckauf bekommen müßtest. Aber du legst dich auf meine Matratze und ärgerst dich über die Bezüge, schläfst zwei Mal mit mir, stellst den Wecker, und wenn du wieder zu Hause bist, hast du bereits vergessen, daß du bei mir warst. Solche Skandale tropfen dir reihenweise von den Fingerspitzen. Gib zu, daß das sogar dir leid tut!

Johanna strampelt mit den Beinen, reibt den nackten Hintern am Leintuch, wirft die Decke mit den Beinen beiseite und sagt, ehe über Eingeständnisse ihrerseits verhandelt werden könne, müsse Philipp erst einmal zugeben, daß die Bettbezüge häßlich sind.

— Ausgerechnet violett, sagt sie: Das macht alles, was dem Bett auf zwei Meter nahe kommt, ebenso häßlich. Und ausgerechnet ich liege mittendrin.

Sie lacht und küßt ihn, und er lacht mit, obwohl ihm gar nicht nach Lachen ist, Johanna steckt ihn nur an. Er will nicht angesteckt werden, das weiß er, noch während er lacht, weder vom Flor der Bettbezüge noch von Johanna.

— Du häßliches Entlein von einer Meteorologin, sagt er, nachdem sie beide zu Ende gelacht haben: Für Filme geben sich Regisseure viel Mühe mit dem Wetter, das fällt jedem auf oder sollte wenigstens jedem auffallen. Neuerdings lassen sie sogar Frösche regnen, etwa vierzig Millionen, was bestimmt in die Filmgeschichte eingehen wird. Trotzdem kann ich nur lachen, wenn ich daran denke, denn das ist alles ein Witz gegen das, was ich erlebe.

— Ach.

(Vielleicht sollte ich einfach ein bißchen rausgehen oder radfahren oder laut singen oder ins Kissen boxen. Wie schön zu wissen, daß auch das wieder vorbeigehen wird.)

Philipp zieht sich notdürftig an. Ehe er mit Johanna aneinandergerät, was unmittelbar bevorsteht, verdrückt er sich lieber eine Zeitlang in den Garten. Dort dreht und wendet der Wind die Blätter, denen die Nacht ein körniges Grau zugewiesen hat. Eben war’s doch noch hell. Philipp stellt sich breitbeinig zu einem Pflaumenbaum, der rippig dürr und abgeblüht ist, holt seinen klebrigfeuchten Penis heraus und pinkelt gegen den Stamm, mit einem angenehmen Brennen in der Harnröhre, weil er gerade gevögelt hat. Die Sterne stehen ruhig. Das Haus hat in dem spärlichen Licht an Vertrauenswürdigkeit gewonnen, keine Spur mehr von der Schäbigkeit und dem Moder. Selbst die unangenehmen Erinnerungen, die hartnäckig hinter den Fenstern lauern, sind für den Augenblick verblaßt. Philipp schlenkert die letzten Tropfen ab, trabt tiefer in den baumdunklen Garten hinein, seltsam entschlossen, manchmal zaghaft, einen Moment später wieder trotzig, in alle Fallen stolpernd, die diese Nacht ihm gestellt hat.

Die Stimmen der Eltern hören und die der Großeltern, seltsam nah, aber ausgehöhlt und unsicher: Sperrstunde, mein Junge, Sperrstunde! Geh zurück! Noch drei Züge aus der Zigarette. Dann geh zurück! Der Bindfaden der Nacht ist zerkaut und franst am Ende aus. Leg dich zu ihr auf die Matratze, leg dich zu ihr und sag nichts.

In der Früh trödeln vorne an der Straße jede Menge Schüler vorbei. Der Strom reißt ab, gegen halb acht. Eine Pause. Dann kommen zwei, die rennen, weil sie zu spät dran sind. In Philipps Rücken kleidet sich Johanna zum Gehen an. Philipp konzentriert sich ganz auf das, was draußen passiert, und hört, da das Fenster offensteht, das Rufen der Kinder. Die klaren Stimmen sind der Höhepunkt des Tages. Philipp denkt daran, daß ihm sein Vater den Rat gegeben hat, sich bei eventuellen Raufereien an die Schultaschen der Kontrahenten zu hängen und ihnen, wenn sie am Boden liegen, sofort eine reinzuhauen. Als er sich wieder Johanna zuwendet, ist ihm fast, als kehre er von einer solchen Rauferei zurück. Johanna rückt ihren BH zurecht, zieht die Bluse glatt und kündigt an, daß sie jetzt gehen werde (woran er keinen Zweifel hat). Er verabschiedet sich von ihr, ohne Späße zu machen. Die gemeinsamen Späße sind das allerschlimmste, seit einiger Zeit besitzen sie etwas Verlogenes oder führen wenigstens zur Verlogenheit, wenn er abschließend etwas sagt:

— Ciao, Bella.

Er sagt nichts weiter, obwohl er bestimmt nicht alles für gesagt hält, was es zwischen ihnen zu sagen gibt. Er konzentriert sich ganz darauf, die sekundenlangen Blicke, die sie wechseln, in Tage umzurechnen, die sie einander nicht sehen werden.

One, two, three, four, five, six, seven, all the children go to heaven —.

Er denkt, daß alles immer ist, als versuche man denselben Satz, aber diesmal noch schöner, in sein Heft zu schreiben. Vielleicht ist es das, was uns zu armen Teufeln macht.

Und weg ist sie.

Am Nachmittag klebt die Müdigkeit an Philipp wie Dreck, und es ist ihm egal, daß er die Zeit verludert, denn Pläne hat er keine und deshalb auch nichts zu verschieben. Steinwald und Atamanov kreuzen erst gegen zwei, halb drei auf. Das Geschäft mit dem Inventar der Großeltern hat sich als einträglicher und weniger schweißtreibend erwiesen als das Herunterreissen von Tapeten. In Anzügen, die aussehen, als wären sie bei der Caritas am Mittersteig gekauft, steigen sie aus dem roten Mercedes, den sie vor der Garage geparkt haben, schlagen die Türen zu und kommen zu Philipp herüber. Philipp sitzt wie üblich zwischen Papier und Büchern auf der Vortreppe, allerdings ohne zu arbeiten, da er von der Wärme und infolge der vergangenen Nacht ständig halb am Einnicken ist. Steinwald und Atamanov bleiben vor Philipp stehen, sie wollen ihm von dem Erlös, den sie aus dem großmütterlichen Nachlaß lukrieren, einen Anteil ausbezahlen oder gegen ihre Stundenlöhne verrechnen. Philipp wird nicht ganz schlau aus dem, was sie sagen, denn weil er von dem Geld nichts will, hört er nur mit halbem Ohr hin. Er betrachtet weiterhin die Anzüge, die sehr überzeugend sind, speziell in der Art, in der sie von Steinwald und Atamanov getragen werden. In neuen Kleidern könnte er sich die beiden ohnehin nicht vorstellen. Er denkt: Wenn ich trüge, was Steinwald und Atamanov tragen, sähe ich aus wie ein Clown. Sie aber sehen aus wie Männer, die zu tun haben und sich von Kleinigkeiten nicht irritieren und schon gar nicht aufhalten lassen. Er beneidet seine Gehilfen und sagt nochmals, mit der freundlichen Unbeteiligtheit, die ihn momentan charakterisiert, daß er von dem Geld, das sie mit dem Weggeworfenen verdienen, nichts will, unter keinen Umständen. Sie heben die Schultern, nicht hilflos, nein, eher um ihr fehlendes Verständnis für Philipps Holzbockigkeit zu signalisieren. Atamanov kratzt sich hinter seinen großen Ohren. Dann wenden sich beide ab, beinahe gleichzeitig, wie an Fäden gezogen. Sie treten zum Abfallcontainer und stöbern darin, gespannt, was Philipp mittlerweile weggeworfen hat.

In dem Moment, in dem sich Philipp links liegengelassen auf der Vortreppe (sitzend) wiederfindet, ist ihm das auch nicht recht. Er schielt zum Container und bereut, daß er es ausgeschlagen hat, mit Steinwald und Atamanov gemeinsame Sache zu machen. Nicht um des Geldes, sondern um der Sache willen. Er steht von der Vortreppe auf, reibt sich den Hintern und drückt sich unbeholfen um den Mercedes herum, dessen Kofferraum offensteht. Erst jetzt fällt ihm auf, daß in dem Wagen die Vordersitze nicht zu den Hintersitzen passen und daß jede Menge Dufttannenbäume im Wageninneren hängen, sogar an der Decke. Als Steinwald in Philipps Nähe kommt, um den Plattenspieler und die letzten Sonntagsschuhe des Großvaters im Kofferraum zu verstauen, erkundigt sich Philipp, weshalb die Dufttannenbäume im Wagen hängen. Er findet, die Frage drängt sich auf. Trotzdem kommt er schlecht damit an. Steinwald kratzt verlegen am eingewachsenen Dreck in den Schwielen seiner linken Hand und antwortet, bei aller Verbundenheit, darüber wolle er nicht sprechen, Philipp halte sich auch sonst aus allem raus oder, was das Ganze nicht besser mache, interessiere sich für nichts. Philipp überlegt, wie Steinwald dazu kommt, sich zu dieser Behauptung zu versteigen, immerhin ist es Steinwald, der bei Tisch gewöhnlich nicht zum Reden zu bringen ist oder den Mund außer zum Essen und Gähnen zu nichts anderem aufmacht als zur Kommentierung schon besorgter oder noch anstehender Arbeiten. Philipp hakt dennoch nicht nach, denn er weiß, daß Steinwald und Johanna die Köpfe zusammenstecken. Ehe er auch von Steinwald gesagt bekommt, was er ständig von Johanna gesagt bekommt, daß alles so unbestreitbar sei wie die Tatsache, daß Tote stinken, bleibt er lieber still.

Vor ein paar Tagen, das fällt ihm jetzt wieder ein, weigerte sich Steinwald, ihn (Philipp) bis zur Kennedybrücke mitzunehmen. Philipp hatte dort ein Eis essen wollen, Banane, Malaga, und war aus Fassungslosigkeit darüber, daß ihm Steinwald die Mitfahrt ohne Angabe von Gründen abgeschlagen hatte, zu Hause geblieben.

Steinwald dreht ihm den Rücken zu und läßt sich demonstrativ auf den Fahrersitz plumpsen, so daß der ganze Wagen wackelt. Er dreht den Zündschlüssel um. Im Autoradio quakt eine von Interferenzen bedrängte Stimme über Rinderwahnsinn und gesunkene Fleischpreise. Steinwald startet und putzt den Motor durch. Er verstellt den Rückspiegel. Dann winkt er Atamanov, er solle vorwärtsmachen. Der Schotter knirscht. Schon hat der Mercedes das Tor erreicht, schert raus auf die Straße und ist verschwunden. In gedrückter Stimmung, wie schon zuvor, setzt Philipp sich dorthin zurück, wo er derzeit als einziges hingehört und ihm das Leben am ehesten einen erträglichen Geschmack hinterläßt: auf die Vortreppe. Während er sich dort beiläufig beschäftigt, mechanisch an der großen Zehe des rechten Fußes zieht und so ein hör- und spürbares Knacken erzeugt (als ob sonst nichts zur Disposition stehe), wartet er auf den Moment, den er für geeignet ansieht, etwas anzupacken — die Briefe zum Beispiel, die er am Vormittag im Schuhkasten gefunden hat.

Doch die Stunden schwinden dahin, eine nach der andern, ohne daß Philipp sich zu etwas Entscheidendem aufraffen kann. Er ist nach wie vor nicht wirklich bereit, sich in die Gefahr zu begeben, daß er mehr erfährt, als er wissen will, oder aufwärmt, was ihm halb ausgestanden im Bauch herumgeht. So hat er wenig erreicht, sich nur in eine schlechte Stimmung hineinmanövriert, als gegen halb sieben Steinwald und Atamanov zurückkommen, im Kofferraum ein neuer Gartengrill (rot), den sie Philipp zum Dank für seine Freigebigkeit schenken, dazu Koteletts, Würste und Bier für ein Grillfest mit mindestens zehn Personen.

Philipp freut sich aufrichtig, ist auch froh um die Ablenkung und fordert die beiden auf, ihre Freunde und Verwandten einzuladen. Das läßt Steinwald mürrisch und Atamanov deprimiert werden. Die Arbeiter ziehen es vor, Ordnung zu schaffen. Sie tragen ein paar morsche Dielen hinter die Garage, o-beinig, mit rausgestreckten Hintern, damit ihre Anzüge nichts abbekommen. Philipp indes rennt geschwind zur Mauer, um eventuelle Nachbarn ausfindig zu machen, die gewillt sind, an dem Grillfest teilzunehmen. Von jedem Stuhl aus macht er Klimmzüge und ruft Hallos in die nachbarlichen Gärten. Aber die Hallos verhallen wie abgeschmettert, und er selbst sinkt wie abgeschmettert zurück auf die Stühle. Ein Rasensprenger zischt. Es liegen Dinge auf den Terrassen, die Philipp bisher nie gesehen hat. Ein gelber Liegestuhl ist neu hinzugekommen. Aber die entsprechende Frau oder rülpsende Tochter reicher Eltern, ein grundgelehrtes Buch als Sonnenschutz über dem Gesicht, fehlt. Und mit ihr alle. Alle.

Auf dem Weg zum letzten Stuhl stellt er sich vor, er würde die Tochter des Wessely-Verwandten über die Mauer hinweg anrufen und fragen, wie es ihr geht und ob sie einen Freund hat. Wenn nicht, wolle er sie zu sich in den Garten einladen und mit sich bekannt machen. Vielleicht wolle ja auch sie sich mit ihm bekannt machen und mit ihm spazierengehen, einfach die Gartenmauer entlang, vielleicht sieben oder acht Mal. Das hätte er der Tochter des Wessely-Verwandten vorgeschlagen, wenn sie in dem gelben Liegestuhl gelegen oder in einer Hollywoodschaukel ihre Zehennägel gefeilt hätte. Aber dies- und jenseits der Mauer bleibt alles still, und wenn er den Atem anhält, kann er in seinem Kopf die Müdigkeit summen hören.

Immerhin läßt sich Frau Puwein zu einem Besuch überreden, eine Freundin seiner Großmutter, die Ende April eine Porzellanfigur abholte, die ihr Alma Sterk versprochen hatte. Frau Puwein bringt einen Herrn Prikopa mit, einen achtzigjährigen Mann mit einem einzelnen weißen Haarbusch auf der Stirn und großen, wäßrigen Augen. Herr Prikopa ist es, der alterstrübe Fotos von Philipp, Steinwald und Atamanov macht (a little out of focus). Es gelingt Philipp, Steinwald und Atamanov dazu zu bewegen, ebenfalls in ihre Gummistiefel zu schlüpfen. So posieren sie, die Gesichter gespannt dem Fotoapparat zugekehrt und in die Abendsonne blinzelnd, als stünden sie in einem nicht aufhörenden Blitzlicht nur mühsam stramm, vor dem Haus, vor dem Abfallcontainer und neben dem Podest des verschwundenen Schutzengels (wo die an den Sandstein gedrängten Königskerzen bereits eine beachtliche Höhe erreicht haben). Zuletzt lassen Philipp und seine Gehilfen sich im offenen Dachbodenfenster fotografieren, die Köpfe zusammengedrängt, Arme über den Schultern, mit wesentlich überzeugenderem Lächeln als noch im Garten. Die Gesichter der Männer haben beim Treppensteigen ein paar Schalen abgelegt, mindestens Philipps Lächeln kommt von Herzen. Vorübergehend versöhnt er sich sogar mit den Tauben, die sich weiterhin in der Nähe aufhalten, auf der Dachrinne und am Giebel.

Eine der Tauben fliegt auf.

— Abdrücken! ruft Philipp Herrn Prikopa zu.

Herr Prikopa dreht sich verwirrt im Kreis. Dann läßt er die Kamera sinken und sieht so ratlos aus seinen großen, wäßrigen Augen zum Dachbodenfenster hinauf, daß Philipp lachen muß. Auch den Moment von Philipps Lachen versäumt Herr Prikopa. Philipp trommelt wie wild mit der Faust auf das zerfurchte Fensterbrett und ruft Herrn Prikopa Anweisungen zu, bis sich der Ärmste gar nicht mehr auskennt. Herr Prikopa zieht seine Anzugjacke aus, reicht sie Frau Puwein in deren schon ausgestreckte Linke, holt ein großes weißes Taschentuch aus seiner Hose hervor und wischt sich ächzend den Schweiß von der Stirn.

Später ziehen ein paar Sterne auf, damit sich die Schiffe auf der Suche nach den Inseln im Süden der Dinge orientieren können. Philipp legt Koteletts auf den Grill und stößt mit seinen Gästen an. Das abtropfende Fett verzischt in der Glut. Philipp ist unbeschwert und ruhig. Er versucht seine Gäste mit Späßen zum Zulangen zu animieren, und wenn ihm Frau Puwein oder Herr Prikopa Fragen stellen, nickt er freundlich oder sagt, er wisse von nichts, oder macht einfach nur vielsagende Gesten, die den Anschein erwecken, er hole innerlich Anlauf, um dann, bei der Antwort angelangt, mit um so größerer Entschlossenheit zu sprechen. Doch meistens sagt er nichts.

Steinwald hingegen, der ein Bier nach dem andern trinkt, mit roten Backen wie eine Jahrmarktsfigur, wie ein Knödelfresser und Armdrücker, gibt Frau Puwein des langen und breiten Auskunft über alles, was sie zu wissen begehrt. Selbst über Philipps neue Kurzhaarfrisur äußert er sich Frau Puwein gegenüber wohlwollend. Dabei hat er bis dahin so getan, als hätte er diese Veränderung gar nicht bemerkt.

Nachdem Frau Puwein und Herr Prikopa gegangen sind, stehen Philipp und seine Gehilfen noch eine Weile im trüben Schein des Hoflichts, angestrahlt von der scharfen Wärme des Grills. Sie trinken weiterhin Bier, aber jetzt mit kleineren Schlucken. Sie stoßen zum sie wissen nicht wievielten Mal auf den Fortgang der Arbeit und die guten Geschäfte an. Im Glauben, einen günstigen Augenblick ausfindig gemacht zu haben, sagt Steinwald, daß er es für das klügste hielte, wenn er und Atamanov sich für die Dauer der Arbeiten, die noch zu leisten seien, in den leerstehenden Zimmern des Obergeschosses einrichten würden:

— Platz ist ja genug vorhanden.

— Wie bitte? fragt Philipp, ganz so, als habe er Probleme mit dem Gehör.

Aber Steinwald, weiterhin überzeugt, daß das, was er vorzubringen hat, eine gute Idee ist, fügt gelassen hinzu:

— Dann müssen Sie uns für die Arbeiten, die wir am Abend erledigen, keinen Lohn bezahlen, und wir sparen Wohnungskosten, was vor allem gut ist für Atamanov und seine Hochzeit.

Philipp nimmt einen kräftigen Schluck. Er überlegt, was die beiden von ihm wollen. Wenn er sich recht entsinnt, sind sie Abgesandte Johannas, und aus Johanna wird er nicht klug, oder anders (komplizierter): Er begehrt sie mehr, als er sie versteht.

Er beäugt Steinwald von der Seite und sagt:

— Der Boiler reicht nicht für drei.

Dazu macht er das passende Gesicht.

— Wir duschen kalt, entgegnet Steinwald.

Atamanov nickt bedeutungsvoll, als verstehe er jedes Wort, was Philipp, er weiß selbst nicht warum, derart beschämt, daß er ebenfalls nickt.

Sie schweigen eine Weile.

Philipp liegt dann lange wach. Geräusche rasseln rings um ihn herum. Die Fußböden knarren, wie er es eigentlich nicht für möglich gehalten hätte. Einmal hört er, wie sich die Dachsparren in einem langanhaltenden Stöhnen Platz verschaffen, das mutet an, als schaukle ein hölzerner Wagen, mit dem Philipp verreist, auf unruhiger Straße kurz vor dem Auseinanderbrechen. Ständig wacht er auf, dreht die Bettdecke auf die trockene Seite und fürchtet sich.

In dem geräumigen, ein wenig heruntergekommenen Haus mit seinen halbleeren und leeren Zimmern.

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